Volltext Seite (XML)
^ r»0 vven-Ausgave Mittwoch» iS. Juni 1920 Gegründe» 1»»« DmdlanlLrttl: »«chrtwl«. Ln,»,,. Airniprrchrr - Samm»>numm»r: 28 2-11 Nur llir Aachlg-tprach»: 20011. K4a,,»-,L . MotzUtz» »om IS. di, 30. Juni >02» u„ laoltch uv-imali»»r Zuil-Uun« >r«i -)uu» Poftd»»ua»»k«>» iU, 1II»na> Juni 3 Mar« ohn» PoN»ulI«Uun«»g,düdr. II» Viraai,. I.»o Mord. Dt» Dnj»to»n co»rd»n nach Soldinard d»r»chn»i. dt» «mipallia» 30 min dreil« und SI»U»nfl» uch» okn» ' "ki Anzeigen-Preise: L^.G.^'aSL'^L ^^'.7/ .so P. »9»rkal>> 200 Pia. VS»r.»na»dtU>r io Dia A»iw AuIIr AuIIr-w» >»a«n Dokn»«»».«-' SchrittkiNina an) K^upIgr.chL.lsstcll» Marirniir»:» 2S/42. Druck u. vrrlao von Si«,Ich « Arichar»' m Dr»«d«n< Poftlch-ck.Aon.o >OSll 0re»o»». Hochdruck nur in» d»u..ick»r Liu»U»nanaad» .Dr»«dn»r Ilochr " «u.itMn Unn»r>nn"ir SckrUUliick» werden nun iwnrwodrl. Kanzlererklörung im Rechtsausschuß. Die Negierung hält an dem verfassungsiindernden Charakler -es Fürstengesetzes fesk. CaiUaux Finanzminisker. — Der Kamps um -ie Reorganisierung -es englischen Bergbaus. — Annahme -er Zollvorlage in Prag. Annahme -er Paragraphen 1-4. Berlin. 2». Juni. Im 9t c ch t S a u s s ch u st des 3lc i ch s- tagS wurde heute mit der Cinzclberatung dcS Gcsebcntwurss über die vcrmögensrechtlichc Auseinandersetzung zwischen den deutschen Ländern und den vormals regierenden I it r st c n Häusern begonnen. A e n d e r u » g s a n I r ä g e lagen vor von den D e u t s ch » a ti o n a l e » und von den Sozial demokraten. Aba. Dr. Noscnfcld lSoz.) fragte die stteaicrung. ob sie tatsächlich beute im Gegensatz zu ihren srubercii Gutachten das Gesetz nicht mehr für vcrsassungsändcrnd halte, wenn eine entsprechende Präambel beschlossen werte. Reichskanzler Dr. Marx: Die Negier,ina steht nach wie vor aus dem Standpunkt, das, das vorliegende Gesetz eine Ver fassungsänderung bedeutet, also zur Annahme eine Zwei drittelmehrheit bedarf. Uebcr die Präambel bat die Re gierung gar keine Anträge vorgelcgt. Nbg- Nenbancr (Komm.) mies daraus hin. daß in der Presse doch berichtet worden sei, dast das Kabinett letzt durch eine entsprechende Präambel daS Gesetz für nicht verfastungs- ändernd erklären wolle. Sei diese Pressemeldung ans der Lust gegriffen? Reichskanzler Dr. Marx: In der Presse hat während der Serien so viel gestanden, was unzutreffend ist. dast darüber gar kein Wort zu verlieren ist. I chkann nur erklären, was die Negierung beschlossen bat. Aus Vorschlag deS Vorsitzenden Dr. Kahl iD. Vv) besblost der Ausschuß. die Frage des verfassungsändernden Charakters erst nach Erledigung der sachlichen Beratung dcS Gesetzes zu erörtern. 8 1 regelt die Zusammensetzung deö SonderaerichtS. Rach der Vorlage führt den Vorsitz der ReichS- I gerichtSpräsidcnt. Der Reichspräsident er nennt ans Vorschlag der Ncichsrcgicrnng den Stellvcr- i trete» deS Präsidenten, die acht weitere» Mitglieder des Gerichts und die notwendigen Stellvertreter. Vier von I den wetteren Mitgliedern und deren Stellvertreter müssen Mitglieder von ordentliche» Gerichten oder von Vermal« tungsgerichtcu deö Reiches oder der Länder sein. Abg. Dr. Noscnfcld begründet einen sozialdemokratischen Antrag, der verlangt, dast der Reichstag die Mitglieder des Gerichte- wählt. Ein Eventualantrag verlangt, dast vier Mit glieder die Fähigkeit zum Nichtcramt besitzen und die übrigen Laien sein müssen. Abg. Dr. Barth lDn.s begründet Anträge seiner Partei, die in erster Linie verlangen. Last vier Mitglieder dem Reichs gericht, die übrigen ordentlichen Obcrgerichtcn oder obersten VerwaltungSgerichtcn oder dem NeichSsinanzhos oder dem ReichSwirtschastsgcricht angchörc» müssen. In einem Even tualantrag wird verlangt, das, die Laicnmttglieder nicht Ab geordnete de- Reichstages oder der Landtage sein dürfen. Die sozialdemokratischen Anträge wurden gegen die Antragsteller bet Stimmenthaltung der Kommunisten, die d c u t s ch n a ti o n a l e n Anträge gegen die Antrag steller und den völkischen Vertreter abgelehnt. 