Suche löschen...
Dresdner Nachrichten : 06.04.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-04-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190304067
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19030406
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19030406
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-04
- Tag 1903-04-06
-
Monat
1903-04
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 06.04.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
ckir. »«!. Seite 8. »W Monta«. « SlvrU ISO» — Mit dem Schlüsse des Schuljahres sind vierzig Jahre verflösse», seit der Oberlehrer und Organist Ackermann in Meißen in das Schulamt eintrat. — Wie schon seit einiger Zeit in weiten Kreisen der Ein« wc'bnerschast Meißens bekannt ist. wurde gegen den früheren Polizei-Inspektor Schulze daselbst eine Untersuchung wegen unzulässiger Behandlung von Strafanzeige» eingeleitet. Schulze war deshalb in Hast genommen worden. — Leipzig, 5. April. An einem Laternenvfable er- V äugt bat sich bentc früh aus offener Straße in der Nähe des Berliner Bahnhofes rin 32 Jahre aller Arbeiter aus Volkmarsdors. Namens Weißenborn. — Die e r i e»n c H o ch z e i t beging in Neubauscn das Karl Mathessche Ehepaar. Beide Eheleute sind noch rüstig: der Ehemann geht werktäglich seinen dreivierteislündigen Weg zur 'Arbeit im Schneiderschen Drebwerk. — Tödlich verunglückt ist am Freitag in Alt-Jocketa der 50 Jahre alte Handelsmann Güne aus Plauen i. B., indem er an einem mit Kohlen beladenen Gesthirr, daS von einem Knaben geführt wurde, das Schleif,eng andrelirn wollte, da der Wagen in ulineUe Gangart gekommen war. In diesem Augenblick siel der Wagen um und traf E>u»e so unglücklich, daß ihm der Brustkorb eingedrückt wurde. Er hinterläßt eine Witwe, zwei Sohne und Kliff Töchter. — Der auf dem Friedhof in Le ngen seid i. B aufgehobene Selbstmörder rsr der Zeichner Serbe!, welcher in Moritzburg vo» aebilSet und an der evangelischen Missrvnsanstalt zu Leipzig als Trakon eingestellt war. Der Beliebte stammt aus Dresden, befand 'ich in geordneten Verhältnisse und war 24 Jahre alt. Der Ver storbene war mit einem von Lengenfeld gebürtigen, an derselben Leipziger Anstalt als Schwester tätigen Fräuleui still verlobt, dem nächst lollte Hochzeit sein. S war m der Anstalt gekündigt worden. Blau bringt den unseligen Ausgang der Affäre mit diesen Bor- gangen in Zusammenhang. — Infolge Blutvergiftung ist am Freitag in Groß- schönan die Ehefrau des FleischermeisterS Engeman» gestochen. Sie hatte sich vor etwa I Wochen mit einer Gabel an der Hand eine leichte Verletzung zugezogen. — Der 76 Jahre alte Häusler Nickol in GroßhennerS- dorf hat sich in der Nacht zum Sonnabend im Dorsbache er- t c ä n k r. — Wetterbericht der Hamburger Leewarte vom 5. April Lin Narimum von etwa 7SO AKllimetern oi über den Aloen ausgebreitet, ein "iinliiiiiin unter 73» Millimetern lagert über der mittleren Ostsee. In Leunchland herrscht bei meist westlichem Winde etwa» wärmere», im Nord- .oesteir meist heiteres Weiter: sonst ist es trübe, während starke »lieber- -chläge gefallen. — Wahrscheinlich ist auiklarenbeS Weller ohne erhebliche Niederschläge. ElömenccauS BegrübungStelegramm aufaenommen. Der gemäßigt- liberale „Jmparcial" meint, der tiefe Eindruck, den die Kuuv- gebung in weilen KWisen zurückgelassen. sei