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- 1U4 - Mama, zu fest darin Du dem die Schnallen nicht anziehen, sonst bockt er* Ruth lacht« und sprang auf. „Adieu, ich sehe nach dem Later!" — Während sie hinuntergiiig, überlegte sie. Ob Boy hierauf eingehen wird? Sie zweifelte kaum daran, sie war nicht imstande, die Beweggründe seiner plötzlichen Rebellion gegen das ihn erwartende sorgenfreie Sybaritcntum zu verstehen, geschweige denn zu würdigen, und daher sah auch sie im ganzen nur einen plötzlich erwachten Tatendurst. Es war ja so natürlich. Seit er im Sommer von seiner grohen Seereise zucückgekommcii, hatte er nichts wieder unternommen, der Schlag hatte ihn zu hart getroffen. Er, der sonst überall dabei war, vegetierte tatenlos hin. In ihm stauten sich die Lebensgeister a», und nun strebte die Energie nach Betätigung. Gut. Man lasse ihn. In einem Vierteljahr sieht er den Unsinn ein, wirst Bücher und Feder beiseite und kelirte in sein Element zurück. Ruth ärgerte sich bereits, das; sie ihm widersprochen, noch mehr, daß sie ihn fort- geschickt haue. Beideo >var falsch gewesen. Sie war eben immer zu heftig. Unzufrieden um sich selber, kam sie in ihres Baters .Ummer. Es war die Mittagsstunde, in welcher er »u Rollstuhl eine Spazierfahrt durch den Tiergarten zu machen pflegte. Er war jetzt so weit, daß ihm dies Bergungen bereitete, da Ruth neben dem Stuhle herschritt und ihn uiit^ ihre» launigen Bemerkungen über die Spaziergänger und Equipagen unterhielt. Sem Allgemeinbefinden ixitle sich dank ihrer unablässigen Pflege so ge bessert. datz er selten über Schmerzen klagte und eine gesundere Gesichtsfarbe halte. Er interessierte sich für Wcllcreigniisc und speziell für Berliner Tagesneuigkeiten, er begann au' seinen Anzug zu !>alten, er begann Bekannte die ihnen begegneten, herbei- zurufen und emzuladen, anstatt wie früher jeden Menschen zu meiden. Ruth sah das alles mit tiefer Genugtuung, hielt es mit jugendlicher Vertrauensseligkeit für ein Zeichen langsam wiederkehrender Geiundheit und wurde sich kaum noch bewußt, wie morsch bis ins Mark hinein der alte Baum war, der noch einmal grüne Zweige trieb. Sie kam >» sein Zimmer, ging rasch ans Fenster, wo der Thermometer hing, und prüfte das Wetter. „Ein schöner Tag und milde Luft," sagte sie, „wo ist Eisold?" "Der Hauplmann saß ni der Sofaecke, die Decke über den Knieen, den Kopf angelehnt. „Ich habe ihn wieder longeschicki. Mir in nicht wie Lustgenuß." sagte er. ,,O, das ist aber schade: Die schonen Stunden und io kurz. Fühlst Dm Dich nicht gut?" Sie kam ans Sofa, beugte sich über ihn und nahm prürend seine Hand. „No, nicht gu: ist zu viel getagt, mir in nur gerade nicht extra, weiß selbst nicht weshalb. Auf jeden Falt bleibe ich lieber ruhig sitzen." „Die Kur greift 'Dich an. Der Doktor gebi zu forscn ins Zeug. Ich muß mit ihm reden, er muß es anders einrichten." Der Vater lächelte matt: „Seb' einer das Mädel an, mit jo 'nein berühmten Mann will sie „reden". Der wird Dir hübsch grob werden, tlebrigens greift mich's gar nicht an. und anstatt zu fahre», will ich jetzt mal eine Stunde schlafen, dann wird mir schon wohl sem." Das fand sie vernünftig. Er war sonst immer eigensinnig daraus erpicht, die Tagesorriilina mii ihren kleinen Begebenheiten. Verrichtungen und Orlsveränderungen ans das PeSaiiliicimc einzukalten. Nach Schlei' verlangte er nie, da er an Schlailoiig- kei! aewobiii war. Sie fand ihn „artig", ries Ei'old und sie brachten ihn aus dein Sofa in eine beaueme Lage, was er sich ohne Murren gefallen ließ. Da lag er, mit ge- jchioiseneu Augen, und schlief bereits, als Eisold das Zimmer verließ. Rut» setzte sich in einen Sessel, ließ die Arme über die Lehnen hängen und seufzte. Auch iin war „nicht extra" heule. Es kam ihr zum Bewußtsein, daß sie eigent lich, seit sie die Villa Elaudia verlassen halte, sich unbehaglich gesuhlt. 