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Dresdner Nachrichten : 05.03.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-03-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192703058
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270305
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270305
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-03
- Tag 1927-03-05
-
Monat
1927-03
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 05.03.1927
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Nr. 10S Sei»-» — »Dresdner Nachrichten" Sonnabend, 8. »Lr, II Loch -er AnlilSrmoereln! Dezernate sür Lärmbekämpiung. — Gegen Krach «nd Stank. — Der „Scklasmördcr" in DanteS Hölle. — Schutz für »das nährendste Gericht vo« Lisch des Lebens*. Am letzten Rosen mvntag vor dem Kriege sah man einer rheinische» Stadt i»i Zuge des Prinzen Karneval ein absonderliches Bild: Lin grober Heuwagen. dessen Räder mit den unwahrscheinlichsten Lumpen, Stroh, Gummi lappen und dergleichen verpackt waren, so dab er sich kaum fortbewegen konnte: die Hufe der Pferde schalldicht «isoliert*: auf dem Wagen eine ebenso verpackte Gesellschaft: ein Teppichklopfer mit umwickelter Waffe, ein Schmied mit einem Hammer anS Watte, ein Ambob ans ÄtzachS. eine Miniaturlokomotivr »nt Gummi reuen, ein .«lavier, das keinen Ton von sich gab. der Pianist überdies in dicken Strickhandschuhen, und alle oben drein bis über die Ohren mit verbundenen Köpfen, lieber dem Wagen flatterte eine Riesenfahne mit dem Schlachtruf Nieder mit dem Lärm! DaS Ganze war eine Peru! kn na des „AiiiilärmnercinS". den der neuerdings durch den Konflikt an der Technischen Hochschule Hannover bekanntgewordene Professor Lessing ins Leben gerufen hatte. „Wo drei Deutsche sich zusammettsinden, der gründen sie einen Verein." Schon. Trotzdem: eS wäre Zeit, diese» Anti lärmverein wieder ins Leben zu rufen, wenn er seitdem selig entschlafen sein sollte. Der öffentliche Lär,n aller Art lntt inzwischen derart zngenvnnncn. dab er zu einer furchtbaren Nervenplage der Grobstadtmenschhcit geworden ist. Ganz besonders übel sind die Leute dran, die an einer Haupt verkehrestrabe wohnen. Da donnern die Elektrischen, die AntoS, schwerste Lastwagen, die die Häuser erzittern lassen, als würden sie von einem Erdbeben geschüttelt, die Anto bnsse mit ähnlicher Wirkung, knatternde Motorräder, unauf hörliche Signale vom heueren Bellen bis zum schrillsten Dis kant, der den armen Passanten wie eine Knochensäge durch die Glieder fährt. Das ist der Lärm der Straße. Gewiß, der Mensch gewöhnt sich daran. Aber ebenso gewiß ist, daß mit der Gewöhnung der 'Schaden für feine Nerven nicht behoben nt, sondern zunächst unbemerkt weiter sricht, bis allmählich die Spannkraft, die Lebens- und Schassenesrssche nachläßt und der Punsch, kaum in der Blüte des Lebens, nur »och „ein 'Bündel Nerven" ist, ein trauriges Wrack, das im Lebenokampf rücksichtslos vo» den Gesunden überfahren wird. Man sieht, Lessings grotesk anmntenbe Antilärm-Liga entbehrte nicht eines ernsten Hintergrundes. Heute ivächst die Erkenntnis allenthalben, daß das einzige Kapital der aller meisten Menschen, die Nervenkrast, erhöhten Anspruch auf Schonung hat. In den großen Städten der Bereinigten Staaten, wo die BerkehrSflut