nicht zu leugnen. Man wird Salmerons Drohung, „mit allen Mitteln die Wiederher- slellung der Republik anstreben zu wollen, vielleicht nicht allzu ernst zu nehmen haben, aber fest steht, daß die Zahl der Unzufriede nen und Enttäuschten mit jedem Tage wächst und damit die Gefahr revolutionärer Putschversuche, welche größere Dimensionen an- nehnien können. — Bei dem eingangs erwähnten Zusammenstoß in Madrid sollen nach anderer Meldung ungefähr 3000 Arbeiter und Studenten beteiligt gewesen, viele Revolverschüsse abgegeben und mehrere Personen verwundet worden sein. Holland. Zweite K a m m e r. Bei Beratung der Borlagcn belr. die Aus stände sprechen sich die Mitglieder aller Parteien die Sozialisten ausgenommen, für die vorgeschlagene» Maßnahmen anS: es sei nötig, den geordneten Gang der Rechtspflege und die Berkehrsverbindnngen mit dem Auslande sicher zu stellen und sich gegen die das Land terrorisierende Partei der Unordnung zu wenden. Vi> nisterPräsident Kuhper befürwortet Pie Bor kigen in längerer Rede, in welcher er namentlich auf die Gefahr binweist, welche ans Ansständen, tvie die der jüngsten Zeit, für den Handel des Landes und im Falle einer Mobilisation für seine Sicherheit entstehen. Die Rede des Ministers wird mit Beifall und Zischen ausgenommen. Die Beratung wird Dienstag fortgesetzt. Amtliche Bekamttmachtmgen. Mit dem Hanplschlensenumbgu in der Schanzenslraße, zwischen dem Königsbüicker Platze und der Buchcifflraße, und in der Erten- straße, zwischen der Hecht- und OppelkLtraße, soll am 16. April begonnen werden. LageSgeschichte. Deutsches Reich. Der Eindruck, den Kaiser Wilhelm in Kopenhagen in allen Schichten der Bevölkerung macht, ist, wie von dorr gemeldet wird, ganz außerordentlich. Sein umfassen des Wissen auf allen Gebieten ries allgemeines Staunen hervor, seine persönliche Liebenswürdigkeit gewann ihm alle Herzen. Tie Bevölkerung der Hauptstadt bringt chm nicht nur Ehrerbietung, sondern auch Herzlichkeit entgegen. Auch auf den greisen dänischen Monarchen übt der Kafferbesuch den günstigsten Einfluß aus. Die Umgebung hat den König selten so ansgeräumt gesehen wie jetzt. — Bei der Dafel bei König Christian erregte allgemeines Aufsehen das Ereignis, daß die Kronprinzessin den neuen loziailsü- schen Bürgermeister Jensen dem Kaper oorslellte. Der Kaiser unterhielt >ich lange und freundlich mit Herrn Jensen, hauptsäch lich üher das neue Rathaus und dessen Architektur. Zu einem der Unwersltätsprofessoren sagte der Kaiser: „Wir haben gar zu viele . Juristen! Sagen Sie den jungen Studenten, daß sie sich lieber der Medizin widmen sollen!" Mit dem Ehes des Statistischen Bureaus^ Marcus Rubin, sprach der Kaiser über „die schwierigste aller Wissenschaften" sdie Statistik!, und der Schriftstellerin Frau Emma Gab erklärte er, daß Kopenhagen eine interessante, Helle und lebensfrohe Stadt sei. Als der Kaiser sich um Mitternacht zurückzog, hatte er sich zahlreiche Bewunderer in Kopenhagen er worben. — Der Besuch des Kaisers im Neuen Rathaus dauerje eine halbe Stunde. Ein offizieller Empfang hat nicht stattgefunden, nur der Oberpräsidcnt Kopenhagens empfing den Kaiser, der, vom Erbauer des Rathauses Professor Nyrop, herum- geführt, das Gebäude gründlich besah, seine Bewniider>ing für den stilvollen Bau und die zweckmäßigen Einrichtungen äußerte und Nnroo