'Nicht körper lich nur geistig, lind doch auch wieder körperlich. Das eine greift wohl immer ins andere über. Was war denn geschehen? Nichts. Sie konnte aus Wochen zurück- blicken. in denen sie beiden Eltern unentbehrlich gewesen, sowohl dem Vater, wie der an heiliger In'littiiza erkrankten Mutter. Ja, damals batte sic sich auch froh gefühlt. Ern als die Abreise nabte, da kain so ganz unvermerkt, stundenweise eine graue Stimmung über sie. „Eine Ihrer Launen." batte Joachim gesagt, als sie es ihm am letzten Tage klagte, und dies Wort batte ne furchtbar erbittert. Er war gekommen, :,iih dem Vater eine gute Reise zu wünschen und sich Frau Elaudia zu nachbarlichen Gefälligkeiten anznbicten. und Ruth ivar mit ihm durch die öden Zimmer gegangen, in denen die Möbel schon zugedecki. die Portieren und Vorhänge abgcnommen, die .'krönen verhüllt waren. Angesichts d'eser kalten llnwohiilichkeit war ganz plötzlich ein Vorgeschmack ganz ungewohnten Heimwehs über sic gekommen. Da sie mit diesem unerklärlichen Ge-'üh! nichts anzufangc» wußte, und der feindliche Freund und freund- liche Feind e-S für eine Grille erklärte, nahm sie an, daß ihre 'Verven wob! dringend einer Ai.sirnchuua bedürften, und diese An'Msclnmg sollte Berlin bringen. 'Aber Berlin versagte. Sie wurde immer spleenig, sobald sie, wie eben, untätig dasaß. Der kurze Aerger über Bo« hatte sic förmlich ersriicht. aber er war nun verraucht. Draußen ging die Schönheit der winterlichen Mittagsstunde ungenützt hin. Die sonnenbeschienenen Bäume des Tiergartens standen weißberci't gegen den blau«! Himmel, kein Veilchen regte sich. Die Villa trennte ein schmaler Vorgarten von der - 111b - Etrabe. In diesem Borgarten standen südlich« Sträucher, Magnolie«. Konifer«. Stdevodendron unter dichten Kappen aus Segeltuch. Alle» weiß anzutchauen wie Zucker- Hute. Von der Straß« drang gedämpft, aber doch vernehmlich, der freudige Lürm. den ein schöner Ta« mit sich bringt. Schellengeläute, das Klingeln der elektrischen Bahnen, ^usendc Kinderstimmen. Ruth bemerkte nichts davon, sie saß in Gedanken, bis das Schlagen einer Uhr sie aufweckte. Der Later schlief. ES war schade um die schöne Zeit, aber natürlich durfte man ihn nicht wecken. Sie wunderte sich ein wenig. Er hatte «ine gute Rächt gehabt. In diesem Augenblick ging «s wie ein leikeS Ausseufzeu durchs Zimmer . .. «s war ettvas in dem Ton. was ihr Grauen einflöhte, aber sie schob das auf ihre Stimmung. Ee schlief ja ganz ruhig. Nur daß — sie sah scharf hin — ja, daß sich sei» Gesicht so sonderbar verändert hatte. Vielleicht war die Beleuchtung daran schuld, durch «inen grünen Vorhang warf die Sonn« ein falbes Licht auf einige Gegenstände. Ruth sprang unhörbar aus und trat ans Sofa, sie nahm die herabaesunkenc Hand des Schläfers und beugte sich ties zu ihm herab. Er erwachte nicht und die Hand lag schlaf? in der ihrigen, ssie preßte ihr Ohr gegen seine linke Seite — das Herz schlug kaum hörbar, leise, leiser. „Papa!" ries sie in jähem Schrecken, „was ist mit Dir? Hörst Tu mich. Papa?" Er schlug die Augen auf, mühsam, wie durch einen trüben Schleier drang der Blick, aber es war ein freundlicher Blick. „Mir — ist — sehr wohl," sagte er, wie ver wundert über ihre Unruhe, „so wie seit — lange nicht." Seine Stimme erschien ihr auch so verändert, sie konnte ihn kaum verstehen. Er lag schon wieder da wie schlafend. Die Angst lähmte sie säst, weil sie sich so furcht- bar zusamuiennehmen mußte, ihn nicht zu erschrecken, nicht laut auszuschreien. Vor- sichtig brachte sie seine Hand in die gewohnte Lage und flog dann durchs Zimmer ins Nebengelaß. wo Eisold wartend saß. „Schnell! — Telephonieren Sie! Der Arzt! Aber sofort!" — Der Arzt erschien nach einer halben Stunde. Er sah, daß hier niemand mehr Helsen konnte, und verschonte