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Dresdner Nachrichten : 28.01.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-01-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188701281
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18870128
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18870128
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-01
- Tag 1887-01-28
-
Monat
1887-01
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 28.01.1887
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Oester*»««-. Zu Beginn der Sitzung de» dShmischeu Land» tage- ertlürte der Overst-Landmcm'chall. da« die deutschen Abgeord neten trotz der schriftlichen Aufforderung, im Hauke zu erscheinen oder ihr Fernbleiben seit de», W. Dezember zu rechtfertigen, im Hanic nach der durch die Geschäftsordnung sestgestrüten Inst nicht erschienen sind. Er lege delhalb die Frage vor, ob der Landtag diese Abgeordneten als autlgetreten erklärt und Neuwahlen vorru- nrhmen sind. Die Frage wurde ohne Debatte einstimmig bejaht, wodurch die Deutschen »hier Mandate verlustig erklärt sind. (Die Deutschen werden alle Wiedergewählt und dann Wiedemm den Saal verlassen.) — Sodann wurde der böhmische Landtag überhaupt ge schlossen. Der Oberstlandmarschall gab in seinem Schlußworte dem Bedauern darüber Ausdruck, daß durch den Austritt der Deutschen eine Strömung die Oberhand erhalte, welche dem nationalen Frieden in Böhmen überaus derhäuginswoll werden könne und welche, wenn sie noch gröberen Umfang annehme, zu einer Gefahr für das BersassungSlrben Oesterreichs werden könnte. Der Beschluß, durch weichen die auSaeschiedenen deutschen Abgeordneten ihrer Mandate für verlustig erklärt werden muhten, sei ohne allen Groll erfolgt, unter stürmischem Beifall erklärte dann der Oderstland- marschall: Wir sind stets zur Versöhnung bereit und scheuen selbst Aeiiderungen der Gesetze nicht, wenn damit ein wirklich nationaler Frieden erzielt würde, allein nur dann, wenn gleiches Recht kür beide Nationalitäten gesichert wird, wenn die Einheit deS König reichs Böhmen unangetastet bleibt und die Interessen Oesterreichs nicht geschädigt werden. Ungar«. V»r einigen Monaten ist der Abgeordnete der Stadt Gyönghö» Graf Ladi-lauö Batthhanyi wegen Wcchselschul- den nach Amerika geflüchtet. Aus Grund einer Zuschrift des Äb- geordnetenbauS-Pläsideiiten Pechy erklärte der Ausschuß des Ab geordnetenhauses, dah hier rin vom Gesetz Vvrnciehencr Fall vor liege. wonach die Diäten dieses Abgeordneten länger als durch 3 Monate sequestrirt sind, und erflärte daher dm Grasen Batlhyanhi seines AbgeordnrtenmandatS verlustig. In der Sitzung des Unterhauses ereignete sich während der Budget-Debatte eine Seme, wie sie im ungarischen Reichstag vielleicht noch nicht dagewesen. Als der bekannte Anti-Semit Ber- havay zu wrrchen begann, erhob sich die gelammte, 200 Abgeordnete zählende Regierungspartei, welche wegen unerwarteter Abstimmung vollzählig beisammen war, plötzlich wie aus Kommando und ver lieb demonstrativ dm Sitzungssaal. Die Anti-Semitenpartei ver harrte in tiefem Schweigen. Nach den Schlußreden ergriff Minister- Präsident TiSza zu einer längeren Rede das Wort. Aus die Bud gets übergehend, sagte Tisza, »das Volk werde demnächst ent scheiden. wem eS sein Vertrauen entgegenbringt. Ich mag," sagte er, „in meiner zwölfjährigen Negierunaszeit vielleicht manche« Un rechte gethan haben aber ich habe die Interessen meines Vater landes stets geehrt, und hochgehalten, und Niemand wird leugnen, daß ich mein Vaterland im Inland und im Ausland geehrt ge macht und ihm die Achtung aller Welt verschafft habe." Fraukeeteh. Das