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71. Jahrgang. AS G-5 Montag, 27. Dezember IMS LradlanIchrM Nachrtchi»» Dr««»»». lk»nnpr»ch«r-8omm«lnumm»r 2V 241 Nur ur Nuchtq^präch» - S0V11. vom I«. di»SI.D««ind»r >«« o»,lägiich ,w.,m»Ito»rguft.llun, «r»- Lau» I.SVM-- pulidrzuri.pret» «Ur Mona D«»»inb»r 3 Warn okn« P»>tzuiüllun«»a»dadr. »>»„»»»«« lu AI»»,«,. Dt» Nnzriaen w»rd»n nach Tvldmar» >>»r»chn«i: in» ein>»«Ma» 3V mm vr»>I» Anzeigen-Preise: L°Ä"m"7« ÄnLÄk."^L ukerNald 2ÜÜ Pta. OürrtenoidiiNr 10 Piq. Ausw Aufträge o»a Vorou^ve»a>>Iuna SchrMIeftuna und Noup>g»ichLft,<»ll,^ «»rtrnftral,» 2842 Druch u. Verlag aon ^ieplch » »etch.rdi in Dresden. Paftich«»-Aonlo lass De»,»«,. Nachdruch nur mV drulllchri VueUenanood» Dresdner Nachr -> iulälltn Unneriannie Schri iftvch» roerven nick' auidemadri. IttvkkSkk M Kun»t»pi«Ipiuno» «all 1S34 doatdawLtir-i«» yuslltütsfadrlleat »<«ra«n I. Ln.. »«artLnrrrna» 12 senonoi-^oe U!»O seset-i«.^ »»841.18^8 N4N40 Osusebrsntt - Oken M Wm In p»«««»r 4u»«»»i,l »n<i 4»«n vr«i»I»g»n. K,Iel,h»>1Ig»» >Au»>«rI«gor rur öesicbttxuns emptokton. Florian Oroekerts ^isekfolsor parUinnna «i»»n»e 0r«»ck«n-H., TSp<«r,»r«0o S, 13, IS. S«mm«Irui 2S401. Gnade statt Recht für die Spser Rouciers. Freilassung -er Deuischen Fechter und Kegel. — Die Tal Aoueiers bleibt ungesiihal. Einigung mit -er Dolschaskerkonferenz über -ie Polizeisragen. — Der Kaiser von Japan - Aushebung -es Fechenbach-Urleils. Das Degna-igungs-ekrel unterzeichne). Koblenz, SS. Dczcmbcr. Wie der Verteidiger Rechts anwalt Dr. Kühr dem Rcichökommistar sür die besetzten Ge biete mittcilt, sind die beide» verurteilten Angeklagten Segel und Fechter ohne Kantion aus der Haft ent laß len worden. Das französische Kriegsmiiiistertum veröffentlicht« ln den späten Abendstunden folgendes Kommunlgnö: „General Douchy. Kommandant des 82. Armeekorps, Chef der Militärjustiz, von dem das Landauer Kriegsgericht abhängt, hat heute durch die Suspensiv» der Strafe die beiden einzigen Inhaftierten von den Verurteilten in Landau, Kegel und Fechter, in Freiheit setzen lassen. Aus Vorschlag des Generals Douchy, welcher Vorschlag vom General Gutllaumat mit einem günstigen Bcglcitwort ver sehen war, hat die Negierung beschlossen, dem Präsidenten der Republik die Begnadigung der sechs ver urteilten Dcutsclien zu unterbreiten. Das BegnadignngS- dekret wird morgen, am SS. Dezember, oom Präsidenten der Republik unterfertigt werden." Ueber den am 25. Dczcmbcr stattgefundrnen Degna-igungsakl des Präsidenten selbst melket die Pariser Poesie: Durch eine am 1. Wcihuachtsfciertag vom Präsidenten der Republik unter» zeichnete Verordnung wurden die am LL. Dezember vom Lau, dancr Kriegsgericht abgeurteiltcn Deutschen begnadigt. DaS Dekret wurde dem Präsidenten der Republik vom Kriegs minister Painlevs zur Unterzeichnung vorgclcgt. Au der kurzen Begründung, die Painlcvd seinem Antrag ans Begna digung der deutschen Angeklagten bcisügte, heißt cs: Im Inter esse der Beschwichtigung der össcntlichcn Ruhe und aus Vor schlag des kommandierenden Generals des 8S. Armeekorps ist der KriegSminister tu Ucbcrclnstimmung mit dem Ansitz» minister und dem Minister sür auswärtige Angelegenheiten der Ansicht, das, aus die oben aenanntcn verurteilten dentschen Staatsangehörigen Gnadcnmasinahmen in Anwendung kommen können. Durch den Gnadcnakt sind gleichfalls anch die l» voninmavtaiu gefällten Urteile auf gehoben. die gegen die aus rechtsrheinisches Gebiet ge. flüchteten Deutschen ertasten worden waren. Demnach ist also die von der deutschen Verteidigung ein gelegte Revision, die die Rechtskraft des Urteils noch aufschob und einer