täglich anschwillt, ferner in europäischen Hauptstädten wie London und Paris gibt eS in den Stadtbanämtern eigene Dezernate für die Lärm bekämpfung, wobei dem Straßenverkehr besondere Auf merksamkeit gewidmet wird. Man erstrebt in London. Paris und anderen Großstädten Englands und Frankreichs, das Großsteinpflaster und Kleinschlagpflaster der Straßen immer mehr durch Asphalt- und Teerbelag zu ersetzen, nicht allein weil eS billiger iß, sondern auch wegen der lärmtötenden Wirkung. Für das vielfach außerordentlich schadhafte Straßennetz der deiitichcn Städte haben wir in dem deutschen Straßenleer ein vorzügliches Mittel. Man kann mit ihm nicht nur auf schnelle Weise billige und haltbare Straßen Her stellen, sondern auch den Lärm wirksam bekämpfen, und, was für den Großstädter fast ebenso wichtig ist, den Staub binden, der ja bei windigem Wetter und vor allem in den heißen Sommermonaten den Stadtbewohnern ebenso auf die Nerven geht wie der furchtbare Krach. Früher war das Teppichklopfen, daS Klavier, dieses gute Tier, das unter den Händen des Anfängers stundenlang „hoch und tief um Hilw rief", der trainierende Posaunist, ein „Privatichnster". oder sonst irgendein „übler Zeitgenosse", wie es in den Gerichtsberichten so schön heißt, der Schrecken der An- und Mitbewohner. Sie sind cs heute noch, aber sie wirken wie ein Spitzwegbild neben einem grellfarbigen, zackigen ,Zsmns" der jüngsten Zeit. Wenn heute ein Karnevals, wagen den Anlilärmverein verspotten wollte, so müßte er Grammophon und Radio mit hinzunchmen. Wenn Dante heute seine „Hölle" schriebe, so würde er wohl auch einen Sünder besonderer Art zeichnen, nämlich den „Tchlaf- mörder", der all sein Leben lang durch nächtliche» Radio- oder Graanmophonlärm bei geöffneten Fenstern die Ruhe seiner Mitmenschen erwürgt hat. Schwer würde die Strafe sür diesen Sünder sein, Tausend Fahre lang würden ihn hunderttausend Lautsprecher nmkreischen. Wir und die letzten, di« nach der Polizei rufen, aber das kostbare Gut des Menschen, das „nährendste Gericht vom Tisch des Lbens", wie Shakespeare sagt, muß geschützt werde»: der Schlaf! Der Kampf -»lfche« Rauchern uud Nichtrauchern. In dem Kampf, den die Londoner Nichtraucher gegen die Raucher führen, droht sich ein neuer ALschnitt zu entwickeln. Die Liga der Nichtraucher bat beschlossen, ihr« Mitglieder mit einer Nadel auSzurüsten. an der f« jederzeit kenntlich sind. Durch Eingaben an die Polizei soll erreicht werden, daß die Polizisten di« Anweisung erhalten, auf Ersuchen eines Mit gliedes der Liga mit größter Energie rrnb Beschleunigung gegen Raucher im Nichtraucherabteil vorzugehen. Immer neue Wellflüge. In Casablanca trafen am Donnerstag vier Weltflieger ein. die ihre Flugexpedition unter Leitung des portugiesischen Fliegerdichters Rtajor Sarmiento VetreS auSfüHren. Das Flugzeug „ArgvS" legte »te erste 70V Kilometer lange Strecke Alberta—Casablanca in 8 Stunden 48 Minuten zurück Der Weiterflug »ach Vila OiSmervS inürdl. Senegals er- olgte Freitag früh. Die Fli«ger rechnen mit ihrer Landung gegen 4 llhr naäMiittags. Der französische Schnellkreuzer „For fatt", der im Hafen von Casablanca lag, hat Auftrag erhalt«», sofort in Se« zu gehen und Nachforschungen nach den uruguayischen Flte- gern anznstellen. Die spanische Negierung