Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 23.09.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060923011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906092301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906092301
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-09
- Tag 1906-09-23
-
Monat
1906-09
-
Jahr
1906
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 23.09.1906
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
>«»p»»«»tiche »raut,„lassen. Bon den vielen lausend Mn und Äblltnarn, die bet Eintritt der Verficht« h aus Unkenntnis oder Glrtchgrilltgkeit den Arbeit«- baden »usühren lassen, kommen immer mehr zu der —1 di« treten Hilf-knssen von Beruf-genossen mit voller Mit im Deutschen Reiche doch die aretanetsle und vol le Versicherungsaklegenheit fltr junge »aufteute sind. In fmSnnlschen Krankenkassen, dl« allerorten vom Vcrsiche- nuraSzwnnge besreten, bleiben ihnen die einmal «nvorbrnen Mtt- gliedsretdte ungeschmälert erhalten, wenn sie mit der Stellung zugleich den Ort wechseln, und bet einigen derarttgeir Kranken» lasse» ist »„gleich daraus Bedacht genommen, daß sie sich ihrer sonstigen Lebenshaltung entsprechend gegen die durch ernste Krank heiten bervorgrrufrnrn wirtschaftlichen Schädigungen angrmrssener versichern können. DaS ist besonder« deshalb wichtig, weil nach de« Jahresberichten der größten kaufmännischen Krankenkasse, das ist dir Kranken- und LegräbniSkasse de« Verbände» Deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig, mehr als der achte Teil der mit Erwerbsunfähigkeit verbundenen Krankheiten länger als 6 Wochen dauern, und durchschnittlich sind alljährlich ein Viertel der Kassen« Mitglieder erwerbsunfähig'krank gewesen. E» kann somit nicht wundritrebmen. daß der «segen einer geordneten Krankenversiche rung auch im KausmannSstande immer mehr gewürdigt wird, in dem die Angestellten bet Stellenwechirt es vorziehen, sich einer kaufmännisch«» Krank«,»a,se anzuschlleßen oder aber von der all- jäh'lich einmal sich bietenden Gelegenheit Gebrauch zu mache», au» den OUSkrankenkassen auszutretrn. Da- ist aber nur möglich. ortträge bei der genannten Kasse meist niedriger, wie in de» Arbetterkrankenkassen, so daß auch die Arbeitgeber einen Vorteil davon haben, wenn sie dir Kassenveilräge »anz oder teilweise für ihr« Angestellten bezahlen, waS erfreulicherweise immer mehr ge schieht. Bei der Krankenkasse de- Leipziger Verbandes betrug der Mitgliedelluaang im letzten Jahre allein 5671 und von hervor ragenden Kassenleistungen sind Krankengeidzahlungen von 1820 Mk. für einzelne Erkrankungsfälle. sowie 460.29 Mt. für Arzthvnorar, Arznei und Heilmittel einer 86tägigen Behandlung bemerkenswert; in 32 Fällen wurden Begräbnisgelder von 300 Mk. und 240 Mk. bezahlt. Die Mitglieder der Kranken- und Begräbniskasse des Verbände» Deutscher Handlungsgehilfen zu Leipzig verteilen sich auf fast 2900 Orte und die Auszahlungen fürKlaukenlinterstützung, sowie BegräbniSgelder seit dem Bestehen der Kasse haben 7 Mill. Mk. bereits übelchrrttten. «-. In der Bez-irksschule aus der Sedansiraße. wo sich be- kanntlrch auch das Schul-museum des Sächsischen Lehrervcreins desindet, wurde gelslern nachmittag «ine schuihhqicnische Aus steller«« crUfnet. Manche Aüsstellu-irgAgegensiande — es i.st lediglich