8 1 wnrdc darauf mit 11 gegen 3 Stimmen bei 12 Stimmenthaltungen angenommen. Dagegen stimmten die Kommunisten. Die Sozialdemokraten, Deutschnationalen »wd Völkischen enthielten sich der Stimme. 8 2 behandelte die Zuständigkeit des Gerichts «ud sag«, dast das Gericht tätig wird aus Antrag eines Landes »der eines Mitgliedes eines Fürstenhauses. Abg. Dr. Noscnfcld iSoz.s beantragte Streichung der Be stimmung, dast das Gericht nur auf Antraa tätig wird. Bei Annahme dieser Bestimmung wurde das Gesetz praktische Bedeutung nur für Pre usten und K o b u r g - G o t h a haben. Ter Vorsitzende Abg. Dr. Kahl ID- Vv.s und die Abgg. v. Nichthosen lDem.i. Schulte iZ.i, Dr. Bell lZ.i, Dr. Wunder lich lD. Vp.i und Brodaus (Dem.) erklärten demgegenüber, das Gesetz würde schon eine sehr begrüstenswcrtc Wirkung haben, wenn das in ihm geschaffene materielle blecht die Fürsienfamtlicn vcranlastt. mit den Ländern aus der Grund lage dieses neuen Rechts Vergleiche abzuschltestcn. die für die Länder günstiger sind, als die bisherigen. Bei Annahme deS sozialdemokratischen Antrages müstte das Sonderaericht aber sämtliche Auseinandersetzungen nacbvrüsen. auch dictcnigen. mit denen die Landesregierungen durchaus e i n v e r st a u d e n sind. Auf Fragen der Abag- Dr. Noscnfcld iSoz.s und Brodaus iDem.s erklärte der Vertreter der thüringischen Staats- re"terung, Finanzminister v. Ülüchtzncr. bei Annahme der Re gierungsvorlage bestehe für Thüringen die Möglichkeit, das Sondcrgericht nicht nur im Falle Koburg und Gotha anzu- rusen, sondern auch in de» Fällen, wo Fürstenhäuser gegen abgeschlossene Vergleiche den Ni ch t I g k e i t S a n t r a g er hoben haben. Der sozialdemokratische Antraa wurde gegen die Stimmen der Antragsteller bei Stimmenthaltung der Kommunisten abgclehnt. Im zweiten Absatz des 82 wird bestimmt, dast eine bereits abgeschlossene Gesamtauöeinandersetzung vom Sondcrgericht nur noch einmal ansgcrollt werden darf, wenn beide Parteien das beantragen. Abg. Landsbera iSoz.s begründete einen sozialdemo kratischen Antrag, wonach zur Wiederausrollung -er Antrag des beteiligten Landes genügen soll. Auch dieser A n - trag wurde abgelehnt. 8 2 wurde mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie 81 angenommen: ebenso ohne Aussprache 8 3. der die Fristen sür die Anträge beim Sondcrgericht festsctzt. 81 besagt: Der Umfang der AnSeinandcrsctznugsmasse wird durch die Anträge der Parteien bestimmt. In die Anseinander- sctzungSmasse können jedoch VermögcnSstticke insoweit nicht ctnbczogen werden, alS sie in einem anderen Lande liegen «ud durch eine Gcsamtanseinandcrsetzung zwischen diesem anderen Lande lind dem Fürstenhaus«!, das dort regiert hat, unter de« Parteien anfgcteilt sind. Der Vertreter Thüringens bestätigte, dast die Thüringer Regierung auS diesem Absatz Schwierigkeiten bei der Auscin anLcrsetzung mit dein Herzog von Coburg befürchte. Die Frage der Schmalkaldcner Forsten werde aber davon nicht berührt. Der Vertreter Bayerns hielt Len Absatz für n o t w e n d ig, um zu verhindern. Last sür die jetzt zu Bauern gehörenden Coburger Gebiete die abgeschlossene Auseinandersetzung wieder aufgerollt wird. Auch dieser Redner betonte, dast die Schmal kaldener Forsten nicht unter die Bestinnnnng des Absatzes fallen könnten. Der sozialdemokratischeStreichantrag wurde abgelehnt und Paragraph 1 mit der gleichen Mehrheit wie die vorherigen angenommen. Prager politische Chronik. Das Parlamen! -er Groteske. — Das soziale Problem. — Dle -eulsch-lschechische Zusammenarbellr naltonaler Verrat oder nallonale Tat? lVon unserem Prager Mitarbeiter.) Prag. 22. Juni lv2g. E» ist ein sonderbares Vergnügen, dem sich die Abgeord neten des Prager Parlaments in den tctztcn