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WWW 7t. Jahrgang. A>7 Sonnabend, 7. August 1S2S Gegründet 183b DradlanIchrM: y»r»ipr»<d»r - > SSS-41. v« Nir vactzlg^xrSch»! SO 011. D-»ugs.««bübr Dt» v»t»to«n ««»«, nach »ottniulr» Anzch-n-Pr-I,-: ^ ius>«rdold Süd Pt». Offrrt»na«dII a»r Zutt»Uu»k> >r« »rau» i.bv Work, warli ohn» Poft»uft»llu»g»a»düdr. » VI«»»t,. A> irun br»ü» ohne SchrtMettuno und »auptgckchäslsftU^ M«r<e»Itr»i» LS/4L An»» u. Dertoa von Utivi» » «*tch«r»i m Dr»»d»v. PokI!ch»<K.Aonto 1OSS 0r»»t>»». Nochhru» nur mit deutlich»» vu»ll«nnnood» .Dr^dnrr Nachr ". »ulitMa Unnertnnot» SchrilMüch« werden nich ^uwewokri. Zsi^clig-I^OtSls Lol^a^clLU Kükiigsvills-.-, tzuisissna Zs6sn diseiim.: Isrir Im s^rslsn. Zoniitsgs: 6s88»selisfis-l3sir mit OsksopLisLsiurigsr,.^. sssotlgs Hsoosisoons-Kootsn sidz 20.— vom 5cmo- «bon6 /edsns bis Lonntsg ^bsoci (slnsobl. oiiss). Voovsoicsuk: sisissböro stolin. s'c'sgso StrsSs 76, uns Luoopsiiok. Deutschland soll Frankreich sanieren. Pariser Pläne einer Frantenstützung durch die deutsche Reparationsfchuld. Seilloses Durcheinander in -er Magdeburger Untersuchung. — Starke Mißstimmung -er Parteien über Poinearös Aatisizierungspläne. Ein unmöglicher Vorschlag. Berlin. 8. Ang. Der Pariser Korrespondent der .Re« s>»rk World" berichtet, das, Pariser maßgebende Kreise die Krage auswerscn. ob es nicht angebracht sei. die von Deutsch land zu zahlende NcparationSen dsnmme genau sestznsctze« und unverzüglich von Deutschland «inzu» sorderu. DieHälste der dentschcn Eisenbahn- und Industrie» tonds mache zwei Millionen Dollar ans. Der Betrag, der Frankreich zustche. würde, falls er unverzüglich verwertet verdcn könnte, zur Wiedcrhcrstcllnng des französischen Kredits genügen. Frankreich wäre in der Lage, den Franken zu stabili siere«. falls die dentschen Bonds sofort auf de« ausländischen Märkten vctkanft würden. Durch die Besprechungen der Kmauzlcntc lei die Frage wieder in Flnß gekommen, wie in «lrn europäischen Ländern die Goldwährung wieder trrgestellt werde« könne. Das s-i, soweit Deutschlands Glän« tigcr in Betracht kämen, möallch. wenn sie sofort in die Lage »ersetzt würde«, über die Reparationen zu verfügen. Ein Plan dafür könne so schnell ansgearbeitct werben, hast die Erledigung der Lchuldsragc dadurch überholt werde« könnte. * Bom deutschen Standpunkt aus ist zu diesem Vorschlag »u sagen, daß man sich zwar vorstcllen kann, daß das von Poin. car« wieder regierte Frankreich auch wieder auf den Poin- carMen Satz zurückgreift. daß der Boche alles bezahlen muß. Die sinanztcchnischc Unmöglichkeit des Vorschlages in dieser Form dürfte wohl aber auch in Paris nicht verkannt werden. kS ist jedenfalls völlig ausgeschlossen, daß auf dem Weltkapitalmarkte für acht Milliarde« deutsche Eisenbahn- und Jndu st rte.Obligationen untergebracht werden können. Aber selbst wenn man auch nur einen geringen Bruchteil dieser Summe auflegen wollte, so würde doch der gering«, im Dawes-Plan festgelegte Berzinsungssatz von 5 Prozent derartige Pläne aussichtslos machen müssen. Der Ausgabekurs würde sich dabei so niedrig stellen müssen, daß die Dawes-Hüter wohl kaum auf eine solche Regelung eingehen könnten. Gewiß sind in letzter Zeit auch Pläne ausgetaucht, die eine beschränkte Verwertung von Obligationen zugunsten Frankreichs auf anderen schwie rigen Wegen vielleicht möglich erscheinen lassen könnten. Aus keinen Fall aber könnte dies ohne die tätige Mithilfe Deutschlands geschehest, und zweifellos haben die Besprechun gen Dr> Schachts mit dem Leiter der amerikanischen Federal eNserve Bank. Stkong, in Scheweningev auch