deutsche Verbot der PferdeauSmhr wurde durch Pierdeantäufe für das französische Heer in Deutschland be- qründet. Du Wie weit dies in der Wirklichkeit zutrifft, mag dahin gestellt bleiben. Thatsache ist, daß Frankreich gegenwärtig minde stens eben so viel Pferde aus- als einführt. Die Zahl der Pferde ist seit 1845 bis 1883 von 1.250,000 aus 2.850,000 gestiegen. In den letzten drei Jahren hat sich die Pferdezucht »och bedeutend ge hoben, sowohl durch die Förderung seitens der Regierung, als durch den Umstand, daß sie jetzt derjenige Zweig der Landwirthschaft ist, welcher in seinem Ertrage nicht zurüagegangen, sondern eher gestie gen sein dürste. Im Ganzen werde» setzt jährlich an 120,000 Füllen gezogen. Früher bezog Frankreich 40—50,000 Pferde mehr jährlich vom Auslande, als es dorthin verkaufte. 1881 betrug die Mehrein fuhr noch 11,308 Stück; 1882 : 7253 und 1883 nur »och 1042. Gegenwärtig dürfte eher eine Mebrausiuhr slattsindeu. Bis vor wenigen Jahren stand Frankreich bezüglich der Reitpferde »och sehr gegen Deutschland zurück, wogegen seine Arbeitspferde au Zahl und Gute kaum etwas zu wünschen übrig lassen. Jedoch dürste, Tank der behördlichen Förderung, die Zucht jetzt auch dem Bedürtniß au Reitpferden genüge», wenigstens der Zahl nach, denn die französi sche Reiterei steht hinsichtlich ihrer Pferde weit hinter der deutschen zurück. Nur Reitpferde wird man daher in Deutschland für das .Heer zu kaufen suchen. Mit guten Spaimpicrden ist dasselbe reich tich versehen, Paris zählt 76,000 Pferde, wovon allein 14,000 aus die Omnihusgesellschast kommen, welche dieselben im Kriegsfälle der Behörde zur Bersümmg stellen muß. Während der Belagerung von Paus leistete die OnmibuSgesellschait auch mit ihren Pferden der Pettheidiaung wesentliche Dienste. Nach dem Frieden mußte sie sich nach Norodeutichland und Dänemark wenden, um ihren Pserdebe stand schnell wieder aut die alte -Höhe zu bringen. Die anarchistische Gesellschaft „Die Panther von Batignolles" batte eine Entrüstungs-Versammlung wegen der Vermckheilung zum Tode des Brnndstiiters Duval emberuien. Was de, dieser von 500 Perionen besuchten Versammlung für Ungeheuerlichkeiten vorknmen, iibersteiat das Maaß alles bisher Dageweseileii. Zur Kennzeichnung des bei den Versammelten herrschenden Tones nur so viel, daß die Theilnchmer u. A. folgende Redensarten oder Drohungen führten: „Ich danke Dir, so sagte ein gewisser Leboucber, daß Du Duval. »iiilassrner Sträfling gleich mir, öffentlich das Recht auf den Dicb- iiaht proklamirt hast." Ein anderer Kumpan, mit Namen Tor- tilticr, verflieg sich zu der Drohung: „Wenn imm die Infamie be geht, an Duvat das Todesurrheil zu vollstreckcu, so werden wir Anarchisten alle aus dem Platze la Roquetle in Waffen ericheiucil, um die Geiängnißwälter niederzuschlagen." Die bittere Luise, aus ihrer seit emigen Wochen beobachteten Reserve beraustretend, hatte sich im Saale eingcfnnden und erklärte: „Duval ist ei» Held! Er Hai gestohlen und Feuer angelegt nicht zu seinem, sondern zum allgemeinen Besten. Tie alte Gesellschaft liegt im Sterben, aber sic will nicht verscheiden. Nach dem Tode von Duval, sollte Grevy ihn nicht begnadigen, werden Tansciide, ja Millionen von Anar chisten amecstehen." Ein früherer Royalist, Gras Neuville, der Eumualhieu ftir die Muhel heuchelte, wurde als „Adeliger" schnöde von der „großen Bürgerin Luise" abgewieien. Ein anderer Redner versicherte, daß er, seit Wochen keine Arbeit findend, Dieb werden wolle. Der „TeuipS" demeutirt die Nachricht des „Journal alsace", daß Baracken gebaut werde», um 20,000 Mau» Verstärkung an der Grenze »nterzubrnigeu, erklärt über, der