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Dresdner Nachrichten : 27.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188806279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18880627
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18880627
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-06
- Tag 1888-06-27
-
Monat
1888-06
-
Jahr
1888
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 27.06.1888
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^ ^ ttem sl . b« flall wahrschetn , sehen sollte, wen?» Nebrrnahme . ... . .. .. . »u verrichten. Glücklich ist dieser Gedanke ledeiilnllS mcht zu nennen: denn Herr v. Puttkam« ilt weniger seinen politischen Aiifcharmngcn alv seiner fatalen Peinlichkeit zum Opfer gefallen, und eine solche eignet sich zu einem Stmthalter doch sehr wenig. Di« zu erwartende Publikation über die Krankheit des Kaiser» soll in ossizieller Fon» die Einzelgutachten, namentiich Gerhardts, tzergmannS, Tobolds, Landgrmö. SchinibtS, SchrütterS. BmmaniiS und Kußmaulö entbalten. Auf diese Weise würde die deutsche Wissenschaft ihre sachlichste und glänzendste Nechtsertigung erhalten. Uebrr die anscheinend »»begreifliche Hartnäcklakeit, nut der ihr treu gemeinter und richtiger Nach aber abgelelint und dafür daS ..System Mackenzie" mit seine» Fälschungen und Tiiuschungen geduldet wurde, dürsten noch inanchc grelle Streiflichter lallen, vlanieiillich wird die Nolle der freisinnigen Partei mit ihrer politischen Jntri- guenwirthlchaft und servilen, bemühten Wahrhrussilllchuttg eine ganz eigenartige Beleuchtung finden. Die „Eons. Evrresv." hat bereits mit einer Altikelseue: „Herr Mackenzie und die dcutiche freisinnige Partei" braonnen. Wir heben daraus folgende Siche hervor: Es isl zweifellos, daß der englische Arzt seinen Jrrthum, wenn ein solcher, wie wir zu seiner Ehre annehinen, überhaupt jemals bei ihm bestand, nicht erst „n der Leiche Kaiser Friedrichs cingeielien hat. Es liegt aller Grund lür die Annahme vor, dah Herr Mackenzie den verhängnißvollrn Mißgriff seiner ersten falsche» Dtagnoir du»ch ein doppeltes Mas; von Bereitwilligkeit, vom poli tischen Gesichtspunkte bestimmte Dienste als Leibarzt zu lechen, gut zu machen veriucht hat. Bekannt ist weiter, dah Herr Mackenzie den Stützpunkt lür die gewundene Linie, die er innehalten muhlc, in der Anlehnung an wiederholte Gutachten suchte und fand, zu deren Abstattung Herr Vsichow ansgefvrdert wurde, de» die Welt als berühmten Pathologen und nicht »linder als hervorragenden freisinnigen Politiker kennt. Das Zutrauen, welches der englische Arzt gerade zu diesem Plan» der Wissenschaft an den Tag legte, war unbegrenzt — man möchte sagen, merkwürdig nnbegrentt. Herr Mackenzie wollte von keines anderen Autorität etwas wissen als von der des Herrn Virrhvw. Der letztere entsprach denn auch den Erwartungen, die man ihm rntgrgenbrachte, durch den Ecker, init dem er sich der Untersuchung der chm übersandten „Wuchernngs"- Parlikeln unterzog, vollkommen; er bcrsahte und veröffentlichte lange Gutachten über den Beinnd seiner mikoikopischeu Unter suchungen nut vielen gelehrte» Knnslansdcncke», die der Laie zwar nicht verstand, aus denen er aber anialhmend die Gewihheit ent nahm, dah Herr Virchow ,,nichts Bedenkliches" gesunden kalte. Es ist eine tiesttancige Gewihheit, welche fetzt dem deutschen Bolle wird, dah die Behandlung iciues schwer erkrankten Kronvruizeii und Kaisers mehr als ein Jahr hindurch ui der Hand eines Mannes gelegen hat. der nicht nur alsEhaclatan, sondern zugleich als poli tischer Jiitrignant und gemeiner