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^ M. Die neue französische Willkür. Aabinetlsrat über die französische Sühnenvle Berlin, 1. Gept. Im Anschlutz an ble gestrige KaLi. «ettsfitzung stattet« der Nelchsminiftcr des Ansmürtig«« Dr. Simons der französischen Botschast eine« Besuch ab, um über die Einzelheiten der Siihnnngö, sordernngsuote Rücksprache zu nehme«. Dr. SimonS bat, wie verlautet, darans hlngewiese«, daß «ine Reihe von Forderungen der französischen Regierung so schwerer Natur seien, dab die -eutsche Negierung sich ihre Stellungnahme »och Vorbehalte« müsse. Zu de« schwierigste« Punkte« der Note gehört die Forderung der sosortige« Bestrafung der an der Zerstörung deS Konsulats Schuldige«, sowie die militärische Sühneparade vor der französischen Fahne. Mit diesen und einige« andereu Punkte« der französtschen Note wird sich eine heute vormittag znsammentretcnd« Labinettssisrnng ansS neue befasse«. Daran schließt sich daun nachmittags «ine Sistnng deS Reichstags» anSschnsseS für auswärtige Angelegen» Helten. Die Dentschnatioualeu dürsten im Ans» schütz in der Opposition bleibe«, während man damit rech net. daß die Deutsche Bolkspartei auch in diesem Faste die Regiernngspolitik mitmacht. Nolenroechfel? Berlin, 1. Sept. Wie Ncichsminister Simons zu Parlamentären äußerte, wird die Rctchsregierung ver suchen, über die Note Frankreichs und über die darin ent haltenen schweren Sühnefordcrungen in einen Noten wechsel mit der französischen Regierung zu treten. Tine bedingungslose Annahme der Note sei in der Sitzung des Reichskabinetts nicht ausgesprochen worden. Berlin. 1. Sept. Die Mitglieder deö Reichstags- auSschufseS für auswärtig« Angelegenheiten sind seit Diens tag früh vollzählig in Berlin eingetroffen. Gestern abend 7 Uhr fanden Besprechungen der Parteiführer der Meür- heitSparteien über die Lage statt. In der Sitzung deS MsschusseS für auswärtige Angelegenheiten am heutigen Mittwoch wird außer Minister Dr. SimonS auch der Reichskanzler sprechen. Wie ernst von -er Regierung der Inhalt der Note be urteilt wird, geht daraus hervor, daß vor der endgültigen Stellungnahme noch der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten gehört werden soll. Die „Tägl. Rundschau" sagt: Die französischen Sühneforderungen stellten ein Höchstmaß an tiefster Demütigung dar. Die .^Deutsche Tageszeitung" spricht von schmachvollen französischen Forderungen, Der ,Äerl. Lok.-Anz." schreibt: Angesichts der ständigen unerhörten Vergewaltigungen, die sich die Fran zosen ungestraft im Osten und Westen des deutschen Vater lands skrupellos erlauben, wirkt es wie Hohn, daß und eine solche Reihe von Forderungen übermittelt wird. Die Breslauer Slu-eule» chafi proleslierl. Wie auS Breslau berichtet wird, sprachen die Vertreter des allgemeinen Studentenausschusses der Uni versität beim Lberpräsidenten vor. Tr zeigte sich den Wünschen der Studentenschaft entgegenkommend, um eine Klärung der Mißverständnisse herbeizuführen, und er mächtigte di« Erschienenen, der Studentenschaft bekanntzu geben, Laß die Angriffe in der Presse auf keinerlei tatsäch licher Grundlage beruhen, ferner, daß er persönlich die Ucberzcugung gewonnen habe, daß die Studentenschaft nicht für die Vorgänge verantwortlich gemacht werden könne. Ferner ermächtigte er die Studenten, bekannt zugeben. Latz seiner Ueberzeugung nach polnische Agi tatoren, darunter eine große Zahl polnischer Studen ten, an der Herbeiführung der Ausschreitungen schuld ge wesen seien. Keine Serabmin-errmg -er Forderungen. «Et an er Drahtbertcht »er „Dretdn. Sk a ch r t ch t e n*.1 Genf, 1. Gept. Der „TempS" meldet: In den Be sprechungen mit dem deutschen Bertrvter Dr. Mayer Hai Millerand kein Zweifel gelassen, aß an keine Herabmtuberung -er Deutschland auferlegten Gühne- forderungen zu denken sei. Die Beleidigungen Frankreichs seien sehr schwere