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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 16.09.1926
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260916022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926091602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926091602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-16
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
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Nissen einer Abänderung bedarf. Wenn jetzt nicht in Danzig wirkliche Arbeit geleistet wird für Staat, Wirtschaft und? Volk, dann wird sich eine Finanzkontrolle durch den Völkerbund nicht abwenden lassen. Polen aber würde dabei seine politischen Geschäfte in Danzig besorge» können nnd Danzigs Freiheit »nd Selbständigkeit wäre erledigt. Was dann aber geschehen würde, weis, niemand, iedenfaü» stünde die ganze deutsche Ostmark dadurch vor schwersten Erschütterungen. * «in deutscher «deud in Genf. Gens, 15. Sept. Heute abend veranstaltete der Welt» bund der christlichen Studenten einen deutschen Abend, an dem eine größere Anzahl Mitglieder der deutschen Delegation teilnahinen. An Stelle deS im letzten Augenblick verhinderten ReichSministrrS Dr. Stresrmann hielt Staats, sekretär v. Rhetnbaben die Festrede. Ein Essen und ein Konzert des Münchner KammerorchesterS „StubentenhauS" vervollständigten die festliche Veranstaltung. sN. T. B.) Zer Beginn des Mordproreffes Schröder. Die Aussage -es Angeklagten. sEtgaer Dra-,bericht der .Drebdaer Nachrtchten^.t Magdeburg, 16. September. DaS grobe Interesse, das die Oessentlichkeit an dem Ntordprozeß Schröder nimmt, äußert sich darin, daß heute schon mehrere Stunden vor Be ginn der Verhandlung große Pi enschen ,» asse n tn der Straße vor dem GerichlSgebau.de warten. 'Neugierige wollten sehen, wie Schröder aus dem Untersuchungsgefängnis zum BerhandlungSsaale transportiert tvird. Die Verhandlung findet in demselben großen GertchSsaale statt, in dem sich vor längerer .'seit der Ebert-Rothart-Prozeß abspielte. Heute beim Mordprozeß Schröder ist jedoch der Andrang zum Au» hürerraum weit stärker. Schon lange vor Beginn herrscht eine beängstigende Fülle. Am Saaleingang wird eine strenge Kartellkontrolle vvrgenvmmen. Die meisten Plätze sind von Damen eingenommen. Biele Magdeburger Richter sind als Zuhörer erschienen, darunter auch der in dieser Affäre viel genannte Landgerichtsdirektvr Hosfmann. 31 Zeugen sind geladen und drei Sachverständige, darunter der Berliner Psychiater Dr. Marknse. An einem besonderen Tische haben Vertreter des preußischen Innenministerinm^ und des Justiz ministeriums Platz genommen. Der Magdeburger Polizei präsident Menzel ist erschienen, ebenso der Nciumburger Oberstaatsanwalt Well mann. Der Angeklagte Schröder wird durch einen GesängniSbeamten und einen Polizisten in den Ankiageranm geführt. Schröder ist gefesselt. In seiner Rühe sitzen einige Polizisten. Der Angeklagte macht Sen Eindruck eines schwächlichen, kränklichen Menschen- Er läßt keine großen Augen hinter der dunklen Hornbrille über die Zeugenbank schweifen, vor der auch seine Braut Hilde Götze steht. Ans einer schivarzen Tafel ist mit Kreide ein Plan -es MvrdhanseS