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01-Vorabendblatt Dresdner Nachrichten : 22.03.1924
- Titel
- 01-Vorabendblatt
- Erscheinungsdatum
- 1924-03-22
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19240322011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1924032201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1924032201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-03
- Tag 1924-03-22
-
Monat
1924-03
-
Jahr
1924
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Homulbead. 22. TNLrr 1S24 — vre»d»er Nachrichten irr.« Leiter Vierzig Jahre Dresdner Lehrergesangverein. Das IubilSumskvnzerr im vemerbehaus ,« ha. MSr». wegncr» „Liebc-mohl der Apoftel* Unser an dieser Stell« an-gesprochtuer Wunsch, der Dresdner Lehreraesangvereln möge. nachdem er stch nun unter GeneralmusiMrektor Fritz Busch ganz de« Pflege der höchste» liuustausgaücn de» MannerchorstngenS »ugewanbt hat. «aa. u«rL „LieVeSwahl der Apostel* wieder einmal aussühren. ist «lsch «rsüttt worden. Ta» Werk bildet« den Eckpseiler de» ,Welten Dinterkonzerte» der Lehrersänger. Sie seierte» da» «U thr eigenes vierztgiLhrtge» vereintlubtläum. steuert«« aber zugleich dem Vruderverci« „Orpheus* zum bevorstehen, den neunzigsten Fnbeltage elnrn stnnlien Älückwunich bet: denn die Partitur b«S ..Licbe-mgl, eö* ist von Richard Wagner eigenhändig dem „Dresdner Orpheus* gewidmet, der gemein, sam mit der Liedertafel sene» grob« Dresdner Männer- gesang-fest von ISIS veranstaltete, für das der damalige junge Dresdner Kapellmeister und Liebertaseld.rigent diese ..Mb» ltsche Szene* schrieb. Di« nunmehrige JubiläumSaussiihrun- tzatte. wie nicht anberö zu erwarten, hohen künstlerischen »lang, dank der vortrcssiichen musikalischen Qualitäten der Sänger, dank der Mitwirkung der StaatSkapelle und bank der musikalischen Fithrung durch Busch. Die größte Schwlt» rigkelt macht ja immer der erste cv cnppoNa - Teil de» Werke». Aber gerade er gelang sehr gut. Ein einzige» Mal. vor dem Eintritt der Apostelstimme. muhte «in „ckos* angegeben werden, um die Einstimmung zu hatten; sonst war aus jede instrumentale Stütze verzichtet und trotzdem kam ohne gefährlichere Schwankungen da» dramatisch be'eble Stimmgewcbe wohlabgetönt ni d mit eindringlicher Lebendig» keit zur Geltung. In der Beizung hatte man sich kleine Retuschen gestattet, Halle nicht an den vvrgcschrieb.ne» zwtilj Bässen sür die Apostelsiimmen srsteehalten, sondern eine grüß-re auch mit Tenorklang gemischte Gruppe genommen, hatte insbesondere die „Stimmen auS der Höhe* nicht mit Tenor und Bah, sondern mlt kindlichen Mädchenstinimcn, die von Schülerinnen der 3. Volksschule gestellt waren, beietzt. Diskret instrumental gestützt, klang dieser in Hinteren Räumen entfernt ausgestellte Kinderchor wirklich sphärcnhast, aller» ding» etwas lehr piantisimo. Bon der Kuppel der Trauen» klrche, für die er bestimmt war, hätte er sreillch noch besser gewirkt. Den nun svigendcn berühmten Creszevbo-Einsatz des Orchester- brachte Busch mit elementar klanglicher Steigerung heraus. Aber auch hier hätte man sich nun einen größeren Raum mit freierer Ausstellung gewünscht. Denn zufolge der engen Zusommrndränguug von Orchester und Chor gingen die ersten vokalen F-Dur-Akkorde de» „begrübt sei un». Tu Geist de» Herrn* Im orchestralen Tonbrausen