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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.10.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19261008018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926100801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926100801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-10
- Tag 1926-10-08
-
Monat
1926-10
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 08.10.1926
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-«n-s. 1. ottot« 1926 »Dresdner Nachrichten" — /rr. «rs sni« s Amerika sanier! -ie Stinnesbelriebe. Wiegung einer Ai-MtUlonen-DoUaranIeihe. Berlin. 7. Okt. Dt« zwischen der Familie Hugo Sttn - ues und einem amerikanischen vankenkonsorttum schweben- den «nletheverhandlungen sind »um Abschluß gekommen. Dem Konsortium gehören die bekannten vanksirmen Halsen Stuart ck So.. Neunork. Becker a So.. Neunork. unb New- man Founber» L So.. Neuyork. als die führenden Firmen an. Es ist beabfichttgt, di« gesamte« Bestünde de« Familie Hn-o GtinneS tu zwei tu Amerika zu bildende Holding,Del« ttschaste« ,«lamme«,«fasse«. Seide Gesellschaften «erde« an de« amerikanischen Mark« herantrete« mit je einer 7pro»entige« Anleihe »o« »nsamme« « Millionen. In der ersten Gesellschaft werben dtesenigen Interessen »er Familie Hugo Gttnne» -usammengesabt. welche für Hugo Stinne« sen. die Grundlagen »um Wiederaufbau l->ner Firma gewesen lind. ES si"* dteS die Beteiligungen an den Knstlen- bcrgwerke« und der dazugehörigen wetterverarbeitenben Industrie, weiterhin da» Kohlengeschüft mit den Umschlag», anlagen im In- und Ausland sowie den Seeschiffen und Klußsahrzeugen. 9n der »wetten Gesellschaft werden die- lenigen Interessen der Familie Hugo Stinne» vereinigt, die nicht zu dem industriellen Gtammgeschüft gehören. ES ist teabsichtigt, diese Interessen »um Teil im Laufe der Jahre abzugeben. Die »wette Gesellschaft wird sämtliche Anteile der ersten Gesellschast besitzen. Die maßgebende Beteiligung a« den Gesellschaften bleibt im Besitze der Familie Stinne». die auch die frei« Entscheidung in der GeschiiftSsührung hat. Die Anleihe beider Gesellschaften wird von dem amerikani schen Bankkonsorttum übernommen. Den Verhandlungen sind eingehende Revisionen unb Berichtigungen durch Sach, verständige vorangegangen. Die Verpflichtungen, die seiten» der Firma Hugo Stinne» gegenüber dem deutschen Bank konsortium noch bestehen, werben in Durchführung dieser Transaktion abgegolten. Die überschüssigen Mittel au» der Anleihe verbleiben den beiden Gesellschaften al» Zusatz. detricbSkapttal. lW. T. B.) Sine 100»Millionen - Dvllaranleihe für Belgien Pari», 7. Okt. „Temps" meldet aus Brüssel, bah von dclgischer Seite mit ausländischen Banken ein Abkommen ge schlossen worden ist, durch da» ausländische Kredite bi» zu M Millionen Dollar für die Durchführung der Währungs reform slchergestellt werden, davon 70 Millionen in Form einer WährungSanlethe. (W. T. B.j Die Pariser Kammer un- das amerikanische Schul-eriabkommeri. Pari», 7. Okt. Ueber die Auffassung in den Wanbelgängen der Kammer ,u der Haltung der Regierung PotncarS teilt »Parts Midi* mit, daß die Atmosphäre im allgemeinen dem Kabinett günstig sei. Allerdings machten sich die meisten Parlamentarier