Liese Frage berührt. Wenn schon der seit geraumer Zeit erörterte Plan, die deutschen Neparationsverpflichtungen im Interesse der Sa nierung Frankreichs zu mobilisieren, zur Debatte gestellt werden soll dann kann dies jedenfalls nicht geschehen, ohne baß Deutschland ein entscheidendes Wort mitspricht und bestimmte finanzielle und politische Bedingungen stellt für seine even tuelle Zustimmung und Mitwirkung. Der Neichsbankpräsident wird das bei seinen Besprechungen in Scheveningen und anderswo sicher unmißverständlich zu verstehen gegeben haben. Auch Amerika soll Helsen. Wall Polncarös in -er Nalisizierungssrage Paris, 6. Aug. Der Kampf PoincaröS um die Sanierung tu Staatsfinanzcn ist in eine entscheidende Phase ctngetreten. Ter Ministerpräsident hat sich, wie schon gemeldet, entschlossen, «m Parlament noch in der nächsten Woche die Ratifizierung dis Mellon - Bcrenger - Abkommens und der Londoner kchuldenabmachungen zu fordern. — Dieser Umsall Poincaros Heini, wie die „Information" berichtet, seinen Grund >» Anleihcverhandlungen mit Amerika zu haben. Diese Agentur läßt sich aus Washington kabeln, daß die amerikanische »ezierung die Gcnchmignng zu einer Anleihe an Frankreich selbst durch Private nur dann geben werde, wenn das Mellon« Verenger-Abkommen ratifiziert sei. Aber da die Ratifikation »»»mehr in Aussicht stehe, hätte man unverzüglich mit Ver tändlungen zwischen der französischen Negierung und den Aeuyorkcr Bankiers begonnen. Die Höhe der Stabtliste- nmgsanlcihc werde auf 100 bis 260 Millionen Dollar geschätzt. Tie Verzinsung werde voraussichtlich 7,6 Prozent betragen. ^ Die Pariser Presse über -en Umfall Poincarss Paris, 6. August. Die „Liberia" bezeichnet Len Um- ick Poinearös in der Frage der Schuldcnrcgcluug als voll- »dkte Tatsache und unterstreicht ihn durch die Wiedergabe sMercr Erklärungen des Ministerpräsidenten und anderer Mitglieder des Kabinetts, in denen diese sich mit aller Schärfe ^ «rgen z>i>c Ratifizierung des Abkommens ausgesprochen haben. .Toi Blatt will wissen, daß Poincarü sich vor allem durch me Unterhaltung mit dem belgischen Finanz. Minister z>u der Ansicht habe bekehren lassen, daß das Ge- Mea seines StabilisicrungSplanes znm große« Teile davon Wage, daß Frankreich vorher seine Rechnung mit Amerika Einige, da sonst von Ncnyork her eine Gegenoffensive zu mriliten sei, ähnlich wie dies Belgien erlebt habe. Auch die >«» Poincars zu Rate gezogenen französischen Sachvcr» findigen hätten sich in ähnlicher Welse geäußert und der «dirchtung Ausdruck gegeben, daß lm Falle Ser Nichtratifi- fttung eine amerikanische Pression aus den FrankcnknrS Artigen würbe, um in Paris eine neue Panik auszulö'cn 'ft den Erfolg der bisherigen Sanierungsmaßuahmcn über *» Haufen zu werfen. . Andere Blätter sind allerdings weniger bestimmt in ihren s Mulmigen. So beutet der „Tem pS" an, daß Poincard Ain der Tat seit gestern zu der UeberzeMung bekehrt habe. As die Radislkaiton der Schuldenverträg« nicht länger bin- ^geschoben werden dürfe, daß er aber mit dieser Auffassung Bkrhalb des Kabinetts aus Widerstände «e- A«I zu sein scheine. DaS Blatt glaubt, den augenblicklichen Md der Dinge dahin präzisieren zu können, daß Poincard ff linst wellen mit der Verabschiedung LeS Ratifikation»- Atze» durch Lie Kammer begnüge» ward«, und der Senat erst nach seinem Wiederzusammcntritt im Herbst damit befaßt werden soll, macht aber dazu den Vorbehalt, daß, da Po in ca re in den letzten Tagen seine Meinung sehr häufig geändert habe, man jetzt noch mit der Möglichkeit einer neuen Sinnesänderung rechnen könne. Poincarös definitive Entschlüsse dürften