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71. Jahrganz. ALSA» Mittwoch, 1«. Juli M« Gegründet I8S8 Dradtanschrtft! wowriwi«» E»rntpr,ch»r.Sainm»ln«mm«! 2S2-41. lim >ür 4tachl«ÄprL«d» ^ 20 Oll. »»m t. di, 1b. JuU >V2V o„ täglich L0»unalig,r Jutt«Uun» I»uu, M^k» ^"AUgs * tVLVUY» Po^d«iu,»pr»>» ,ur Mono! Juli 1 Word otzn» PoiNuftwun»»^diidr. am,,»!»»«»« >« Di» Ani«ia»n w»rd»n noch Soidmor» »»i«chn«i. »i» »mtpalNg» >0 nun or»i>» 2»"» ZV Pso^ >iir au»w0ris ZS Pi«. y»mili»nan,»i»»n und SI»u»n»,>uch« »dn« Linzeigen^reiie. ^ad°, 10 chj«- .'Ude-Kaw ro P>«„ °>. W mm dr»y» «.diom.,»,!, tbo PW. uk»rd«ld 2t>0 Pic, Vst»r>»nq«dükr 1V Vio Au«w Auiirao» >«^n D»rau»d«,->r> SchnNllilunc, und LuupIgeichiiiI»II,ll»: Aiariiuür» » ^>8,42. Drnck u. v«rian oon >Ii»»ich » «»ichnrdi ,n Dr»,d»n. PoMche-N-Nonio >OSS 0«^,»«. ßlachdrun nur m>! d«u>!ich»r Suellrnnnnod» . Dr..bner »nn,r »ilnlli» Unn»rinnr>I> SMriUNÜch, w»rd»n »«N >u>d»»adri. -p. vresäner kanÄelsdank K.-6. o-I »II»n — oucii kleine veträge — gute Verzinsung 08lrs-^I1ee 9/11 — Stäät. Vleti- unä Sctilsktitkok — LNssplatr 3 — Kai5er8traüs 11 — Prager 8trave 26 — laknstrsve 8 — Sroümarktkalle Dankgesciiäkten Inckivictuelle uneigennützige verstung Der Kampf um die Stellung Seeüts. Deutschland soll die Stelle eines Generalissimus der Reichswehr schassen. Drieswechsel Caittaux-Churchill. - Spaniens Wünsche in-er Tanger-Frage. — Der verbannle Dlklalor Portugals wieder gelan-el? Eine amtliche -eulsch^ Stellungnahme. Berlin, 13. Juli. Au der neuen Note des Vorsitzenden der interalliierten Militärkontrollkommission. General Walch, an die deutsche Negierung, wird von unterrichteter Seite lot sendes inilgrieilt: „Auf Grund der groben Abritstungsuvie des vorigen Jahres findet fortlaufend ein umfangreicher Notenwechsel zwischen der interalliierten Militärkvntrvll- kommifsion und der Negierung statt. Ai» 2. und 3. Juli hat nunmehr der Neichskommtssar für Entwassnungssrage». Generalleutnant Pawels, eine Note des Generals Walch erhalten, in der dieser die verschiedenen Aus bildungsvorschriften und u. a. auch die Frage der Panzerwagen behandelt, insbesondere jedoch auf die Stellung des Generals von Sceckt eingeht. ES wird nun darauf hingewiesen, dak nach einer Verordnung des Reichspräsidenten vom Jahre EU dem General von Sceckt eine Vorgesetzte Stell« über die ge samte Reichswehr übertragen worden war. Durch die Verhandlungen, die vor der Räumung der Kölner Aon« mit Sen alliierten Mächten stattfandcn. sind dem General von Seeckt diese Befugnisse damals genommen worden. Seitdem ist er als Chef der Heeresleitung ledig lich Organ der Reichswehr. Die gegenwärtige Note erklärt nun, dak General oon Sceckt Hwar formell nicht mehr Oberbefehlshaber der Reichs wehr sei, tatsächlich jedoch noch derartige Befugnisse habe. Hier zu wird daraus hingewiesen, das, vcrsassungsgcmäh der Ober- bcschl über die gesamte Neichsivehrmacht dem Reichs- Präsidenten mit dem NeichSwehrminister obliegt. Non einer Stellung des Generals von Sceckt als Oberbefehlshaber der Reichswehr könne also gar keine Rede sein. Die gegen wärtige Stellung des Generals von Seeckt innerhalb des Netchsmehrministcriiims ist bereits tn einem umfangreichen Notenwechsel der interalliierten Militärkonlrollkommissio» dargelcgt morden. Die Kontrollkommission hat nunmehr in ihrer letzten Note weiter gefordert, dak bei der Reichswehr -er Poste« eines Generalissimus geschaffen werden soll, und zwar tn der Weise, dak einem der Gruppenkommandcure der militärische Oberbefehl über die ge samte Reichswehr übertragen würde. Hierzu ist daraus htnzu- wcisen. dak der