Ehamttec jetzt vor aller Welt dasteht. Seit Iahten bat der Weihe Saal des königlichen Schlosses eine derartige Prachtentsaltnng bei der Ncichstagseröffnuug nicht gesehen, wie am 25. Juni. In seltsam anmulhendem. aber gefälli gem Kontrast erschien der Glanz der modernen, goldüberladencn Uniformen der Generale und hohen Eivilbcnmtcn neben den sriedecicianischeil Uniformen der imposanten Figuren der Schloß- garde und der an das Rocorv-Zeitattcr erinnernden Tracht der doosbeamtcn, welche in geräuickilvier Geschäftigkeit noch in letzter Stunde anordnend und uusgleichcnd durch die Menge schlüpilen. Zu einem so lebhaften und sarbenreichen Bilde ist der Weihe Saal gerade die rechte Umrahmung. Der Thron war nicht, wie im Iah« 1871, der alte Kaiierstnhl von Goslar, sondern ein Sessel mit goldenen, in Löwenlopie aiislausenden Armitützen und Unter gestell, Sitz und Lehne mit purpurfarbenem Sammet überzogen. Ter goldene Kaiser-Baldachin mit eingewebten schwarzen Adlern überwölbte den Thron, zu welchem mit Purpur ansgeschlagene Stuten bumussnhilen. Ter Baldachin setzte sich m eine gold- brokalcne Wandbetleidung fort; schwarze und graue Flore, welche sowohl den Baldachin umzogen, wie auch an den Wcmdleuchtem angebracht waren, deuteten die Trauer um den Kaller Friedrich, sonne die Halbtraucr um Kaiser Wilhelm 1. an. An den Thüren hielten GardeS du Corps in Parade-Uniform Wacht, mächtige, wie aus Erz gegossene Gestalten. Das hohe Aller des Begrün ders des Reiches und später das schwere Lecken seines Nachfolgers, des Kattens F,redlich, l aben im Bcrein mit der ernsten, aller über mäßigen Prachtliebe adgeneigtcn Haltung, welche den preußifchen Hot eigentlich schon seit dein Tode Fricvrich's I. auözeichnct, der artige glänzende Fcicrlichleiteir in Berlin zu recht seltene» gemacht. Diesmal jevoch wurde der ganze Pomp entfaltet, über welchen die vrenßifche Krone nebiclet, zu Ehren des Reiches, zu Ehren der Bundrsttiisie», welche sich um den Kauer schaartcii, unv zu Ehren der vom denticbe» Bolle gewählten Bectretimg. Rechts vom Throne war die Tribüne für die Kauerin errichtet; ans der Käpellcnieite befand sich die Tribüne für das diplomatische Korps, welches säst vollzählig mit seinen Damen ci>chienen war. Soweit der Bericht der „Nat.-Zlg.". Tie Eröffnungsfeierlichkeit selbst verlief Programm gemäß. wie gestern berichtet. Die Eröffnung des preußische» Landtages erfolgt genau nach demselben Ecremonlell wie die des Reichstages. Dre Neichsinsignie.n werben von dcaielbrn Prr'önltrisieilen getragen. Ihre Majestät die Kaiserau und Königin webnt der Feier in der Loge rechts vom Thron bei. Ein gegen der Meldung eines Wiener Blattes verlau tet. daß zur Zeit keinerlei Bei Handlungen über Zollmaßnabme» irgend weiche. An zwischen der deutschen und der östcrreichlsch- ungariichen Regierung schwebe». Engen Richter scneinr van seinen Lesern bedrängt und um ge noueMu'Heilung der Bvrgänge ersucht worden zu lein, bei welchen weiland Kauer Friedrich >n Vcurt'ieilnng der letzten Richter'schen Rede geäußert haben sollte: „Ein trejfcndes Wort zur rechten Zeit". Hr. Richter tcanlt nicht an übergroßer Bescheidenheit, gleichwohl zeigt er bei der nnamchc ersolgten Erzählung der an geblichen Bcaebe»heit sich io rnlnend bescheiden, daß er die wenigst anssätlige Stelle in seiner Zettnng — de» Briefkasten — dazu ansersehen hat. Dort kann mau lesen: „Kaiser Friedrich las, wenn es ihm sein GesnnblieitSzi.sland irgend erlaubte, verschiedene poli tische Zeitungen, darunter auch die „Freisinnige Zeitung". In letzterer nahm er am Sonntag, 27. v. M., und zwar im