verloren. Ten Schtnßchor „Ter »nt das Wort, das herrliche, gelehret* nahm Busch sehr beschwingt mit Betonung d:» Brio-EharakterS. Dadurch trat deutlicher als sonst hervor, wie stark tn diesem Finale noch „Nienzi"-Lust weht. Ter Grsamteindrnck deö Werke», a»S dem heute noch der Feuer» köpf des werdenden Gentes hcrvorlugt, wurde mlt sudelnder Begeisterung entgeoenaenommen. Dir Lehreriänger müssen uns bald eine Wiederholung hären lasse», vie leicht doch an ber historischen Stätte des „LtcbesmahleS". in der Frauen» Arche. Dann aber auch mit Leitenstücken, die dazu tm vollen stilistischen Einklang stehen. DaS mar von den voran» gegangenen Gaben dieses Abends nur der Fall bet Schuberts Gelang „Allmacht* in der Lisztschcn Bearbeitung sür Männer» chor, Orchester «nd Sopransolo, dessen erhabener, eherner Monumentalstil von allen Beteiligten, zu denen hier Char lotte Viereck als Solistin trat, bezwingend verlebendigt wnrde. Tte beiden folgenden Neger-Gesänge dagegen waren mit ihrer müden Verscnnenheit nnb ihrem teilweise epigonen haften Stil isoliert. Ter tontrapunktisch durchwirkte Im- presstontSmnS de» Ehorstücke» „Weihe der Nacht* steht trotz mancher starker Stimmnngsmomcnte zu sehr tm Schatten deS „Tristan*, und da» Altsolo mit Orchester „An die Hoffnung* ist gewiß tbeakcn Zielen zugewandt, zerbchnt aber doch HdlderlinS wundervolle Dichtuna in kantatenhaft musikan- ttsch« Breite. Der Wiedergabe kam Helene FungS schön« Stimme zugute, und das, der Chor stch sür ein so schweres Werk wie die „Weihe der Nächst überhaupt zu be geistern vermochte, spricht erneut sür den tiefen Ernst, mit dem die Lehrersängcr ihrer Sache dienen. Ganz gemäst ihrem schönen, als Anstakt de» Abends gesungenen Sängerspruch: „Gottesdienst ist muh der Dienst der Kunst". Dr. Eugen Schmitz. » Der Feslkvmmers. Dem Fnbiläumskonzcrt iolgte ein Kommers, an dem auch zahlreiche Ehrengäste u. o. Abordnungen der Dresdner Liedertafel und des Meißner Lehrergesangvereins und Damen teilnahmen. Lehrer Siegel, der Leiter deS .Kom merse», erüssnete den Abend mit einem Vorspruch, der tn poetischer Form die Teilnehmer willkommen kiek, da» Ltntsche Lied als eine» der schönsten Güter unseres Dasein» ' i-m ,7 -' M.'-'»« keterte, ferner barauf htmvle». bah der Lehrergesanaveret« heute sreubtg ernte, na» er t« den 10 Fahren gelät bat und tntt dem begeistern'en Ausrus schlotz. durch Liedgesang deutsche Art zu schirme». Stehend wurde da» Lied «Brüder, reicht bte Hand zum Bunde* gesungen. Hieraus «rgrtss der erste Vor- sttzlrOe. Schuibtrektor Beruh. Philipp. da» Wort und betonte, seit Fahren sei ber Lehrergesangverein »ach seine» Konzerte» auScinandrrgegange«. aber heute wolle er auS An- lab seine» 10 Übrigen Jubiläum». obwohl die Zelt noch eben so ernst sei. einige Stunde« srvkiaeznut zuianimcnbleibeu. Sr schilderte bann die Gründung deS Lchre.gcsangvereinS tm Funt tStzl mlt 123 Lehrern. Drei von den Bieren die jenen GrünbungSausruf unterzeichnet hatten wellten nickt mehr unter de» Kollegen, nur Lehrer Emil Richter sei noch nnter den Mitgliedern. Der erst« Vorsitzende war damals Clemens Gebhardt und der erste Lie^ermcistcr der Kantor der Kreuzkirche Prof. Wermann. Ihm lei dann Edmund Krebschmcr. Engen Kranz, Friedrich Brandes, der den Verein SS Fahre leitete, und nun Fritz Äusch. der Generaldirektor unserer