Bau der Baracken sei richtig, jedoch Wien dieselben nur dazu bestimmt, den Reservisten und Lantwelnlcute», welche keine» Platz in den Kasernen finden Icmnten. nlS Logement zu dienen. Diese Baracke» wurden deSbalb nicht allein in Geradmer, Coicicux. Saint Dis, sondern in der Nähe sii»millichcr Garnisonen des Ostens erbaut. Diese Mittheil»"g des „Diiiips" beslättgt also die bis jetzt von sämmilichen Paen.. .'mw- »aien. „Temps" inbegriffen, abgeleuanetr, als Erfindung der R'ep- lüiciivresse bezeichnete Nachricht des Ankcuiss von Bretcru zum Zweck des BarackenbaucS. Paris. Mil wenig Pomp wurde die Heirath des Marquis de Tallcyrand-Pcrigord mit Madame Adele Stevens, verw. L>- vmgsioiw geb. Sainivn gefeiert. Diese Amerikanerin wurde nn ver gangenen Jahre ans ihr Gesuch durch das Gericht vn» Nhode-Js- land von ihrem zweiten Galten geschieden. Der.Herzog von Di»o hat ans Anlaß der Bermühlungsieicr seinem Sohn ichon jetzt den Henogsuiel abgetreten. — Tie Uiitrrvrüscttcn wollen nicht aufge- boben sein, man konnte sich das wohl denken. In der Ebarente u nd eine Petition von ihnen hernmgeschickt. Dieselbe wird allen Maires zng. mndt. um recht zahlreiche Unterschriften zu >a»n»eln. Das Eigeiiiiinnilichsle an der ^.ache ist. daß die Schreiben offiziell, mit dem Siegel der Unterpräfektur versehen sind. Tie Minister wollen die Untcrpräsekicm stürzen und diese das Ministerium. — Paul Deroulrdc hat von einer Gruppe Bewohner Moskaus eine silberne Statue erhalten. Sie stellt Rußland dar, aus einen Schild gestützt, in der Hand ein gezücktes Schwert haltend, dessen Spitze die Eroe berührt und ans eine sehr sranzösisch-irenndliche Unterschrift deutet. — Am vergangenen Sonntag kam infolge des letzten Mee tings der Anarchisten am Boulevard Rochechouart ei» junger, fürch terlich zrigcrichteler Mann nach dem Hospital St. Louis, welcher über -mb über mit Beulen bedeckt war und erklärte, vo» den Anar chisten so zugerichtcl worden zu sein, weil er eine andere Meinung ww sie Halle. Er wurde sofort uusgenomme», doch sein Zustand verschlimmerte sich trotz der sorgfältigsten Pflege sehr, da ein heili ges Fieber ansbrnch, Die Acrzte erklärten, daß Louis L. ani Ver folgungswahn leide, weshcüb er in das Irrenhaus St. Annee über führt werden sollte. Zwei Krankenwärter begleiteten in einem Wagen de» Unglückliche», doch kaum im Faubourg du Tcmple an getan gt. fing derselbe heftig an zu schreien und wollte mit aller Gewalt ans dem Wagen springen, denn er glaubte wieder die Anar chisten zu sehen. Zufällig gingen vier Sozialistensührcr. n. A. Balloz. vorbei, sic horten das Schreien und warfen sich den Pferde» in die Zügel, dabei die Menge haranguircnd. daß man einen Un schuldigen in's Geiängniß schleppen wollte. Das Volk ergriff Partei für die Demokraten und sicher wäre denselben der Sieg ge blieben, wenn die Polizisten nicht rechtzeitig hinzngckommen wären, den armen Irren in Sicherheit gebracht und die Menge zerstreut hätten. Der Zustand des Jntemirten ist durch diese Szene noch - . ^«worden und somit die Zahl der Opfer der aememge- iährlichen Lehren der Demokratie um ein» vermehrt. - Durch die Unvorsichtigkeit eines WerkiührerS. Namens Briscard, der rin Opfer seines Versehens geworden ist, entstand in dem zur Reinigung des SchweielätberS dienende» Gebäude derDhnaniitsabrikbon PauIilleS eine Explosion, in Folge deren dasselbe total zerstört wurde. Italien. Die italienischen Besitzungen am Rochen Meere sind ernstlich bedroht. Der Minister de- Aeußcui. Gras Robilant. hat den Gegner und die Gefahr unterschätzt; dasselbe hat der in Masscmcch befehligende General Bens gethan. Dieser sandte am lb. d«. eine Depesche