und seiner Umgebung aus gezeichnet.. Um ^«10 eröffnet Landgcrichtodircktor Löwcntbal die Ver handlung und ordnet an. daß dem Angeklagten Schröder während der Verhandlung die Handfesseln gelöst werden. Der Vorsitzende wendet sich dann in längeren.Aussührungen an die Geschworenen. Die Vernehmung -es Angeklagten Schröder ergab folgendes: Richard Schröder, 23 Jahre alt, ohne festen Beruf, war 1620 wegen fahrlässiger Tötung zu Ge fängnis mit Strafaussetzung und dann wegen unbefugten Waffenbesitzes zu Geldstrafe verurteilt worden. Nachdem kurz der Inhalt der Anklage (Mord an dem Buchhalter Helling. Raub nnd Scheckbetrngi vorgetragen worden ist. wird Schröder anfgefordert, seinen Lebensgang zu schildern. Er tut das mit leiser, oft stockender Stimme. Schröder lst am 14. Juli 1663 in GroßrottmerSleben bei Magdeburg ge boren und lxit die dortige Dorfschule besucht, um später das Schnriedebandmerk zu erlernen. Dieses Handwerk sagte ihm aber nicht zu und er trat 1620 in die Reichswehr bei den Pionieren tn Magdeburg ein. 1921 erkrankte er syphilitisch. Vor sitzender: Weshalb sind Sie vom Militär avaeaangen? — Augekl: Ter Grund liegt bei meiner Braut. — Vors.: Vom Militär ist Ihnen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt und besonders iIhre Großmannssucht bemängelt worden. Sie sind beim Militär auch wiederholt bestraft morden. Ihre Braut haben Sic in der Weise kennengelernt. daß Sie sich ihr auf -er Straße als Student vorstellten, ihr auch einen Eouleurausweis zeigten und sie zu einem Fest der freien Verbindung „Rhenania" einlnden. der Sie angehörten. Ihre Beziehungen zu Hilde Götze sind dann enger geworden. Sie haben in dieser Zeit auch die Handelsschule in Magdeburg besucht. — Der Angeklagte bestätigt das und schildert dann, wie er 1925 zur fahrlässigen Tötung seiner Mutter gekommen sei. In Gegenwart seiner Mutter habe damals ein Freund von ihm eiire Pistole gereinigt. Er sagte, die Waffe sei nicht geladen. Als Schröder die Pistole in die Hand nahim. ging aber dcxh ein Sehnst los der die Mutter tödlich traf. — tzlors.: Obwohl Sie angeblich Ihre Braut sehr liebten, haben Sie sie doch ständig mit anderen Mädchen be trogen. An einem Vormittag, wo Hilde Götze Ihnen deshalb Vorwürfe machte, haben Sic ikr beim Leben Ihrer Mutter geschworen. Sie würden ihr nie mehr die Treue brechen. Am Nachmittag desselben Tages haben Sie den S4"Mlr ge brochen, ,rnd wenige Stunde» darauf starb Ihre Mutter durch den von Ihnen fahrlässig abgegebenen ^ ' '-"'«büß. Hat das Zusammentreffen dieser Ereignisse ans Sie rricÄ einen fürchterlichen Eindruck gemacht. — Angeklagter: Ja gewiß. Ich glaubte an ein göttliches Strafgericht und wandte mich dem Okkultismus zu. Ich wollte in ein Detektivinstitut eintreten, das gelang mir aber nicht. In Magdeburg hatte ich sehr viele Verhältnisse mit jungen Mädchen. Der An geklagte schildert mach anfänglichem Zögern, wie er Uber seine verschiedenen Verhältnisse eine Liste geführt habe, tn der vvn jedem Mädchen, das ihm seine Gunst geschenkt hatte, den Namen, Beruf, Datum und Ort der Bekanntschaft sowie die Haarfarbe anfgesührt ivurde. Als Schröder weiter <ms- sagte, daß er unselbständig und anlehnungsbedürftig sei. er klärte