lebhaft beglückwünschte. Im Sitzungssaale der Stadtver treter ichlug der Kaiier mit geballter Faust auf den Tisch und rief scherzend: „Wie herrlich, daß die Tische hier so solid sind, daß man > auf sie losschlagen kann, ohne sie zu zerbrechen!" In das für be rühmte Rei'ende bestimmte Buch schrieb der Kaiser als erster seinen Namen eni. In der Affäre der Gräfin Jsabello Wenerska - Kwilecka. die »»timehr schon Bä Monote wegen Verdachts der Kindesnnter- ichiebliiig in Untersuchungshaft gebasten wird, ist abermals eine Verhaftung wegen Verdachts des Meineids auf dem Schlöffe der Granu, Wrobelo, cffotgk. Diesmal ist die 75 Jahre alle Mutter der bereits unter derselben Beschuldigung verhafteten Kammerzofe Ehwialkowska, Frau Knoska, sestgenomme» worden. Mit dauerndem Ausschluß von der akademischen Hoch- hule für die bildenden Künste i» Berlin ist durch einstimmigen Beschluß des Lehrerkollegiums der Studierende M. bestraft winden, weil er die Gastfreundschaft, die er ans Emviehlung von Pros. Saltzman» an Bord des Dampfers „Sardinia" der Hambnrg- Amerika-Linie genoß, in unwürdiger Weise mißviancht hat. Nach einer Korrespondenz hatte der Studierende, dem ans dem Dampfer '.eie Fahrt und freie Betpsiegnug zu teil wurde, n»te»vegs die Mannschaften zur Revolte gegen vie Offiziere ansgchetzt! Oesterreich. Der Spion jtzartmaiin wurde vom Lcmdes- .eri.ht in Wien der Elpressmig schuldig befunden und zu g>/» Jahren Kcrkcr vernttcilt. Frankreich. Dir „Figaro" enthält Meldungen ans London, .. eiche die Mitteilung bestätigen, daß König Eduard dem Prä- oralen Loubet >u Paris einen Bestich machen werde. Aiffana Mai wird König Eduard in Paris eiuircnen und auf der Botschaft wohnen. König Eduard har die erste Anregung zu der Entrevue nit Loubet gegeben, und dem Präsidenten sreigcstelll, sei cs in Pa»S, sei es an der Riviera, mit ihm zusammenznkoimnen. Prä sident Loubet entschied sich für die Enirevue in der Hauptstadt, worauf das Projekt, daß König Eduard au der Riviera mit Loubet iusammcilkomiiien iotle, fallen gelassen wurde. Ter definitive Reiseolan ist daher der folgende: Ter König wird sich von Gibraltar direkt nach Malta begeben, von Malta reist er nach Neapel und geht für einige Tage der legten Avrilwoche nach Rom. Hierauf kehrt der König nach Neapel zurück und begibt sich per Schiff nach Marseille, von wo aus er nach Paris fährt. Ans diplomatischen Kreisen verlautet, daß der König vier bis fünf Tage in Paris bleiben wird. Loubet, welcher am 29. Avril von 'Algerien nunc ien zurückkehrt, wird gerade Zeit haben, sich für die Begeg- mil König Eduard vorzubereiicn. Auf der englischen Bot- chast wird bereits an der Instandsetzung der Appartements ge arbeitet, welche Koma Eduard bewohnen soll. Spanien. In Madrid veranstalteten die ^S tu deuten von neuem Kundgebungen. Sie durchzogen die Straßen unter den Rufen: Es lebe die Republik! Nieder mit der Regierung! und unter Absingung der Marseillaise und patriotischer Lieder. Die Polizei feuerte mehrere Male auf die Menge, unter der sich auch Frauen befanden. Man warf mit Steinen und Schmutz nach der Polizei. Im Verlaufe der Unruhen wurde eine Frau schwer verletzt. Die plötzlich wieder erwachte republikanische Bc> weguug erregt die Aufmerksamkeit der politischen Kreist, Bei den ans den 26. April anacsetztcn Eorteswahlen könnte dieselbe