nach Rom, worin es hieß, daß Ras Älula. von einer verunglückten Expedition auf Kassnla zurückkehrrnd, un gefähr 65 Kilometer von Massauah ei» Lager ausgeschlaaen habe, um. wie er wissen ließ, mit seinen Mcumichaite» .Feldarbeiten obzuliegen". Und das scheint Bens wirklich geglaubt zu haben, bis Kaufleute nach Massauah die Nachricht überbrachten, der abessynische Oberbefehlshaber bereite eine» Angriff aus Massauah vor. Gens begnügte sich damir, den Vaichibvzuk-Vorposten bei Sahati durch italienische Soldaten zu verstärken, und depeschirte nack Rom, daß zu irgend welcher Beunruhigung kein Anlaß vor handen sei. Diele Ansicht drückte Gens auch noch in einer De pesche vom 23. d. M. aus; jetzt ist er und mit ihm das italienische Kadinct eines Anderen belehrt worden. Gens bat um 600 Mann Verstärkung gebeten. Im Senate erflärte der Minister, die Lage in Massauah habe nichts Beunruhigendes, Es seien mehr als ge nügende Slreitkräfte dort, um die Barbarenhorden zurückzuweisen. Daß General Gens für gewisse Fälle Verstärkungen verlangen werde, sei vorcmsgeiehen worden: derselbe dürfte einige für Italien vortheilhaftc Demonstrationen ausiühren wolle». Die Verstärkun gen seien marschbereit. Zur Berichtigung unbegründeter Nach richten gewisser Zeitungen erklärte der Krieasmmister General Ricotti, baß gegenwärtig »ach Massauah ein Batillon Infanterie, eine Gente-Koinpagnie und 2 Gebirgsgeschütze abgehen. Der Senat nahm hierauf eine Tagesordnung an. in welcher der Regierung volles Vertrauen ausgesprochen wird. Den neuesten Nachrichten aus Massauah zufolge soll sich Ras Alula noch immer in Ghinda befinden und zögere, gegen Massauah weiter vorzurücken. Ueber Kairo wirb gemeldet, daß einer der italienische» Gefangenen »ach Massauah ain Rothen Meer zurückaesandt worden sei. um zu erklären, daß die Italiener, wen» sie Frieden haben wollten, sich auf Massauah beschränke» müßten. Der Kom mandant antwortete, daß er unter iolchen Bedingungen den Frieden nicht wünsche. Die Araber strömen in großer Menge nach Muffauah. Aus Bologna wird in Ergänzung der Meldung über das an dem Ingenieur Marocchino in einem Enenbabiuvagaon verübte Raub-Attentat geschrieben: „Das Motiv des Uedrrialles ist nicht, wie allgemein angenommen wurde. Raubgier: es liegt hier ein Racheakt vor. Ter Angebrachte Verbrecher, der 19jährige Eugen Ricci, war nämlich Arbeiter in einer Stahlfabrik, i» der Marocchino als Leiter sungirte. Ricci und zwei seiner Gefährten wurde» vor einiger Zeit entlassen und beschlossen, sich an dem mißliebigen Di rektor zu rächen. Das Loos entschied für Ricci, der seine Absicht auch aussührte, Marocchino dürste übrigens trotz seiner schweren Wunden gerettet werden. Belgien. Während sich die belgischen Katholiken noch immer sträuben, der Beseitigung der Stellvertretung in der Armee zuzu stimmen, haben die Sozialistensührcr eine sehr rührige Agitation in den Reihen der Armee »nd unter den Misizsoldaten in das Werk gesetzt. So sehr sich auch die Militärbehörde» auf Anweiiung des Kriegsministers bemühe» dem Eindringen sozialistischer Blätter in die Kasernen Hindernisse zu bereiten, so haben sic doch thatiächlnh wenig erreicht. Die natürliche Verbindung der allein dienende» untere» Vollsktassen mit ihren Angehörigen ans den Arheiterkreiien ist mächtiger als jeder amiliche Zwang. Ebenso werden die zur Anslooiung kommenden militärpflichtigen Arbeiter im Voraus gründlich bearbeitet. Da diese Anslovsiingen jetzt bevorstchen. so sindcn überall Versammlungen statt, in denen den künftigen Solda ten die sozialistische» Lehren eingcprägt werden; überall wciien die Führer aui die Unbilligkeit der Blntneuer, die nur die Armen zu leiste» habe», hm, und mahnen dieselben, nie auf ihre Brüder zu schießen. England. Bei der Parlamentswahl im Vörsenbezirkc von Livcwovl erhielt der Kandidar der Liberalen und Anhänger Glad- stoneS, NeviUe. 3222, Gaschen, welcher, um Minister werden zu können, Abgeordneter sein muß, nur 3211 Stimmen, Die Majo rität beträgt sonach II Stimmen. Ta 9 Stimme» anaciochten werden, so findet nochmalige Abstimmung statt. (Eigenthumliches Verfahren!) London. Wie verlautet, wird der Prinz vv» Wales im Frühjahre Irland besuchen, um den Nennen von Pounchertown bei zuwohnen. — Lord Randolph Churchill hat sich vorgenommen, in der ersten Sitzung des Parlaments die Gründe seines Rücktritts auseiiianderzuictzen und seine diesbezügliche Korrespondenz mit Lord Salisbury zu verlesen. — Fredcric Good, der dänische Konsul in Hüll, hat sich in einer Droichke erschossen. Der Grund soll darin zu suchen sein, daß er in einen nächstens vor dem Londoner Eheschci- daugsgericht zur Verhandlung gelangenden Skandalvrozeß verwickelt sein soll und ihm sein Rechtsanwalt mitgetheilt hat, daß er dem nicht entgehen könne. — Ter Versuch, in ,zavmham einen Arbei- terkliib zu gründen, ist gescheitert. ES wurde ein drittes Meeting arrcmgirt, das aber weniger stark besucht war. als die beiden ande ren. und die Zuhörer pfiffen den radikalen Redner ans, noch che er zu sprechen aiigesnnge» hatte, so daß er sich zurückziehcn mußte, — Die Königin hat cmgewilligt, nn Laufe des Sommers Birmingham zu besuchen, um den Grundstein zum neuen GerichtSgebäude zu ftgcn. — In Castle-Island bat sich wieder eine Bande von Mond- schkinlerii blicke» lassen, welche mehrere Farmen in Brand steckten und dann plünderten. In ihrer Angst, das Leben zu retten, dach ten natürlich die Bewohner nicht daran, die Frevler sestzrrnehmcn, — Arrs Earraghmvre wird eine Heldenthat der Fenier gemeldet, wie man dieielbe noch me gehört hat. In die Kuhställe des Mar quis os Watecsord Hallen sich ein paar Individuen cingeschlichen, welche einigen vierzig Ttnere» die Schwänze adhackten. Durch das Schmerzgedrüll der Thiere wurden die Ticnstlcuie aufgeweckt, dach waren iiizwoche» die Uebelthater entkommen. Der Schaden beläuft sich aui über 800 Lstr. — Ter französische Dreimaster „Eiperance", welcher von Cadiz nach Beliasl fuhr, isl an der Küste von Dmidrum (Irland) gestrandet. Die Ursache ist der seit drei Tagen dort herr schende dichte Nebel. Die Mannichait konnte gerettet werden, aber Schiff und Ladung sind verloren. Rumünien. In Fokicham hat der Divisions-General Cnn- tilli einen Arzt, den er an dem Tode seiner Frau, der Generali», für ichuldig hielt, ani einer Eneiibahustativn angegriffen und dem selben die Naw abgehackt. Ter Aczt, Tr. Schapira, ist dieser Tage an der erlittenen Wunde gestorben. Derselbe war ein Oesterreichcr von Geburt. General Eantilli. welcher vor ein Kriegsgericht ge stellt wird, erklärte, er habe den Arzt nicht tödtc» wollen. Zwischen deni Minister des Aeußercii Pberekide und dem Depu tieren Fleva in Bukarest hat wegen ber Vorgänge in der Sitzung der Deputirtenkammer am 24. d. ein Pistolendncll slattgeiunde», in welchem Letzterer am Arme leicht verwundet wurde. Schneider Jörg Sachs, Uetz den am 5.Novbr. 