die Hygiene des Sehens dargesiellt — sind berertS von der AuÄstellung des schulhygienijchen Kongreises im Juni her bekannt. Die Ausstellung besteht aus zwei Abteilungen, deren eine Darstellungen des Sehens, der Seh fehler, der mannmalkigen Ersahrunßen und Forschungen aus «rugerchygienischem Gebiete enthält, während die zweite die An- Wendung drcher Forschungen und Erfahrungen auf die Schule geigt. An der ersten Abteilung werden an Modellen und Ab bildungen vorpesührt: die Anatomie des Auges, Apparate zur Untersuchung der Lichtbrechung, Akkomodation des Auges, Ver größrrunaund Abnahme der Sehkraft ssogenanitte Aiterssichiig reit), die Muskeltätigkeit des Auges, alles interessante, fein aus- zosulyrte Darstellungen, die größtenteils Eigcnlum des Schui- muf-eums sind. Interessanter noch ist das dem Kapitel der Sehstörungen gewidmet« Material, namentlich die Taseln, welche die Verbreitung der Kurzsichtigkeit und die Statistin ihrer Ursachen zeigen. Die Kurzsichtigkeit steigert sich bekannt- sich mit der Zunahme der geistigen Arbeit. Ein Vergleich zeigt zum Beispiel, daß Deutschland die wenigsten Turnstunden im Verhältnis zur sonstigen Schularbeit, dapür auch die »leisten Kurzsichtigen unter seinen Schülern hat. Im Deuischland kommen auf 30000 sonstige 650 Turnstunden, in Frankreich ist daS Verhältnis 1300 : 19 000, in England 4500 : 16 500. Auch steigert sich der Prozentsatz der Augenleidenden mit der Art der Schul« und der BeschMigunqsart der einzelnen Berufs. Sassen. Steigerung der Kurzsichtigkeit läßt auch die Seh- scharfe abnedmen. Wie auch falsch sitzende Klemmer und Brillen dom Auge schaden können, beweist eine Tafel der Firma Rosen- Müller, hier. Tafeln zur Ermittlung der Sehschärfe nach Prof. Kohn-BreSlcm, zur Erziehung des Farbensinns und Er mittlung der Farbenblindheit und des Schielens. Beleuchtungs- Prüfungen aller Art in Sch-ulzim-mern und mit verschiedenen Beleuchtungskörpern, alles das bat — übrigens durch die damals oon der Technischen Hochschule zur Verfügung gestellten Darstellungen noch weit ergiebiger und ausführlicher — bereits die schulhygienische Ausstellung im Juni gebracht. Das Gleiche gilt in der Hauptsache von der zweiten Abteilung, die Ae Anwendung der fchuWigie irischen Erfahrungen im Unler- richt, also an den Lehrmitteln und im Schulhausbau vor Augen führt. Interessant war ferner noch ein dänisches Werk über den Dorf» und DoEchulhausbau. das ähnlich wie das bekannte Kuhnsche Werk ./Der Dorfbau" nur topographisch nickst so elegant ausgestaltet ist. Die Zusammenstellung der Gegenstände und di« Auswahl der oft sehr charckkteristifchen Darstellungen ist Herren des Dresdner Lehrervereins zu verdanken, die sich damit <in erhebliches Verdienst aus diesem Gebiete erworben hoben. — Di« TV. Hauptversammlung des Vereins Säch - ssscherRealschn Hehrer wird Ende dieser Woche in Dresden abaehnlten werden. Die BereinSaiiaelegenhelten werde» in der Geichästsverlamniliing. Freitag, den 28. dieses MonatS, abends >,d8 Uhr. im Weißen Saale der „Drei Raben", wissenschaftliche und pädagogische Frage» in de» AbteilunaSsitzimgeil Sonnabend, den M. diese» MonatS. vormittags von 8 bis 11 Uhr, in den Räumen der II. Realschule erörtert werden. In der sich daran anlchließenden Jestversammlung, die mittags 12 Uhr in der Aula derselben