keine Illusionen über die Bedeutung der Vorbehalte im Rattftzterungstext. Ferner weise eine Reihe von Parlamentariern darauf hin, daß man von der Entwicklung brr amerikanischen Meinung auf dem Gebiete der Interalliierten Schulden Vorteile ziehen könne und daß man durch eine diskrete diplomatische Aktion versuchen müsse, in Washington die Bcrbinbung der deutschen Reparations zahlungen mit der französische« Schuld z« erreichen. Trotz dieser Auffassungen im parlamentarischen Lager scheine die Ratifizierung gute Aussichten »u haben. Der Winterbetrieb der Lufthansa. Bedentend« Verbilligung beb Klngpreiseb. Berlin, 7. Okt. Die Deutsche Lufthansa steht unmittel bar vor der Umänderung de» diesjährigen Sommerlustver- kehrS in den Winterflugbetrieb. Der Winterslugplan 1926/27 ist in diesen Tagen zur Ausgabe gelangt und bat Gültigkeit vom 10. Oktober 1020 bi» IS. April 1V27. Insgesamt werben von den so bisher betriebenen Strecken SO. darunter die großen internationalen, während de» Winter» aufrecht- erhalten werben. Sine erheblich« Flugpreibermäßigung auf allen Lufthansastrecke« teilweise biS >S Prozent dürfte dem Luftverkehr viele neue Anhänger bringe«. So wirb ,. v. der Flugpreis ans der Streck« Berlin —Dresden nur «och 28 Mk. betrage», »ährend er bisher »ö Mk. anSmachte. Schwankungen -er Indexziffern. Berlin, 7. Okt. Die auf den Stichtag de» S. Oktober be rechnete GroßhandelSindexziffer de» Statistischen NcichSamteS ist gegenüber dem 2«. September um 0.1 v. H. auf 128,0 ge stiegen. Von den Hauptgruppen haben die Agrar- Erzeugntsse um 1,8 v. H. auf 1S0L angrzogen, während die I n b u st ri e st o f f e um 0,8 v. H. auf 128,8 uachgaben. Im Durchschnitt September ist die Gesamtlndexztffer gegenüber dem Durchschnitt August um 0,2 v. H. ans 126L zurück- gegangen. Die Gruppenindexziffer der Agrar-Erzeugnifle war im Durchschnitt September auf 127,9, die Gruppentndex- ztffer der Jndustriestoffe auf 124,7 gestiegen. Die Schmach der deutschen Denunziationen. Aus dem Femeairsschuh in München. München, 7. Oktober. Der FemeuntersuchungSauSschuß der Reichstage» vernahm heute den ehemaligen Staatsanwalt, jetzigen LandgerichtSrat in Nürnberg, Kricck. Er gab an. iah der Erste Staatsanwalt gegen die Haftbefehle, die sich gegen die Einwohnerwehr gerichtet hätten, Bedenken ae> äußert habe, weil man ohne zwingende Verdachtsgründe an ständige Leute längere Zeit in Haft behalten habe. Danach wurde Oberstleutnant Kriebcl vernommen. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie in den Kreisen der Ein- uwlinerwehr der Verrat von Wasfenlaaern beurteilt wurde, antwortete der Zeuge, daß dteS ein sehr schwierige« Kapitel gewesen sei. Er verla» dann eine Stelle aus einem Buche de-englischen Ober st en Remington „DaS Wunder der Entwaffnung Deutschlands*, wo eS heißt: Die Deutsche» erweise« sich als unübertreffliche An geber. SS ist hauptsächlich diesen Leute« zu verdanken, daß Kriegsmaterial gefunden wurde. Die Beweggründe dabei waren vorherrschend: Geld, an zweiter Stelle kamen Haß und Rachsucht, an dritter Stelle der Glaube einer gewissen Anzahl Leute, daß sie dabet ehrlich deutschen Interesse« biene«. An einer anderen Stelle erklärt der englische Oberst, daß im ganzen ungefähr 20 Millionen Dennnziationc« bei der