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Glbtblall und Aiycher. Amtsbtait der Königt. Amtshauptmannschaft Großenhain, der Lönigl. Amtsgerichte Riesa and Strehla, sowie des Äadtraths m Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 71). Sonnabend, den 17. Juni 1882. 3Ä. Jtthrg. Erscheint ui Si ieja wöctientlict' dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. Abonnemenisprcis vierteljährlich 1 Mark 25 Pfg. — Bestellungen nehmen alle Saiserl. Postanstalten, die Srxeditivucn in Aiesa und Strebla tE. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welckc bei dem ausgcbreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffentlichung finden, erbitten wir uns bis LagS vorher Vormittags lO Ubr. Von dcm unterzeichneten Amtsgerichte sollen Sonnabend, den I. Juli 1882, 12 Uhr Mittags die dem S chmiedemeister Friedrich August Emil Gcitzler in Riesa zugehörigen Grundstücke, das Haus Nr. 53 des Katasters und Nr. 83 des Grund- und Hypothekenbuchs für Riesa und das Feld, Parzelle Nr. 772 des Flurbuchs und Nr. 1026 des Grund- und Hypothekenbuchs für Riesa, welche Grundstücke am 1. und 11. April 1882 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf zusammen 6835 Mark (das Hausgrundstück auf 6090 M., das Feldgrundstück auf 745 M.) gewürdert worden sind, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Riesa, am 14. April 1882. Königliches Amtsgericht daselbst. Scheufsler. Omliches und Sächsisches. Riesa, den 16. Juni 1882. — Am heutigen Vormittage beehrte Se. Excellenz der Herr Staats- und Justizminister Or. v. Abeken das hiesige königliche Amtsgericht mit einem mehr stündigen Besuche. — Die Excnrsion des hiesigen Gewerbe vereins am vergangenen Mittwoch nach dem roman tisch gelegenen Rabenau, an welcher sich ca. 20 Personen (incl. der Frauen) betheiligt hatten, ist von gutem Wetter begünstigt gewesen. Nach der Ankunft in Hains berg durchwanderte man den herrlichen Nab en au er Grund und besichtigte später die Stuhl- und Möbel fabrik der „Sächsischen Holz - Industrie - Gesellschaft" (Frauen war hier der Zutritt wegen der vorhandenen Gefährlichkeit nicht gestattet) und die Holzstofffabrik. Das Mittagsmahl wurde in der Nabenauer Mühle L In carte eingenommen und am Nachmittage als dann der „Alberts-Höhe" ein Besuch abgestattet. Ob wohl man diesmal das von früher her gewohnte Ent gegenkommen des Brudervereins am Orte vermißte, so muß die Exkursion dennoch als eine gelungene und lohnende bezeichnet werden. — Die regnerische und stürmische Wit terung, mit der uns der Juni aufwartet, und die empfindliche Kälte, welche diese Witterung mit sich bringt, haben unsere Hoffnungen auf den heurigen Sommer bedeutend herabgestimmt. Der Sommer wird auch diesmal wieder, wie es in den letzten Jahren der Fall war, dahin gehen, ohne daß wir der warmen Sommertage und noch mehr der warmen Sommer nächte viele werden erlebt haben. Es giebt eben jetzt keinen ordentlichen Winter und auch keinen ordentlichen Sommer mehr. Bei dem foriwährenden Regen be kommen die Leute kein Heu nach Haus und nicht nur das gemähte Gras, sondern auch das noch anstehende, welches von dem Regen zu Boden geschlagen worden ist, fängt an zu faulen. Auch für das Getreide und die anderen Feldfrüchte wird des Regens nun bald zu viel und daß bei der naßkalten Witterung die Gurken «nicht wachsen können, liegt auch auf der Hand. Darum ist es sehr zu wünschen, daß uns der Himmel nunmehr in der zweiten Hälfte des Monats mit war mem Sonnenschein erfreuen möge. — Einer der Zierplätze unseres Stadtparkes ist wiederum durch diebische Hand fast seines sämmtlicken Blumenschmuckes beraubt worden. Möge es doch end lich einmal gelingen, die Thäter der wohlverdienten Strafe entgegen zu führen. — Gestern Vormittag ist in der Stuhl- und Sophafäbrik der Herren Stillkrauth u. Hille der Arbeiter Kluge derart verunglückt, daß man an seinem Aufkommen zweifelt. Der Bedauernswerthe wurde mittelst Siegkorbes inS Johanniterkrankenhaus gebracht. —X— Unsere Nachbarstadt Oschatz rüstet sich ganz bedeutend zu dem Sonntag, den 25. Juni a. c. dort stattfindenden 14. Gauturnfest des Niederelbgaues. Es verspricht dieses Fest besonders glänzend zu werden, da dem Vernehmen nach gegen 500 auswärtige Turner zu dem Fest dort erwartet werden und auch der Direclor der Königl. Turnlehrer bildungsanstalt, Herr Kreisvertreter Bier, sein Erscheinen zugesagt hat. Unsere beiden Turn-Vereine rverden sich an diesem Feste in der stattlichen Anzahl von 82 Mann be theiligen. Der Festzug findet Nachmittags 2 Uhr, das jedenfalls sehr sehenswerthe allgemeine Turnen und Preisturnen in der Zeit von 4—8 Uhr Nachmittags statt. Nach Prämiirung der Sieger im Preisturnen erfolgt solenner Einzug. — Wünschen wir dein Feste vor Allem günstige Witterung, ein zahlreiches Fest publikum wird alsdann