Volltext Seite (XML)
Herr Fritsche so krank geworden, daß ihm der Arzt dai Weiterspielen untersagt habe. Somit fiel denn der fünfte Act ganz aus. Tagesgeschichte. Paris, 23. Febr. Die Rede des Prinzen Napoleon hat hie eine ungeheure Sensation erregt. Man spricht heute von nichts Anderem. Im Ganzen hat sie wenig Beifall ge funden, und man kann sich Wohl fragen: Wer und was ist eigentlich der Prinz Napoleon, um es sich zu erlauben, einen solcher^ Ton anzustimmen? 'Der Scandal im Senat war ein furchtbarer. Man muß auf 1848 wie auf 1793 zurückgreifen um Scenen aufzufinden, wie sie in der gestrigen Senats-Sitzung vorkamen. Darf man aber nun die Rede des Prinzen ernsthaft nehmen? Man muß dieses beinahe thun, denn während er gestern dem Senate den Text las, ertheilte der Kaiser im heutigen „Moniteur" den Deputirten eine scharfe Zurechtweisung Beide berufen sich auf das „Land"; der Kaiser auch auf die Armee, und wenn man diese für sich hat, so hat die Geschichte schon oft genug bewiesen, daß man machen kann, was man will. Eine Auflösung des gesetzgebenden Körpers ist daher vielleicht zu erwarten. Was man mit dem Senat anfangen wird, darüber belehrt uns die Verfassung nicht — Der (bereits telegr. er wähnte) Brief des Kaisers an den siegreichen Feldherrn in China, General Montauban, in Betreff der ihm zugedachten Nationalbelohnung (bestehend in einem Jahresgehalt von 50,000 Fr.) erregt kaum geringeres Aufsehen, als die Rede des Prinzen Napoleon, indem eine Volksvertretung wohl nicht leicht geringschätziger behandelt werden kann, als es hier ge schieht. Nachdem der Kaiser in dem Briefe erklärt, daß er sich durch die bereits im gesetzgebenden Körper kundgegebene Abnei gung, die beantragte Dotation für den General zu bewilligen, durchaus nicht bestimmen lassen werde, den Gesetzentwurf zu- rückzuzichen, sagt er am Schluffe: „Ich für meinen Thei wünsche dem Lande und der Armee zu wissen zu thun, daß ich. als verpflichteter Richter der politischen und militärischen Dienst leistungen, durch ein nationales Geschenk ein ohne Beispiel da stehendes Unternehmen ehren wollte. Große Thaten werden am leichtesten da vollbracht, wo sie am besten gewürdigt werden, und nur entartete Nationen (natious äo^öiiöreos) feilschen mit der öffentlichen Dankbarkeit." Er erklärt also gerade heraus die Mitglieder des gesetzgebenden Körpers, die sich beikommen lassen sollten, von ihrem Rechte Gebrauch machend, gegen die Dotation zu stimmen, für entartete Menschen!. Man ist sehr gespannt darauf, wie nach diesem kaiserlichen Wink mit dem Zaunpfahl die Abstimmung ausfallen wird. Man vermuthet ziemlich allgemein, daß die Kammer ihrer Gewohnheit gemäß auch diesem kaiserlichen Winke Folge leisten wird. Italien. Für die in Noth gerathenen Bewohner der durch die letzten Ausbrüche des Vesuv furchtbar verwüsteten Stadt Torre del Greco hatte (wie schon gemeldet) der Ex-König von Neapel eine Unterstützung von 800 Dukaten abgeschickt, die aber zurückgcwiesen wurde. Jetzt hat der Advokat Gio Antona-Traversi den Nothleidcnden der genannten Stadt eine gleiche Summe mit folgender Zuschrift überwiesen: „Tie dar gebotene Gabe ist nicht die Ironie eines Tyrannen, sondern der Obolus eines Bruders, sie ist rein von Thränen und Blut Amerika. Ueber die in amerikanischen Blättern vielbe sprochene romantische Expedition des Generals Lane schreibt Corvin, der bekannte Washingtoner Correspondent der „A.A.Z.," Folgendes: „Jane Lane ist der größte Waghals, der in Ame rika zu finden ist. Er ist in Indiana geboren und der wahre Typus eines Westmannes. Er ist ein Mann, unerschöpflich in Hülfsmitteln und von unbezähmbarem Muth; kein Hinderniß— physisch oder moralisch — erschreckt ihn; er ist zu allem fähig, sei es auch noch so schlecht und barbarisch, sagen seine Feinde, wenn er nur seinen Zweck erreicht. Er würde ein vortrefflicher Räuberhauptmann sein. Seine Offiziere sind zum Theil Leute ähnlicher Art. Lane beabsichtigt, mit 30,000 oder, wenn er sie zusammenbringt, mit 50,000 Mann gerade nach Texas zu mar- schiren, eine Entfernung von OSO englischen. Meilen. Der Ge neral wird soviel als nur möglich Cavallerie mitnehmen, die in Texas sehr brauchbar ist