um- ihr« Wiederholung oder die Nichter füllung der Sühneforderungen müsse zu sehr ernsten Konflikten führen. Basel, 1. Sept. Nach einem Telegramm deS „Baseler Anzeigers" ans Paris erwartet man in Paris die - e «tsche Antwort noch im Saufe dieser Woche. ES besteht in Pariser RegiermigSkreisen kein Zweifel 1!s. baß Deutsch land auch die jetzigen Sühneforderungen annehmen werde. Kein Ende der polnischen Mordtaten. Sattowitz, 1. Sept, Aus einer gaitzen Reihe von Ort schaften kommen Nachrichten Mer Kunde von er- mordeten Deutschen. In Btrtenchetm sind sechs Leichen von Ermordeten ausgegraben worden, ebenso fand man eine Lolche in Hohensindc bet Beuthen und in Benthe« selbst auf einem Lagerplätze die Leiche eines Zollbe amten, dem von den Polen beide Augen-auSge- stochen waren. Die Deutschen, die aus irgendeinem Grunde in französische Hast geraten, werben in menschen unwürdiger Weise untergebracht und verpflegt. Da» fran zösische Kriegsgericht in Kattowitz fällt täglich durchaus parteiische Urteile. Drei Polen, die mit Handgranate«. Gewehren und Revolvern betroffen wurden» erhielten je zwei Monate Gefängnis, ein Deutscher aber, bet dem et« Revolver gefunden wurde, erhielt von dem gleichen Kriegs gericht an dem gleichen Tage eine Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Der Deukschenmord in Iosephskhal. Benthe«, 81. Aug. lieber die Vorgänge bei der Er mordung der deutschen Arbeiter liegt noch kein abschließendes Bild vor. ES steht fest, daß am 28. August früh zweimal nach einander je fünf Opfer, die auS dem am 20. o. M. überfallenen Schlafhause in Maczeikowitz ver schleppt worden sind, Mer die Grenze zurückgebracht wur den. Anscheinend schoß eine fünfköpftge Mörderbanbe di« Opfer hinterrücks aus nächster Nähe nieder. tW. T. B.) Sattowitz. »I. Aug. Ueber den Massenmord von Josephs thal, wo nun schon zehn Leichen grausam ge töteter deutscher Arbeiter aufgefunden wurden, wird weiter berichtet: Der Schauplatz des Leichemfunbes ist ein kleiner Nadelwald dicht an der Grenze. Alle zehn Opfer stammen aus dem Schlashause Maczeikowitz. das von den Polen am 29. d. M. erstürmt worden war. Der Mord ist jedenfalls am 28. d. M. erfolgt. Erkannt wurden bisher nur zwei von den Leichen. Als einer der Täter wir- ein gewisser Mjdok genannt, der mit mehreren Brüdern die ganze dor tige Gegend aufgewiogelt haben soll und seit der Untat flüchtig ist. Die Leichen, btc aus den beiden Massengräbern zutage gefördert wurden, geben ein graneuorregcndes Bild. Offenbar sin- die Schüsse aus nächster Nähe abgegeben worden. Deshalb aber zwingt die Anzahl der Schüße zur BernMtung, -aß die Bande ihre Opfer durch schlechtes ZieXn-Absichtlich und grausam gemordet hat. Die englischen fe. die -er Oefsnung de» »weiten Grabes beiwohn. Iten mit Ausdrücken der Abscheu nicht zurück. In >en Kreise« ist die Entrüstung unge- Man ist überzeugt, daß diese viehischen Mord licht die einzigen ihrer Snt sind und -atz bi« meiste« von denen, di« von polnischen Trupps weggefchleppt wurden, ein ähnliches Schicksal erlitten haben. sWTB.s Polnische „Ersatzforderungen!" Saltowitz. 81. Aug. Die Besatzung Struppen Men auf verschiedene» Bahnhöfen Oberschlesiens eine sehr scharfe Kontrolle der Reisenden auS. In Kattowitz- Lawd liegt der Polizetdienst meist noch in den Händen von Polen, die grütztenteilS bewaffnet sind. Die polnisch-deut sche Grenze ist vollkommen offen. Die Kattowiher Polen meldeten bet der Interalliierten Kommission 4 Millionen Mark Schadenersatz an, welche die deutschgestnnten Ein wohner der Stabt trage« sollen. In den Landgemeinden ist die Gchadenanmelbnug vielfach schwierig, weil die unter polnischem Einfluß stehende« Verwaltungen die Annahme deutscher Anmeldungen verweigern. (W. T. B.1 Fortschritte -er Aussen-Ossenslve. lEtgorr Drahtbericht der „Dresdn. Nachrichten*.) KöuigSberg, 1. Sept. Die Umänderung in den Grenzwache» «egen