inter alliierten Kommission «ingelanse« seien. Sl"f den Kopf der Vevölkerung verteilt, würde also jeder dritte Deutsche eine Denunzia tion an die Entente aeschickt haben. Nie damals Denunziationen betrieben wurden, ging auch aarS Veröffentlichungen de» inzwischen eingegangenen Organs der Unabhängigen, der »Freibeit* hervor. Der Zeuge verla-» da» Wesentlichste diel«» Aussätze» und fuhr dann fort: Am Schluß diese» Aussatzes wird die Bemerkung angefügt, daß diese An- gaben nur einen Bruchteil der zur Verfügung st-benbcn Ge wehre darstellten, die zu einem RechtSpuksch dienen sollten. Es sei immer daS dumme Geschwätz vom Rcchtöpntsch gewesen, um den eigenen Landesverrat dahinter verbergen zu können. Jeder mußte eS als eine« Skandal betrachten, daß solche Lan desverräter unbehelligt hernmlanseu konnte«. Von -er Aeußerung, solche Menschen müßten an die Wand gestellt werden, sei biS zur Tat ein weiter Weg. Man sagte ja auch häufig, daß di« Wucherer gehängt werden müßten, während tatsächlich niemals einer gehängt wurde. Oberforftrat Escherich, der hierauf nochmals ausgerufen wurde, machte zu seiner ersten Zeugenaussage folgende Er gänzung: Ich bin gefragt worden, warum d»e Einwohner- wehr von stcb aus sich mit diesen Morbangeleaenheiten nicht befaßt hat. warum Ne nickt Stellung dazu genommen hat. In jener Zeit ist die Einwohnerwehr unb sogar auck ich in Zn- fammenhang gebracht worden mit dem Morbanschlag auf Sckcidemann unb mit der Ermordung RatbenauS. Ebenso- wenig wie ich auf dielen Unsinn cingegangen bin. bin ich auch auf die anderen Gerüchte eingegangen, weil unser Gewissen absolut rein war. Auf den Einwurf des Soz.-Dem .Dr. Levt. daß es sich doch hier um aktenmäßig sestgestellte Tatsachen handele, erklärt Escherich: Ich hatte damals keine Zeit. die Akte« z« studiere«. Ich war «nr der Ueberzengung, baß keiner von meinen Senten die Hand im Spiele hatte und keiner meiner Leute an dieser Mordtat beteiligt war. Hätte ick Kenntnis davon gehabt, so «äre ick der Gack« wohl «ach» gegangen. Sin angeblicher «euer Fememord. Berlin, 6. Okt. DaS „B. T.* meldet aus Graz, daß di« Untersuchung der steierischen Polizei in der Angelegenheit de» Mordes an dem Freiherr« HanS v. Wangcuheim auS Berlin, der 1921 ln einem steiermärkischen Dorfe ermordet aufgefunden worden war. ergebe» habe, daß nicht, wie nr- sprllnglich angenommen. Raubmord, sondern Fememord vorliege, der von dem bi- heute flüchtigen Studenten Bcrchtold aus Dresden begangen worden sein soll. Wie es -et den sächsische« Demokraten aussieht. Minister a. D. ««»ther «her feine« ««»tritt an» der Demokratische« Partei. Der bemokratlfche Lanbtagsabgeordnete und früher« säch- fische Ftnanzmintstrr Günther, Plauen, dessen AuStriii aus der Demokratischen Partei wir gemeldet haben, übermittelt un» unter der Ueberschrift: »Mein Austritt au» der brutsch- demokratischen Partei* eine längere Erklärung, die einen in- terrssanten Einblick in die Strömungen dieser Partei gewährt. Der Abgeordnete gibt zunächst einen Rückblick aus seine lang- jährige politische unb parlamentarische Tätigkeit, indem er darauf verweist, daß er tm Herbst 1918 die Demokratische Partei mit au» der Taufe gehoben unb sowohl in die National versammlung al» auch in die sächsische Volkskammer gesandt