Anstalt stattsinden soll, wird Herr Direktor Prof. Dr. Kaller über den Ausbau der sächsischen Realschule zur Ober- realschnle sprechen. — Der die Stallhofwand an der Augustusstraße schmückende „Fürsterrzug" ist nunmehr beseitigt worden. In fünfjähriger mühevoller Arbeit würbe dieses prächtige Wandgemälde in Sgraffitomanier seinerzeit von Professor W. A. Walther ge schallen und am 21. Juli 1876 übergeben. Vor einigen Tagen ist der letzte, an das Jagdtor angrenzende Teil, der in einer Volksgruppe u. a. die Porträtsiguren von Ludwig Richter, Hähne! und Schilling, des Künstlers selbst, sowie der octeiligten Arbeiter zeigte, verschwunden. Danut sollen für dieses Jahr die Arbeite» zum Abschluß kommen. Die kahle, mit rauhem Zementputz versehene Wand wirkt in dem jetzigen, aber vor übergehenden Zustande ztvar recht nüchtern, weil sich das Volks empfinden an die kunstvolle Ausschmückung gewöhnt hat und deren Fehlen daher ausfällt. J-m Interesse der größeren Halt barkeit deS auf Porzellansliesen von der Königlichen Porzellan Manufaktur zu Meißen heraestellten Gemäldes will man jedoch an zuständiger Seite mit dem Anbringcn der Fliesen erst im nächsten Frühjahre beginnen. Während der Winterperiode soll die neu geputzte Wandsläche völlig erhärten und beobachtet werden, um auf diese Weise die beste Gewähr für eine solide und dauerhafte Ausführung zu haben. Bei der Ausführung der Porzellanfliesen ist übrigens von der Porzellanmanusaktur sowohl die Zeichnung wie die Farbe des alten Gemäldes völlig beibehalten worden. Von der Porzellanmanufaktur sollen auch die Befestigungsarbeiten der Fliesen an der Wand im nächsten Frühjahre unter Oberleitung des Königlichen Landbauamtcs Dresden II ausgcsnhrt werden. Gleichzeitig mit der Neu- berstellung des Kunstwerkes ist sodann auch eine Auffrischung deS gegen 5 Meter hohen Sandsteinsockels geplant, so daß im nächsten Jahre die gesamte Wandfläche in neuer Schönheit erstehen wird. — Am 1. Oktober vollenden sich 50 Jahre, daß der in weiteren Kreisen wohlbekannte Eisenbahn- und Tiesbauunter- nehmer Gustav Hildsberq, hier, Dornblüthstraße 42, beim Eisenbahnbau beschäftigt ist. — Die am 15. Axgnst in Bärenburg verstorbene Frau Anna Auanste Prölß geborene Haßlauer bat die Kludrrbewahranstalt in Loschwitz in ihrem Testament mit einem Vermächtnis von 3000 Mark bedacht. — Die Frau Prinzessin von Schön aich-Carolatb be wirkte im Damen-Modrmagaztn von Carl Meerstein, Prager Straße. Einkäufe. — Ei» «u flehen erregender Vorfall spielte sich gestern nachmittag gegen 5 Uhr in der Nähe deS Straßen- dahnbosS in Bühlau ab. Et» an Krämpfen leidender Sommer, bewohn«, der eben von einem Spaziergänge zuriickgckehrt war. wurde von einem Tobsucht-» »fall befalle», verließ feine Wohnung und raste auf der Bautzner Ehaussee hin und her. Er war nur mit Hole und Hemd bekleidet. Bald stürzte er sich ans vorüber- fahrende Geschirre und brachte de» Kutschern, sowie zwei Straßenbahn- tchallnern ernste Verletzungen bei. Dabei suchte er sich auch des Restes seiner Kleidung z» entledigen. Schließlich wurde er von herbeieilenden Leute» mittelst Stricke und Decken gefesselt und nach seiner Wohnung gebracht. Einem aus dem Dr. Teuchersche» Sanatorium berbeigemsenen Arzte gelang es endlich, ihn durch Morphium-Injektionen zu beruhigen, doch wurde ihm