B^znad-iguiig im Wege stand, formal sicher Be tracht gclasseMworden. Die allgemeine Empörung hat also zunächst wenigstens soviel erreicht, das, die deutschen Opfer des Reitpeitschen- und Revolverhelden Rvucier vor weiterer Vergewaltigung be wahrt werden. Es mich anerkannt werden, daß dadurch eine gewisse Entspannung der Lage, die sich unheilvoll zugcspitzt hatte, bewirkt wird. Die Begnadigung und sofortige Haft entlassung sind Maßnahme», die immerhin guten Willen aus der Gegenseite erkennen lasten und beweisen, dich Briand nicht ganz einslußlos gegenüber der unversöhnlichen Militär- Partei ist, die sich vssenbar gar nicht in den Gedanken finden kann, das herrliche Wohlleben ans deutsche Kosten im be setzten Gebiet demnächst aufgcbcn und i» die mageren fran zösischen Verhältnisse zurückkchrcn zu müssen Da lasten dann Elemente vom Schlage Rvucier ihre Wut an der ivvhrloscn deutschen Bevölkerung aus. Diesem entwürdigenden Zustand durch baldige Beseitigung der ge samten Besetzung ein Ende zu jetzt die oberste Aufgabe der gteruug sein. Hiervon abgesehen, bleibt aber auch »och mancherlei zu tun. che der Landauer Fall als endgültig erledigt angesehen werden kann. Aus diese Notwendigkeit weist in sehr ein dringlicher und nachdrücklicher Weise folgendes Schreiben Loebells an Skresemann hin: „Sehr verehrter Herr Minister! Bon den Bürgcrbünden aus alle» Gegenden des Deui schen Reiches sind mir zahlreiche Zuschriften zugcgangcn, die die grüßte Entrüstung über das Schandurteil der sranzösiichcn Militärjustiz und die Befriedigung darüber auSdrückcu, das, die deutsche ReichSrcgicrung in würdevoller und energischer Norm dagegen Einspruch erhoben hat. Ach fühle mich ver pflichtet. Ahne», sehr verehrter Herr Minister, non dieser Diiininuilg weitester Kreise des deutschen Staatsbürgcrtunis KettnlniS zu geben und die Einstellungen eines großen Teiles der französische» Presse zurüctzniveilen, die behauptel. es handle sich lediglich um eine künstlich durch die deutsche Presse hervorgerufenc Erregung. Aeder, der die Stimmung in Deutschland wirklich kenut, nnsiß. daß man in jedem deutschen Hau» der Oofer der französischen Soldateska gedenkt und bereiten, muß deutschen Re- dadnrch die Wcihnachtsfreude des deutschen Volkes getrübt ist. Es ist ganz ziveifelloS, daß sich das denlschc Volk wieder ans das schwerste beunruhigt fühlt und die von Ahnen mil unermüdlicher Zähigkeit verfolgte Politik einer Ver ständigung mit Frankreich wieder stark erschüttert ist. Das deutsche Bolk steht heute geschlossen hinter Ahnen und blickt zuversichtlich aus Sie in der Erwartung, daß Sie weiter mit Nachdruck die sür dir Ehre und Sicherheit des deutschen Volkes notwendigen Schritte unternehmen. Mit dem Ausdruck meiner besonderen Hochachtung verbleibe ich, sehr verehrter Herr Minister, Ahr ganz ergebener ' gez. v. Locbell, Staatsminister a. D„ Präsident." Diese Ausführungen des Präsidenten des Reichsbürger- rates stehen in wohltuendem Gegensatz zu der würdelosen voreiligen Beflissenheit de» „Vorwärts' , der erklärt, daß ,x>ll«S, ,vaS nach Lag« der Sache zu erreichen war, erreicht worden sei." Das ist mitnichten der Fall. Die deutsche» Opfer müssen noch entschädigt werden für die zu Unrecht er littene Untersuchungshast und vor allem Matthe« für den unersetzlichen Verlust seiner Gesundheit. Ueber diese schweren Rechtsverletzungen ist noch kein Wort des Bedauerns von französischer Seite laut geworden. Begnadigung allein ist keine Gutmachung: wenn weiter nichts geschähe, könnte sich Frankreich uns gegenüber tn die Pose der „Großmut" setzen. Außerdem aber harrt noch das Furchtbare der Er ledigung, daß auf deutschem