den Sterbenden mit Belebungsversuchen. Sic saßen alle bei ihm — eine Stunde lang. Ganz allmählich verrann der Lebensquell. Er sprach nicht mehr, er regte sich nicht mehr, und sie wußten nicht, wann er hinübergegangen war. Erst als der Arzt leise ausstand und hinausging, begriff Ruth, daß alles vorüber war und fiel mit einem leisen, klagenden Iammerlaut neben dem Sofa aus die Knie. Ihr war zu Mute, als sei ihr ganzes Leben zerschlagen, entwertet. Frau Elaudia saß eine Weile stumm, die Hände gefaltet, den Kopf gesenkt, gefaßt, ruhig, aber tief er- blaßt. Das, tvas seit Jahren zu erwarten stand, war nun doch zu schnell gekommen, um sie nicht bis ins Innerste zu erschüttern, aber Gefühle zu äußern, war nicht ihre Sache. Noch am selben Tage begannen alle Vorbereitungen zum letzten (Ringe. Natür lich aus das Pomphafteste. Das Zimmer wurde in einen Palmengarten oerioandeit, mitten drin ruhte, vorläufig noch aus seinem Bett, der Verstorbene, angetan mit seiner Uniform. So hatte er es selbst bestimmt. Kandelaber brannten zu Häupten des Bettes und beleuchteten die stillen, wachsbleichen Züge, auf denen die veredelnde Rühe des Todes lag. Es war, als sei von der Kleidung, die er in seines Lebens bester Zeit getragen, eine verjüngende Kraft ausgegangen. Das Gesicht hatte sowohl den Schmer- zenszug. wie die scharfen Linie» vorzeitigen Alters verloren. Ruth hatte alles selbst angcordnet und bestimmt, und sie und Eisold wachten die ganze Nacht in dem Zimmer. Am Morgen erst ging sie langsam, immer noch wie in dumpser Ratlosigkeit besangen, hinauf in ihr Zimmer. Ihr war io elend zu Mute, dazu flau und nüchtern — sie hatte seit fast '24 Stunden nichts gegessen. Man brachte inr Frühstück und sie fand ihr Morgcnbad zurecht gemacht, und von der vorsorglichen Zofe ein schwarzes Kleid über einen Stuhl gebreitet. Der Anblick schnürte ihr die Kehle zu, sodaß sie nur mit Mühe eine Tasse Tee trinken konnte. Dann, als sie endlich fertig war. schlich sie wieder hinunter. Es war ihr eingefallen, daß Eisold doch auch «ssen müsse. Sie ließ ihn gehen und setzte sich wieder in eine von Palmen ganz beschattete Ecke des Zimmers. Im Hause war cs sehr still an diesem Tage, man hörte nur gedämpfte Stimmen, aber iiiiinerlor! kamen und gingen Menschen, Beamte der Bestattuiigsgesellschaft. welche den Sarg brachten und fernere Ausschmückungen Vornahmen und Konferenzen mit irauermagaziiie, Schneiderinnen, Puhmache- Trauer- Frau Claudio hatten, Abgesandte der Tr , , rinnen, viele Bekannte, die sich flüsternd nach den näheren Umständen des salles erkundigten und ihre Karten abgaben. Ruth war das alles gleichgültig, sie saß entweder, das Gesicht in die Hände gedrückt, regungslos zusammengckrüinmt in ihrem Zimmer oder unten beim Toten, den Blick auf sein friedliches Gesicht geheftet. Unrast wechselte mit Abspannung und trieb sic treppauf, treppab. lForlsedung folgt.) Ladn-Melier klozzlelcl, ^odaunes-tzllee l, II. sEckc Maricustraße. plomdsn von I KI. so. Küntzll rälins m. plalio v. rslinrisken in Söiäud. I KI. 1 dis 3 KI io n Anzahl, u Mat. OOOO0OOOOOOOOOOOO00V 0 0 Btiiikltiiltr 8 8 8 O n>r Frauen, junge Mädchen » Kinder leben Alters o er O V O O Q er er er er er er er er er er er er ÜWeimcti voiMcliriedene kormeo. Weit geschnitten, «nnstcrkast ausgefüdrt. er er von L» nnon I,«-tn»'n-Kt«»K«»u von >»«^t«'N I »«I^n-^tntlf« I» von I»«'8tOi» 1 rikot-ktotl«»» von >»« 8l«-ni kr-ittr-ii-Kntin von t k<>vtn1->it«»N«'» von t»«^te>n vo» dopten Vlorta-KtollVn Stück 3 .6, Stück 3—5,75 Stück 3.50-6 .L, Stück 3,75—5 .st, Stück 5 Stück 6.75 M Stück 10-12 s-. Buch für Turn Beinkleider verwendbar. W »I! Ar. ii Ring ZMlin-LtrÄ Ar. !i. er er er er o o er o er er er o er er erervOerererererererererOoerererero lt»»»L«»rt«» mit sii'den jeden Dienstag. 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