der Borsitzende. Schröder sei im Gegenteil von großer Intelligenz, schriftgen-andt und weit fortgeschritten. Die Götze habe völlig unter seinem Einfluß gestanden. Auch der Mitgefangene Schulz hat angegeben, daß Schröder ihm geistig überlegen gewesen sei. Schilder entgegnet, er habe Schulz nicht beeinflußt und den Aus- bruchsplan nicht allein ausgearbettet. Auf weitere Fragen gibt Schröder an, er habe sich als Student ausgcgebcn, nm der Familie seiner Braut gegenüber als gleichberechtigt zu erscheinen. Erst nach der Mordtat habe er selbst eine Urkunde gefatscht, wonach er von der Universität Marburg den Dr. jnr. erhalten lmb«. Die Hilde Götze habe ihm da- geglaubt. Bors.: Sie haben Anfang April 1925 im „Generalanzeiger" das Inserat ausgegeben, in dem Sie einen Buchhalter für eine ländtiche Spar, und Darlehenskasse suchten, der eine Kaution vvn 500 Mark stellen könnlc. Sie hatten doch dabei schon die Absicht, den sich auf das Inserat meldenden Leuten die 500 Mark abzunchmen. — Augekl.: Ja, aber erst dachte ich nicht daran, es ans gewaltsame Weise zu tun. Ich wollte den Be- treffenden i» einer Wirtschaft betrunken machen und ihm dann ans irgendeine Weise das Geld abnehmen. Ans das Inserat meldete sich u. a. auch der Buchhalter Helling. Hilde Götze war in den Plan eingcweiht worden. Schröder schilderte bann, wie er Helling zunächst wollte betrunken machen, wie ver schiedene Zufälle dies vereitelten und Helling schließlich zu ihm in die Wohnung in GroßrottmerSleben kam. Da Schröders Freund Ziese, der bei der Beraubung behilflich sein sollte, nicht kam, sei ihm der Gedanke gekommen, den Helling einfach über den Hausen zu schieben. Als er dann die vorher beraubte Leiche vor die Kiliertreppc zog. sei er gestört worden. Hierbei rutschte die Leiche allein in den Keller. Zehn Minuten nach dem Mord sei die Leiche bereits zerstückelt gewesen. Gleich nach dem Mord machte Schröder eine Reise. Als er zurückkchrte, beschloß er, die Leiche zu verbrennen. Noch ein mal nach dem Mord befragt, sagte Schröder: Zunächst ging Helling an meinen Bücherschrank. Ich stand hinter ihm mit der Absicht, zu schießen, zögerte aber noch einen Moment. Helling drehte sich um und sah sich die aufgehängtcn Wappen an. Wieder stand ich hinter ihm rmd hatte die feste Absicht, nun zu schießen. Helling drehte sich aber »m und sah mich ent setzt an. Schließlich lud ich ihn ein, in dem Korbsessel, in dem die Mutter saß, als sie den tödlichen Schuß empfing, Platz zu nehmen, gab ihm ei» Buch und setzte mich unmittelbar hinter ihm ans das Sofa. Ich hatte noch immer Hemmungen, griff aber dann zur Pistole, indem ich mir innerlich faste: Ach weg! Darauf schoß ich zweimal kurz hintereinander. Wieder ein französisches Kriegsgerichks- rirteil. Koblenz, 16. Sept. DaS französische Kriegsgericht ver urteilte gestern den Referendar Gaß aus Koblenz zu einem Monat Gefängnis, weil er am 26. Juli in -er Dunkel heit den Posten vor der Kommandantur angegriffen, bzw. im Vorübergehen berührt habe. Der Angcschuldigte be- zcichnetc die Behauptung des Postens als unwahr, wurde aber trotzdem vom Kriegsgericht verurteilt. Dem Verurteilten wurde Strafaufschub eingeränmt. 