Boden deutsche Staatsbürger von Roncier niedergeknallt werden konnten, ohne daß dafür eine gerichtliche Sühne gegeben wurde. Hier muß unbedingt eine klenugtuung eintrctcn, die den ernsten Willen zu einer wirk lichen Wiedergutmachung erkennen läßt. Es muß eine Selbst verständlichkeit sein, daß die blutigen Vorgänge von Germers heim ihre gerechte Sühne finde». Diese kann nmr darin be stehen, daß der französische Offizier, der cs fertig brachte, deutsche Bürger über den Haufe» zu schießen, vor ein Gericht gestellt und als Mörder abgeur teilt wird. Man muß sich hier daran erinnern, daß Deutschland seinerzeit gezwungen wurde, Männer, die im Kriege ihre selbstverständliche Pflicht erfüllt hatten, wegen sogenannter .„Kricgsverbrcchcn" abzuurteilen. Bei dem. woS der Unterleutnant Roncier begangen hak handelt es sich um kein KricgSverbrechen. Es handelt sich u« ein ganz ge mein cs Verbrechen. Wie jeder ander- Mörder seiner Strafe zngesührt wird, so muß auch dieser Mörder die Strafe erhalten, mit der ein Mord gesühnt wird. Es wird Sache des deutschen Auswärtigen Amtes sein, mit aller Kraft darauf zu dringen, daß der Mörder Rvucier alS solcher bestraft wird. Mit einer Entlastung Rouciers aus dem sranzösischen Militärdienst kann uns nicht gedient sein. Hier darf die Pariser Regierung sich nicht von der Poincars-Prefle unterjochen lasten, die verkündet, daß Frankreich „keine Schwäche" zeigen dürfe. Es ist nicht Schwäche, sondern ein Beweis moralischer und politischer Stärke, wenn ein« Re gierung in solchem Falle ehrlich sühnt, waS untergeordnet, Organe in frevelndem Ucbermut gesündigt haben. Wen» in der französischen Oefscntlichkeit noch ein« Spur der alten oft betonten „Ritterlichkeit" lebt, dann muß sie selbst darans dringen, daß die Lage völlig bereinigt wird, waS unmöglicb ist, wenn der Allrinschuldige straflos auSgeht. Deutschland erwartet also das Weitere. Französische Zwecklügen. Erfundene Uebersällc im besetzten Gebiet. Berlin, 26. Dezember. Eine eigenartige Meldung wurde heute von dem amtlichen französischen Funkspruch verbreitet. Danach sollten in Mainz bei einem Zusammenstoß mit sieben Deutschen zwei französische Artilleristen verwundet worden sein. Der amtliche französische Funkspruch hatte dies- Nachricht unmittelbar im Anschluß an die Mitteilung über dt- Begnadigung der in Landau verurteilten Dentschen vei> breitet. Eine Nachfrage bet sämtlichen in Frage kommende« deutschen Stellen ergab jedoch, daß diesen von einen» solchen Zusammen st oß nicht das geringste be kannt ist. UeLereinstimmend wird vielmehr den amttichetz Stellen aus dem ganzen besetzten Gebiet gemeldet, daß die deutsche Bevölkerung sich trotz der unerhörten Heraus- Forderung, die das Landauer KricgsgerichtSurtvll darstellte, mustergültig ruhig und zurückhaltend verhalten hak Der Zweck dieser Nachricht dürste also ziemlich durchsichtig sein» Die Wirkung -er Pariser Geske. Die amlliche Auffassung in Berlin. Berlin, 26. Dez. In Berliner amtlichen Kreisen hat die Schnelligkeit des Pariser BegnadigungsakteS -war eine ge wiss« Befriedigung ausgelöst, jedoch war diese rasche Erledigung mich das mindeste, was man erwartete. Recht unbefriedigend wirb aber nach wie vor anch von den amtlichen Stellen in Berlin die Tatsache empfunden, daß der Mörder, der französische Unterleutnant Roucter, völlig straffrei ansgeben soll. Man gibt sich in Berlin der Erwartung hi», daß di« französische Negierung zunächst wenigstens durch eine disziplinarische vestrafnng Roncier- die Deutschland so notwendige Genugtuung gebe« wird. Die Berliner Presse zum Degna-igungsakl. Berlin, 25. Dezember. Soweit die Berliner Morgen- blätter »u der Haftentlastung der beiden Deutschen Kegel und Fechter und zu der Begnadigung der sechs in Landau Verurteilten Stellung nimmt, weist sie darauf hin, daß das nur eine «uznreichende Sühn« sür die Vorgänge in Germers-Heim sei. Der „Dag" sagt, die deutsche Regierung könne sich nach allen von ihr ab gegebenen Erklärungen erst zufrieden geben, wenn die AuSsichtaufbaldigeNäumungderRheinlande bestehe, wenn die französische Negierung Garantie dafür gebe, baß sich Vorfälle, wie sic sich in GermerShelm abgespielt haben, nicht wiederholten. Der „Lokal-Anzeiger" weist darauf hin, ehe nicht Roncier seine verdiente Strafe getroffen habe, werde es. was unser Verhältnis zu Frankreich angeht, keine Ruhe geben tn Deutschland. Auch die „D. A.Z<" kveist darauf hin, daß noch derzwciteSchritt fehle: ein noch maliges Verfahren gegen Roncier. Die „B ö r s e n z « i t u n g " erkennt an, daß das ein Zeichen guten politischen Willen- sei, welches di« gewitterschwüle Atmo sphäre der letzten Tage zivtlchcn Deutschland und Frankreich etwas aufklärr, aber die augenblickliche Spannung zwischen beiden Völkern sei damit »och nicht beseitigt. Der „Vorwärts" meint, es sei eine er freuliche Weihnachtskundc, die geeignet sei, vieles von dem Schaden wieder auszugleichcn, den die deutsch»französische An näherung erlitten hätte. Darüber hinan« bleibe scboch — unbeschadet dieses Gnadenakte» — die Hauptteh« von GermerShelm und Landau bestehen: die Sache brr Ver» söhnung zwischen Deutschland und Frankreich, bi« die Sache des Friedens schlechthin darstcllt, schwebe in ständiger Gefahr» solang« die militärische Besetzung andauere. Das Echo in Paris. Wutkoller der Rechtspresse. Paris. 26. Dez. Die BcgnadigungSverordnnng des Prä sidenten der Republik, die mit Lkrstimmung des gesamter» Kabinetts ertasten wurde, Hai in der französischen Preffe »U einer lebhaften Polemik geführt, die sehr deutlich de» tiefen Riß zeigt, durch den di« Rechte und die Linke in ihrer Stellungnahme zur Vriandschen Außenpolitik getrennt sind. Di« gemäßigte Rechtspresse, wie „Temps" und „Journal des DsbatS", wagen eS allerdings nicht» den Bcgnadigungsakt zu verurteilen. -Die nehmen aber di« Gelegenheit wahr, jede weiter« Konzession a« Deutschlan» adzulchncn. „Keine künstliche Erregung der Nationalisten» keine Kampagne der deutschen Presse und keine Bedroh««- der Reichsregiernng darf Frankreich zur Preisgabe brr Rheinlandbesetznng bestimmen, wenn cs nicht sichere Vorteil« und gleichwertige Sicherheiten und Garantien als Gegen leistung erhielte," so schreibt der „Temps" zur Begnadigung der unschuldig Verurteilten. Die Vorschläge, schreibt dal» Blatt weiter, des Gciierals v. PawclSz, die dieser zu Beginn des neuen AahreS mitbringt, würden -da» französische Volt darüber aufklären, ob Deutschland den Friedenswillen und den BersöhnungSgetst Frankreichs mit gleichem vergelte, l» „Journal dcS DöbatS" bedauert es, daß die Be gnadigung gewisserm-aßcn erst durch den Druck der deutschen öffentlichen Meinung ausgesprochen worden sei. ES wäre vorteilhafter gewesen, wenn diese Matz- naknne noch am Tage des UrteilSipruch-cS oder ein wenig später ergriffen worden wäre. Die übrige nationalistische Pariser Presse schreit vor Wut und wirst dem Ministerium Feigheit vor. Deutschland beuge sich nur vor einem Argument, und das sei Lie rein« Gewalt, schreibt „Action Franeaise". — Auf der ander«« Seite Nimmt die Linkspresse die Begnadigung der Ver urteilten mit großer Befriedigung aus. „Qu-otibtcn" schreibt, -aß alles so zum Besten gewendet worden sei, ab- gesehen davon, daß cs Opfer gegeben Hab« und daß di« Krieg»- ««richte ivetter besteh«»». .