hat an alle Dienst stellen an der marokkanischen Küste und auf den Kanarischen Insein Instruktionen erlassen und ebensallS eine Anzahl von Kriegsschiffen zur Suche entsandt. Die französischen Flieger Condouret und Terrafster planen einen 4NlXX«-Kilometer-Flug rings um den Atlantischen Ozean: von Paris über Dakar, Rio de Janeiro. Buenos Aires, Panama und Neuyork nach Paris zurück, in Etappen von 4- diS k>UM Kilometer. Die beiden Flieger sind in Sao Paolo (Brasilien) eingetroffen. Vermischtes. London —Berlin ln knapp 5 Stunden. Der BcrkehrSpilvt Mac Setosh von der englischen Luft verkehrsgesellschaft Imperial Airways legte am Donnerstag die Strecke London—Berlin ohne Unterbrechung in 4-4 Stun den zurück. Das Flugzeug V 11.50 startete im Lause des Nach mittags wieder von Temvellwf nach London, fuhr aber nur bis Hannover, von wo am Freitag der Weiterflug nach England erfolgte. Dauernde Fernsprechverbindung Frankfurt a. M—Neuyork? lieber die Bersnche einer telephonische» Verständi- ugng von Franlfu.rt. gm Mgin nach Neuyork können mir nunmehr Mitteilen, daß, wie seinerzeit berichtet wurde, in der Nacht zum 2, Februar ein erster Bersnch unternommen wurde, bei dem einige Worte zur Begrüßung gewechselt wurden. Darauf erfolgte ein zweiter Bersnch am !1. Februar, der eine sehr gute Verbindung ergab. DaS Ge spräch dauerte fünf Minute» und ergab eine vollständige Ver ständigung. Diese Berbindnngcn waren nicht offiziell. ES iß nun seitens der dentschen Postvcrwaltung an England die Frage gerichtet worden, ob eine Ausdehnung der Fern sprechverbindung England—Ncnyork nach Deutschland möglich sei. Eine Antwort hieraus steht noch ans. " Preisausschreiben für Wochendud«Käufer. DaS Berliner Mcnc-Aiitt hat im Einvernehmen mit dem Bund Deutscher Architekten, Landcsbezirk Brandenburg, zur Erlangung von Entwürfe» für Wochenendhäuser einen Wett bewerb ausgeschrieben, Sellen Ergebnis auf der Ausstellung «Das Wochenend" vom 10. April bis 12. Juni d, I. ausgestellt werden soll. ES sind », a. ausgesetzt drei erste Preise zu 2000 Mark und drei zweite Preise zu lUOO Mark. Unter Wochenend haus soll in dem Wettbewerb ein Haustyp verstanden fein, der nach Umfang, Baustoffen und Ausstattung die Mitte zwischen Laube und kleinem Sommerhaus hält. Es soll einer Familie ein anspruchsloses Obdach für die Erholung am Wochenende vom Tonnabendmittag bis Moniag früh gewähren und auch für eine kurze Ferienzeit Ausenthaltsmöglichkciten bieten. Die Entwürfe müssen bis 8. April mittags eingeliesert sein. Zigeuner als Menschenfresser! Einer vor längerer Zeit bei Kascha» (Ungarn) anS- gehobenen Zigeuiierbande konnte jetzt nachgewtesen werden, daß sie im Laufe einiger Wochen zehn Mordtaten begangen und die Leichen der Ermordeten verzehrt hat. Grosze lleberschwemmungen in -er Ukraine. Charkow ist durch eine surchtkarc Ucberschwcmmuna heim- gesucht worden. Die ukrainisch« Regierung hat großzügige Maßnahme« zur Rettung der lNevölkernng und ihrer Hab, seltgkeiten getroffen. In den letzte« Tagen sind 88 Fischer in Ke« Ltromschncllc« des Dnjpr ertrunken. ** Vermählung des Herzogs vo« Anhalt. In Ballen stcdt bat am Donnerstag die Vermähluna des Herzogs Ernst Joachim von Anhalt mit der Schauspielerin Ottilie Elisabeth Strickrodt stattgefunden. Tie Ztviltranung