Oper, aefolgt. besten Devise fei: Vorwärts »nd auf wärts. AN« Borstt'endcn und BereinSdirlgenten seien de- strebt gewesen, den Lchrergciangveretn empor,ufiilircn, seinen Nnhm in Konzcrtsahrten auch tn die Ferne ?n tragen »nd den Skrcin in den Dienst seiner Vaterstadt zu stellen. Unter den Lehrern, die den Verein vor Ist Fahren gegründet. leien noch üi «„ den Meisten ber Milglteler. Vier unter ihnen, H. Bertlwld. C Gebhardt. G. Patzig nnd O. Nönick ständen noch tn den Reiben der Sänger und 18 Lehrer könnten beute ihr 2ö'ähriq-» Mitglied» ubtläuin feiern. Direktor Philipp widmete den Jubilar«"' herzliche Morte nnd dankte ihnen sür ihre Tren«. woraus er ihnen al» sichtbare» Kelchen Ehren nadeln übergab, und zwar den 10jährigen Fnbilaren In Gold und den Lhiähriaen in Silber. Die goldene Nadel erhielt auch der frühere Vorst'ende Emil Richter, der In einer längeren Ncde sür die Auszeichnung stgnkte nnd interessante Einzelheiten ans der Gr"-»'-'ng des Beretn». von der Pflege de» Volks- und Kunstliedes im Verein berichtete und ans dessen zielbewusste» Streben Im Gesang hinwte». Lehrer Thteme feierte den ersten Vorsttenden Direktor Philipp, t der seit Neben Fahren die Geschäfte de» LehrergesangvercinS leitet, rlihnite seine unermüdliche Arbeitsfreude und sein Bestreben, die verschiedenen Strömungen de» Vereins har monisch zn verbinden, sowie den Gesangverein ,u einem Faktor de» Dresdner KunstlcbcnS zu wachen. Nenner über reichte dem Gefeierten ein wundervolles Blumenarrange ment. Fm Anschlns, sang der Verein Ottos Chor „DaS treue deutsche Herz*, worauf Frl. Prevcl eine humoristtsthe Plauderei in Versen über daS Leben im Gesangverein von F. A. Gellster vvrtrua. Ein musikalischer Vortrag von Lehrer Winkler, ber tn scherzhafter Weise am Klavier über da» Motiv b-„-»-c-k phaniasierte, leitete den TrinNvrnch des zweiten Borst enden, deS Oberlehrer» Sattler, der in sein humoristischer Meile über die Gewinnung deö Gcneral- inusikdirektorS Fritz Busch zum Dirigenten des Lehrergcsang- verein» plauderte »nd damit schloss, das, der Verein unter seiner Leitung berufen sein werde, die höchsten ^'^»n zu erringen: möge „unser Liedermeistcr asS unter Fritz Busch* mit uns immer mehr verwachsen! Ihm galt dar dreifache Hoch in da» alle Anwesenden iubelnd einstimmtcm Namens der Dresdner Liedertafel beglückwünschte thr Vor standsmitglied Kaufmann Vatscher den Lehrcrgcsangverrin zu seinem 10'ährlac,, Geburtstag und betonte daS herrliche frcundschaktliche Einvernehmen beider Vereinigungen, rühmte auch, welchen achtungsvollen Namcn stch der Lclirergesang- verein tn der deutschen Sängerwrlt geschaisen habe nnd das, er zu einem solchen Meistcrvcrein geworden kei. Er solle weiter treu zu seiner Fahne, der Kunst und dem Vaterland halten. Dann werde er znm Wicderauferstehcn unseres Vaterlandes Leitranen. Für den Meißner Lehrer gesang verein sprach Lehrer Heinrich, der gleichfalls auf die Freundschaft mit d Meistner kestreraesangvercin s'inn'Ic» und ein Bild non Meiste« ans Porzellan gemalt als sichtbare» Zeichen aufrichtiger Freundschaft überreichte. Fm -chstststctl deS Kommerses wurden noch eine Reihe heiterer Darbietungen geboten, die vom Lebrer Hertz sch eirmelcltet wurden, ber mit zündendem Humor über den Sänger- kollegen-Schlcndrlan vlandertc. Die Sä>m?r blieben mit ihren Damen