37 tödliche Typhusfälle in Kannover. Hannover, 16. Sept. Nach amtlichen Angaben waren heute früh insgesamt 12 8 9 Erkrankungen an LyphuS ge meldet. Davon sind 3 7 tödlich verlause«. Oerlliches and Sächsisches. Beitrag für den «ttNer—«aale.Moael. Zu den Mitteilungen au» Dresden, wonach der Rat der Stadt Leipzig tn den Verhandlungen mit der Regier»»,» 45v. H. Kostenbettrag zugesagt haben soll, tetlt der Rat zu Leipzig mit: „Au den au» Dre-den stammenden neuerlichen Nach, richten über dt, Finanzierung de» ElfterSaalc-Kanal», denen bas Ftnanzmtnifterium nahestehen soll, wird vom .Rat nochmal» feftgestellt, daß auf Grund mehrfacher ein- gehender Verhandlungen mit dein Finanzministerium der Rat am 27. August und die Stadtverordneten am 8. Sep. tembrr dem ftadttetttgen LeiftungSlchlllssel zu 88 Prozent »uge stimmt haben. Daraus hat der Rat die Bereitschaft der Stadt Leipzig zur Kostenmtttragung t» Höhe von Sü Prozent dem Finanzministerium mit Bericht vom 1l. September mttgeteilt. Lin Bescheid de» Finanz. Ministeriums liegt beim Rat bislang nicht vor. Der Rat legt noch Wert auf die Feststellung, daß tn den vielfachen mündlichen und schriftlichen Verhandlungen mit de« Ftnanzmin-ifterium der LristnngSschlUssel von 45 Pro. zent nieinal» genannt worden ist.* Wer hat nun Recht? Der deuIfche Hul s« den Dresdner Aulhandlunge« Die deutschen Huthändler haben sich zurzeit wieder z„ einer Propagandawoche für den deutschen Hut zu. saminengeschlosscn. Sie zeigen in ihren Geschäften und Schau, fenstern mit vielseitiger »nd geschickter Betonung die neue» Formen des deutschen Hutes, um damit den Beweis zu liefern, baß die deutsche Hutfabrikation in der Lage ist. eigene Wege zu gehen nnd eine dentschc Form in der Hutmvde selb, ständig zur Geltung zu bringen. Di« sächsischen und besonder» die Dresdner Firmen -er Branche haben ihren Ausstellungen das heitere Stichwort gegeben: „Sine Nummer zu klein!*: sie wollen damit sagen, daß der Hut im kommenden Winter der Jahreszeit entsprechend etiva» weiter gewählt wird, so daß er etwa» tiefer fällt und damit da» Gesicht mehr be- schattet. In den Dresdner Firmen, die sich besonders durch geschmackvolle Ausschmückung ihrer Schaufenster und geschickte Betonung ihres Materials ausgezeichnet haben, wie Otto Buchholz in der Iohannstraßr nnd Hauptstraße. Richard Schubert. Altmarkt, Huthase, Johannstraße, Prager Straße und Scheffclstraße, Straßburger, Wetttnerstraße, nnd Schweriner, Amalienstraße, sicht man, baß in diesem Jahre auch wieder der steife Hut zu Ehren kommt. Er wird nicht allein in Schwarz, sondern auch in Marengofarben ge. tragen. Besonders eigenartig nimmt sich der neue, mittelbreit kontierte Rand a»S: diese Hutform wird auch als Rauhhaar- Hut sehr geschätzt werden. Daneben steht natürlich der beliebte Fastonhnt in allen möglichen, namentlich aber in dunkleren und gedeckteren Farben. Leichte Abweichungen der Bandfarbe von der Hutfarbe werden möglich sein, doch sind lieber- treibungcn in dieser Richtung durchaus vermieden. —* ReichSinnenminifter Dr. Kiilz wird am Gonntaa auf der Tagung deS Sächsischen Gemeindebeamtenbundes i» Leipzig einen Vortrag über „Der deutsche Beamte tn Gegen, wart nnd Zukunft" halten und dabei grundsätzlich die Stel lung des