14S4 geborenen Knaben in einer der vier Lateinschulen Nürnbergs erziehe». Ten ersten Meistersinger-Unterricht erhielt er Von dem bekannten Zunst singer und Leineweber Numrenveck. Die Wandcrjahre mit der ritterlichen Episode in Wels am Hose Kaiser Maximilian s. der Aufenthalt in München, wo HcmS Sachs doS erste Mcislerlied dichtete und in Liebesbande verstrickt ward, die Reise durch Deutsch land, die Niederlassung als Meister in Nürnberg und glückliche Ehe mit der Kunigunde Krüaeriu, den Eifer für die Sache Lulher c (der „Wlttenbergiichen Nachtigall") und die Povulansirung der Bibelübersetzung, die Gründung der neuen Singschule, die Be kanntschaft mit fremdländischen Dichtem, wie Boccaccio, die zweite glückliche Eheschließung des vrrwittwcten hohen Sechzigers ino einem ganz zungen EhegesponS und sein gemüthvoll, gut bürgerlich häuslich Schalten und Walten bis an sein selig End' im Jahr de; Heils 1576 — das Alles skizzirte im Flug, aber eindringlich dcc gewandte Redner und charakterisirte Zug für Zug den echt deutschen, biderben Volksdichtcr, in welchem der alte Streit zwischen Schule und Leben, Gelehctenpoetecei und Volksdichtung zum völligen Aus gleich gelangte. Nachdem Geuse den riesige» literarischen Nachloi; des Nürnberger Poeten sozusagen in Bausch und Bogen nivenlan sirl und sein Publikum mit den viele» altchrwürdigen Folianten und Originalausgabe» im Geist bekannt gemacht hatte, giiizz er zum Vortrag ausgewählter Dichtungen, Gespräche, resp. Schwänke »>,' Fastnachtsspiele selbst über. Er las zuerst die Dichtung „von dem bitter-süß ehelichen Leben", da»» den Schwank von „St. Peiec um der Geiß", ferner den Schwank „St. Peter mit den Landsknechten im Himmel" und das Gegenstück dazu „warum der Teufel kemen Landsknecht in die Hölle läßt". Znm Schluß trug er das Fas: ^ „ >as «an nacktssviel vor: „Die Wahrheit will Niemand Herbergen" — Alles nach eigener Textüberarbeitung so treu wie möglich in der Ursoei» Tic recitatorische Wiedergabe der gut gewählten Dichtungen war in vieler Hinsicht eine mustergiltige. Man muß es Geuse vor Allem nnchrübmen: er ist immer voll und ganz im Geist dee- DichterS und seiner Zeit (seine Bildung erlaubt chm dasi; er zeigt den Mann, seine Werke nn Spiegel seiner ganzen Kullureooche: 6'est lv ton aui kalt la musious; auch vom Vortrag gilt dies war man den grundgoldigcn Ton der „Frau Wahrheit" gleichlich reinen und urnaive» Legende „St. Peter Hknilleton. ß Am Mittwoch Abend hielt Tr. Rudolph Gense seinen mit Spannung erwiirteten H ans-Sachs-Ä ortrag. Den Börseniaal füllte cm zahlreiches. a»S den besten und gebildetsten Kreise» zniamnicngeietzles Publikum. Bei der Beliebtheit und dem begründeten Ruf des Vortragenden kann das zwar nicht Wunder nehmen, aber mitten in der Koiizertsaüoii macht diese erfreuliche Thattache immerhin Anspruch ans besondere Erwähnung. Dr. Geuse begrüßte die Erghieneneii mit der pcrsiiiilicheii Bemerkung, daß es ihm eine wahre Herzenssrende sei, nach langer Pauie hier in Dresden, ic»icr icüheren Heiiiigth, zu einer io hochaniehnlichen Versammlung zu spreche», und wenn anc^ der Dichter, den er dies mal behandle, mit Shakespeare, der den Stoff zu allen früher vier gehaltenen Vortiagcn geliefert habe, gm keine» Vergleich anshalte, so verdiene er doch die höchste Beachtung, denn »in gleich Alles in Einem zu sagen: Hmis Sachs sei eine der remsten und liebens- wcrlhesten Perivnlichteiien. die io recht aus der Tiefe des deutschen VolkegemüthS hecvorgegangen, „Das Studium des Hans Sachs als Dichter wirs durch wesentlich andere Motive bestimmt, als es x B- bei einem Dichter wie Shakespeare der Fall ist. Bei Hans Sachs gilt cs nicht die dichterische Tiesc zu ergründen, Dunkelheiten gewisser Stellen au'znhelten oder auch, wie die Erfahrung zeigt, die Helle Verständlichkeit künstlich zu verdunkeln: klar ansgciprvchen liegt dir dichterische Erscheinung in seinen Werken vor uns. Aber gerade diese Klarheit und strotzende Gesundheit seines ganzen Weiens, seine sittliche Reinheit »nd geradezu unvergleichliche Arbeitskraft macke» ihn zum