und leicht Futter findet. Es werden seine Expedition acht bis neun Batterien begleiten, und außer dem nimmt er zwei Mörser mit. Seine regulären Truppen werden durch befreundete Jndianerstämme vermehrt werden und, wie er hofft, durch etwa 50 bis 70,000 Neger, die halb verhungert in Nord-Texas sind, wohin sie von ihren Herren in Missouri gebracht wurden, damit sic nicht entfliehen möchten. General Lane kehrt sich an keinen Operationsplan des Generals Mac Clellan, sondern handelt ganz unabhängig. Natürlich ist der Zweck dieser Expedition, die Rebellion zu ersticken, nicht die Sklaverei aufzuheben; allein wenn sie gelingt, wird sie Texas zu einem freien Staat und dieses große Land zu einer Schranke gegen die so gewünschte Ausdehnung der Sklaverei nach Cen- tral-Amerika machen. Feuilleton und Vermischtes. * Literarisches. Der unlängst bei Rudolph Kuntze in Dresden erschienenen „Englischen Sprachlehre" von I). W. E Peschel ist ein neues Werk desselben Verfassers gefolgt, welches den Titel führt: „Englische und deutsche Aufgaben zum Lesen und Uebersetzen, eine Sammlung ausgewählter Stücke aus den Werken englischer und deutscher Prosaiker und Dichter, mit ei nem reichhaltigen Wörterverzeichniß." Diese treffliche Samm lung englischer und deutscher Lehr- und Uebersetzungsstücke zu freier Uebung der englischen Sprache, beginnt mit der leichten Anecdote und kurzen Erzählung, in gut eingehaltener Reihen folge zu dem Schwierigeren und Längeren fortschreitend. Die sen folgen dann englische und deutsche Skizzen, Beschreibungen, biographische und historische Stücke, Briefe vermischten Inhalts und solche berühmter Personen. Endlich im zweiten Theile eine Sammlung Gedichte, die deutschen mit der Schiller'schen „Glocke", aus der einen Seite in deutscher Sprache, auf der anderen metrisch ins Englische übertragen, abschließend. Namen wio: Dickens, Irving. Goldsmith, Robertson, Hume, Scott, Byron, Shakespeare rc. und I. Paul, Herder, UHIand, Schiller, Göthe rc. bürgen für die treffliche Wahl der einzelnen Stücke, die wie derum durch ein reichhaltiges, nicht alphabetisch, sondern nach der Reihenfolge der gegebenen Piecen geordnetes Wörterverzeich niß der beiden Sprachen begleitet sind. Wenngleich durch vor liegendes Buch keine vollständige Chrestomathie gegeben ist, so muß doch der praktische Werth desselben, sowie die Ausstattung und der Preis empfohlen werden. Wir wünschen diesem reich haltigen und klar abgefaßten Werke, das nicht allein zu jeder anderen Sprachlehre paßt, sondern auch zu ganz selbstständigem und gewiß nur vortheilhaftem Gebrauche dienen kann, eine gleich günstige Aufnahme, wie des Verfassers erstem Werke zu Theil wurde. Das Buch dient gleichzeitig auch für Engländer, welche sich der deutschen Sprache befleißigen. * Humbug. Aus Wien schreibt man, der Reisemarschall des Prinzen von Wales habe sich über die zweitägige Wirths- rechnung von nur 2000 fl. öst. W. im „Hotel zum Erzherzog Karl, wo der Prinz zwanzig Zimmer inne gehabt habe (we che Zahl wir gleichfalls bezweifeln möchten) so verwundert, daß er den Hotelbesitzer gefragt habe: ob er nicht aus Jrrthum Gulden statt Pfunde angcsetztj? 2000 Pfunde für zwei Tage wäre je denfalls nicht so „natürlich" gewesen, wie die Verneinung jener Frage, und dürften selbst der Frau Mama Königin etwas zu hoch gegriffen gedünkt haben! Das Ganze ist wohl eine ge- müthliche Wiener Ente für uns „Drenten." * Ein wissenschaftlich gebildeter Schuhmaa-er- lehrling. Aus Naumburg schreibt man dem „M. C.": Wie tief die Bildung in das Volk gedrungen ist, davon giebt ein im Naumburger Kreisblatte enthaltener Aufruf einen sprechen den Beweis. Dort heißt es: „Ein wissenschaftlich gebildeter unger Mann, welcher die Schuhmacherkunst erlernen will rc., vird gesucht von F. Fritsche in Kösen." Vielleicht daß einer )er nächsten Frühjahrs-Abiturienten sich für den Lehrstuhl der Pantoffelkunde" entschließt und als „Eleve des Peches" eintritt. * Das Ausstellungsgebäude in London ist von den Bauunternehmern Kelk und Lucas jetzt bei der „Narwich Union Campanv," gegen eine Prämie von 3300 L., für 400,000 L. versichert worden. Der Agent, welcher das Geschäft vermittelte, M. i . VS-