eine Zwangs jacke angelegt. — Nachdem die der Bürstenindnstrie in SchönheIde sonst zuaeslossciien Aufträge seiten- der Kunden infolge des dort ansgebrochenen Streiks nach anderen Orten gegangen sind, wird es trotz aller Intelligenz »ud Tatkraft der dortige» Arbeitgeber nicht möglich sein, sür de» Bezirk nach etwaiger Beilegung des Streiks soviel Aufträge berbeiznsühre». um allen bisherigen Arbeitern wieder Beschäftigung zu verschaffen. Die Arbeitgeber werde» be kanntlich als Mitglieder der ÄejeUschasl des Verbandes Sächsilcher Industrieller zur Entschädig»»« bei Arbeitseinstellungen sür ihre Verluste entschädigt Der Schlag, de» die Schönherder Arbeiter gegen die sie »ährende Industrie gerichtet haben, wird sie demnach leider in erster Lüste selbst am meisten treffen, und viele der dor tigen Arbeiterfamilie», deren Ernährer nicht beizeiten die Sach lage erkennen und entsprechend handeln, werden einem trüben Weihnachlssest entgegengchen. Koloniale Angelestenheiten. In den letzten Tagen sind sehr widersprechende Meldungen über das Oberkommando der Schutziruppen in Berlin ergangen, sodaß eine Klarstellung angczergt ist. Das Oberkommando der Schutziruppen länst heute wie oie Kvlomai- abterlung rin Etat des Auswärtigen Amtes: es ist dem Reichs kanzler direkt unterstellt und dieser hat mit seiner Vertretung den Koloniaidircklor betraut, sodaß dieser als eine Art Vor gesetzrer des Ooerkommanoos erscheint. Aber letzteres war ziemlich selbständig, hat seine eigenen Beamten, seine eigene Registratur usiv. Die Verhältnisse in den beiden letzten Jauren haben aber dargetan, daß es mit der hculigen Organisation nicht mehr weiter geht. Der südwestafrikanische Ausstand muß uns wenigstens eine Lehre sein, damit seine ungeheuren Aus gaben nicht ganz umsonst erfolgt sind. Kolonialdirektor Der» bürg will nun das Oberkommando ganz von der Kolonial abteiluno abstoßcn: es soll dem Kriegsmrnisterium in Berlin unterstellt werden, dort zu einer besonderen Abteilung werden. Gleichzeitig soll damit die ganze Schutztruppe in das Heer eingeglicdert werden. Da das Zentrum in der Kolonialpolitik eine ausschlaggebende Nolle spielt, so ist es oon Interesse, zu hören, wie sich das leitende ultramontane Organ zu diesem Plane stellt. Die „Köln. Volkszta." schreibt: „Dre Eingliederung der Schutztruppe in das stehende Heer 'hat viele Freunde, auch im Zentrum dürften solche sitzen Man sagt sich mit Recht, daß die Erfahrungen des Kriegsiimvsteriums dann direkt den Schutztruppen zu gute kommen, daß der Ver- wcrltunoSapparat ein einfacher ist. daß hier keine Verträge L I» Tippclskirch und Oranienapothcke abgeschlossen werden, daß die Offiziere beim Dienst in der Sckntzlruppe nicht aus dem Heere ausscheiden müssen, daß die Zahl der Schutztruppen auf die Präsenzzrffer angerechnet werden muß, daß im Kriegs- falle doch das Krieasministerium die Hauptarbeit zu leisten hat, daß somit sür den Frieden eine gesonderte Behörde erst recht überflüssig erscheint usw. Freilich schien die Bedenken auch nicht. Zunächst slcht sie Verfassung im Wege: wir haben ein preußisches, bayrisches, sächsisches und württembeimrsches Kontingent: aber die Schutztruppen sind „Kaiserliche" Schutz- lruppen: sonst gibt es König!, preußische Obersten und Majors hier aber Kaiserliche Obersten und Majors. Man vermutet