Beamten tm neuen Staate erörtern. —* Reichskanzler a. D. Michaelis in Herrnbnt Ncber „Die Verantwortung des Akademikers" wird auf der 8. christ lichen Akademtkerkonferenz in Herrnhut vom 26. bis 28. Ser», tcmbcr IX Dr. Michaelis in einem besonderen Referat sprechen. Wie sehr gerade tn diesem Thema eine entscheidung». volle Ausgabe der Gegenwart berührt wird, leuchtet jedem ei», der den vielfachen Ruf nach Führuna und Führerschaft aus allen Gebieten des Lebens und deS Volkes vernimmt. Außer- dem wird ans der Konferenz, dessen Leitung in den Hände» non Pfarrer Spränge r. Dresden.A. 16. liegt, durch Pfarrer Ktrcher über die Macht deS Okkultismus gesprochen werde», während v Icnsen, Herrnbnt, bas Schlußreferat „Unser Zeugnis" übernommen bat. —* Die Sonntagsruhe im Handelsgcwerbe wird in der ersten öffentlichen Versammlung nach den Ferien behandelt werden, die der Stadtbnnd der Dresdner Frauen, vereine am Freitag. 8 Uhr, im alten Stadtverordneten, saale. Landhauöstraße 9. veranstaltet. Rednerin des Abend» Ist Fräulein Dr. Tont Morgenstern. Nach dem Vor trag findet eine allgemeine Aussprache statt. —* Das Erntedankfest wirb in den Dresdner Kirche« nächsten Sonntag, den 19. September abgcbalten. —* Reise Kirschen. In einem Grundstücke an der Wein- bcrgstraße tn Kötz scheu broda wurden reife Kirschen ge- erntet. Die Erdbeeren zeigen ebenfalls vielfach nach der ziveiten Blüte einen ansehnlichen Fruchtansatz, der, wenn da» marine Wetter noch eine Zeitlang anhält, auch noch zur Reise gelangen dürfte. —» Rund der KanfmannSsugend i« D. H.-«.. Heute, abend» 8 Ubr, im Saale der „Weihen Schleis«", Winckelmannstr. «, Konzert« Abend der D. H.-V.-Musikablcilung. „Der Meijter." Komödie von Hermann Bahr. Erstausführung in der „Komödie", 15. Sept. 1926. Die neue „Komödie" will daS Kammerspielhans Dresdens sein oder werden, nach dem sich viele Theaterfreunde schon lange gesehnt haben. Ans dem Wege dahin hat sie einen zweiten Schritt getan, der entschieden vorwärts geführt hat. Tie Auf führung vvn Hermann Bahrs alter Komödie „Der M e i st e r" hatte schon hohe Vorzüge eines feinen und intimen Spiels, und erfreute sich der Gunst eines kleinen und vor nehmen Raumes, in dem zarte Wirkungen auch zart zum Widerhall kommen konnten. Man hat Bahrs im Grunde sehr theaterklug gebautes Stück sehr vorsichtig angesaßt nnd aus einen Griiiiöklang gebracht, der es fast als eine zur Diese strebende Bühnendichtung erscheinen ließ. Das war das Ver dienst des neuen Regisseurs Renato Mvrdo und des neuen Darstellers Alfred H a a s e. Ileberall fühlte man einen Spielleiter am Werke, der ein Drama von innen heraus, all seine verborgenen Winkel scharf durchleuchtend, zu gestalten vermag, der leise und unpathetisch über Tudermann-Esfekte hinweggleitet und die seelischen Untergründe ans Licht hebt, aber auch, wo cs ihm gut scheint, ein paar Helle Blendlichtcr aufsetzt. So hat er aus dem Redakteur Wieck eine „Redaktrice" gemacht und der jugendlichen Verstiegenheit der Szene, wo die „anarchistische" Jugend den „Meister" als Vorkämpfer des „Rechtes auf erotische Abenteuer" feiert, ihre Komik und Drastik erst recht gegeben, zumal Bella Erdoes mit In telligenzbrille und falschem Männerkopf, aber