nahm der Bürgermeister von riallenstedt vor. die kirchliche Trauung fand in der Schloßkapelle statt. DaS iungc Ehe paar hat sich im Auto nach Süden begeben. Nack der Rück kehr wird cö in Ballenstedt Wohnung nehmen, wo der Herzog seinen künstlerischen Neigungen folgen und daS dortige Theater weiterftthren wird. ** Ein Bankdirektor wegen Untreue «nd schwerer Ur kundenfälschung verurteilt. Das erweiterte Schöffengericht Berlin-Schöneberg verurteilte den früheren Reichs- ankdirektor Werner wegen Untreue und schwerer Urkundenfälschung unter Zubilligung mildernder Umstände zu sechs Monaten Gefängnis. Der VOjährtge, in zwischen anS dem Dienst der Reichsbank ansgeschiedene An geklagte war geständig, in der Zeit rvn 1910 bis 1021 das 200 MO Mark betragende Vermögen seines Neffen, das er als Vormund zu verwalten batte, angegriffen und schließlich infolge unglücklicher Spekulationen bis ans den letzten Pfennig verloren zu baben. Sechs Studenten ans dem Wannsee gerettet. Donners tag nachmittag zwischen 2 und 8 Mir kenterte in der Höbe von Lindwerdcr auf der Havel ein mit sechs Studenten der Technische» Hochschule besetztes Boot, das dies« von Wann- ee nach PichclSwerder bringen wollten. Auf ibre Hilferufe Uten mcbrere Fischerboote berbei, »nd eS gelang, alle sechs N'-'-n zu retten. Die jungen Leute, die dem Akademischen Ruderklub „Normnnnia" angcbören, befanden sich rolle zebn Minuten im eiskalten Waller und waren nach der Rettung vollkommen erstarrt. ** Schweres Unglück durch einen betrunkene« Chanfsenr. Bei einer Fahrt in einer Autodroschke erlitt die Berliner Tänzerin Ellen Stavrtdes mit ihrer Freundin einen Unfall. er Elmnsfeur, der betrunken war, fuhr in rasender Fahrt gegen eine Verkehrsinsel. Durch den Anprall sausten die Insassinnen niit ihren Köpfen durch die vordere Glasscheibe des Kraftwagens und erlitten schwere Schnittwunden im Gr acht und an den Händen. ** Die verschmähte Emilie Binde gestorben. Die 84jährige Emilie Binde, die, wie gemeldet, am Donnerstag auf den Direktor Gran im Treptower Park ein Attentat verübte, weil er sic nicht heiraten wollte, und dann auf sich selbst einen Schuß nbgab, ist ihren schweren Verletzungen erlegen. Direk tor Grau und der ebenfalls durch Nevolverschüsie schwer verletzte Chauffeur befinden sich auf dem Wege der Besserung. ** Ranbiibersall ans eine Tänzerin. Am Donnerstag abend wurde auf die Berliner Tänzerin Maria Solweng, die Partnerin Ernst Metrans und Schwester der Katta Sterna, in der Dorothecnstraße in Berlin ein Raubüberfall verübt. Als die Tänzerin das Bureau ihres Agenten aufsuchen wollte, sprang auf der Treppe plötzlich ein junger Bursche auf sie zu, würgte sie und entriß ihr einen kleinen Handkoffer. Dann ergriff er die Flucht. In der Nähe -er Linden konnte er festgenommen werden. Er wurde auf dem Polizei präsidium als ein schon lange gesuchter Straßenränder entlarvt. ** Gräßlicher Selbstmord eines Studenten in Götti«gen. Am Mittwoch nachmittag bestieg der 18 jährige Student Vogelaiiii mit mehreren Kommilitonen den 82 Meter hohen Turm der Göttinger Jvhanniökirche. Während seine Freunde bald wieder den Turm verließen und ihm znriefen, er möge doch auch herunterkommen, setzte er sich auf die Turm- brllstiliig. rauchte noch eine Zigarette und stürzte sich