Ostpreußen zeigt ei« Fort schreiten der Rufsen-Vffenstve. Auch Angustowo ist von den Russen wieder genommen wordem. Die bisher polni schen Grenzwachen sind bis auf Grajewo zurltckgenvmmen worden. Bei Grajewo zeigt sich die Konzentrierung starker avtillersttfcher Kräfte der Polen, was auf den Hauptwider, stand der Polen an dieser Stelle und auf Entscheidung», schlachten in unmittelbarer Näh« der ostprenßischen Grenze schließen läßt. A«S Königsberg wird gemeldet, daß am 29. August Augustowo und am 80. Suwalki besetzt wurden. Polnische Patrouillen seien in Go-kokka und südlich Bialy stokS am Narew aufgetreten. Trotz des Widerstandes der Polen dauere -er Vormarsch der Bndjenny- Armee fort. Ettr»e Schlacht zwischen Lemberg und Tarnopvl. Berlin, 1. Sept. Der «Warschauer Kurier" meldet: Zwischen Lemberg und Tarnopvl ist eine neue Schlacht entbrannt. 30 000 Polen stehen in einem unentschiedenen Kampfe mit 80000 Bolschewisten. In Brody haben die Bolschewisten eine Räterepublik proklamiert. Denlsch-oslarralchllche Kriegsgefangene in -er Stoßen Armee. Wie«, 31. Aug. Von österreichischen Kriegsgefangenen, die auS Rußland heimgekehrt sind, wird mitgeteilt. daß viele deutsch-österreichische Gefangene durch Hunger gezwungen werden, in die russische Rote Armee einzutreten. Beralnng über -ie polnischen Degenvorschlüge ln Moskau. Paris, 81. Aug. Nach einem Moskauer Funkspruch hat DonoschewSky, der Führer -er russischen Abordnung tn Minsk, sich nach Moskau begeben, um sich von feiner Regierung Instruktionen wegen der polnischen Gegenvorschläge zu den russischen Friedensbedingun- ge» zu boten. Während seiner Abwesenheit wird Supcdc- witz über die Frage der Verlegung der Fricdensvcrhand- lumge» an et««« andere« Ort unterhandeln. lW. T. B.1 Das Elen- -eulscher Auswan-erer in Rußland. Berlin. 3k. Aug. Der unabhängige sozialistische Reichs- tagsabgeordnete Dittmann, der mit Däuimig, Crispten und anderen Genossen Delegierter aulf dem Kongreß -er 3. Internationale war, berichtet in der „Freiheit" über das Schicksal von 70 deutschen Arbeiterfamilien und etwa 120 deutschen Industriearbeitern, die nach Verkauf ihrer Habe nach Ueberwindung großer Schwierig keiten beim Grenzüüertritt vor einigen Wochen nach Ruß land ausgewandert sind. Dtttman ruck, seine Genoffen «r- fuhren bereits in Moskau, daß die Leute in Kolomua au gekommen seien, daß sich aber sofort Differenzen mit ihnen ergeben hätten. Ein Teil vo-n ihnen weigere sich zu arbeiten und wolle nach Dentschland zurück. Es sei ihnen in Deutsch land alles ganz anders geschildert worden. Siv seien von den russischen Arbeitern sehr unfreundlich empfan- gen worden. Man habe gefragt, ob sie den russischen Arbei tern das letzte Brot wcgeffvu und ob sie die Pkätzei der russischen Arbeiter etnnehmen wollten, damit diese iw die Schützengräben geschickt werden könnten usw. Wegen ihrer Weigerung, im der Fabrik, die nach chm« Meimungl vollständig verwahrlost sei und tn der die Arbeiter selbst! nicht zu bestimmen hätten, zu arbeiten, seien sie von der Fabrikoerwaltung Mid von einem Vertreter der Sowjets regier«ng als Konterrevolutionäre beschimpft worden^ Dittmann und Genossen besichtigten darauf die Maschinen fabrik in Kolomna und fanden im wesentlichen die Angaben, bestätigt. Bei ihrem Rundgange durch die Fabrik, die. früher 17 000. jetzt etwa 5000 Arbeiter beschämst, fanden fte. daß der Zustand des Betriebes viel zu wünschen übrig ließ.. Arbeitsstücke und Werkzeuge waren offensichtlich verwahr lost. Die deutschen Arbeiter, die in -er Fabrik arbeitete», sagten, daß alles furchtbar langsam gehe und schlecht funk tioniere. Trotzdem sie unter den schlechten ErnährungA- und Betrtebsvvrhältniffen nicht richtig arbeite» könnten, schaffte einer von ihnen ebensoviel wte fünf Russen. Dir russischen Arbeiter seien teils zwangsweise auS den Dörfern zur Arbeit geholt, teils kamen