Wochen htngcbcn. Indem sie untereinander Faustkämpse austragcn, sich die Köpfe einschlagen. in wilder Begeisterung ans ihren Bänken Klein, holz machen, legen sie heulend, brüllend und trompetend Zeug nis ab von der »wahrhaften Demokratie", von der sie und der Staat sa so schön erfüllt sein sollen. Grotesk ist cS, sich so «ine Sitzung des Abgeordnetenhauses am Moldaustrande an- »usehcn, — mitzuerlcben, wie hier Vorlagen angenommen werden. Wie so nach einer vicriiiidzwaiizigstündigen Sitzung der dämmernde Morgen ein wahres Trümmerfeld beleuchtet, LaS Plenum, in dem die edlen Volksvertreter sich mit blut unterlaufenen Angen heiser gebrüllt, blntlggcschlagcn. riesige Löcher in die Mintstcrbank gehauen »nd i» großartigen Keile reien zwischen „Mehrheit" »nd „Minderheit" wohltuende An regung und notwendige Befriedigung eines »nansschicbbarcn Dranges nach handgreiflicher Betätigung geinnden haben. Das ist daS Prager Parlament, ein Parlament der GroteSke in einem Staate, her das Wort von der innen- nnh anßenpoli« tischen „Konsolidierung" tagtäglich seiner Propaganda zn- grnnde legt. Währenddessen aber ballen sich ans de» Strasten und Plätzen P-agk die »nznsricdcnc» »»d nerhctzten Volks massen zu vielen Tausenden und liefern der Polizei blutige Schlachten, der Kommunismus und der tschechisch« Faschismus fischen im Trüben, und die Zukunft, die niemand sicher Vor aussagen kann, ist mit dunklen Wolken verhangen ... Uebcr Nacht gleichsam hat daS soziale Problem, haben die sozialen Gegensätze — seit Jahren zugunsten der tschechischen allnationalcn Koalition künstlich »iedrrgehaltcn — vom inner- politischen Leben des Staates Besitz ergriffen, während das nationale Problem in den Hintergrund getreten ist. sa, durch das Znsammcnsindcn deutscher und tschechischer, slowakischer und magyarischer bürgerlicher Parteien zur Unterstützung der Regierung Czerny sich auf dem Wege der Lösung befindet. Das Prager Parlament scheidet sich also seit einigen Wochen nicht mehr in die beiden Lager: hier das herrschende Volk der Tschechen snattonale Koalition, die sämtliche tschechischen Parteien umfastte) und dort die Parteien der andcrSnationalcn Völker sdic Opposition der „Minderheiten"), sondern jetzt sich« einem übernationalen tschechisch-slo- wakisch-dcntsch-magyarisch bürgerlichen Block der sozia listisch-kommunistische Block gegenüber, wobei als Kuriosum verzeichnet werden must, dast die Uevcr- brückung der nationalen Gegensätze vorderband Im bürger lichen vager möglich war, während sich die tschechischen und deutschen Sozialdemokraten trotz gemeinsamer Opposition noch immer feindlich gegenüberstchen. Ja. die Brüder von der Internationale bezeichnen sich sogar als die einzigen, die die Fahne der nationalen Zuverlässigkeit auf beide» Seiten hoch, halte», eine Situation, die sicherlich ebenso grotesk ist, wie die Tatsache, dast Malarnk und Bcnclch. denen der nationale „Aus gleich" zwischen Tschechen nnd Deutschen sehr am Herzen liegt, ausgerechnet im sozialistischen Lager stehen, und dast dieser Ausgleich sich jetzt auf einer Linie zu vollziehen scheint, die ihren Ideen völlig entgegengesetzt ist. Vor allem die T r e n- n n n g vvnKirchc n n d S i a a t ist unter dem Zeichen einer agrarisch-klerikalen Regierungsmehrheit aut absehbare Zeit aci acta gelegt worden. Ter Sokolkongretz, die größte bisher dagemcsenc altslawische Demonstration, und der dies jährige Hust-Tag — beides soll, wenn sich in den nächsten zwei Wochen nichts ändert, unter dem Protektorate einer Re gierung gefeiert werden, die sich sowohl bei den Deutschen als auch bei den Klerikalen völlig fcstgelegt hat. Wie das vor sich gehen wirb, darauf kann man wirklich gespannt sein! Noch komplizierter liegen die Verhältnisse im Hinblick aus das Austenministerportcfcuille. denn Dr. Bcncsch wurde von seiner Partei, den tschechischen