Posten eines Generalissimus der deutschen Reichswehr jm Versailler Vertrag nicht vorge sehen ist. Die NeichSrcgierung hat zu dieser Forderung bisher noch keine Stellung genommen." Au den Pressemeldun gen über die verspätete Veröffentlichung d«r Noten der inter- alliierten Kontrollkommission wird ferner von unterrichteter Seite darauf hingcwiescn, das, sämtliche Noten der Kontroll kommission an den Neichskommisfar für Entwafsnungsfragen, Generalleutnant Pawels, gingen, der sie dann von sich aus an die zuständigen Stellen, die Reichskanzlei,, das Auswärtige Amt und das Neichswehrministerium weiterleitet. In An betracht der Abwesenheit des Generals von Seeckt war be schlossen wurden, den Inhalt der Note erst nach dessen Rückkehr der Oeffcntlichkcit bekanntzugeben. Zurückhaltung in der Pariser Presse. Paris, l3. Juli. Die Blätter veröffentliche» den Inhalt der Noten der Kontrollkommission an die deuticlx- Negierung auf Grund der Mitteilungen in den Berliner Blättern, ent halten sich aber der Stellungnahme. tT.-ll.) Das polnische Rätsel. Seit dem Staatsstreich Pilsudskis schlingert das polnische Staatsschisf in einem Zickzack-Kurs der bisher auf keinem Gebiete erkennen lässt, wohin die Fahrt eigentlich gehen soll. Auhenpolitisch wechseln versöhnliche Gesten, wie das unverkennbare Einlcnke» der polnischen Unterhändler in den Handelsvertragsverhandlungcn mit Rückfällen in die alten Methoden der Gewaltpolitik, wie jüngst die rücksichtslose Aus treibung deutscher Pächter aus Wolhynien gezeigt hat. Eben- so unsicher und zaghaft sind die ersten Schritte der von PilsuLski beeinslusstcn neuen Negierung zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Gleichgewichtslage: am verworrensten aber erscheint di« innenpolitische Lage, die sich immer mehr von den Zielen des Staatsstreiches zu den alten Verhält nissen zurückentwickclt. Diktator ohne Diktatur — Diktatur ohne Diktator. Man kann cs so und so ausdrückcn, es kommt auf das gleiche hinaus und umschreibt von ungefähr die unklare Stellung, die der Marschall im heutigen Polen ein- nimmt. Seine Person ebenso wie sein Handeln sind kom pliziert und widerspruchsvoll. Seit dem Militärputsch l-at er seine thegncr und Anhänger immer wieder überrascht und vor neue Rätsel gestellt. Was er eigentlich will, ob er ein bestimmtes, klar umrisscncs Atel hat. dem er folgerichtig zu- strebt, ob er sich von Gefühlen leiten lässt, überrascht und anS der Fassung gebracht durch die Folgen seines Tuns und durch die Grökc der Ausgabe, vor die er sich selbst gestellt sicht, das sind Fragen, über die in Polen selbst keine Klarheit besteht. Aus dem Lager der enttäuschten Linksparteien, die gerne noch einig« Verfassungsbrüche in ihrem Sinne mehr gewünscht hätten, wurde Pilsudski bescheinigt, dak trotz seiner groben Worte alles beim alten geblieben sei und dak die Linke an der neuen Politik keine Verantwortung übernehme. So ent wickelt sich allmählich das groteske Bild, dah aus den ver änderten Verhältnissen die Piastcn-Partei Witos' den meisten Nutzen zieht, gegen die der Militärputsch in erster Linie ge- richtet war, während die Parteien, die das Unternehmen Pilsudskis unterstützten, mehr oder minder offen in der Opposition sind. Trotzdem wagte man es bis jetzt nicht» Pilsudski tatsächlich fallen zu lasten, offenbar, weil er mit dem Heer noch immer die Macht positiv in Händen hält und weil man sich nicht klar darüber zu sein scheint, ob und in welcher Richtung er nöttgensalls von ihr Gebrauch zu machen ent schlossen ist. Indessen sind die unversöhnlichen Feinde des Marschalls eifrig am Werk, um ihm auch diese letzte