nun, daß, wenn das preußische Kricgsministerium die Verwal tung einer kaiserlich deutschen Institution übernimmt, damit de Zentralisation des Heeres und der Aufhebung der Einzel- kontingente vorgearbcitet werde. Mr hegen diese Befürchtung nicht, da jedermann weiß, daß lediglich praktische Gesichtspunkte sür eine solche Eingliederung sprechen. Wenn die Verfassung vier entsprechend geändert wird, bleiben alle anderen Teile un- beriihrt, und Bayern, Sachsen und Württemberg haben gerade rm ÄundeSrate die erforderlichen vierzebn Stimmen, um jede andere Abänderung zu Fall zu bringen. Wir sehen deshalb auch eine Verschmelzung mit dem preußischen Kricgsministerium nicht als eine politische, sondern als eine reine Zweckmäßigkcits- frage an, deren Lösung »ns weit mehr znsacst als die Schaffung einer eigenen Reichsbehörde für diese Aufgabe. Größer sind allerdings die Bedenken gegen diesen Vorschlag, die sich aus der erforderlichen Reugestaltung der Dinge in den Schutzgebieten selbst ergeben. Der dem Kriegsministernim nicht unterstellte Gouverneur muß immer die letzte Entscheidung über die Ver wendung der Schuhtrrrvpe haben, wenn er sich auch um den inneren Dicnstbetrieb derselben nicht zu kümmern hat. Nicht ein Militär, der „Feldzüge" anssübren will, kann über dre Verwendung der Schutztrupven entscheiden: dafür ist stets der Gouverneur haftbar zu machen. Gar leicht können nun nn- angenehme Reibungsflächen entstehen, wenn der Befehlshaber der Truppe einerseits dem KriegSministeririm. andererseits dem Gouverneur unterstellt ist. Mit der Eingliederung des Ober kommandos in das Kricgsministerium muß auch die Trennung von Militär- und Zivilvcrwaltnng vollkommen durchgeführt werden: in manchen Schutzgebieten ist das aber noch nicht mög lich. so sehr man das Ziel billiaen mag. Man sieht also, daß diese Organifationsfrage nickt so einfach ist: auch,in anderen Ländern bat man viel und stark geschwankt »nd die Kolonial- trnpnen, bald dem Krieasministerium. bald dem Marine- ministernim, bald der Kolonialverwaltung unterstellt. Erklär lich erscheint der Wunsch des Zivilisten Dernburg. daß er von den militärischen Dingen allesamt befreit wird. Jedoch ist eine reifliche Prüfung sehr geboten." An die Abteilungen und Mitglieder der Deutschen Kolonialgesellschaft erläßt Herzog Johann Alb recht zu Mecklenburg folgenden Ausruf: „Tie Deutsche Aolonial- gcscllschaft hat es von jeher mit Recht als eine ihrer vornehm sten Ausgaben angesehen, die Besiedlung unsrer Schutzgebiete mit Deutschen zu fördern. Hierbei Hot sie ihr Haiiptauaenmerk auf dasjenige Schutzgebiet gerichtet, das durch seine Lage an der Grenze der tropischen und gemäßigten Zone klimatisch den weißen Ansiedlern die gültigsten Aussichten bietet. (Süd- westafrika.j Von vornherein hat die Kolonicilgesellschaft bei ihren diesbezüglichen Bestrebungen auch dem Umstande Rechnung getragen, daß ein deutsches SiedlniigLwerk nur vor wärts gehen kann, wenn sich auch die deutschen Frauen daran beteiligen. Demgemäß find von ihr in den letzten acht Jahren eine große Anzahl von jungen deutschen Frauen und Mädchen ihren Familienangehörigen oder Verlobten durch die Gesellschaft nachgcsandt worden, um unseren Koloniaipionieren die Err-ich- tung eines eigenen Heims zu ermöglichen. Kühn und unverzagt sind diese Frauen