liimerhin gewisse Ueberrafchungen bringen. Mit einem Male haben sich die bisher zersplitterten, republikanischen Gruppen wieder zu einer Partei zusammengefundcn und den ehemaligen Präsidenten der spanischen Republik, Salmeron, zum Führer ge wählt. Dabei ist das Wort gefallen: Nur durch engen Anschluß an die liberalen Anschauungen wird die Monarchie die ihr drohende klerikale Gefahr vermeiden. Das nenlichc große Meeting der Republikaner cm Madrider Teatro Lirico war von 4000 Dele giertem besucht: 93 gewesene und jetzige Eortesmitglieder. 64 Uni-. Knust und Wissenschaft. ff Im Residenzlheater wird heute abend Ludwig Fuldas Schauspiel „Das verlorne Paradies" wiederholt. Am Mitt woch tritt Herr Aiberl Paul zum letzte» Male aus. s Heule Montag siuoel der Vl (letzte! Streichauartett - Abend der Herren Petri. Bauer, Spitzner. 'Wille imMnsen- hauie statt. f Palmsonntag-Konzert der König!. Kapelle. Die diesjährigen Konzerte der Königl. Kapelle sind auch diesmal, wie seit langem üblich, mit Beethovens!). Sinfonie ausgeklungen. Für die König!. Kapelle und uns Dresdner hat die Aufführung ein be sonderes Interesse. War es doch R ich a rd W a gn er als König!. Sächsischer Hofkapeltincister, der dem Verständnis der „letzten Sinfonie" Bahn gebrochen hat; seine mnslergnttige Dresdner Aufführung war überhaupt die erste des Wertes, geistig die erste! Ganz unbekannt tvar das Werk allerdings schon vorher den Dresd- nern nicht mehr geblieben: denn bereits 1836 hatte es Reißiger hier zweimal aufgesührt, beide Male jedoch mit völlig negativem Ergebnis. Diese scharte auszuwetzen, war das eifrigste Trachten, das heißeste Sehnen Wagners, der der 9. Sinfonie schon deshalb das größte Interesse entgegenbrachte, weil sie ihm in ihrem unge- wöhnlichcn Ueberaange von der remen Instrumentalmusik zum Gelange eine Bestätigung seiner musikdramatischen Theorien zu enthalten schien. Mil Hingabe und Ansopferung alter .Kräfte, aller zu Gebote stehenden materiellen Mittel, llmbau des Orchester- raumes ustv. gelangte die Sinfonie unter seiner Leitung am Palm- 'onntag 1846 im Dresdner Könich. Lvernhause in einer Dar stellung zur Wiedergabe, die einer Offenbarung glich. Mit diesem Ausseben erregenden, für die Anerkennung des Riesenwerkes in der gesamten Bönsikwelt überhaupt entscheidenden Erfolge stand auch der pekuniäre im Einklang: das Konzert ergab eine Einnahme von 2016 Talern — ein kolossales Resultat, das in der damaligen Zeit auch als ein Ereignis betrachtet wurde. Seitdem ist die 9 Sinfonie von der König!. Kapelle unter Wahrung der Traditionen Wagners etwa 30 Male zur Aufführung, man darf sagen zur mustergültigen Wiedergabe gelangt. Auch diesmal ist die gigantische Schöpfung in einer ausgezeichneten Ausführung unter Hoskapellmeislers Hägens Leitung in ihrer ganzen majestätischen Schönheit an uns vorübergerauscht und vor säst ausverkaustein Hause — wir berichten nach der öffentlichen Generalprobe — mit dem Verständnis ausgenommen worden, das inan heutigen Tages überall vormissetzen darf. An der prächtigen Aufführung be teiligten sich mit der König!. Kapelle Irl Charlotte Huhn, Frau Irene Abendroth. die Herren Rudolf Jäger, Leon Rains, Hofkonzerlmeister Max Lews n g e r, die Dreyßigsche Singakademie, die oberste Ch orklas je des König!. Kon servatoriums, der Dresdner Mannergesangverein, der Königl. Hofopecnchor und der König!. Hoikirchenchor der katholischen Hofkirche, insgesamt etwa 350 Personen. — Während die 9. Sinfonie den zweiten Programmtest ansfüllte, brachte der c-rstg eine vorzügliche Aufführung von Webers Euryantben- Onvertüre und solistische Vorträge. Diese eröffnest, vom Publikum mit langcuihcilstudeni Bestall empfangen Irl. Charlotte Huhn mit der Arie „Hell strahlt der Tag" aus Bruchs „Odysseus".