danach von dem Turme auf daS Straßenpslaster, wo er zerschmettert liegen blieb. ** Tragische Folgen der Grippe. In LabcS in Pommern machte die an schwerer Kopfgrippe erkrankte Frau des Pfar» rers Schliep iin Zustande geistiger Umnachtung ihrem Leben durch Gift ein Ende. ** Meuterei in einem Gefängnis in Lndwigshasen. Im Amtsgcrichtsgesängiils in Ludwigshafen meuterten zwei in Un tersuchungshaft befindliche Diebe. Sie zertrümmerten die Zellen und das Mobiliar, griffen die Aufseher an und ver- suchten auszilbrcchen. Nach kurzem Kampf wurden sie vom Aufsichtspersoiicil überwältigt. ** Erfolgreiche Erdölbohrungen im Kreise Harburg. Die bei dem Dorfe Sottdorf (Kreis Harburg) vorgenommenen Bohrungen auf Erdöl haben in einer weiteren Tiefe großen Erfolg gehabt. Man ist auf eine stärkere Erdölschicht gestoßen. Das gesamte Svttdorfer Gebiet soll jetzt durch weitere Boh rungen erschlossen werden. ** Der weiße Tod. Wie aus Grenoble gemeldet wird, ist eine vier Mann starke Militärsktpatronille von einer Schneelawine überrascht »nd verschüttet worden. Drei Mann konnten gerettet werden, der vierte wird noch vermißt. Nur ein Tier! In einer Berliner Zeitung laS ich folgendes traurige Vorkommnis, das eigentlich alle Menschen lesen sollten: Eine Frau fand beim Holzlesen tief im Walde in der Gegend von Werder a. H. bet grimmiger Kälte an einer voll ständig entlegenen Stelle ein«n großen Hund zugeschneit am Boden liegen. DaS Tier winselte ganz leise, als es in seiner tagclangcn, furchtbaren Einsamkeit endlich eines Menschen Schritt vernahm. Während die Frau den Schnee von dem armen Tier entfernte, drückte dieses seine Zunge an dt« warme Hand d«r Holzleserin. Da gewahrte die Frau zu ihrem Schrecken, daß der Hund mit einer Kette an einen Siaiim gefesselt war. Der Anblick war so grauenhaft, dab der Frau die Tränen hernnterstiirztcn. DaS Tier war zum Skelett abgcmagert, vollständig steif, die Beine trugen es irtcht mehr. In feiner Verzweiflung hatte das Tier versucht, die Kette zu durchbeißen. Sein Maul war ganz blutig. Die Frau wollt« das große Tter auf den Arm nahmen, -och sie »er- mochte es nicht. Go zog Ne ihre Schürz« au» und scho- M« dem Aermsten unter. Au essen hatte sie leider gar nicht» mehr «n -er Tasche. Dann eilte sie davon, um HUf« M Holen. Und während sie sich im Gehen noch einmal umschaut«. drehte das Tier mit seiner letzt«» Kraft den Kopf nach der sich ent- fernenden Frau und stieß einen grauenvolle» Laut au-. Her der Frau da» Blut in den Adern erstarren machte. Gte rannte wie von Furie« gesagt und traf nach et«er Halb«, Stunde «inen Förster, der sofort mit znrücketlte. von weitem schon sahen sie da» arm« Geschöpf im Schn«« liegen, dt« Augen starr auf die Stell« gerichtet, wo e» dt« Frau — di« einzige Menschenseele seit langen, qualvollen Tagen und Nächte« — verschwinden sah. Nun waren sie bei ihm. Der Aermste war — tot. Die letzte furchtbarste Enttäuschung: — ein Mensch kommt und verläßt ihn wieder — hatte ihm da- Her» ge- brachen. In diesem traurigsten Gedanken verschied da» Tie». Eine Tragödie, die zum Himmel schreit. Und nun nimm du dir, Mensch, ein paar Minuten Zeit und denke das alles einmal durch. Und sage nicht schon wieder: Wie ist eS uns denn im Felde ergangen! Weich maßlose Grausamkeit gehört dazu, ein