und Mädchen dem Rufe ihrer Väter, Brüder, Gatten oder Verlobten in die unbekannte Ferne gefolgt und haben das mit vielfachen Entbehrungen und Gefahren ver knüpfte Leben einer Farmerfrau auf sichaenommen. Aber auch für die tapfersten von ihnen, die alle Widerwärtigkeiten leicht ertragen, gibt es eine Stunde, wo sie es bitter empfinden, in einem fremden Lande, wo ihnen der Rat der Mutter fehlt, auf viele Kilometer die einzige EnroPäcrfrau zu sein, unendlich weit ab von ärztlicher Hilfe und Beistand. Naht diesen Frauen der Augenblick, auf den sie mit Recht als den stolzesten ihres Lebens warten, so können sie von großem Glück sagen, wenn eine deutsche Nachbarin oder vielleicht eine Burenfrau sich in so erreichbarer Nähe befindet, daß sie zum Beistand herbeieilen kann. In weitaus den meisten Fällen müssen sie sich den Händen der unsauberen Eingeboreiicnsranen überliefern. Es liegt auf der Hand, daß sich daraus die schwersten Gefahren für Leben und Gesundheit ergeben. Manche brave junge Frau, die einer eingeborenen Helferin überantwortet war, mußte am Kindbett- sieber ihr jnngeS Leben lasten, und in vielen Fällen sehen sich die Ehemänner genötigt, in ihrer furchtbaren Ver zweiflung schwere Eingriffe ärztlicher Natur zu machen, die unter allen Umständen wenigstens ein Leben schwer gefährden: und in weiteren zahlreichen Fällen verfallen Mutter und Kind jahrelangem Siechtum. Aus dieser furchtbaren Loge können wir unsere deutschen Schwester», die auf weit vor geschobenem Posten für unsere Art und Gesittung streiten, nur dadurch befreien, wenn wir ihnen die Möglichkeit bieten. daS Herannahen ihrer schweren Stunde in der Nähe des Arztes zu erwarten. Es ist das Verdienst des Negierungsarztes Dr. Bail inWindHuk, der Spezialist aus dem Gebiete der Frauen- und Kinderkrankheiten ii't, die Anregung gegeben zu haben, dort ein Wöchnerinnenheim zu errichten. Für dieses Institut, das zunächst in kleinstem Umsange geplant ist — c» soll aus vielleicht drei Wohnzimmern bestchen und der Dienst durch eine Schwester mit Hilfe von Eingeborenenpersonal ver- sehen werden — sind bereits rund 75 000 Mk. geiammelt worden, von denen 40 000 Mk. durch die Hauptversammlung der Gesell schaft aus den für die Ansiedler in Deutsch-Südwestafrika ge sammelten Hilfsgeldcrn, 15 000 Mk. aus Mitteln der Woyl- snhrtslotteric »nd zusammen 8000 Mk. durch die Abteilungen Berlin und Kassel der Deutschen Kolonialaesellichast zur Ver- stigung gestellt wurden sind. Ich hasse, da^ dieses Beispiel bei sämtlichen Abteilungen und Mitgliedern der Gesellschaft und allen Freunden kolonialer Bestrebungen, vor allem aber bei den deutschen Frauen, Nachahmung finden wird. Neiträae nimmt das Bureau der Deutschen Kolonialgescllschafi, Berlin IV. 9, Sckiellingstraßc 4, entgegen." Ter Leiter ugferes Kolonialamts, Wirst. Geh. Rat Dcrn- burg, wird sich, wie nunmehr sestsleht. nach den deutschen Kolonien begeben, um die dortigen Verhältnisse ans persöu- licker Anschauung kennen zu lernen. Nur der Termin ist noch nicht festgesetzt, an dem er die Reise antreten wird. Es hängt dies davon ab. wie sich die Situation in der nächsten Neichs- taqsiession gestalten wird. Sobald hierin eine Klärung gc- sthasten ist und die Lage einen Ucberblick gestattet, tritt der Chef des Kolonialamts die Fahrt an. TageSftcschichte. Zur