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mit Fingern in der Größe von Saamengurken und nimmt den Industriellen in die Knetmaschine. Nur durch Herzuspringen des Lehrburschen mit einem zufällig bei sich habenden Thaler, wird der Musculöse von jenseit des Wendekreises auf bessere Gedanken gebracht und der zwischen Europa und Afrika ge störte Friede wieder hergestellt. — Wie sich erfahrene Geschäftsleute aus Verlegenheiten zu ziehen wissen, hat kürzlich ein bekannter Häuserspekulant be wiesen. Dieser verkaufte an einen, von außerhalb hierher ge zogenen Rentier ein ihm gehöriges, noch neues Haus und schloß über das Geschäft den erforderlichen notariellen Kontrakt ab. Wenige Tage nach diesem Akt, als die Berichtigung des Be sitztitels stattfinden sollte, wurde dem Verkäufer ein zweiter Liebhaber seines Grundstücks zugewiesen, der in seinem Gebot den ersten Käufer um 3000 Thaler überstieg. Der gewandte Spekulant hatte keine Lust, den schönen Profit fahren zu lassen, und wußte sich auch bald zu helfen. Am nächsten Tage erhielt der fremde Rentier eine Einladung zum Diner, und fand dort eine kleine, größtentheils aus Geschäftsgenossen des Wirthes be stehende Gesellschaft. Man setzt sich zur Tafel, aber Plötzlich ist das ganze Zimmer mit dichtem Rauch erfüllt, der stoßweise aus dem Kamin dringt. „Sehr "fatal," entschuldigte sich der Gastgeber — „aber diese Kamine haben ihre Tücken, wir müssen uns nach dem anderen Zimmer begeben " Im andern Zimmer dieselbe Geschichte und so fort. „Um Gotteswillen!" schreit der entsetzte Käufer — „das Haus behalte ich nicht, auf keinen Fall!" „„Aber der Kontrakt ist doch schon abgemacht!"" „Ganz gleich — ich trete zurück!" „„Aber die Kosten — "" „Will ich bezahlen, aber das Haus nehme ich nicht!" Der Ver käufer macht anscheinend Schwierigkeiten, läßt sich aber von seinen Freunden zureden, und der Kauf wird rückgängig zur großen Freude des Rentiers und zur noch größeren des bis herigen Besitzers, der es am nächsten Tage mit den erhofften dreitausend Thalern Gewinn andetweit verkauft. — Lieber Vetter in der Provinz! Alle Welt spricht heute von den neuen Uniformen und ich schreibe Dir davon, damit Du unterrichtet bist, denn von Morgen an werden sie schon an- gezoqen, nämlich bei feierlichen Gelegenheiten und auf Schloß dienst, so daß man sie täglich sehen kann. Die Infanterie be kommt auch blaue Waffenröcke und die Cavallerie Heftel und einen Besatz von Borde, so daß sie ganz altdeutsch aussteht, denn sie hat schwedische Aufschläge, ungarisches Sattelzeug, fran zösische Helme und meklenburgische Pferde, die man auch in un garische verwandeln will, weil das bester sein soll. Die deut sche Cavglerie hat nämlich früher Hüte getragen, wie auch das ganze Militär, und erst durch den Rheinbund sind die Helme Mode geworden; denn nach der Schlacht von Friedland hätten die sächsischen Kürassiere Hüte, bei der Erstürmung der Boro- dino-Schanzen aber Helme gehabt. Kürassiere giebt es freilich nicht mehr, was sehr schade ist, da die Kürasse alle noch da sein sollen. Auch hätte man die Cavallerie wieder mit rothen Uniforms versehen wollen, weil die rothen Dragoner sehr be rühmt gewesen wären, besonders das Regiment mit den Stutz schwänzen, was damals Prinz Clemens geheißen hätte; aber auch Graf Brühl's Dragoner hätten bei Zehren (1745) und bei Kolli» (1757) sich glänzend bewährt. Nun nannten sie die Husaren, denn diese wären erst weiß, und nachher blau uniformirt gewesen; die Kürassiere in früheren Zeiten paille und später weiß, und auch die Husaren hätten am Rheine, in Oesterreich und in Rußland der Heldenthaten viele verrich tet, so daß es am Ende gleich wäre, ob die Uniform weiß, gelb, roth oder blau. Nun trat Einer hin und sagte: blau wäre die Farbe der Beständigkeit, und weil sie eben unter allen Verhältnissen sich bewährt hätten, wären sie nun alle blau uniformirt worden, was aber ein Artillerist sehr übel nahm, indem er sagte, seitdem es überhaupt in Sachsen Artillerie gäbe, gingen sie grün, Mit rothen Kragen, und wenn sie