in erster Linie von dem Ausfall dersSon- dierung abhängcn, die er augenblicklich bei den verschiedenen Fraktionen der Kammer vornehmen läßt- Ernfle Wi-ersliin-e in -en Parteien. Poincarss Partei besonders «nznsriedcn. Paris, 6. August. Wie Havas ans den Waudelgängen der Kammer berschtet, macht sich bei fast allen Fraktionen ein Widerstand gegen die sofortige Beratung der Frage der Ratifizierung der Schuldenregeliingsabkommen mit London und Washington bemerkbar, besonders lebhaft -ei der Frak tion der Ncpublikanisch-bcmokratischcn Bereinigung, die heute nachmittag z« dieser Frage Stellung genommen hat und sich gegen die Siatifizicrnng des Abkommens Bärcnger - Mellon anssprach. Nur mit bestimmten Vorbehalten könnten die Mitglieder für die Ratifizierung stimmen. Doch hielten sie cs für wünschenswert, daß die Frage erst nach den Ferien vor das Parlament gebracht werde. Sofortige Beschluhsassung -es Minislerrals. Paris, ö. August. Entgegen den ursprünglichen Dis positionen wird der Ministe rrat bereits morgen vor mittag zusammentreten, um über die Ratifizierung der Tchuldcnabkommen mit London und Washington Beschluß zu fassen. ES besteht kein Zweifel, daß die Regierung die Ab sicht hat, die Ratifizierung der Schnldenabkommen noch vor den Parlamentsferien durch die Kammer zu erreichen. ES wird heute versichert, daß innerhalb des Kabinetts die Minister Brianb, Sarrant, Bokanowski und Tardie« voll für eine Ratifizierung auch des Washingtoner Abkommens rin- trcten. Es verlautet ferner, daß der Leiter der rcpublika- Nischen Zwischengruppe, Morineau, der die Mehrzahl der Deputierten der Kammer angehören. Polncars erklärt habe, daß die Negierung, wenn sic die Abkommen, so wie sie heute existierten, znr Ratifizierung Vorschlägen werde, ihre« Be stand brüskiere. Ein wichtiges Mitglied der Finanzkom- mtssion erklärte in den Wandelgängen, daß die Regierung in der Kommission keine Mehrheit für die Natifi. zierung finden würde. Die Negierung ließ gegenüber den pessimistischen Erklärungen in den Wandelgängen erklären, daß sie bisher die Kommission nicht davon in Kenntnis ge setzt habe, daß die Negierung ans einer Ratifikation vor den Ferien bestehe. Es wird darum für möglich gehalten, daß die Regierung im Falle des Widerstandes der Parlamen tarier sich i» letzter Stunde znm Rückzug in dieser Frage entschließt. Frankreich und die Besahungsfrage. Nur vier Wochen trennen uns noch von der für Deutsch, lands Schicksal entscheidenden Völkerbundstagung in Genf, eine kurze Spanne Zeit mit einer Fülle schwerer Ausgaben, die noch gelöst werde» müssen, wenn die deutschen Vertreter wirklich erhobenen Hauptes als Gleiche unter Gleichen tn den Völkcrbundspalast einzichen wollen. Allmählich scheint man sich auch in Berlin, der einzigen europäischen Hauptstadt, wo man sich trotz aller widrigen Zwischenfälle den Optimis- mus froher Fericniage nicht hat trüben lassen, im Hinblick auf den nahenden Termin einige Sorgen zu machen. Die diplomatischen Besprechungen, die in Paris durch den Bot. schaster v. Hocsch eingcleitet worden sind, zeigen, daß dort wieder der Reizpunkt der europäischen Lage ist. In sturer Festhaltung an Ler Patentformel von der „geradlinigen Fort, setzuirg der deutschen Außenpolitik" — ein politischer Unsinn an sich, weil die Außenpolitik nichts Unwandelbares ist, sondern sich immer den Acndcrungen -er Weltlage anpassen muß — hatte man bei uns Poincarös Sieg über Herriot und Briand offiziös mit dem beruhigenden Hinweis auf die Be. ständigkeit Nriandscher Außenpolitik begrüßt. Briand konnte sich freuen, sah er doch, daß er seinen Widerpartnern in