sie freiwillig, um das Anrocht aus die Lebensmittelration, die im Betriebe verabsÄlgt würde, zu erhalten. Bon Interesse an -er Arbeit fei keine. Spur bei ihnen. Sie suchten dt« Arbeit im Gegenteil zu sabotieren. Als Wortführer -er Nichtarbeitenden bcstävigtr Genosse Fähnrich auS Oberschöneweide dteS und gab am, daß 80 Mann zurück wollten. Sie seien belogen ««-be trogen worden. Die russische Regierung verweigere jetzt -ie Rückreise. Die Lebensmittelvcrhältnisse seien so, daß sic nicht leben könnten. In ähnlicher Weise sprach als zweiter Arbeiter Genosse Grimm-Plauen. Er habe Haus und Hof mit Gärtnerei in Deutschland ansgcgeben und es sei ihm gesagt worden, in Rußland brauche man kein! Geld. Er sei deshalb mit acht Pfennigen nach Rußland ge kommen und nun zeig« es sich, daß man nirgends mehr Ver brauch«, als in Rußland, denn es fehle selbst an den nötig sten Lebensmitteln. Er habe 36 Jahre für den Sozialis mus gearbeitet und er sei anSgewan-ert, run Rußland auf- baucn zu helfen und der Weltrevolutivn zu dienen, aber de« Hunger mache ihm bas unmöglich. Ein dritter Genosse! äußerte sich ln gleichem Sinn«. Fähnrich gab bann noch an. weitere Transporte nach Rußland müßten ver hindert werden. Ihre Familien müßten in größt« Not geraten, wenn sie unterwegs nach Rußland sein sollten.' Der Verdienst reiche nicht aus. Was seien 11- bis 12 000 Rubel monatlich wenn ein Pfund Butter 3600 Rubel koste und alle übrigen Lebensmittel, auch Kartoffeln, ähnlich teuer seien. Sie seien von allem a-geschnitten. Nicht ein mal Briefe könnten sie nach Dentschland senden. Dittmann, Dänmig und Crispten bemühten sich den Leuten gut zn- zureden. Wer beim Wiederaufbau Rußlands unter -es Sowietßorrschast helfen wolle, müsse sich in Ungewohntes schicken und mit vielem absinden. General Koffrnarm über -ie Oslsragen. Berlin, 1. Sept. Die S. P. D. lnrtte gestern abend iw Berlin eine Reihe von Versammlungen cinberufen, in denen man sich mit den Vorgängen tn Ost-Europa und mit der Stellung der deutschen Regierung zn den letzten Vor kommnissen beschäftigte. Es sprachen eine Reihe bekannter Parlamentarier und Führer. In einer der Versamm lungen war auch General Hoffman n. bekannt von den FriedenSverhanülungen in Brest-Litowsk, erschienen- Der Referent Erwin Barth führte aus: Wir bewahren in dem gegenwärtigen Krieg zwischen Rußland und Polen volle Neutralität, aber wenn wir ans irgendwelchem Grund gezwungen würden, aus dieser Neutralität herauszutreien und »ns für eines dieser beiden Länder zn entscheiden, so würde, glaube ich, bei eine« Abstimmung nicht eine Stimme für Polen ab gegeben nurden. Angesichts der Polengreuck in Ober-, schlcsien, der Mordtaten in Joseph,stal muß jedem ehrlichen und anständigen Arbeiter die Galle überlaufen. Er rate» nicht immer den sanften Heinrich zn spielen, Barth kritisierte dann die Sowjetregierung scharf im An schluß an das Schicksal der 80 deutschen Auswanderer, dt« die Delegation der U. S. P. bei Moskau getroffen habe. Daun stellte sich e General Hofsmarm, der unerkannt anwesend war, der Versammlung vor „nH sagte «. a.: i Die großen Schwierigkeiten, an denen Europa krankt, rühren erstens von dem Versailler F-ricdensvertrag her- sZurrff: Und Brest-Litowsk!) Wir müssen aus dem Ver-i saillcr Vertrag unter allen Umständen heraus und ich hoffe, sah uns das gelingen wird, weil die Verhältnisse stärker sein werden als der Haß der Entente und der französische Bcrnichtungswtllc. Der zweite große Fehler sei, daß daÄ russische Reich von allen europäischen Angelegenheiten anö-« geschaltet sei. Rußland müsse ivieder dkc Stellung im rurv»! „ätschen Konzert erhalten, wie vor Beginn des Weltkrieges Wir brauchen das russische Brot und Rußland brau unsere Jndustrleerzengnisse. Unter der jetzigen rnssiß Negierung wird es voraussichtlich nicht möglich sein, einer Verständigung zu kommen. (Lebhafte Zuruke: