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t«. Jshr>aug. « S7S WMwoch, 11. August 1920 Gegründel 185« «radlanIchrV- N«ch4chl«, »r«»«. V»rnI»r»ck«r-SammMmmm«ri SSS41. «m lür A-chl^prSch», SV VN. SchkiM-Nuni, «v LaupIo«ichSN«II,li»-. M«rie»str«^» SS/4L Druck u. v-rtoc, von Ut»,ick ck Nrtck»r»> m Dr—d«. VoNick-ck-Honio ivas Dr»»dr». Nachdruck nur mit d,u»ick«r 0u»ll»nanciad» <,Dr»»dn«r 4>ackr.-> »ulitMo. Unnrrianat» SckrMNUck» >o»rd»n nicki auivewadN. sfsn unE Nercle Irautt man prsisvort im A«etz>«»eI»»A 5!»' karm« «<-«-»,«« ör. rAing«n1r. IS VIIII llölöl Iliv »raiprecdar: ISA» dl»ka Portplatz. UooN»nI»s»i» »0a Oa«»ck»»»»»>»I»» — Ilo»,I»r>- »ir»«» o»»- ««»nck» — 0»u»r»»a»r,«»-0»«»n — »a««r»r»II». senOiroi-^oe INMNkk W Kunvlspicklpiano» ssil 1634 dsstbswaiii-tss tZusIilslsksbi-ilest »Iviavn I. La., klarNnrlr»»« 12 Stresemam dröltt auf Besatzungsabüau. Aen-erung -es Besahungsregimes von Einfluß auf Deutschlands Völkerbundsbeilritl. Nu verunglückler Rechtfertigungsversuch Sörfings. - Annahme -es Amortifationsgesetzes in Versailles. — Kamenew abgesetzt. Desvrechungen mil -en Vertretern -er Ratsmächte. Berlin, 10. August. Wie man hört, werden die Be sprechungen, die ans Anlast der Genfer Vülkerbnnbs- tagung in Berlin von seiten der hauptbeteiligte« Slatsmächtc «st dem Auhenministerinm gepflogen worden find, demnächst durch Unterredungen des Außenministers Dr. Ltresemann «it dem englischen Botschafter Lord d'Abernon ab- «eschlifscn werden. Strescmann wird dabei nicht nur »um Aus druck bringen, baß Dcntschland durchaus bereit sei, sich an »e»cn Beratungen der sogenannten neue« Ltudienkom» »issio« z« beteiligen, sondern wird auch mit bcsondcrem Nnhdrock dem Vertreter Englands gegenüber den deutschen Stax^unkt inderBesatznngssragc vertreten. Er wird Mniibcr den letzten Aeubcrnngcn Ehambcrlains erneut be, tmcn, daß die Rcichsrcgiernng eine nmsasscndc und schnelle Verminderung der Besatzungstrnppc» sowie eine Aenderung des Beiatzungsregimes erwarte und das, die Erfüllung dieser Srnsriuna auch ans Dentschlands Völkerbnwdseintritt »on «insltch sei Die Manöoerkosten -er Desahungslruppen. Berlin, 10. August. Der deutschnattonale Reichs- ia-sabzcordncte Dr. Schwaabc hat sich mit folgender A n. frage an das Reichssinanz Ministerium 'gewandt: Nach Mitteilungen finden Verhandlungen mit den Bcfatzungs- tiuppc» darüber statt, wie die M a n ö v c r k o st e n zu be streiten siird. Ich bitte um Nachricht, ob das zntrifft, und ob nicht zweifelsfrei fcststeht, das; auch diese Kosten zu -en Be satzungskosten gehören, die im Dawes-Trtbut inbegriffen sind. Vor einem Dötkerbunüsbeitrilt -er Türkei? Nutzlaud sucht z« verhindern. London, S. August. Wie der „Timcs"-Korrrspondent in Augora berichtet, überlegt bereits seit einiger Zeit die tür kische Negierung, ob es für sie ratsam sei. in den Völkerbund einzutreten. Von der einen Seite versuche man nun. die Türkei zum Eintritt zu bewegen, von der an deren, sie davon abzuhalten. Insbesondere soll die Sowiet- regiernng keine Bemühungen scheuen, die Türkei davon zu überzeugen, dab es für sie notwendig sei. außerhalb des Völkerbundes zu bleiben, wobei die russische Regierung im besonderen auf das kürzlich zwischen ihr und der Türkei ab geschlossene Bündnis Hinweis». Von den Nationen, die die Türkei zum Eintritt in den Völkerbund veranlassen wollen, soll dem Korrespondent zu folge Deutschland eine aktive Rolle spielen. Deutschland werde zweifellos in einigen Wochen Mitglied des Völker- bundcs und des Völkerbnndsrates sein und sehe es natürlich gern, wenn einer seiner früheren Alliierten, der setzt noch nicht dem Völkerbund angehört, diesem dann beitrete. Insbesondere interessieren sich nun die türkischen Politiker für die Frage, ob einer oder mehrere der nichtständigen Rats sitze asiatischen Mächten verliehen werden sollen. Wenn dies derFall sei, würde die Türke i, wenn sie dem Völkerbund bcitritt. für sich einen dieser Sitze beanspruchen und es sei evtl, da mit zu rechnen, dah ein solcher Anspruch auch weitergehende Unterstützung finden würde. Das Amvrlisalionsgefeh angenommen. Die Schlußsitzung -er Versailler National versammlung. lDurch Funkipruch.) Paris, 10. Angnst. Die Nationalversammlung hat das Persassvugsgefctz über die Amortisationskaffe «it 671 gegen ltt Stimmen angenommen. sW.T.B.) Paris, 10. August. Bei Wiederaufnahme der Sitzung kurz «ach 3 Uhr wurde Präsident De Selves von dem Zentrum und der Rechten begrübt, während die Sozialisten und Kom munisten erneut Lärm erhoben und den Präsidenten mit lauten Rusen empfingen. Präsident De Selves gab von der Sitzung der Kommission Kenntnis und erklärte dann, bah der Bericht der Kommission noch nicht fertig gestellt sei, so daß die Beratungen um eine weitere Stunde vertagt wer den muhte». Die Ankündigung erregte Lärm auf der äußer- ßen Linken. Die Äommlfflonsflyung. Tic von der Nationalversammlung heute gewühlte K o m- uiission hörte heute nachmittag vor Wiederbeginn der Ple narsitzung die Ausführungen PoincarsS über den Vor- schlag Soulie au, der ein Spezialgesetz für die Amorti- salionskasse beantragt, um einen Zusatzart-ikel zur Verfassung »> vermeiden. Die Kommisstonsberatungen dauerten bis illhr. Die Abänderungsanträge des Kommunisten Garchery und des Sozialisten Rcnaudel sowie der Antrag Soulie wur den adgclehnt. Die Kommission einigte sich dann auf folgenden text des VerfassungScrgänzungsarttkels, der mit 21 gegen d Stimmen angenommen wurde. Dagegen stimmten die vier Sozialisten und der Kommunist: TertlmortlsationSkasse werden bl» zur vdlllgen Amor- üiaiion der VonS der nationalen Verteidigung überwiesen: I. Tie Einnahmen aus dem Verkauf von Tabak: . 2. Tie Einnahmen aus der Erbschaftssteuer und erstmaligem vc- Mechlcl bei Grundstücken: «. stalls die Einnahme» ungenügend bleiben sollten, würde ein »isprechcndcr Betrag im Budget ausgenommen. Um 6,15 Uhr begann dann die Plenarsitzung «tederum. Der Berichterstatter Chcron verlas den Kommis, mnsbericht und gab den Text des ErgänzunasartikelS bekannt, «r wurde in seinen Erklärungen von den Kommunisten mehr fach unterbrochen. — Leon Blum sprach für die Sozialisten tzgen den ttzesctzentwurs. Die Tagung der Nationaloerfamm- ««!l sei überflüssig. Es werde mit viel Aufwand ein neuer »ersassungsmähiger Nahmen geschaffen, man habe aber nichts, man hincinsctzen könne. Die Amortisationskasse, wenn ^wirksam sein solle, müsse sich auf die gesamten öffentlichen Schulden erstrecken. Dazu sei eine Konsolidierung unentbehr lich. Die Jahrescinnahme von drei Milliarden genüge nicht zur Amortisterung. Es sei die Macht der Dinge, die die Re gierung und das Land vor die dramatische Alternative gestellt habe: Konsolidierung oder Inflation. Früher oder später würde die Negierung auf den Vorschlag der So zialisten zurückgretfen müssen, der die Kapitalabgabe fordert. Nach der Rebe Leon Blums ergriff um 7,80 Uhr Minister präsident Poincar« das Wort zu einer Erwiderung. Er er- klärte, dah er gegen die Erklärung Blums, wonach di« Regie rung sich in einem Dilemma befinde, auf das energischste pro testieren müsse. In der Rede Blums seien die kritischen Aus führungen präzis, dagegen der sachliche Teil seuicr Ausfüh rungen sehr schleierhaft. Die Kapitalabgabe sei lediglich eine vage Formel, mit der man nur in Versammlungen Er folg haben könne. In den Ländern, in denen man eS mit der Kapitalabgabe versucht habe, habe man sie als fruchtlos wieder aufgeben müssen. Die Ursachen für die großen inneren Schulden Frankreichs liegen in den Kosten des Krieges, in den Kosten des Wiederaufbaues der zerstörten Gebiete und tu den Schwierigkeiten, die Deutschland bei der Zahlung seiner Schul den gemacht habe. Der Kommunist Doriot hielt darauf eine scharfe Rede unter steigendem Beifall seiner Kollegen und wachsendem Protestlärm auf der Siechten. Doriot erklärte, die gegenwär tige Krise sei durch den Krieg entstanden, in den Poincar« das Land hincingesuhrt habe, um den Interessen der Hoch finanz und der Schwerindustrie zu dienen. — Bet diesen Wor ten stieg der Tumult ans der rechten Seite des Hauses derart, baft längere Zeit kein Wort z» verstehen war. Der Präsident beantragte zur Wiederherstellung der Ruhe den zeitweiligen Ausschluß des Abgeordnete« Doriot a«S der Versammlung. Der Antrag wnrde angenommen. Doriot weigerte sich jedoch, den Saal zn vcrlaffen. — Der Präsident unterbrach die Sitzung auf einige Minuten. Unterdessen er schien im Saal der Palastkommandant von Versailles t« Begleit«»« von vier vollbewaffnctcn Soldaten, die de« kommu nistischen Abgeordnete« Doriot ergriffe» «nd abführtc«. Nach Wiederaufnahme der Sitzung nahm der Präsident durch Handaufhcben die Abstimmung über di« fünf einzelnen Paragraphen des Ergänzungsarttkcls vor. Sämtliche Paragraphen wurdcnangenommen. Während der Abstimmung kam es zu neuen schweren Ruhestörungen durch die Kommunisten, die über die Lärmszcnen LcS Vormittags noch weit hinausgingen. Die Versammlung trat sodann in die Abstimmung über das G e s a n> t p r o je k t der Regierung ein. Dt« Abstimmung erfolgte nach Punkten. Die Sitzuna wurde hierauf auf 45 Minuten unterbrochen. Um 1» Uhr teilte der Präsident das Resultat der Abstimmung mit und schloß die Tagung der Nationalversammlung. lT.U.) Dersassungsfeier un- nationales Voiksempsin-en. Am siebenten Jahrestage des Inkrafttretens der Weimarer Verfassung muß man die Frage aufwerfen, wie es kommt» daß sich das Grundgesetz des nachnovcmberlichen Deutschen Reiches noch immer nicht im Herzen des deutschen Volkes hat festwurzeln können. Ucber diese Tatsache ist kein Zweifel möglich, lieber kühle und frostige amtliche Feiern gehen die Veranstaltungen nicht hinaus. Es fehlt die besondere Note der allgemeinen begeisterten Anteilnahme, wie sie früher für das Sedansest so bezeichnend war. Wenn man nun auch Sedan und Weimar nicht gut in Vergleich stellen kann, so brauchte es doch nicht notwendig mit der Vcrsaffungsseier so schlecht zu stehen, wie cs tatsächlich der Fall ist. ES ließe sich vielmehr, wenn unser inneres Leben auf normaler Grund lage ruhte, sehr wohl denken, daß der ll. August mit weniger ausgeprägter Zurückhaltung auf betont nationaler Sette ge feiert werden könnte. Tie Weimarer Verfassung ist trotz allen unleugbaren Mängeln nicht durchaus minderwertig. ES gibt sogar Autoritäten, die sich lobend über sic äußern. Z» diesen gehört der Neichsgcrichtspräsident Dr. SimonS, der nicht nur ein bedeutender Jurist ist, sondern sich auch trotz seiner demokratischen Parteizugehörigkeit des Rufes voll kommener Uebcrparteilichkcit in seiner amtlichen Tätigkeit erfreut. Bei Gelegenheit der Anssprache im Reichstage über das Sondergericht, Las im Kompromißentivurf über di« Fürstenabfindung vorgesehen war, haben auch die Deutsch nationalen vorbehaltlos erklärt, sie hätten das unein geschränkte Vertrauen, daß Tr. Simons sich als Vorsitzender dieses Gerichtshofes niemals von irgendwelchen Partei- politischen Erwägungen beeinflussen lassen werde. Wenn ein solcher Mann ein Urteil über die Verfassung fällt, so kan» man darüber gewiß nicht mit einem bloßen Achselzucken zur Tagesordnung übergehen. Dr. Simons hat im Vorjahre die Weimarer Verfassung trotz ihrer vielfachen Schwächen als ein „bewundernswertes Werk" bezeichnet, an dessen Verwaltung er nicht nur durch seinen Eid gebunden sei, sondern dem er auch aus freier Entschließung gern seine Kräfte widme. Selbst wer die „Bewunderung" Dr. Simons' nicht zu teilen vermag, wird aber doch objektiverweise zugeben müssen, daß die Weimarer Schöpfung, zumal wenn man das rasche Tempo ihrer Fertigstellung in Rechnung zieht, immerhin eine staats rechtliche Leistung darstcllt. Die Weimarer Verfassung besitzt aber auch einen besonderen nationalen Wert insofern, als st« die Wiederherstellung des gesetzlichen GefügeS des Reiches nach der ZertrümmerungSarbcit der Revolution und bi« Rettung der deutschen Einheit als des kostbarsten vaterländischen Gutes aus der Vernichtung des Krieges versinnbildlicht. Der Gedanke an die Bewahrung der NeichScinheit, aus der allein das deutsche Volk neue Wege zum Wiederaufstiege zu finden vermag, könnte an sich wohl auch für rechtsgerichtete Kreise bestimmend sein, um an einer würdigen Vcrsaffungsseier innerlichen Anteil zn nehmen. Warum ist es anders? Weil die Weimarer Verfassung und ihre Feier von der radikalen Linken mit einem uner hörten Gesinnungsterror verquickt werden, -er den natio nalen Gesichtspunkt ganz in den Hintergrund schiebt and den 11. August zu einem Svndcrfcst des Reichsbanners Schwarz» Rot-Gold stempelt. An jedem Verfaffnngstage liegen die Reichsbannerleute mit ihrer parteipolitischen Gefolgschaft mit Argusaugen auf der Lauer, um auf seiten der Rechtsparteien irgend etwas zu entdecken, was ihnen als Mangel an republikanisch-demokratischer Gcsinnungstiichtigkeit angekreidel werden könnte. Mit welcher unglaublichen Kleinigkctts« krämerci dabei verfahren wird, zeigt der im Vorjahre vor« gekommene Fall, daß ein preußischer Amtsgerichtsrat wochcn« lang durch die Kanäle -er radikalen Presse geschleift wurde, weil er — in einem „einfachen braunen Anzuge" zur Ber« fassnngsfeier erschienen sei und diese dadurch „absichtlich brüskiert" habe! Das Justizministerium wurde mit del Forderung nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen dieses „unerhörten" Verhaltens des preußischen Richter- be« stürmt. Daraus wnrde natürlich nichts, und so mußten üi4 Denunzianten den Schmerz erleben, -aß sogar tm preußischen Justizministerium „reaktionäre" Einflüsse sich geltend machten. Mit besonderer Beflissenheit und Gehässigkeit wird der Ber« fassungötag von der radikalen Linken dazu ausgcnutzt, unt den Flaggcnstreit aus die Spitz« zu treiben. Unter de« Eindruck der vom Reichspräsidenten gegebenen Anregung