im kindlichen Kniekleidchen des Zeitgeschmacks die Unreife und weibliche Naivität ihres Unterfangens sehr vergnüglich zur Schau brachte. Renata Mordo hat aber vor allem Kammerspielton tn die Komödie gebracht, Natürlichkeit des Sprechens, Scheu heutiger Menschen vor großen Ausbrüchen und „Szenen", seine Abgewogenheit von Leidenschaft »nd Beherrschung. Da gibt eS spannnngersüllte Spielpausen, Ansklingen des Unaus gesprochenen, leichtes Fallenlassen des ans Wirkung Berech neten, dafür vorsichtige Unterstreichungen des Bedeutsamen und andere Feinsinnigkeiten mehr, die auS einem zum Teil brutal gedachten Eharakter und aus einem aeschickt tendenziös gemachten Stück ein Spiel zwischen leidenden Menschen und verletzbaren Seelen herausbilden. Denn der „Meister" ist ein Kraftmensch, der sich befähigt wähnt, aller Konvention ins Gesicht zu schlagen. Nicht nur dem gesellschaftlichen Vorurteil überhaupt, auch der herrschen den Ansicht über die Untreue in der Ehe. Ihn kennzeichnet der Vergleich, den er dem Grafen gegenüber, als dieser össcntlich Kundgewordenes freimütig eingesteht, anwendct: er will lieber seine Zigarren vvn seinem Diener mitbenutzen lasten, als da- zustehen als der sür dumm gehaltene Besitzer. Er glaubt sich stark genug, den Abfall seiner Frau ertragen zu können, wenn er sich damit einverstanden erklärt, aber er verrechnet sich da mit dem unberechenbaren Menschenherzcn. Denn Violet, die Frau, will Liebe oder Haß, Festhalten oder Verstoßen, nicht Gleichgültigkeit nnd „vernünftiges" Gehenlaffcn. Darum geht sie non ihm, und dem von der unlogischen Macht des Gefühls bcmeisterten Meister bleibt nur Erkenntnis nnd Verzicht. Mit vielerlei feinen Wendungen umspielt der kluge Bahr dieses Thema von der Undurchführbarkeit des Rechtes aus Abenteuer in der Ehe, das auch der Einzelne, trotz allem Entlarvend herrschender Heucheleien, nicht ohne Verluste und Zerstörungen durchführen kann. Bahr bczeuctt in der Art, wie er es tut. wie er die Wirkungen eines Verstands- und Triebmenschen auf seine Umgebung schildert, daß er nicht Ibsens absolute „ideale Forderungen", sondern den Relativismus in der Ethik vertritt. Er gesellt seinem Meister als wortknappen, aber gefühls sichere» „Räsonneur" einen japanischen Assistenzarzt bei, um deutlicher zn zeigen, wie der Versuch des europäischen Geistes, die Vernunft und nur die Bernnnst das Leben bestimmen zu lasten, an Gefühl und Leidenschaft zerschellen mnß, die der Osten in ihrer vollen Stärke anerkennt, aber durch Willens- zucht und Ergebung bewältigt. „Wie dumm von uns, wenn mir uns erbressten, gescheiter zu sein als daS Schicksal, das doch eben nur durch unsere Leidenschaften wirkt." Für den Darsteller des Ealns Dnhr, des Meisters, der auS eigener Kraft, gegen die Zunft, ein großer Arzt geworden ist lber Natnrarzt Hessing schwebte Bahr vors, besteht die Gefahr, die Figur brutal und herzlos erscheinen zn lasten. Alfred Haasc umging sie durch schöne Männlichkeit des Wesens und ruhige Gemessenheit deS Auftretens. Eine ausdrucksvolle Mimik sprach alles tm Wort Verschwiegene verständlich a»ö, ein warmer ttnterton in der Anssprache mit Btolct verriet Duhrs Gefühlswelt, und daS Zusammenbrechen deS vom