Fleischten« ung liegt eine bemerkenswerte Knndgcbiing der bayrischen Regierung vor. Die in ganz Dentschtand wieder mehr und iiichr laut werdenden Klagen über die Fleischteuerung haben daS bayrische Flestchergewerbe zu bestimmten Anträge» an die Regie rung veranlaßt, die jedoch diesmal ebenso wie im vorigen Jahre bei ihrer ablehnende» Haltung beharren zu wolle» scheint. In einer ihren Standpunkt darlegenden Auslassung wird betont, daß keine der verbündeten Negierungen des Deutsche» Rrickes die Verantwortung für die Folgen einer Freigabe der Grenzen übernehme» könne und wolle Gewissenhafte Prüfung des Für »nd Wioer habe bisher immer noch zu der Entscheidung geführt, daß damit ans die Dauer ein viel größerer Schade» an- gerichtet würde, als jetzt durch die Teuerung entstehe. Der Schutz gegen die verheerenden Wirkungen der Viehseuchen sei das Ergeb nis einer langen, mühsamen Arbeit: es würde in Frage gestellt werden, wenn die strenge llcberwachung der Vieheinsuhr. die ohne Beschränkungen dicjer Einfuhr nicht möglich sei, aushören solle. Ob diese schwere Schädigung der heimische» Viehzucht durch bloße Steigerung der Viek- und Fleischeinfiihr aus dem Anslande ausgewogen werden könnte, sei doch mindestens sehr zwciiclhaft, zumal sich jetzt ans de» Reihen der Fleischer selbst der Ruf nach Schutz gegen Einführung minderwertiger Ware auS dem Anslande durch stärkere Kontrolle und besondere Maßregeln erhebe. Zweifellos müßten erst wieder stärkere Antriebe vorhanden sein, um der heimische» Viehzucht Akut zu nerien Anstrengungen zu machen, dem erhöhte» Bedarf gerecht zu werden. Gegenwärtig läge» »ach den zuverlässigsten Angaben die Verhältnisse im Durchschnitt immer »och so, daß die Produktion von brauchbarem Schlachtvieh eher znrückgehe, als im Steigen begriffen sei. wäh rend der Fleischbednrf der Bevölkerung sehr s ch n e l l zu »e h m c. Daher seien die Aussichten aus den Rück gang der Preise vorläufig immer noch gering, aber das tönne kein ausreichender Grund sein, um den Schutz der heimischen Viehzucht zu vernachlässigen. Tie Meldnugen ans Havana bestätigen die in Washington gehabte Auffassung, daß die Streitig keiten zwischen der Regierung und den Aufständischen nicht durch eine» Vergleich z» schlichten sind, und selbst wenn die Vermittler des Präsidenten Rovsevclt die Vereinbarung eines Ausgleichs zn stände bringen sollte», dies nur wieder vorübergehend sein iverde. ES werde fciihor oder später doch zu einer amerikanischen Intervention lommen, die daher jeden Augenblick eintreten kann. Es wird erklärt, im Falle einer Jnterventio» würden die Ver einigte» Staate» eine Politik derKonzeiitrali-in verfolgen, ohne die Greuel znMasseii, von denen die ähnliche Politik deS Äenerals Weyler begleitet war. General Fiinsto» ist unterwegs von Washington »ach Havana. Die Arsenale treffen Vorbereitungen in Erwartung weiterer Befehle. Die gegenwärtige Lage auf Euba ist gleich bedeutend mit der Vernichtung der Tabakernte und »»gemesse nen Verlusten für die Znckercinlagen. — Die vorstehende Meldung der Washingtoner „Astveialcd Preß" wird durch folgende Reuter- Meldung ans Havana ergänzt und bestätigt: Der kritische Augen blick sür die Vermittler, die bemüht sind, den Streit zu schlichten, scheint sich zu nähern. Es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß der amerikanische Kriegssckretär Taft die Schwierigkeiten nicht ohne wirksame amerikanische Intervention wird beilegen können. Es ist bekannt, daß er in regem Depeschenverkehr mit dem Prä sidenten Noosevelt steht, und cs heißt, daß die Lage weit schlimmer sei. als angenommen wurde. Die hier noch ankern den amerikanischen Kriegsschiffe, unter denen sich zwei Schlacht schiffe befinden, geben dem Hafen ein kriegerisches ArHsehen. Die Lage in Marokko scheint wieder unruhiger geworden gu sein, da zahlreiche Aus- brüche von FremdenfeiMchast gemeldet werden. Die in Alge- ciras erfolgte Uebertragun« der Polizcioraanisation -rn Frank reich und Spanien dürste danach jetzt Gelegenheit erhalten, die erste Probe aus ihre praktische Bewährung abzulegen. In den oerschiedenen Pariser Blättern spricht sich übrigens eine gewisse Ungeduld aus, weil einige Mächte den Vertrag von Älgeciras noch immer nicht unterzeichnet haben, obschon die Unterschrift des Sultans von Marokko bereits seit einigen Mo naten vorliegt. Dadurch feiern Frankreich und Spanien bis jetzt verhindert worden, die Hasenpolizei zu organisieren und mehren sich die unangenehmen Zwischenfälle, wie die von Mo- gador und Casablanca. Der „Temps" gibt übrigens zu. daß Frankreich selbst einige Schuld daran trage, daß die Ordnung in Marokko immer noch so zweifelhaft sei. An der algerischen Grenze, wo Frankreich völlig freie Hand habe, gehe man immer noch nicht energisch vor und greise zu unzulänglichen Mitteln, wie die kürzlich verfügte Aufhebung jeglichen Handelsverkehrs über die Grenze, die man doch nur kurze Zeit aufrecht zu er holten wage. Es iei auch nicht ersichtlich, warum der neue Gesandte Regnault w lange zögere, Paris zu verlassen. Frank reich unld Spanien hätten sich beeilen sollen, ihre Gesandten sofort nach der Unterzeichnung des Vertrags nach Fez zu schicken, weil ihnen allein die Organisierung der neuen Hasenpolizei obliegt. Jetzt würden ihnen wahrscheinlich Deutschland und die Vereinigten Staaten zuvorkommen, und das werde dem Ansehen der beiden Nachbarmächte schaden. Der ,-S.i sclc". dessen Anslandspolitik immer besonders -den: sch fe indisch ist, fügte die Verdächtigung bei. daß Deutschland absichtlich die endgültige Unterschrift verzögere, um Frankreich und Spanien in Verlegenheit zu setzen. Er schließt mit de» Worten : ^Es ist ganz natürlich, daß Abd^el-Aziz und die meisten seiner Ratgeber in dem Vorgehen Deutschlands feit zwei Jahren eine Ermutigung erblickt haben, in ihrer Mißregierung zu ver harren. Es wiirtde nichts nützen, wenn man von Berlin aus versicherte, daß man nie eine solche Absicht hatte. In der Politik sind die Absichten ohne Wert und nur die Taten zählen. Die Ausführungen des ..Siecle" klingen genau so, als wenn sie von Herrn Telcassö selbst herrührten. Kaid Sehib von Keha, der die, Triippen des Maahzen in Mogador führt, ist nach einer Pariser Meldung verhaftet warben. Ter Grund ist angeblich eine zu große Sympathie des Kaid für den- sremoenscindlichen Häuptling Raifuli. sL- Deutsches Reich. In der Nacht zum 9. Septbr. ist, wie ge- meldet, unweit Helgoland der >schlußsplcih — im neuen Unterseekabel Duhnen sKuxhavenj —Arendal hergestellt worden, dessen Legung bekanntlich für gemeinsame
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)