worben sei. Ueber die Art seiner Kaltstellung in der Partei, die auf seine mittel st andSfreundliche parlamentarische Tätigkeit zurückzuführen lei, berichtet der Abgeordnete, daß er auf dem KreiSpartettage vom 8. September »um zweiten Spitzenkandidaten der demokratischen Wahlliste sllr Chemnitz- Zwtckau nominiert worden sei. Er fährt dann u. a. fort: Diese Wahl ist hinterher, obwohl dte MandatSprüsungs- kommilsion dir Gültigkeit aller für «Ich abgegebenen Stimmen sest. gestellt hatte, angesochten worden. Dte zur Rechtfertigung des Einspruch» geltend gemachten Gründe haben, woraus insbesondere der Chemnitzer Landaericht»pr«stdent Zehl hingewtesrn hat. einer tat- sächliche» und rechtlichen Nachprllsung tn keiner Hinsicht Stand ge- halten. Gleichwohl haben die Kreis« der Demokratischen Partei, die aus meine Entfernung hindrtlngten, denen mein« parlamentarische, mlttelftanbSsreundlich« Tätigkeit unbequem war, einen neuen Sreis- partritag »us den ». Oktober 1920 «inbernsen lassen, und hier meine Kandidatur zu Fall gebracht, und zwar tn Sbwesenhett bzw. unter Stimmenthaltung meiner treu zu mir haltenden engeren Partei freunde, di« gegen «tn derarttge» Bersahren nachbrücklichst schrift lich Protest eingelegt hatten. Diese» »»» der sächsische» Parteileit««- -edilliat« Vorgehen, «nd sein« »tderliche« vegleiterscheinnngr«. hat«« «lr Ich»» mit Rücksicht «ns «eine »alitisch« Ehre »nd Vergangenheit «in weitere» ver bleite« l« diel«» Partei «»«tz-lich -««acht. Meinen AuStrttt mußte ich vollziehen, da «« für mich keinem Zweifel unterliegen konnte, daß der gegen mich entfesselte Kamps nicht sachlichen Erwägungen entsprungen ist, sondern ausschließlich von der Absicht gewisser, zur zeit tn der Sächsischen Demokratische« Partei noch elnsluß- reicher Mitglieder getragen mar, mich unter allen Umständen von einer wetteren parlamentarischen Tätigkeit sernzuhalten, »nd dt« hinter «lr stehend«» Kreis« des Mittelstand«» «« ihren par- lamentarssch«« Einflnß z« bringe«. Diese» Bestrebe», unter allen Umständen, entgegen dem Willen meiner Parteifreund«, di« «eine Rückkehr in den Landtag wünschten, «ine solche zu verelteln, hat auch darin seinen «»«druck gefunden, daß man mir am SO. September tüSS. also einig« Tage vor dem 2. KretSparteltag, ansann, auf die mir rechtmäßig übertragene Sandibatur gegen eine Wahl zum Ehren vorsitzenden der sächsische» Partei ,« verzichten. Severlnas A-schie- vom Ministerium. Berlin, 7. Oktober. Heute vormittag versammelten sich di« Beamten, Angestellten und Arbeiter de» preußischen Ministe- riums des Innern im großen Festsaale des Ministeriums, um sich von dem Minister Severing zu verabschieden. Namens der vollzählig versammelten Angehörigen de» Hause» sprach Staatssekretär Dr. Meister Dank- und Abschiebsworte. Daraus erwiderte Severing u. a.: Wer von seinen Beamten unb Mit arbeitern Treue. Pflichterfüllung, Fleiß und Hingabe an daö Amt verlangt, der muß selbst über alle diese Eigenschaften ver fügen. DaS glaube ich für mich in Anspruch nehmen zu können, daß ich mein« ganze Arbeitskraft dem Amte zur Ver fügung gestellt habe. Zermürbt haben mich diejenigen un gerechtfertigten Angriffe, welch« meine politische Ehre nicht nur sondern auch die persönliche Ehre angetastet haben. Ich habe di« feste