Stütz« zu nehmen durch die Einleitung einer faschistische» liegen, bewcgungen im Laude und besonders in der Armee. Die patriotischen Elemente werden von den Poscncr National demokraten. die sich um Roman Dworski scharen, zur Zu- sammcnsastung ihrer Kräfte und zur Bildung von engen Organisationen aufgefordcrt. Ausgabe dieser Verbände soll der Schutz des Landes vor dem Kommunismus und der Anarchie sein. In Wirklichkeit handelt es sich, wie die Per sönlichkeiten -er Führer zeigen, um eine rein faschistische Miliz, die im gegebenen Augenblick aktiv hervortrctcn mi die Macht an sich reisten soll. Die Armee wird erfolgreich be arbeitet durch Aufklärung über das Wesen des Faschismus, und, soweit sie Pilsudski ergebe» ist, dnrch die Behauptung, daf, der Marschall selbst ein Faschist sei, der aber leider bei seiner Maircvolution auf halbem Wege haltgemacht habe. Sein Werk mühten die Faschisten nun vollenden. In diesem Sinne ist besonders General Haller tätig, der sich nach feinem Rück- tritt von dem Posten als Gencralinspektciir der Artillerie in Posen eine eigene Organisation gegründet hat und mit dieser sowie mit angeschlvssencn Verbänden in der ganzen Provinz seldmarschmätzigc Uebungcn grostcn Stils abhält. Auch dis obcrschicsischcn Aufständischen, die sich für Pilsudski aus gesprochen hatten, werden im Sinne der faschistischen Gegen»' bcwegung bearbeitet. Eine wertvoll« Stütze finden diese Be» strebungen tn der Geistlichkeit, der von den Führern Sei Nationaldemokratcn ein« starke Vertretung in beiden Park lamcnten versprochen wird. Alle diese Anzeichen deute» darauf hin, dast Polen in kurzem vor neuen, entscheidenden Ereignissen steht, die möglicherweise zur Beseitigung des jetzigen Regimes und zur Errichtung einer faschistische» Diktatur führen können, wenn der jetzige »»gekrönte König von Polen sich nicht noch rechtzeitig ermannt und zeigt, datz er immer noch -er alte, unbeugsame Fcucrkvpf ist voi, 13. Mat. » » - . » Trotz dieser daS Auge des Beobachters zuerst festclndetl innerpolitüchcn Verwicklungen bleibt das polnische Problem so wie es sich heute darstellt, zuerst ein solches der Staats finanzen »nd der Wirtschaft. Ob faschistische oder Links, -iktatur, hier liegen die Wurzeln alles Ucbels und hier muh Der Text des Londoner Abkommens. Der offizielle Bericht. Paris, 14. Juli. DaS Finanzministerium veröffentlichte gestern abend einen offiziellen Bericht über das am Montag in London Unterzeichnete französisch-englische Schuldenabkom- n,cn. Der Text des Abkommens hat danach folgenden Wort laut: 1. Frankreich ist damit einverstanden, Grobbritannien folgende Jahresleistungen zur vollständigen und endgültigen Regelung der sranzösischcn Kriegsschulden an Grobbritannien zu zahlen: Aus eine Gcsamtkricgsschuld von 653 127 900 Pfund Ster ling im Finanzjahre 1920/27 4 Millionen, 1927/28 9 Millionen, 1N2829 8 Millionen, 1929/39 10 Millionen, 1930/31 bis ein schließlich 1958/57 12,5, Millionen. 19',7 biS cinschlicklich 1987/88 14 Millivncn, alles in Anweisungen des französischen Schatz amtes. 2. Frankreich wird dem britischen Schatzamt vor oder spätestens bis zum 13. September 1920 einen Schuldschein für jede der unter Art. 1 des Abkommens vorgesehenen Zahlun gen aushäildigcn. 8. Tie ans Grund sämtlicher gemäk den vorliegenden Ab kommen anSgegebencn Bons gemachten Zahlungen werden ohne Abzug geleistet und werden keinen Steuern oder anderen össciitlichcn Belastungen in Frankreich unterliegen. 