nnd Gästen noch lange tn fröhlich harmonischer Stimmung beieinander. Oertliches und Sächsisches. Znm Mord auf -er MarschaUstratze meldet die Polizei: Der tn den früheren Berichten aus gesprochene Verdacht aus die beschriebene Person wird durch die weiteren kriminalpoltzetlichen Erürtcriiiiacn immer mehr verstärkt. Tie Beschreibung deS mutmaßlichen Täters wird deshalb nochmals bekanntgegebcic: SO biS »0 Jahre alt. etiva IN Zentimeter groß, dunkelS Haar, nach oben gerichteter Schnurrbart, be kleidet mit feldgrauem ungesäumten Mtlitärmantel. Ilebcr die Kopfbedeckung gehe« die Angaben auseinander Während dt« eine» «in« graue Mütze ««.'«hin haben wollen, behaupten andere, der Täter habe etnr« schwarze» Hut getragen. Besonder» wichtig sind sofortige Mitteilungen, wenn et»« der Beschreibung entsprechend« Person am La »«tag t« der MUtaaözeit in der Marschall. oder Steinstratte oder de« um- liegenden Ltrasten oder tn dort gelegene» Häusern oder Vast- «trtschasten gesehen worden ist. Da der Täter vielleicht sei» Aeutzere» iz. v. Barts ver ändert hat. wird auch ln dteirr Beziehung nia MitteiLUng etwaiger Beobachtungen, insbesondere tu Friseur» und Barbiergeschäften gebeten. Die Ermordet« lmt einen Brief bei sich getragen» der roch nicht aufgelunden warten ist. Der Brtesumichtaq e«t. hält den Abicnterstcmpel: „St. Joses»heim II L. Fr. Frank- furt-Obcr, LctpLiger Slraste SO* und bte Anschrist: „Frau Marse -Einer. Dresten-A. Marichallstraste 27*. I» der linken Ecke des Briefbogen» sind tte Buchstaben „F. N. F. L.* verzeichnet. In dem Brteir tst die Rede von einer Weih- nachtrbcsch-'rnng und von Klcidungöstti-ken. die für arme Kinder übersandt wurden, ferner von einem UnglüctSfall i« Pohla. Ter B tcs enthält scrner einen GeburlStagSglücl- rvunsch und die Unterschrift „Sr. M. Fosesina v. göttl. H. Jesce.« Sollte dieser Brief ganz oder etwa tn Stück« zerrissen ausgesun^en werden, so wird um sofortige Abgabe an da» Krimtnalamt, Schicßgasse 7. oder die nächste Polizeiwache gedrttn. Der Sesamlvorftan- Se» Lerdande» Süchstfcher Nndusirirller trat »lnter dem Vorsitz de» ersten Vorsitzende». Fabrikbesitzer Otto M o r a s - Zltiau. zu einer starkbesuchten Sitzung zu sammen. Vor Eintritt tn die Tagesordnung gedachte der Vorsitzende der verstorbenen früheren Vorstandsmitglieder v. Schwarze. Generaldirektor Petter», sowie deS ebenfalls verstorbenen Versitzenden der Ortsgruppe Zwickau und Mtt- gltcb de» Gc'amtovrstandcS. Kommerzienrat Fikentscher. und würdigte bcren Tätigkeit für den Verband. Fm Anschlutz hieran bcarükte der Vorsitzende al» neue Vorstandsmitglieder Direktor Notzmann. t. Fa. Heine u. Eo.. Leipzig, sowie Herr« Tümmler, Döbeln, al» Vorsitzenden der Ortsgruppe Dübeln. Der Syndikus teS Verband«», Dr. März, legte den Geschäftsbericht vor nnd gab eine ausführliche Darstellung über die Herabsetzung der 20 prozenttgen AuSsuhrabgabe. — Fm Anschluß hieran erfolgte die Ausnahme von neuen Mit- gliedern. Der Gesamtvorstand de» Verbandes beschlotz ferner, bi« diesjährige Hauptversammlung am Mittwoch, den ü April, abzuhaltcn. Neben den latzungSmähjgen Regula rien und der Vorlage des Geschäftsberichts enthält die Tages ordnung einen Vortrag deö BankdtrektorS a. D. Tr. Weber, ferner hat Nelchsbankpräsidrnt Dr. Schacht zugefagt, in der allgemeinen Bcrsammlnng des Verbandes