^ Das gehaltvolle, in klassisch ernste -Form gefaßte stück liegt Frl. Huhns Mitteln vortrefflich und was sie dazu an Vollendung des Bor- irags, an aeffkg Persönlichem darbot, war wohlgecigne!, den Bei- fall bis zu den lebhaftesten Kundgebungen zu steigern. Mit gleichen Ehren zeichnest man Frau Irene Aoendroth für den vorzüg lichen Borirag der Arie „Nun beut die Flur aus Haydns ' ' ' ° Gleich großen Erfolg hatte Hoskonzertmeststr Ernst und Scher, bekanntlich ungemein gescheit sind, er die „dummen Bauern", und diese revanchieren über da« unwissende Stadtvolk. „Rein, wie kann ,m sein!" sagen sie. „DaS kann Hafer und We>zc» , Le Win ger mit Wieniawskis O-inall-Koiizeri. Er spielte das „Schöpfung" aus Lewing e r mit . . , , . Konzert mit vollendet schöner Technik, meisterlicher Phrasierung, in allein io vollkommen ffeklärt und abgerundet, daß er in allen Momenten icincs geistvollen Spieles,spannte »nd fesselte. — Auch der gestrige Abend (sonntags, die Aufführung, hat, gleich der öffent lichen Generalprobe, ein volles Haus ergeben, todaß auch der humanitäre Zweck — die Konzerte sanden, wie üblich, zum Besten des Unlerstntzungstonds für die Witwen und Waistn der Königl Kapelle statt — vollkommen erreicht worden ist. Kl. 8t. st Resivenzlheatrr. Der Himmel Icbemt sich für Herrn Paul und lei» Dresdner Gastspiel entschieden zu haben: er batte wenigstens vorgestern abend, da der Künstler sich in einer neue» Nolle — als R>cbard von Ottenkwrs in Fuldas nicht mehr ganz ingendfrischem Smansvicl „Das verlorene Paradies" — vor einem gut besncbien Haust zeigst, lein griesgrämigstes, also theastlslennkstichstes Gesicht aiffgcstcckt und blaute abwlnt nicht leiulich, so daß der Künstler für die drei Tage, die er hier noch amffntrelen gedenkt, eines regere» Zuspruches als bisher sicher st!» darf. Ec verdient diese Teilnahme um so mehr, als der Ottendor' ohne alle Fiage eine Rolle ist. die ihm nicht nur brillant liegt, sondern in der er auch reichlich Gelegenheit bat, sei» charmantes Bonvivnnttalent von der votteilhaitesten Seite zu zeigen, >a mehr als das in icharf nmrissenen Linien eine charakteristische Gcsrll- Ichastsnwe an! die Bühne zu stellen. Ter Künstler tat das vvr- gestelii abend mit so entschiedenem Eriolge, daß er de» eigentlichen Heiden des Stückes, seinen geistigen Antipode», den Techniker Arndt, ganz erbeblich in de» Schatte» stellte, vbwvkl dcni Qtten- dorf innerhalb der drei Akte jede Steigerung vom Dichter eigent lich genommen ist: denn er ist zum Schluß des Stückes ganz der selbe. wie zu Beginn, er entwickelt sich nicht vor unseren Augen und wandelt sich nicht, sondern wird als ein fertiges, als eine ab geschlossene Perionsichkeit in das Millen gestellt, das den „Sohn des verütnnten Vaters" hält und trägt. 