Absicht, recht bald wieder z« gesunde« «nd die Kräfte, Kenntnisse «nd Erfahrungen, die ich im Ministerium des Inner» gesammelt habe, dem Lande wieder «ntzbar zu machen. Ich bin überzeugt, daß der Kurs, den da» Ministerium des Innern tn den letzten sechs Jahren genommen hat, auch bei- behalten werden muß. Der neue Herr Minister, mein Freund Grzestnfkl. ist von benselben Anschannnge« beseelt, aus denen heraus ich mein Amt geführt habe. Dann ergriff Minister Grzesinski da» Wort und führte u. a. auS: Ich habe mein bisheriges Amt lieben und die Mit arbeiter kennen und schätzen gelernt. Aber wie cs so geht, wenn der Ruf an einen, der ebenfalls seiner Pflicht gemäß bisher zu leben unb zu handeln gewohnt war, ergeht, muß er diesem Rufe folgen. Ich werde meinen mir durch mein Ge wissen und durch meine politische Ueberzengnn« vorgezeich nete» Weg gerade gehen. Ich werde meine Aufgabe darin er blicken dem Staate «nd dem deutschen Volke zu dienen, die Verfassung zu schützen, die Republik «nd ihre Institutionen auch personell in jeder nur denkbar mögliche« Weise z« festigen und tm übrigen sozial vernünftig zu wirken. Jeder einzelne Beamte und Angestellte und jeder einzelne überhaupt in den Behörden muß sich in seinem dienstlichen Tun bewußt sein, daß er nicht» tun darf, wa» meiner Ansicht unb meinem Willen nicht entspricht. Ich bi« aber nicht in ber Lage. Angehörige d«S Ministeriums, wie Beamte. Angestellte «nd Arbeiter «nterstellter Stelle« im Lande dranße« z« decken, die etwa glanbe«, Politik anf eigene Kanft mache« z« könne«. sFrie- denSburg?) Treitschke un- Rektor Klee. Ei« Beitrag znr Jubelfeier der Krenzschnle. Bon Dr. Wtldgrube. Eine sehr liebe Erscheinung war im alte« Deutschland daS herzliche Verhältnis zwischen dem würdigen Lehrer und dem würdigen Schüler, DaS Band, daS da sich knüpfte von Geist zu Geist, von Seele zu Seele, hielt auch über die Schulzeit hinaus und festigte sich nicht selten zum Freundichaftöband. Die Auswirkungen kamen gleicherweise dem Menschlichen wie »er Wissenschaft zugute. Eine solche ideale Beziehung waltete ob zwischen dem Rektor Julius Klee und seinem großen Schüler Heinrich Treitschke. Klee wurde im November des tollen Jahre» 1848 zum Leiter ber Kreuzschule gewählt, zur Freude aller Schüler und der Tarkte Therese, wie der Obersekundaner Treitschke schreibt, «nd im Januar darauf trat Klee sein Amt an. Dem neuen Rektor ging von Leipzig her ein guter Nus voraus. Er galt -IS tüchtiger Pädagoge, al» gelehrter Germanist und. was ihn Treitschke besonders snmpathisch machte, auch als guter, warmherziger Deutscher. Tr hatte tn Leipzig den „Deutschen Verein* geleitet. So war eS den Schülern augenscheinlich Herzenssache, den Einzug des neuen Oberhauptes mit einem Kackelzug zu ehren. Treitschke bittet brieflich den auf Kom- mando in Thüringen weilenden Vater, dessen alten grünen Rock zu dieser Feierlichkeit anztehen zu dürfen, der nach dem Urteil der Mutter „doch schon ganz abgetragen sei". Klee führte sich mit einer Antrittsrede ein, deren Gedankengang der vtcrzchniährige Treitschke dem Vater meisterlich skizziert. DaS Gymnasium, so hatte das programmatische Bekenntnis gelautet, sei eine Bildungsstätte für Geist und Charakter. In ersterer Hinsicht müßten zwar die klassischen