über die KSH- rungSsragen zu sprechen. Dielrlch Schäfer über -eutfche Politik. Die Gesellschaft kür wisfentckaktliche Volt- tik besteht am 21. März fünf Fahre. Fm Fremdcnüok ^iristrl fand auS diesem Anlast am DonnerStaa eine Fest- lttzuna statt. Fn iür sprach zuerst Otto mar Enktna. ber deutsche Tichtcrworte, von Lieuhard bib zu Getbel. zu« Gegenstand seines Vortrag» machte. Der Vorsitzende der Ge- sellschaft, StaatSmiuister a. D. Dr. Schrveder, würdigte dann die Vereinigung in ihrer Bedeutung. Drei Grunb- gcsühlc und Grundüvcrzeugungen seien inastgebcnd für dt« Begründung nnd Erhaltung der Gesellschaft gewesen: der Glaube an des Vaterlandes Zukunft und an sei» Auserstehen: die Ueberzcnaung. datz die unwttgbaren Kräfte tm Völker- leben mehr bedeuten als dir äußeren Gewalten, und ber kategorische Imperativ des Deutschtums, dem Fichte die Worte geliehen hat: Und handeln sollst du so, als lsinge S-on Sir und do.ncm Tun allein Das Lcblcksal ab der deutschen Dinge. Und die iberauUvortung ,vär' dein. Nun sprach Dtekrkch Schäfer. Etn bewegendes Ereignis sür jeden, ber de» eiLbärtigau treuen Hüter deS Deutschtum», de» Historiker auS Berlin, kennt. Mlt schwacher Greisensttmme spricht er: aber e» weht der Geist der deutschen Geschichte aus seinen Worten. Innere und ändere Politik. In der äußeren Politik ist da» Wesentliche: di« Erhaltung deö LtaatslcbcnS in seiner Selbständigkeit. Dir habe« wir lcute verloren. Die inner«: Politik hat die wirtschaftliche» und kriegerischen Machtmittel bereit,.„stellen, damit bte Ztele ocr äußeren Staatösührung erreicht werben können. Das hat BiSmarrk verstanden. Er hat immer sorgsam de» Aus gleich gesucht zwischen Industrie und Landwirtschaft. Deutsch, land wurde auS einem Auswandcrerstaat «tn Rückwanderer land.- das war die gültige Bestätigung von BiSmarck» Politik. AncerS mtt der Bereitstellung der militärischen Machtmittel. Da hat das deutsche Volk stch nicht den Erfordernissen seiner geographischen Lage anpassrn mögen. Bo» fünf R-tchStag». DMD>>>W«WninMrrW»WWWW»MSS« Mens „John Gabriel Dorkman." Neueinstudierung tm Schauspielhaus. 20. März 1021. E» ist etn Greiscnstück und Wintcrdrama, dieser „John Gabriel Bork man". Ibsens vorletzte Variation seiner Lramattichen Hauptthcmas von Sinn und Nutzen der LebenS- lüge. Die Kühle eines Ubericharscn Intellektes geht davon au». In Dunst und Nebel beginnt oer Weg und endigt tn eisigen Höhen deS TtefsinnS. Die Kälte, die EiShand des Winter» lrgt sich nusS Herz John Gabriels und drückt e» ab. Dt« HrrzenSkältc hat die Menschen deö Stückes längst vorher um den Gehalt ihre» Lebens gebracht. Als bletckr Schatten umkreisen sie sich tm düsteren Hause und saugen sich thr letzte» Blut auS. Durch die große Ibicnschc Abrcchnnng. durch daS Gerichtstag halten mit dem eigenen Ich, dnrch den dialek tischen Prozeß der VcrgangcnhcttSprüsnng bereiten sie sich selbst ihr Todesurteil vor. Da ist der Bankdircktor John Gabriel Dorkman. der Bergmannssohn, den die Erzadcrn mit dem Taumel der Macht erfüllt haben, der auS der Entfesselung der schlummern den Geister de» GoldcS quillt. Um die Menschheit zu be glücken. wird er Verbrecher vorm Gesetz, greift die Depot» an. wirb verraten, verurteilt, vernichtet. Er selbst spricht sich frei. Er HUte die Macht, damit da» Recht. Nur der Erfolg war gegen ihn. War » geglückt, so war er etn Wohltäter der Monschhett. Nun harrt er des Tage» der Genugtuung, die kommen muß. Denn man braucht ihn: nur er kann bte Geister de» Goldes entfesseln. AuS Größenwahn und Moral- soplilstik macht sich dieser tn seiner ersten Feldschlacht zum Krüpvel geschossene Napoleon de» Geldes seine LcbcnSlüge zurecht, die ihn aufrecht hält. Auch der korsische Napoleon versicherte als gcstür.re Größe, daß es nur noch weniger Schritte und Opfer bedurft hätte, bann wäre seine Welt- Beglückung erreicht gewesen. Auch er hielt sich nur sür ver raten. DI« Männer olnic Herz sind die Narren ihre» Ver stände». Bortmatt stirbt alo Lieger sclncr Illusionen. Da tst Ella Neiitßeim, die Borkman acltcbt Hai. der sie aber seincm Machlwahn opferte. Er Hai das Ltebeslcbc» i» ihr getötet. Sie rettet die Reste tbrer Liebe tn die Fürsorge für BorkmanS Sohn auS der Ehe mit ihrer Zwillings- schwesicr: sie fvrüdrt Erhard Borkman sür sich und verliert ihn. Sie ist vom Tod gezeichnet, eine um den Sinn ihre» Lebens Gebrachte, die nicht einmal in einer LebenSlügr Ge nugtuung fand. Da ist endlich Gunßiid Borkmgn, verwöhnte Genossin deS Glücke», entmenschte Rächerin, als die Schande über ihr Haus hereingebrochen. Sie hat nur noch etn Ziel: ihre» Sohn Erhard heranzuziehcn zur Entsühnung deS entehrten Geschlechtes. Ihr Leben zerbricht, alS der Sohn sie verläßt. Ihre Lebenslüste hält nicht stand, weil sie aus anderen beruht. Denn bte Jugend will thr eigenes Leben. Will nicht Sühner und Rächer lein, sondern Genießer und Schwärmer. Hinaus in Freiheit. Schönheit. Wärme und Sonne. Süden und Sinnlichkeit locken sie auS nordischer Kälte fort. Es ist keine ideale Jugend, keine aufbaucnde, arbeitende Krait in Erhard Borlman verkörpert, sondern nur der rohe LebcnSdrang. Nnd da» ist da» Trübste und Kälteste an dem grciscnhaiien Wtnterdrama, datz keine Hossnung aufleuchtet ans neue», fruchtbare», gesündere» Leben, auf bessere Zukunft und wirkendes Schaffen. Alle» Illusionen. Gespenster, Schemen, lebende Schatten, die sich in eisigen Höhen über einem Toten die Hände reichen. Mit raffinierter Kunst hat der greise Ibsen seine Motive tnetnandergcwobcn. Er tst sein eigener tragischer Parodist. Jedes Wort klingt doppel- »nd mch-.dentig. hat einen realen nnd einen symboltschcn Sinn und wirft auch nock Lichter auf alle früheren Dramen oder ist von deren Ttessinn durch leuchtet. Jede Gestalt ist Schatten oder ironische, bittere Um- bilkuing früherer Gestalten. Fn Borkman lebt der macht gierige Fnlian wie der phantastische Söhenstreber Golnetz. vertieft sich der Sclbstbclüaer Hsalmar Etdal und vergrößert sich der Konsul Bcrneck. tteberall treten wir auf doppelten Boden, der bnmps nachhasst a»S mystischer Tiefe. „Wildente* »nd „Gespenster" spuken herein in seltsamen Symbolen nnd tn Schemen der Vergangenheit. Viel düsterer als vordem verfinstert sich JbsenS Weltanschauung hier Ja wir fühlen StrlndbcrgS Totcntanzthema erklinge» im SiebeShatz der Ge schlechter. uno dann wieder hallt ans den bcbentnngSUber- ladcnen Sätzen dir Gcistersprache Maeterlincks. Wir Nnd im dickste» Nebel deS nordischen Zauberers und sehen dennoch alle» mit fast schmerzender Klarheit. Denn daS ist hier seine Zaubrrtnnst: die Schleier über Men'chcnschicksal so gelckiickt zu legen, daß uns darunier die zuckenden Herzen sichtbar iverden. Lüstet man nur ein wenig den Zanbcrichletec der Jbsenschcn Technik, sn tritt das Dürre, da» Kalle, daS Be rechnete de» großen Abrecknungsdramaö deutlich heraus. Dies Drama ist mtt klarem, kaltem Verstand gebaut, gehämmert, verdichtet: cS klopft kein heiße» Herz darin. Die reiche» Stimmung-mittel der Jbsenschcn Kunst wirken auch heule ans »nö bestrickend. Aber die Gewalt des Problems versagt. Dafür sehe ich zwei Ursachen: Borkman streift tn seiner naiven Selbsialänbigleit das Pathologische, erscheint als Svndcrsaü eines von dcc Welt beleidigten Megalomanen. Wir glauben ihm nicht mehr, datz er zu Großem berufen gewesen sei: Er. der glaubt, daß es ohne ihn nicht gehe, sieht dann doch, das, die Welt ganz in der Richtung seiner Pläne vorangckommcu ist. Sein Traumreich ward - durch andere Wirklichkeit. Sein Mißerfolg hat die Wcltent- Wicklung nicht aufgchaltrn. So hat kein Ende für un» nur den Wert eine» romantischen Symbol-. Dann aber ist da» Drama ohne leüendtges Feuer deshalb, weil ihm die Jugend fehlt. Die Fugend in dem Sinne, daß der Dichter fühlbar macht: die Welt besteht nicht dnrch die Herzlosen, sondern durch die Beherzten, sie lebt nicht »cm den Napoleon«», die alt wer- den und verunglücken, sondern von den Jungen bi« immer wieder hoffen und schass«". Erhard Borkman aber ist ein Nichtsnutz, der mit zwei Weibern in die Welt fährt. DaS ist kein wahres Symbol als tzlegei,gewicht zu all den Begräbnis- zeremoniell, mtt denen hier eine Vergangenheit zur ver dienten Ruhe gebettet wird. Man fühlt, daß etn Alternder das Stück geschrieben hat, zwangsläufig tn der folgerichtigen Entwicklung seiner Weltanschauung, aber immer tiefer ver. funken in der Verzweiflung am Ausbau seiner scheidenden Generacivn. Eine Umstellung tn der Bewertung eine« bedeutenden Dichtenvcrke» — und daS ist „John Gabriel Borkman* schon durch die meisterliche Technik — bedeutet noch keine Ab- lehnung seiner Wiederaufführung. Im Gegenteil, e» ist sehr wertvoll, daran den Mandel ber Zetten zu vergegenwärtigen. Der Spiellritcr freilich mutz an den Vollivert de» Werke» glauben, um eü ganz lebendig machen zu können. Georg Ktesan tat daS. Cr vertiefte sich tn die mystische Atmosphäre de» Dramas, seine gedrängte, tn strengste Einheit ber Zeit gezwängte Lückenlosigkeit de- HanblungSnerlaufe» und seine winterliche, kerkerhastc Milienfttmmung. Er malte tief dunkel die beiden »nbehaaltchen Wohnriiume oek Nrntheim- schcn FamilienguteS. ließ nur tm engen Lichtkegel der Lampen Gesichier und Seelen aufleuchten. und tauchte die Wtnterland, schasl de» Schlusses in feuchrtalte, todbringende Nebelschleier. Die lünsllcrisch-tcchnische Ausführung der Bsihncnbilder durch Adols Mal, nke »nd Georg Brandt zeigt« diese Stimmungölunst wieder aus vollkommener Höhe. Die lang, same fast unmerkbare Wandlung des EchlnßbtldeS gelang vorzüglich und unterstützte die dichterische Absicht mit male- risch-plastische,, Mitteln. In der Abtönung des getstig-sce ltsche» GchalteS wären rinige stärkere Aufschwünge deS Ge fühls. Aufbäiimuiigcn der absterbenden Leidenschaften mehr willkommen gewesen, um die lähmende Trübe stellenweise zu beheben. Bor allem aber hätte die zwesdcntige Jugend frischer, farbiger, kecker in Bild und Stimmung hinetnlenchtcn
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