Berlin nach der von ihm geübten Praxis immer noch allerlei bieten durfte. Mit einer Politik geheimer Zusagen und öffentlicher Abschüttlnng des Versprochenen kann er auch Potncars gegen, über eine ganze Weile auskommen. So hat er sich denn auch beeilt, in die von Berlin aus angestimmte Melodie einzu- sallen in einem für den deutschen Hausgebrauch bestimmten Interview, das er in die Wiener „Neue Freie Presse" lancierte. Die Erklärung ist so programmatisch stilisiert, daß Briands Bedürfnis, sein Herz besonders der reichsdeutschen Öffentlichkeit auszuschütten, gar nicht zu verkennen ist. Sie hat auch ihre Wirkung nicht verfehlt. Triumphierend weist unsere Locarnopresse auf die goldenen Worte des französi schen Außenministers von der „Kontinuität" seiner Politik und aus seine Ausflüchte, daß nur die unerquicklichen fran» zösischcn Mchrheitsvcrhältnisse die Begleichung der noch offenen Saldi von Locarno verhindert hätten. Aber üaS wird jetzt anders werden unter der Negierung der nationalen Einheit! Briand hat es gesagt und unsere Locarno-Gläu- bigcn beten es nach. Sie übersehen geflissentlich die hämische Fratze Poincarös. die zwischen den Zeilen hcrvorgrinst, wenn Briand alle Tatsachen der letzten Monate auf den Kopf stellt, wenn er die schändlichen Ausschreitungen seiner Truppen im Rhcinlande in aufreizende deutsche Veranstaltungen um- stempelt, wenn er. ChamberlatnS Ball aufsangend, wieder das Märchen von den deutschen Entwaffnungsrückständcn auf. wärmt — an das er selbst nicht glaubt, wie er im Nebensatz zynisch versichert. Man verschweigt der deutschen Öffentlich, kcit sogar in der halbamtlichen Fassung des W. T. B. Briands wohlberechnete Aeußerung, daß die Abmachungen von Locarno „zum großen Teil, man kann sagen zu vier Fünfteln", bereits erfüllt seien. Ein recht deutlicher Hinweis, was wir im günstigsten Fall noch zu erwarten haben, wenn man bedenkt, daß tatsächlich höchstens ein Fünftel der Locarno-Bcrsprechun- gen eingclöst worden ist — immer vorausgesetzt, daß die Räumung Kölns nach der deutschen These nicht hierher ge- hört. Was man aber bei allein Optimismus nicht übersehen und nicht verschweigen darf, das ist das vollständige Versagen der Briandschen Grundsätze in der nüchternen Wirklichkeit. Denn kaum waren diese hoffnungsvollen Worte dem Gehege seiner Zähne entschlüpft, da ergab der Besuch des deutschen Botschafters v. Hocsch und die Abweisuna aller von ihm vor- gebrachten Bfatzungsivünsche die traurige Feststellung, daß die alten Meinungsverschiedenheiten unvermindert fort» bestehen. Poincarss Pferdefuß wurde sichtbar und daneben die Tatsache, daß unter alle,» französischen Staatsmännern vielleicht kein zweiter ist, der geeigneter wäre, in einem Kabinett Poincars heute eine für Deutschland so gefährliche Politik zu treiben, wie eben Mr. Briand. Er gilt in der Welt als ein kulanter Mann, besonders kulant gegenüber Deutschland. Das ist sein großer Vorzug gerade für Poin- carö; denn ln Wirklichkeit ist Briand nur kulant tn Vcr» sprechungen, die nicht gehalten iverden. Er ist der Mann, der nichts Schriftliches gibt, aber „Rückwirkungen" in Aus sicht stellt. An Stelle dieser Rückwirkungen treten dann ge. hässige Noten und wüste Ausschreitungen im besetzten Gebiete. Diese von neuem bestätigte Erfahrung müssen wir uns endlich zur Lehre werden lassen, daß in Zukunft im diplomatischen Verkehr mit Briand nicht das gesprochene Morr, sondern einzig das Unterzeichnete und gesiegelte Dokument einen realen Wert darstellt. Wir müssen uns überhaupt frcimachen von einer Reihe von Illusionen, wenn wir in diesen vier Wochen b-t« Ernte von