bedeutendsten, einflußreichsten und fruchtbarsten Dichter der Resormalionszeit." Daran anichließend. entwarf der Vortragende in vielsagender Kürze rm anschauliches Lebenöbitd des wnnderiamen Mannes, der auch als Dichter lebens lang ein ehrsamer Handwerker geblieben sei. Sein Vater, der In undefinirbarer Märchenwelt, ganz ä In Ludwig Tiecl, n, wenn Genüe de» „Callban" im Sturm der Phantasie beinahe greifbar voriührtc, »n fidelsten Sect-Geiängniß war man, wenn er den ^Falstaff" löslich, und vorgestern Abend glaubte man wie in den „Meistersingern" vor Hans Sachs' Bude, wo der Flie der düstet, in lauschiger Sommernacht zu sitzen, und alten, traulichen Weisen und Tonen zu lauschen, während aus dem schönsten Brunnen der Welt das Wasser rcnffcht und wunderlich geformte Giebeldächer ringsum im Mondlicht schimmern. Dazu trai der Vortragende io recht auch die derben Landsknechts- und die ichlichtrn Bauernlöne, in der nnvcr- . ^ mit der Geiß". Es war Alles in Allem — eine echte, unverfälschte Holzschnitt inanirr, die wie ein stilvoller Nahmen das Liteeaturdiid umschloß. Man bedauerte allgemein, als Dr. Genee am Schluffe seiner durch lauten Beiiall ausgezeichneten Vorlesung einen zweiten Vortrag nicht für die nächsten Tage, sondern erst für später einmal m Ans sicht stellen zu können erklärte. Alio — am Wiedersehen! Franz Kopvel - Ellscld. s- Im Kgl. Hoilheater (Altstadt) gelangt heute zu ermäßigten Preisen Ealderon s Schauspiel „Das Leben ein Traum" zur Aufführung. 's R es i d en z t h e ater. Bei der borgestngen dritten Ausfüh rung der melodiösen Operette von E. Zeller „Ter Vagabund' sang J»>. Weil an Stelle des Frl. Löwe die Rolle der Dyrsa mit viel Geschick und ieincr Nnancilniig. Ihre schöne Stimme erfreute die Höre» sichtlich und erweckle emen reichen, wohlverdienten Applaus Auch die Herren Martini und Frank spiellen und iaiigen vorzüglich, wie überhaupt die ganze Aufführung als eine äußerst gelungene zu bezeichnen war. ck Ter für morgen, Sonnabend, angesetzic dritte Vortragsabend im G. Ehrtich' ichen Musikinslitule ist ins am Weiteres ver schoben worden. s- K n n st v e re i n. Tie Landschaft ist unter den neu ausge stellten Gemälden am stärksten und auch am besten vertreten. Ed. Leonhardi, der seinen Schöpfungen stets eine poetische Seite abzu- gewinnen versteht, ist zugleich bedacht, seinen Bildern auch eine in allen Theilcn seine Ausführung zu verleihen. Das neueste Bild Levnhardi's. „Frühlings Anfang", beweist dies in eklatantester Weise, es muthet den Beschauer wundersam an: man möchte, wie das Kind in den Armen der Mutter, der erwachenden Natur cnt- gcgenjubeln. Müller-Kurzwelly's (Berlin) „Sonnenuntergang" ist von blendendem, doch durchaus nicht übertriebenem Eolorit und verfehlt die beabsichtigte Wirkung nicht; dagegen sind Marie Heckcl's beide Landschaften „Ans Nordböhmen" uno „Eine Mühle" recht untergeordneter Art. ohne Licht und Stimmung. Mängel, die erst recht fühlbar werden beim Anblick Frz. Schreyer's „Pinien bei Pompeji", einer tüchtigen coloristischcn Leistung. I. Schenker's „Zur Winterszeit an der Elbe" ist im Colorit gar zu bleiern; wenn auch der Winter diese Farbengebung entschuldigt. so hätte der sonst vortreffliche Künstler bedenken sollen, daß m der Natur nicht alles, was wahr, auch schön ist. Bertha Schrader's „Schiffswerft in Haarlem" ist eine recht wacker ausäcführte Vedute. Von den cin- gegangencn Genrebildern ist W Lehnmann s „Maraudeure" das vorzüglichere: frisch und lebendig in der Bewegung der daher- stüinienden Reiter, erweckt das Motiv Interesse. Gustav Majer's (München) „Trinkender Mönch" ist Phhsiogiionnsch recht ansprechend, doch werden die leiblich