nicht ausbleiben. — Am Mittwoch Abend havarirte unterhalb Gröba eine mit böhmischen Braunkohlen beladene Zille der Herren Gebr. Pechanz aus Pschüra in Böhmen. Die Zille ist in Riesa bei der „Allgemeinen Flußver sicherungs-Gesellschaft," die Kohlen bei der „Rhenania" in Köln versichert. *— Gestern fand das 3. Abonnement-Concert des Lederer'schen Musikchors im Saale des Schützen hauses statt. Der Besuch war, wie es bei der kalten und stürmischen Witterung nicht anders erwartet werden konnte, ein ziemlich schwacher. Leider bekamen wir auch hier wieder fast nur Blasmusik zu hören, nur eine Nummer des zweiten Theiles des Programms: „In stiller Nacht," von Hasstlmann, war der Streichmusik zugefallen — ein bescheiden Theil, aber doch etwas. Diese eine Nummer wurde denn aber auch vor allen andern Piecen durch einen so lebhaften Applaus ausge zeichnet, daß die Direction schlechterdings nicht umhin konnte, derselben noch einen zweiten ähnlichen Vortrag beizufügen. Man sieht, wie dankbar das Publicum für Raritäten ist und eine Rarität ist jetzt bei uns — nach dem Weggange des Herrn Kutschenreuter — die Streichmusik geworden. Da das hiesige Militärmusik chor allem Anscheine nach mit Streichmusik sich zu be fassen nicht beabsichtigt, so wäre es in der That sehr zu wünschen, daß dieselbe von dem Musikchor des Herrn Lederer nach Möglichkeit gepflegt würde. Es würde zu weit führen, die Gründe, die diesen Wunsch zu einem berechtigten machen, hier des Weiteren aus einanderzusetzen. Dem Concerte folgte das übliche Tänzchen. — Der Saal des Schützenhauses hat durch den neuen Anbau ungemein gewonnen. Nicht blos ist derselbe durch die Verlegung des Büffets nicht un wesentlich vergrößert worden, sondern er hat durch den Ausbau der früheren offenen Veranda ein Sieben local «halten, das früher allgemein vermißt wurde. Könnt?, sich der Besitzer, Herr Moritz, entschließen, den Kegelschyb auf der anderen Seite des Saales abzu- , brechen und an dessen Stelle auch dort eine ähnliche Nebenpiece zu schaffen, so wäre dadurch dann nicht : allein dem oben beregten Bedürfniß vollständig Rech- i nung getragen, sondern der Saal würde auch bedeutend ! an Helligkeit gewinnen. — Wie wir in Erfahrung ge bracht haben, soll das vierte Abonnement-Con cert im Stadtpark gegeben werden. Wir erlauben uns hier, der Direction den Wunsch nahe zu legen, auch für dieses Concert dem Programm einige Stücke für Streichmusik einzureihen, um zu erproben, welche Wirkung Streichmusik in dem neuen Musikpavillon haben wird. — Unsere Reichstagswahl beschäftigt noch immer die Presse in hohem Grade. In ihrer Sir. vom 14. d. bespricht die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung," das Organ des Reichskanzlers, die beiden fortschrittlichen Wahlsiege im Meißner und Greifs walder Wahlkreise. Es heißt darin nach einem scharfen Tadel über die Agitationsweise der Fortschrittspartei: „Das Wahlflugblatt rechnete den Leuten vor, wie viel sie ersparen würden, wenn sie den Fortschrittsmann wählten; es schilderte die Folgen der Zoll-, Steuer- und Socialpolitik in einer Weise, als ob die Regierung nur darauf bedacht wäre, das Volk zu schädigen. Wir wollen dahin gestellt sein lassen, ob diese Mittel, die Wähler zu beeinflussen, als anständig oder auch nur zulässig gelten dürfen. Daß eine derartige Agitation aber im Stande ist, eine Wirkung auszuüben, statt abzuschrecken, läßt auf die eigentliche Ursache der sich zu Gunsten der Fortschrittspartei wendenden Strömung schließen. Es fehlt, wie wir glauben, an dem freien Muth, nicht nur solchen Entstellungen der Regierungs politik, die leicht populär werden, entgegenzutrelen, sondern dieselbe zu erläutern und sich offen zu ihr zu bekennen. Die Enthaltsamkeit, welche seit einiger Zeit die gemäßigt liberalen Elemente in Bezug auf politi sche Wirksamkeit üben, und der Umstand- daß dieselben thatsächlich sich negativ oder wenigstens zuwartend ver halten, obwohl sie im Grunde die Gedanken der Re- formpvlitik billigen, hat das Mißverständniß hervorge rufen, daß diejenigen als die wahre» Vertreter der liberalen Sache angesehen werden, welche die Reform politik auf das Leidenschaftlichste bekämpfen. So kommt es, daß die liberalen Wähler der Fortschrittspartei in die Arme laufen und Männer wählen, Welche auch den Liberalismus, wie er von den gemäßigten Elementen gedacht und verstanden wird, zum Gegenstand ihrer Angriffe machen. Der Energischere wird immer über den Zaghaften und Unthätigen siegen, bis sich dieser aufrafft, eine feste und klare Stellung einzunehmen und die Richtung zu bekämpfen, deren siegreichen Er folg er am meisten gefördert hat, ohne sich dessen be wußt zu werden, daß er damit seine eigene Abdankung verschuldete. Die fortschrittlichen Wahlerfolge mögen nicht nur den gemäßtigt liberalen, sondern auch den