früher ein mal gelbe Beinkleider getragen hätte, so würde das nicht ver schlagen; sie wüßten sich eben so viel auf ihre Bravour wie andere, und er brauchte gar nicht an die Schlacht von P«uM zu erinNttn, wo ber'KaiserNapvleött, det das Krkgführen wiß aus dem Fun-amE'Verstanden hätte« vor der Bätterie Provsthain sein Hütchen tief gesenkt Hab«, wie vor den KS- rasfiren bei Friedland. Da meinte aber ein Anderer, da» Gouvernement hätte die älteste Uniform, denn es ginge bei» nahe ganz genau wie vor hundert Jahren. Nun ergingen sie sich hin her, was es für Nutzen habe, wenn sich so wenig än dere als möglich, nämlich beim Militär, aber recht viel Avan cements wären u. s. w. — Der zeitherige Advokat und Notar Christian Friedrich Finger aus Zittau ist in Folge der Wider ihn wegen Unter schlagung, Fälschung und Erpressung vor dem Gerichtsamte im Bezirksgerichte Zittau anhängig gewesenen Untersuchung seines Amtes als Advokat und Notar entsetzt worden. — Der Chemnitzer Anzeiger, welcher zeither wöchentlich zweimal erschien, wird sich von Neujahr an, in eine wöchentlich sechs mal erscheinende Chemnitzer Zeitung umwandekn. — Angekündigte Gerichtsverhandlung: Heute den 11. d. M. Vormittags 9 Uhr Hauptverhandlung Wider Amande Nanny verehel. Kaiser, verw. gewes Laube geb. Hein- siuS aus Pirna wegen Diebstahl, Betrug Ed Unterschlagung. Vorsitzender: Gerichtsrath Glöckner. LageSgeschlchte. Paris, den 8. Dezember. Die gestrige Eröffnung des Boulevards du Prince Eugene ist glücklich und ohne ein jedes besondere Ereigniß von statten gegangen. Dem Kaiser voran ritt eine starke Abtheilung Hundertgarden. Ihnen folgte der Kaiser, zu seiner Rechten den Prinzen Napoleon, hinter ihnen die Marschälle, eine große Anzahl von Generälen und anderen Offiizieren; dann kam wieder eine starke Abtheilung Hundert garden, gefolgt von einer Schwadron des Garde-Guidenregiments zu Pferde. Dieses ritt unmittelbar vor dem Wagen der Kaiserin, die sich in Gesellschaft der Prinzessin Clotilde in einem Zwei spänner befand; in einem zweiten Wagen befanden sich die Prinzessinnen Murat und Mathilde, und in einem dritten meh rere Hofdamen. Die Kammerherren der Kaiserin unh der Prinzessinnen sprengten zu beiden Seiten der Wagen Der kaiserliche Zug bewegte sich in kurzem Galopp übet die Boule vards Der Kaiser sah sehr ruhig, doch etwas ernst aus. Der Ruf: es lebe der Kaiser! erklang vielfach. — Die Kaiserin, welche einen weißen Hut und einen goldgewirkten Mantel trug, wurde, und dieses besonders im Faubourg St. Antoine, mit großer Sympathie und vielen Vive's empfangen. Sie schien die Heldin des Tages zu sein. Die Kaiserin und die Prin zessinnen fuhren in geschlossenen, nicht in offenen Wagen, wie es Anfangs bestimmt war. Der kaiserliche Prinz war gar nicht anwesend. Einige Minuten nach zwei Uhr kam der Kaiser aüf der Place du Träe an, wo er auf's feierlichste empfangen wurde. Der Seine-Präfekt richtete zuerst das Wort an ihn. Er ent warf ein Bild von der Umgestaltung von Paris, indem er auf ihren Nutzen und auf die Elemente des Wohlseins und der Größe, die sich für die Hauptstadt Frankreichs entfalte, hinwi.es- Nach ihm ergriff der Senator Dumas im Namen des Gemeinde- rathes das Wort. Er stattete dem Kaiser den Dank der Stadt Paris ab für seine hohe und kräftige Initiative, die überall Leben und Thatkrast in einer Zeit hervorgerufen habe, welche die größten Dinge entstehen sehe. Der Ansprache des Kaisers folgten die lebhaftesten Rufe: „ES lebe der Kaiser!" "über auch: „Es lebe die Kaiserin!" Der Kaiser verlieh sodann mehrere Orden. Sämmtliche Minister in großer Uniform uchgaben den Kaiser. Die Cermonie auf der Place du Träne däüerte unge fähr 25 Minuten, worauf sich der kaiserliche Zug auf demselben Wege, den er gekommen, nach den Tuiüerien zurück begab. Dresden- Weihnachten. Lorale Rttlamen'Novellette von vr. W. Wefierfort. (Fortsetzung.) In diese Gedanken versunken, war der Betrübte bis an den Altmarkt und Seestraße gelangt. Er blieb eine Weile an den Schaüläden der Büch- und Kunsthandlungen von Arnold