Nationalsozialisten, kategorisch auf. gesvrbert, entweder ans der Negierung auszutretew oder sein Abgeordnetcnmandat niederzulcgcn. weil die Partei der Re gierung Cerny den schärfsten Kamps angelagt hat. Die für uns Interessanteste Seite der av-'^ubkicklichen innerpolitischen Situation In der Tschecho-Slvwgkci ist die Unterstützung des parlamentarischen Programms der 1 tschechische» Negierung Cerny durch die beiden große« « bürgerlichen su-clcndcutschen Parteien deS Bundes der ^ Landwirte «nd der Christlichen Nolkspartek. Diese Unterstützung wurde für die Durchdringung ber festen Agrarzölle — wie heute scststeht — ohne jede Kompen sation und ohne nationalpolitische Zugeständnisse gewährt. Nach Annahme der Agrarzölle aber haben die beiden deutsche» Parteien vor einigen Tagen auch sür die Beamten- gcsche und für die Erhöhung der Bezüge der katholischen Geistlichen gestimmt und so die Annahme dieser heistumstrit- tcnen Vorlagen im Parlament ermöglicht. AnK-"^,» haben die deutschen Parteien auch ihre Unterstützung bei der Bewilli gung neuer Stenern als Deckung für die durch die Erledigung der Beamtcngesetzc notwendigen Mehrausgaben des Staates zugesagt. Damit ist die sndctcndcutschc Politik in ein völlig neues Stadium getreten, denn mährend bei den Agrarzöllcn Immer noch — wenigstens nach allsten hin — das Argument wirtschaftlicher Notwendigkeiten von deutscher Seite angeführt werden konnte, handelt es sich jetzt »m eine reine Unterstützung tschechischer Forderungen, um eine Hilfe, die einer tschechischen Negie rung gewährt wird, und um Steuern, die dem tschechischen Staate zugute kommen, es sei denn, -aß sich der tschechische Kurs der nationalen Unterdrückung der Minderheiten, daS System der Entrechtung und Aurückdrängung auf allen Ge bieten des staatlichen Lebens grundsätzlich ändert und eine Zu sammenarbeit mit den Deutschen auch eine Beteiligung an der Negierungsmacht aus der Basss v o I l st e r G l e i ch b e r e ch ti. g u ng des sudctciideutschen Volkes von 3^ Millionen Seelen zur Folge hat. So lautet denn die Frage, die heute nicht nur die deutsche Ocsfenilichkeit in der Tschccho-Slowakei. sondern auch das Ge» samtdeutschtum bewegt: Ueben diese denischen Parteien nationalen Verrat gegen ' billige materielle Zugeständnisse an einzelne Stände, l oder haben sic von tschechischer Seite wertvolle Kon- 1 Zessionen für das sudetenbe,rische Volk erhalten, die ihre Hilfe auch nur einigermaßen auswicgcn? Tic gesamte sudeicndcutschc, aber auch die tschechische Presse erörtert heute leidenschaftlich dieses Thema, ohne irgendwelche positiven Anhaltspunkte geben z» können. Die beteiligten tschechischen und deutschen Parteien hüllen sich In tiefste- Schweigen. Hofft man auf die Zukunft, auf die tschechische An- ständigkeit, oder besitzt man bereits Versprechungen, die eine neue Periode deutsch-tschechischer Zusammenarbeit einleitend Annahme -er lschecho-slowakischen Zollvorlage. Prag, 28. Juni. Der Senat hielt gestern von 3,35 Uhr »ach. mittags bis 2,2ü Uhr früh eine Sitzung ab, in der »ach wie. derholtc » T u m u l t s z e n e n die Zollvorlage in erster und zweiter Lesung mit 71 Stimmen der Zollkoalition, dar unter der Christlichsozialcn. deutschen Agrarier und deut schen Gcivcrbepartci gegen SS Stimmen der tschecho-sowa» kischcn Sozialdemokraten, tschccko-slowakischen Sozialistische« Partei, deutschen Sozialdemokraten sowie der Kommunisten nnd Denischnatlonalcn angenommen wnrdc. Sämtliche Ab. ändernngSa n träge wurden mit demselben Stimmen- Verhältnis abgelehnt. Ein panamerikanischer Dölkerbun-7 Ncnnork, 23. Juni. Ans dem tagenden panamerikanische» Kongreß wurde durch den Vertreter Ecuadorö die Grün dung eines BnndcS der panamerikanischen Völker in Vorschlag gebracht. Der Vorschlag wurde von den Vertretern der süd- amerikain' st?» Tlaa'e» 5 ii » st i .1 a ii' g : u v m m e n.