Sprachen immer noch im Vordergrund« bleiben, doch fordere die neue Zeit gebieterisch auch dte Gleichberechtigung der praktischen Wissenschaften. Dte Hauptsache aber sei die deutsche Sprache, deren llebuna und Ausbildung nicht als Wissenschaft, sondern al» heilige Pflicht und unschätzbares Recht des deutschen Volkes zu betrachten sei. Als Element« der Charakterbildung wurden Wahrhaftigkeit und Frömmigkeit, freier Gehorsam und christlicher Brudersinn gefordert. „Eine solche Rede mußte uns natürlich alle mit den besten Vorsätzen und mit Liebe gegen unseren edlen Lehrer erfüllen* also schließt der Bericht tm braven, aufrichtigen Tugendstil. Dte Rede recht- senlate NbriaenS da« Ukteil a priori de» brieflichen Bericht- erstatter». daß Klee „ln allen Stücken da» Zentrnm" vertrete, d, h, schulisch und politisch den Mittelweg geh«. Für den Sermanisten au» ber Schule Jacob Grimm» ein selbstver ständlicher humanistisch-resormatorischer Standpunkt. Al» tm Jahre 1864, nach Erscheinen des ersten Bandes de» Deutschen Wörterbuches, tn Dresden bi« Vorrede Jacob GrtmmS mit dem glänzenden Zeugnis für Klee bekannt wurde, da war, wie der um drei Jahre ältere Kreuzschüler Alfred v. Gutschmtd an Treitschke berichtete, Klee „der Held des TageS". Nachdem Grimm auf Seite l-XVII von den fleißigen die fünf fleißigsten seiner Mitarbeiter aufgezählt hat, nennt er als den aller fleißigsten und ei «sich- tigst« n den Goethe-Bearbeiter Julius Klee. Damit ist dem Kreuzschulrektor ein monumentum aoro psronntu» gesetzt. Seinen jüngsten privau, ovanium, der, sechzehnjährig, tm Besitz der Eins mit dem Stern, die altehrwürdig« Schule verließ, hatte da» liebevolle und sichere Auge Klees aus dem Grunde erkannt. Sv entließ er ihn nach Bonn mit Emp» sehlungöbrtefen, u. a. an Christoph Dahlmann, den natio nalen Vorläufer TreitschkeS. Voll Stolz kann Heinrich dem Vater melden: Dahlmann hätte ihm unter Händedruck und mit durchdringendem Blick gesagt, eS steh« viel Rühmliches für ihn in des Rektors Brief: er solle fortfahren. seinem Vaterland« zu nützett. So bereitete der väterliche Lehrer dem neuen Schüler liebevoll den Weg in die wissenschaftliche Welt. Und wie stolz muß dieser Lehrer gewesen sein, al» er den ersten Brief auS Bonn bekam, der tm noch nicht stebzehn- tährtgen Studenten schon den genialen Porträtkünstler und den sicheren nationalhtstortschen Methodiker offenbarte. An dem düstere« und schroffen Wesen Dahlmann» hat der fugend- lichc Besucher ein unbeschreibliche» Etwas entdeckt, daS die Einheit des ganzen Menschen charakterisier«: „WaS sein Ver stand geordnet und gesichtet, wird durch den Adel eine» treff lichen Charakters geläutert und gehoben.* ES ist psycho logisch durchaus begründet, baß aus diesen Meisterstrichen die eigenen Züge TreitschkeS mit hervorlugen. An Vater Arndt, der in seinen Vorlesungen allerdings nur contiss locta bringe, rühmt er die geistig« Frische, das Feuer, die liebcnS- würdige Geschwätzigkeit, die väterliche Gesinnung. Und bann legt er ein wissenschaftlich-methodologisches Bekenntnis ab, das prophetisch schon die eigen« nationalgeschichtliche Wirk samkeit umschreibt: Ihm sei Geschichte keine Raritäten» krämcrei. Gerade setzt sei e» nötig, um ihr Studium frucht- bar zu machen, sie scharf und kühn