sich nährenden Mönche in den Ausstellungen gar zu viel und verlieren an Reiz. Erich Hammer's (Weimar) „Kirchen interieur" mit Staffage würde bei besserer und feinerer Durchführung vielleicht Beifall finden. — Die Aquarellmalerei vertritt Prof. Erwin Oehme wie immer meisterhaft: die vier Landschaften sind von zauberhaftem Reiz und überraschender Natnrtrcuc, aber noch mehr Gefallen wird das Bild „Der Landsknecht" erwecken; das ist eine Behandlung der Wasserfarben und eine Heiansnivdcllimng deS KvpieS. die in dieser Malart zu dem Besten gehört, was lange Zeit im Kunstverein gesehen worden ist. 's Das Konzerthaus in Berlin (früher Bilie) hat ein großes Orchester, bestehend ans 120 Musikern, für die kommende Sahon engaairt. Es sollen dann an bestimmten Tagen des Monats Monstre-Koiizerte im Konzertkause mit säinmtlicben 120 Jnstruinen- talisten veranstaltet werden. An den übrigen Tagen wnd der nicht- benutzte Theil des Orchesters an Virtuosen für Künstler-Konzerte abgegeben. s Bezüglich des Urtheils des Direktors des Theater de la Monnaic in Brüssel, Herrn Lapissida, der bekanntlich der letzten hiesigen „Walküren "-Aufführung mit dem belg. ersten Hofdeko rationsnialer Herrn Lhnen beiwohnie, schreibt die „Nciorme beige Den Leistungen des vorzüglichen Dresdner Hosthealerpcrsonals zur Seite stehen die bis in oas Kleinste hinein mit der größien Sorg falt behandelten Ausstattungs- und Verwandlungsapparate. Das Wechseln der Conlissen, die Genauigkeit und Schnelligkeit, mit welcher die einzelnen Vcriatzstücke ersetzt werden, ist geradezu übci raichend. Während z. B. im Brüsseler Opcrntheatcr häufig genug . die Dekorationsstücke von zehn Overn vom Schnürboden herab- ! hängen, befinden sich aut der Dresdner Bühne nur die zu der jedes maligen Vorstellung erforderliche» Ausrüstungsgcgenstände. Ein ani Schienen laufender Wagen befördert das entbehrliche Matena! sofort in die hinter der Buhne liegenden Magazine, Heroorragen den Antheil nn den Erfolgen der Darsteller nimm! das vorzüglich geichulte Orchester, welches der ihm gestellten schwierigen Ausgabe in ledcr Weise gewachsen ist Auch die in Dresden iowie aui vcrichie denen anderen denlschcii Bühnen an Stelle des Gase,'- eingeinhrle elektrische Beleuchtung der Rampe finde! den ganzen Bciiall des Herr» Lapiisida Lobende Erwähnung findet ferner die jede Sie rimg permeidende Haftung des Publikums wäinend der einzelnen Akte. Jedenfalls werden die Eindrücke und Eriabrungen, mit denen die genannten Herren von Dresden geschieden sind, der hiericlbst vorbereiteten Aufführung der „Walküre" zu Gute loinmen. Anrh der ffaniösische Bearbeiter deS Wagncr'ichen Werkes. Wilder, der durch leine Uebersetzungen bewiesen hat, daß er alle Tieien des Geistes des Dichterkomponisten versteht, iprieht der Dresdner Wal- kürcn-Anffiihrnna begeistert seine Anerkennung ans und stellt diese der Bahreuther Aufführung voran, f Der Physiologe W. Hvrscrnft Waters ist am 21, ds. in London gestorben. Walers hatte in Leipzig unter den Professoren Ludwig und Kühne iludirt und war ein hoffnungsvoller Jünger iciner Wissenschaft, als lhn der Tod in jungen Jahren entris; * Folgende köstliche Siilblüthc leistete sich ein Berliner Blatt: „In Gotha ist, wie man von dort schreibt, an dem Rentier Meyer aus Berlin jetzt die 385. Feuerbestattung vollzogen worden. Wenn Der nicht todt ist! ^ ' Sind. A.: „Denke Dir an. ich bin heute Morgen um 3 Uhr schon nusgestanden." Sind. B.: „Unmöglich, weshalb denn i" Sind. A,: „Ja, es war kein Mensch mehr im Lokal und da mußte ich doch gehen." Nr. S«. Seite». «M Freitag. S8. Ijaauar 18«V,
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