'An dankbaren Szenen sthlt es dem Oltendors. obwohl er auf den erste» Biick beinahe wie eine Episode etscheint, dabei ganz gewiß nicht. Der Träger der Rolle kan» sich im ersten Akte als Mann von Welt, im vollen Glanze seiner soignierten Allüren famos ciifführen, hat im zweiten Akte In dein energischen Zusammenstöße mit den Atbeitern und mit Arndt seine große semis L faire und im Schllißaufzuae auch noch einen vorzüglichen Abgang. Herr Paul nützte diese drei offensichtlichsten Gelegenheiten, sich in den Vordergrund des Inter esses zu rucke», mit seinem schauspielerischen Gctchmack, zuver lässigster Bühnemontine und vor allem mit der unbedingt erforder lichen äußeicn Liedenswürdigleit aus, die allein den im Grunde genommen so nichtigen und faden Litendorf vorübergehend genieß, bar machen kann. Hier und da hätte vielleicht nianches noch schärfer herauskommen können: der Fuldgsche Dialog verträgt über haupt mehr Spitzen »nd kann eher der eleganten Glätte im Affekt enirate». vollends wenn hinter ihm die Brutalität des Gefühls wie bei Otstndorf steht. Selbstvemändllch wurde Herr Paul für seine im ganzen »nd großen vortreffliche Leistung im Verlaufe des Abends, fast »ach jedem Abgänge auch bei offener Szene, mt» leb haftem Applaus anSgezeichnct, der auch den Mitgliedern des RcsidenzlheaterS zu teil winde, soweit sie in umsongreicheren Rollen beschäftigt maieii. Namentlich Herr Opel lArndt) und Frl. Salter (Edith) hatten sich der Gunst des Publikums z» erfreuen, obwohl sie beide dir rechte Durcharbeitung und Stet- gerung ihrer übrigens außerordentlich dankbaren lchanspielerischen Anfiinben vermissen ließen. Die Herren Bayer, Ianda »nd Frieie. die Danien Olbrich und Münchheim ergaben ein befriedigendes Ensemble. In der Rolle des wortführenden Arbeiters aus Ber- »ardls Fabrik zeichnete sich Herr Göritz durch scharfe Akzen- »iffemna igln« anstegenden Reden auffallend aus Die Stadtteute. die lächeln gern über die sich und lachen über d man nur so dumm lein!" sagen sie. „DaS kann Hafer ^ nicht unterscheiden, weiß nicht ob Klee oder Lupinen auf dem Felde stehen und denkt, vie Kartoffeln ivactten aus den Bäumen!" so schlimm ist es nun zwar nicht um die landwirtschaftlichen Kenntnisse der Großstädter bestellt, aber was man in der Theorie ganz gut inne hat. nimmt sich draußen in der Praxis manchmal anders aus. Und wie weit entfernt ist jetzt das Dorf von der grvßen Stadt! Sie hat ihre Arme nach allen Richtungen aas- gestreckt. sie Hot ringsum ein dichtes Netz ausgeipannt und hat die kleinen ländlichen Anwesen, die Felder und Wiesen verschlungen, wie es die große, fette Kreuzspinne mit den kleinen Fliegen macht Wo sonst gemütlich ein paar Kffhe brüllten, erhebt sich stolz das unt " ' ' an der wurde, —„V «w -L-ärtner im Sommer duftende Reseden, Lack und bunte Astern zog, steht jetzt der nüchterne Ziegelbau der Glasfabrik mit seinem mächtigen Schornstein, aus dein von früh bis abends ein schwarzer, übel- riechender Qualm zum Himmel emporsteiat! Man muß heut zutage schon sehr weit hinansgehen oder fahren, tvenn man wirk- sich ländliche Verhältnisse sinden will. Auch die Tierwelt ist dem Großstädter teilweise fremd. Er kann nur selten richtig mit Namen nennen, was oben in der Lust fleucht, was unten im Grase kreucht, was hier krabbelt und zappelt, was dort zirpt und jnmmt. Die Natur will eingehend studiert lein, nicht nur Sonn- tag nachmittag ans dem Wege zum Kaffeegarten oder zum Tanz- saal. Da gibl's ja auch manchmal ganz nette