Schicksal Bcsteaten blieb unsentimental, aber geftthlSreln. Ein kultivierter Schauspieler mit schönen Mitteln zeigte psychologi sches Feingefühl nnd darstellerische Sicherheit. Bet Rose Steuermann, die als Gast die Violet spielte, war dagegen z» spüren, baß sie, vielleicht ans Mangel an Spielgewöhnung, die Ausdrucksmtttel nicht sicher beherrschte, mit verhaltener Pathetik kämpfte, um Abrundung des Gestalte»« rang nnd da- bet vielfach sehlgriff. Sie gab mehr Wärme als Klarheit deS Gefühls, aus die eS ankam. Sehr sein hatte der Spielleiter alle andere» Instrumente deß Kammerspiel« abgetönt: die schmerz volle tteberwindnng, die Gertrud Spalke als abgetane Geliebte de» Meisters dem taktvollen, aber schüchternen Be. Werber zuführt, den Theodor Rocholl mit seiner Kunst gebrochener Farben malt: die geräuschlose, lächelnde und ver stehende Anteilnahme des kleinen Japaners, den Paul Le- will mit ziemlich gelungener Exotik gestaltete: die schuld- bewußte Kavallcrhaltung des Grafen, die Adolf Wohl- brück vorsichtig formte: dos hinterhältige und boshafte Spießertum, das Marie Isele mit breiter Bissigkeit und Richard Eivenack mit charakterloser Beflissenheit kenn» zeichneten: unauffällige Nebenfiguren von Ottbert und Koch am rechten Ort. BahrS anregende Problematik, seine bühnensichere, vor Knalleffekt nicht znrückscheuende Hand- lungssührung, alles kam tn einem wohldnrchdachten, verstand- nisvollen Zusammcnspiel fein heran«, so daß Stück nnd Aus. sührung stark fesselten. Dr. Felix Zimmermann. Kunst und Wissenschaft. s* Mitteilungen der Sächsischen TtaatStheater. Opern haus: Sonnabend, am 18. September, außer Anrecht, Lortzings „Der Waffenschmied" mit Naber in der Titel rolle. Angela Kolniak, Gchöfflcr, Teßmer, Büste!, Elsriede Haberkorn. Musikalische Leitung: Hermann Kutzschbach: Spiel leitung: Alfred Rcucker. Anfang K8 Nhr. Die Ausgabe der Sinfonie-AnrechtSkarte» für die Sinfonie-Konzerte der laufenden Spielzeit erfolgt I» der Zeit vom 2t. bis mit 27. September täglich von 10 bi» 4 Uhr, Sonntag vvn )411 bis 4 Uhr. an der Kaste tm Vestibül des Opernhauses, und zwar tn der Zeit vom 21. bis 23. Sep- tember für Anrechtsinhaber, die den Betraa auf einmal zahlen wollen, und in der Zeit vom 25. bis 27. September sür An- rechtSinhaber, die zunächst nur den halben Betrag bezahlen wollen. Schauspielhaus: Max Mohr, der Verfasser der Komödie „P l a t t n g r u b e n in Tulpin". deren Urauffüh rung heut« außer Anrecht stattfindet, hat für da» Programm« buch. daS auch sein Bild enthält, einen Aufsatz geschrieben, der unter dem Titel „Premiere" die unter sehr merkwürdigen Umständen sich vollziehende erste Urausführung eines Mohr- scheu Dramas schildert. Sonnabend, den 18. September sAnrechtSreihe da» Märchenspiel .Schwanenweiß" von Strtndberg. Spiel- leittrng: Gielen. Anfang X8 Uhr. Di« Ausgabe der Morgenfeier. Anrechtskarten für die ersten fünf Morgenfeiern der Spielzeit 1926^27 hat heute an neue Interessenten begonnen und dauert -iS mit Sonntag, den 19. September, nachmittag« 2 Uhr. s* „Die K««»die". Die bestellten Abonnement» müssen SI« zm» »0. d. M. bezahlt »nd abgeholt sein. — Carola Lorlle wurde für et»
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