Lebewesen, da» dt« Hand, di« eS schlug, noch leckte, — daS mit dem Schwänze wedelte, wrnn es der „Herr" mit dem Fuße trat, zu solch qualvollem Tod zu verdammen. Man stell« sich daS mir vor: Der ,^err" kettet seinen Hund an einen Baum im «nt- legensten Walde und entfernt sich. Das Tter zieht sich fast den Hals z>u, bellt, heult, winselt. Und der ,^dle" Mensch mit seiner Seele, um deren Heil man so besorgt ist. geht heim, hockt sich in seine warme Stube und füllt sich den Magen, während der treue Hund wett drausten bet der Kälte tm Schnee von einem Bein auf das andere trippelt. Mel« Stunden verrinnen. Wie weh tut die Kälte, wenn noch der Hunger hinzukommt. Und in qualvoller Still« liegt da» Tter mehrere Tag« und Nächte, bis es die Kräfte längs«« »er. lassen. Und dann kommt das Entsetzlichste: ES kommt vtn Mensch. Endlich Hilfe. Doch der Mensch geht wieder fort und läßt ihn wieder allein — ohne ihm einen Bissen geretcht zu haben — in seiner qualvollen, eisigen Einsamkeit. Kannst du dir, Mensch, porstellen, wa» in diesem ärmsten Geschöpf vorglng, als «S der Frau nachsah. bis diese zwischen den Bäumen verschwunden war? Kannst du den furchtbaren Laut verstehen, den das Tier in seiner letzten Verzweiflung auSstteß? Kannst du das? Dann tu'S. Ach. hätte ich dem Acrmsten einmal wenigsten» noch «tuen Schluck warme Milch geben können! Hätte ich ihn doch zu meinem warmen Ofen tragen köirnen, bevor ihm da» Auge brach. Und wenn du so darunter leidest wie ich. dann wirft ein Tterschützer werden, wie ich es bin. Du wirst mitkämpseir an unserer Seite. Kämpfen für die stumme Kreatur, dt« ge rade so gut eine Existenzberechtigung im Weltganzen hat, wie der Mensch. Und «S gibt viel zu kämpfen, ach. so viel. Hermann Kunze (Mannheim). SchneebaN und Fensterscheibe. Von Dr. Georg Lomer. lDer Verfasser, nrsprttnqllch Arzt, betätigt sich fett Jahren at« okkultisttscher Schriftsteller.) Wenn man in einem fünfzigjährigen erfahrungsreichen Leben die Anschauung gewonnen hat, daß unser ganzes, cheinbar so nüchternes und banales Leben auf okkultem Grunde ruht, und daß es «ur richtig ./sehen" lerne« heißt, um sich davon all« Tage praktisch zu überzeugen, fo fällt es 'chwcr, aus der Fülle der Erlebnisse einige wenige Hen»»S- zugreiftn. Was ich berichten will, sind zwei typische Fälle von Tode Sa »Meldung, die — als an der Grenze von .Hier" und „Dort" stehend — immerhin den Wert des Selb sie r lobten besitzen. Ich hatte vor jetzt zehn Jahren ein« ausgezeichnete Praxis in dem kleinen Badeorte S. bet Lübeck. In der benachbarttn Stadt wohnie mein alter Vater mit seiner erheblich jüngeren Frau; er hatte vor drei Jahren zum zweiten Male geheiratet, war zwar hochbctagt (73 Jahre alt), doch vollkommen rüstig und berufSfrcirdig. Niemand, am wenigsten wohl er selber, dacht« an ein baldiges Ableben. Am Abend des ist. Februar befand ich mich a»s Praxi» unterwegs, Hatte gerade die Runde durch verschied«»« Famt- lten gemacht und zuletzt — e» ivar mittlerweile 9 Uhr ge- worden — eine in den letzten Zügen liegende Kranke besucht. Gl« wohnt« in einem Häuschen in einer Villenstrahe. Als ich anS dem Hause trat, lag die ganze Straß« tief verschneit im Mondlicht vor mir. Es herrschte absolute Stille» keine Menscheiifcele war vor den gut übersehbaren Villen