Käser, aber ob die Beschäftigung mit ihnen besonders lehrreich ist, mag dahingestellt bleiben. Von den Vierfüßlern sind einige dem Großstädter sehr wohlbekannt. Täglich sieht er unzählige biedere, dauerhafte Droichkcnpferde in ihrem gemächlichen Trab vorüberziehen: er sieht elegante, flotte Wagenpferde, er sieht edle, kostbare Renner. Hunde gibt es mehr als genug. Schöne und ruppige Hunde, kluge und dumme, das wohlerzogene Damenhündchen, arg ver- wöynt, und der bissige, kläffende Köter, der Schrecken der Nachbar schaft. Auch an Katzen ist kein Mangel, und wo es noch einen geräumigen Hof und ein Grasfleckchen gibt, da haben die Kinder des HauieS eine Kaninchenzucht angelegt, oder ein Junge hält sich zum allgemeinen Neide em Meerschweinchen. Sonderbarer Lchwärmcr! Vitt dem lieben Rindvieh, mit Ziegen und Schafen sieht es schon bedenklich aus. 'Nur selten wandelt ein Paar ans der Schar der glattgeslirnten Rinder, vor einen ländlichen Wagen gespannt, mit geinächliclnm Schritten durch die Straßen, der kleine, von einem derben Ziegenbocke gezogene Wagen mactg immer unter der Kindcrwelt Sensation, und wenn der Esel bei uns auch gerade keine Seltenheit ist, so findet er doch noch lein Publikum, das sich über seine langen Ohren und über sein melodisches Geschrei wundert Immerhin, ein merkwürdiges Tier! Im geschlachteten Zustande kennt der Großstädter die Mastochien ganz vortrefflich und betrachtet sie mit bewundernden Blicken, bc- londers wenn es „Preisochsei» sind, die sich, mit grünen tffirlanden geschmückt, im Schaufenster, von elektrischem Glühlicht bestrahlt, prachtvoll ausnehmen. Auch das Schwein ist dem Ge sichtskreis der Stadtbewohner gänzlich entrückt, weil es vorschrists- mäßig draußen auf dem Schlochthofe ums Leben gebracht wird: wir sehen nur die delikaten Schinken und Würste zwischen weißen Azalien und buntem Setdelrpapier hinter den blanken Spiegel scheiben, wir hören nicht mehr das Quieken einer von bösen Ahnungen erfüllten Sau, denn die niedlichen Marzipanschweinchen im Schokoiabenacschäst schreien gar nicht und benehmen sich ganz manierlich, obgleich jedes in der Regel mit einem gewichtigen Geldsacke beladen ist. Eine große Rolle spielt das Schwein aus unseren Neujahrskarten als anerkannter Glücksbote und nimmt zwilchen vierblättrigem Klee, Hufeisen, Marienkäfer und Glücks pilz stets den Ebrenplatz ein. Daß auch gescheite und aufgeklärte Leute vom Aberglauben befangen sein können, lehrt uns die Erfah rung täglich. Ter Primaner, der ins Examen steigt, vergißt sicherlich nicht, das silberne Glncksschweinchen an die Uhrkette zu hängen, und die jungen Damei^die einen Ausflug aufs Land unter- nommen haben, seyen mit Spannung einer mächtigen Staub wolke entgegen, die eine Schafherde anzciat. „Schafe zur Linken! Das ist ein gutes Zeichen, da wird uns Freude winken! Schase zur 'Rechten! O weh! Da gibt's was zu fechten!" An Redens- arten, die sich aus allerlei Tiere beziehen, fehlt es dem Großstädter nie. Will einer recht anschaulich machen, daß er seinen Kameraden nicht für den weisen Salomo hält, oder daß er ihm nicht die Er findung des Schießpulvers zutraut, so kommt er gewiß mit einem kräftigen „Rindvieh" oder „Schafskops" dazwischen, und auf dem Kcffcrnenhose, wo es nicht immer nach Albcrtis Komplimentierbuch zugeht, wird dein ungeschickten Rekruten, der rechts und links nicht unterscheiden kann, alltäglich ein Bortrag aus Brehms Ticr- leben gehalten und alle möglichen Gattungen ansgezäblt, die für besonders dumm sanl oder unsauber gelten. 