4. Frankreich kann je nach seiner Lage nach einer vorherige» Mitteilung a» die englische Negierung, die zum mindesten 90 Tuge vorher erfolgen muh, die Zahlungen eines Teiles der Schulden vertagen, wenn die in Frage kommende Tninmc die Hülste sämtlicher drei mongtlichc» Zahlungen nicht übersteigt. Es wird fcstgestellt, das, sämtliche verspäteten Znhlungc» Zusatzzinsen von 3 Prozent tragen. 6. Jede Vermehrung der französischen Zahlungen wirb verzinst werden. 8. Die Krtegsschuldenkonten Frankreichs gegen Grok- britannien werden endgültig abgeschlossen. DaS britische Schatzamt hat das Recht, jeden Betrag zurückziihalten, der Frankreich ans diesen Konten gutgcschricbcn wird. 7. Der Betrag von 33 300 000 Millionen Pfund Sterling verbleibt als »»verzinsliche Schuld. Die Rückerstattung dieser Schuld wird durch späteres Abkommen geregelt werden. Die brstischc Regierung wird glS Garantie dieser Schuld daS tn London während dcS Krieges dnrch die französische Regierung hinterlegte Gold «Abkommen von Calais» unverzinslich weiter behalten. 8. Svsvrt nach Inkrafttreten bcS gegenwärtigen Ab kommens »nd Aushändigung der französischen Schuldscheine an Groschritannien sowie Erfüllung der anderen Vcdingnnge» wird das britische Schatzamt die augenblicklich von Grok- dritanntcn in Besitz gehaltenen BvnS der französischen Schatz- anwcisungcn annullieren und Frankreich wieder zusiellen. Der ergänzende Briefwechsel Caittaux— Churchill. DaS französisch-englische Schuldenabkommen wird durch einen Briefwechsel Eaillaux-Ehurchill ergänzt. LaillauL schreibt am 12. Juli an Churchill r „Angesichts der Tatsache, dak dnrch daS zu unterzeichnende Abkommen zur Regelung der Kriegsschulden Frankreichs an England die Zahlung der Jahresleistungen aus dir allei nige Bern nt wortung Frankreichs übergeht, bin ich zu der Erklärung gezwungen, daß nach Ansicht der fran zösischen Regierung auch in Zukunft die Zahlungen aus die Schuldenkvnten Frankreichs bet den Vereinigten Staaten und bei England unbestreitbar und tn grobem Make von den von Deutschland nach dem Dawcs-Pta« zn leistende« Zahlun gen abhängcn. Wenn daher unabhängig von den Zahlungen Frankreichs diese einmal anfhöre» würden oder die Fehlbeträge die Hälfte der fälligen Summen überschreiten würden, so würde eine neue Lage geschasseu und die französische Regierung behält sich das Recht vor, i« einem solchen Falle di« Negierung von Großbritannien aufznkordcrn, mit ihr die ne« geschaffene Sachlage «nd alle eventuellen Begleitumstände neuerdings zu besprechen. Mit diesem ausgesprochenen Vorbehalt bin ich bereit, den von uns vcrsabten Vertrag zu unter zeichnen." Das Antwortschreiben LhurchtNs an Caillauxr „Ich habe Ihren Brief vom 12. Juli erhalten. Wie ich Ihnen angcdcutet habe, mnf, die britische Regierung an dem Standpunkt festhaltcn. daß die Regelung der Kriegsschulden Frankreichs an England, wie wir sie eben festlegtcn, sowie die Schulden selbst allein auf die Berantwortlichkeit Frank reichs gehen. Sie werden einsehcn. dak. wenn die von Ihnen ausgestellte Hypothese Wirklichkeit würde, anch Groß britannien bereits eine Verminderung seiner Ein nahmen ans dem Dawes-PIan erfahren würde, Ein nahmen, mit denen cs bei Siegelung der verschiedenen Kriegs schulden ebenfalls rechnen must. Dieser Gesichtspunkt muß. falls Frankreich wünschen würde, dak die Krage neu be sprochen wird, berücksichtigt werden. Anker diesem Vor behalt habe ich keine anderen Bemerkungen zu Ihrer Er klärung z» machen. Sollte eine Aeiiderung der Bedingungen erfolgen, so glaube ich mit Recht erwarten zn dürfen, dak dann gleiches Recht für alle Alliierten gelten wird »nd die Mächte, die ebenfalls Gläubiger Frankreichs sind, eine analoge Modifikation der ihnen -»kommende» Schulden in Erwägung ziehen."