zu er- blicken. Da — ich horchte ans — wer warf da eben einen Schneeball an eine der benachbarten Fensterscheiben? Klar und uinwrkennbar hatte ich das wohlbekannte Geräusch ge hört. Ich sah mich nochmals um. ohne jemand zu entdecken, und «in sonderbares Gefühl überfiel mich . .. Uebcrslülsig, zu sagen, daß von dem gehörten Schneeball- ivurf auch nicht die Spur an den Fenstern zu sehen war. Die ÜSahrnehmniig war zweifellos rein subjektiv. Am »ächstcn Morgen aber erhielt ich die Nachricht, daß mein Vater am Vorabend genau um S Uhr urplötzlich an einem Herzschläge per schiede n war. — Ter zweite Fall ereignete sich im vorigen Jahre, beim Tode eines yon mir sehr geschätzten Oheims, der — äußerlich in großer Sselluizg — sozusagen das Haupt meiner mütter lichen Familie war. Seit Jahr und Tag war er krank und der Gedanke, daß der etwa Siebzigjährige nicht mehr aus- kommen würde, lag allerdings nahe. Da sich Wasser tn den Beinen gebildet hatte und das Herz mangelhaft arbeitete, kamen kritische Monate und eS wurde sozusagen täglich mit einer »kitten Verschlimmerung gerechnet. Da geschah eines Tages das Merkwürdige: in unserem Schlafzimmer -«»brach plötzlich ohne erkennbaren Anlaß die mittlere Fensterscheibe, I« zersprang in der-bekannten sternförmigen Art, wie es bei Gowaltein-ivirkiiiig von außen oder innen zu geschehen pfleg!. Ein paar Tage daraus erhielten wir die Nachricht, daß in der Heimatstadt jener Oheim zu genau derselben Stunde verstorben war. Daß beide Ereignisse, Todesfall und Zerbrechen der Scheib«, In innerem Zusammenhang stehen, liegt für den Kenner, der solche Fälle sammelt und studiert, auf der Hand. Sie stehen auf gleicher Stufe wie etwa das Herabfallen von Bildern und dergleichen mehr bet Todesfällen. Damit ist natürlich noch keine Erklärung gegeben. Sie kann nur durch ystematisches Zusammentragen ähnlicher Vorkommnisse - vielleicht — einmal gefunden werden. DaS wesentliche Moment -es letzten Falles liegt ja zweifellos darin, daß es sich hier um «inen objektiven Vorgang handelt. Jedenfalls inus, die seltsame Gleichzeitig keit beider Ereignisse, -er physikalischen und der psycho physischen, zu denken geben. ES darf dabei wohl auch an den alten Volksbrauch erinnert werde», bei Stcrbefälfen das Fenster zu öffnen, „damit die Seele leichter hinausfiiide". Man lächelt gern etwas voreilig über dergleichen. Dennoch entbehrt der Brauch nicht eines tieferen Sinnes. In dcc Symbolsprache — so -. B. auch im Traume — gilt die Woh nung als Gleichnis für den Körper: wie der Mensch in der Wohnung, so wohnt die Seele im Körper. Verläßt nun die Seele den Leib, so drückt sich das symbolisch durch Borkomm nisse wie die oben geschilderten oder auf ähnliche Weise aus. Die Sprache der Dinge um nnS herum bekommt durch diese Auffassung ein ganz neues, weit tieferes Gepräge. Wir tasten all« ap -er Oberfläche, wen« wir hinter dem Alltäglichen nichts weiter suchen, als eben das Alltägliche. Es bedarf nur einer Verschärfung oder Umstellung unseres Blicke», nm hinter dem Schleier des „Gewöhnlichen" seinen eigentlichen Sinn zu finden: das Ungewöhnliche. Wie sagte schon Nietzsche, der Apostel der neuen Menschentyps: ,-Dte Welt ist tief, — und tiefer als der Dag gedacht!"
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