'Dabei beschränkt sich der ausgeregte Vorgesetzte nicht nur auf die heimische Tierwelt, sondern zieht auch Beispiele aus Afrika und Asien herbei: das Kameel, auch Trampeltier genannt, der Dickhäuter Rhinoceros usw. Zuweilen kommt es vor, daß ein Rekrut, der zum ersten Male >n seinem Leben im Zoologischen Garten ist, mit freude strahlender Miene das Rhinoceros betrachtet, das sich behaglich im Schlamme wälzt. „Also das ist das Tier, von dem der Herr Unteroffizier fortwährend redet! Habe ich mich doch schon lang gewundert, wie das wohl ausschen mag!" Dem Löwen, au Ünteroffizier fortwährend redet! Habe ich mich doch schon lange gewundert, wie das wohl ausscheu mag!" Dem Löwen, als König der Wüste, bezeigt man allenthalben ehrfurchtsvolle Hös- sicbkett und geht ihm gern aus dem Wege, wenn man gerade leiu passionierter Löwenjäger ist. Daß cs gefährlich sei. den Leu gesagt! Manche Mensch en reden von ihrem Löwenmute und obgleich ih freilich von einer gelaot fürchten sich vor einer Verein der Lowe Nebenbuhler den unter der Sonne. Kinder schon im zartesten Alter kennen lernen, . . , sehr unvorteilhaften Seite. Wie abscheulich benimmt er sich gegen oas gute Rotkäppchen und nicht minder gegen die würdige Groß- mutter, die krank im Bette liegt und sehnsüchtig auf ihr Enkelkind wartet! Wenn das alte Fibelbuch, aus welchem in früheren Zeiten die Kinder das Lesen lernten, die Wahrheit berichtet, so hat er auch noch andere Schandtaten auf dem Gewissen. War der kleidern zu uns kommen, soll man sich ängstlich hüten, und vor de» falschen Jüchsen aus der Wacht sein, die sich neuerdings von allen seiten hcrandrängen. Reineke Juchs tvar von jeher ein Erzschelm, ein Meister un Lügen und Betrügen, und versteht es prächtig, eine barmlose, unschuldige Miene anzunehmen, wenn es ihm gerade in seinen Klam paßt. Jäger und Förster kennen die Tiere des Waldes am besten, und ihnen verdanken wir die wunderbarsten Geschichten. Ob sie auch immer buchstäblich wahr sein mögen? Bis zum Tüpfelchen auf dem i? Aber selbsl- verständilch. Nur die reine Wahrheit! Der berühmte Baron von Münchhausen soll zwar manchmal ein bischen geflunkert haben, wenn er seine merkwürdigen Jaadabenteuer zum besten gab, aber seine Nachkommen haben sich das sogenannte Aus schneiden vollständig abgewöhnt, und machen sich's nur zuweilen zum Vergnügen, e>nen Grünschnabel, der in ihrer Mitte sitzt, zum besten zu haben. Im Kreise der Sonntagsjäger wird dafür noch ein unverfälschtes Jägerlatein gesprochen. Das da ein jeder erlebt hat! Dem unbefangenen Zuhörer bleibt der Mund vor Staunen ofsenstchen, bis endlich einer den gewaltigen Nimrod unterbricht: „Aber guter Freund! So viel Wild gibt'- ja im >), zu lagen. Im Walde legten Tannenbauin, schliefen und träumten vom weiß... sie noch richtig munter waren, lief der weiße Hirsch husch, huch vorbei! So geht'S, wenn man den richtigen Augenblick ic sich unter einen >cn Hi rsch, und ehe ' ch. hu ch verpa >t. Löwen Rast halten. Und was für sanfte, gemütliche Tiere sind leide und nehmen einen jeden das! liebevo öie tun niemandem etwas zu bei fick auN
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)