mit der Gegenwart in Be- ztchiing zu setzen. Die allgemeine Erschlaffung unsere» öffentlichen Lebens habe Verzweiflung am Vaterland« er- zeugt und Teilnahmlosigkeit gegen seine Geschicke. „ES ist mein tägliche» Gebet, daß Ich vor solcher Schwäche bewahrt bleiben möge* Wundervoll nun ist eS zu beobachten, wie der väterliche Mentor dem fernen sungen Freunde zur Seite bletbt. Dieser wächst in unermüdlichem Fleiß, trotz schwere« körperlichen Leidens, an wissenschaftlicher Erkenntnis, an Reif« des Geistes, an sittlicher Energie, an nationalem Wollen, aber auch an Selbstkritik und Selbstbescheidung. Jener empfiehlt da» Studium gewisser Werke, öffnet ihm befreun dete Häuser, zeigt menschliche» Verständnis für di« zwei Seelen tn TreitschkeS Brust, die Gelehrten- und di« Dichter, seele. treibt vorwärts zur Habilitation, bannt Selbsturiß. trauen und Sclbstquäleret, vermittelt zwischen Vater «nd Sohn. Sein lieber Rektor überschätze seinen Bildungsgrad, schreibt der Schüler einmal. Er habe in den StaatSwissen- schaften zu lange sich beim Allgemeinen aufgehalte«: er er mangle noch zu sehr der Kenntnis de» Besonderen, des Details der Wissenschaft. Der Ginn hierfür, klagt er noch 1864 aus Freiburg, sei ihm nicht angeboren, ber müsse ihm erst anerzogen werden. Dann zweifelt er gelegentlich an der Möglichkeit überhaupt, di« Erscheinungen in ihrer Totalität zu begreifen. DaS Hindernis steht sein Grüblers!»» in dem unerklärlichen Bande, da» zwischen Grund und Zweck bestehe. Da» psychologisch eingestellte Auge de» Rektors hat vermut- lick gerade an solchen Bekenntnissen -er echten Jünger der Wissenschaft erkannt. Und wenn dann so sicher und klar formulierte Urteil« kamen wie dieses: „Sine Schule für Staatsmänner gibt es nicht: eS gehört der innere Beruf dazu", oder „Ehe nicht dte Menschheit den Gipfel der Voll- kommenhett erreicht, wird wohl von keinem Völkerrecht ge sprochen werden können", dann durfte der väterliche Freund dte Reife für den Privatdozenten wohl als gegeben an nehmen. „Sie. wie Sie gewissenhaft sind und wie Sie Ihrer Natur nach zu einem Idealen emporsehcn, würden, wenn Sie noch so spät sich habilitierten, immer glauben, es etwas zu früh zu tun. Ihr Alter oder Ihre Jugend ist kein Grund: denn so wenig Sie, als Sie von uns gingen, sechzehn Jahre alt waren, sondern mindestens zwanzig, so wenig sind Sic setzt einundzwanzig, mindestens fünfundzwanzig . . Ich halte e» mit MerckS Spruch gegen Goethe: Frisch auf die Zäune, da trockne» dte Windeln." Mit der Leipziger Habili tation im Spätherbst 1868 waren, unter wackerer Nachhilfe Klees, der Historiker für Deutschland gerettet, der Poet im Dozenten kaltgestcllt und auch berufSsournalistische Anwand lungen überwunden. Seine Habilitationsschrift über die „Gesellschaftswissenschaft" kann Treitschke tm Januar deS nächsten Jahres nach Dresden schicken. Vielleicht würde eS den lieben Lehrer freuen, zu sehen, wie er bei seinem modernen Gegenstände auf die Alten zurückgegangen sei, als auf die erste Quell« gesunden Wissens ,Hch verdanke diese Einsicht zu einem guten Teile Ihrer Schule." Im Herbst desselben Jahre« besucht Klee den jungen Dozenten auf dem Künlgsietn. wohin der Vater als FestungSkommandant ver-
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