Park zu Charlottenbnrg in der Nähe des Zeltes von den Landtagsverhand- lungen des borbero.eheickcn Tages über die Aahibeeinslnßu»gen Kennliuß. Dcc Kaiser rcichte einer Person seiner Umgebung die betreffende Nummer mit der Aufforderung, gleichfalls die Land- togsvechaiidliingen zu lesen. .Hierbei machte Kaiser Friedrich die oft eikirle Aenßsruiig von dem „tresscnde» Wort zu rechten Zeit". Wir haben damals eist über jene Acukerung berichtet, nachdem andere Freisinnige Blätter Andcuiungen darüber gebracht hatten gegenüber den Lügen in der offiziösen Presse, als ob Kaücr Fried rich jene Landtansverhandiungen unwillig aittgenvurmen habe. An denuelben Tage, 27. v. M-, ianole bekanntlich Kaiser Friedrich jenes erste Hand'chreibcn an den Minister v Pullkamer zu Gunsten der Wahlsceibeit". Dazu bemerkt die „Staatsbürger-Ztg.": Tue Unsicherheit in der Darstellung, sowie die Stelle, wo sie wieder aegeben wirb, lassen de» Schlug bewchUgr erscheinen, daß Hr. Eugen Richter selbst nicht an die ganze Geschichte glaubt. Wäre er seiner Sache gewiß, so wäcen dainber sicher ühv» ein paar Dutzend Leit artikel über sein „treffendes Wort" und seinen staatsumwälzenben Einfluß an höchster Stelle vom Stapel gegangen. Wir bleiben bei der Ansicht, daß die ganze Sache erfunden ist. Jedensalls spricht cs nicht für die Wahrheit der von der „Freist Ztg." erzählten Ge schichte, daß sie dieselbe am 27. b.M. im Park in der Nähe des kaiser lichen Zeltes Vorgehen läßt, während der Kaiser an diesem Tage das Zimmer nicht verließ. Die Straßburger „Landes;e>tung" meldet, daß Fürst Hohenlohe untcr dcm 2tt. Imu mit den bisherigen landesherrlichen Befugnissen Vom Kaiser bestätigt worden ist. Ter Tanwser des Nmddelttichcn Lloyd „Werra", welcher in der Nabe von Dnngciieß gcilcaudct war, ist in der Stacht von drei Schleppdampfern wieder slott gemacht worden und hat seine Reise fortgesetzt. Die Zahlmeister-Afsaire, wclche zur Zeit so viel Staub ous- wirbeitc. bat nunmehr, wciiigslens thcilwcise, ihren Abschluß gesun den. Am vergangenen Mvittag wurde der Zahlmeister F. von Münster durch einen Offizier in Werden eingeliefert, um eine drei jährige Zuchlhausstiaie abzubüßen. Derselbe war im ersten Ver- handlungsgange sreigesprochen worden. Gegen dieses Erkennlniß batlc daS Militär Andiioriat Berufung eingelegt und die zweite In stanz hatte ans drei Monat, Gemngniß erkannt. Hiergegen legte der Beniitheilte lvwohl, als auch das Milillttauditottat Berufung ein, lrtzleres. weil von Seilen des Kriegsiniiiistenums das Urtheü nicht bestätigt wurde. In dritter und letzter Instanz wurden dem Angeklagten drei Jahre Zucht!,.,»S Z» Theil. Oesterreich. Die drnttihe Thronrede machte i« jeder Be- riehnng in Wien den besten Eindruck. Kronprinz Rudolf und Ecjhcrzvg Otto kamen bei ihrer Rund reise durch Bosnien und die Herzegowina auch im Hochgebirge nach ««er Stell« «h« de« Divinsattel. wo vor lau« d«l Sach«, die ,u» Montenegro kommrird« Räuberbande mit den Brüdern Jllie an der Spitze von den östeneichckchen Gendarmen medergcmacht worden war. Diele sehr hinterlisügen Räuber hatte» e» auf die dortige Gendarmir-Kakerne abgesehen. Sech» Gendarmen schossen zwölf von den Räubern nieder und verwundeten dreizehn, welche nach Bilek gebracht und erschossen wurden. Einer der Ränder, Hvzo Glagovac, schleppte sich verwundet fünf Tage tm Gebirge verum, bis er von den Bauen, autgegrtffen und der Gendarmerie übergeben wurde. Man machte kurzen Prozeß, mdem man ihn er schoß, anstatt ihn an den Wunde» zu bette» und Hann zu hängen. Glogovac gestand vorher ein und machte Enthüllungen, welche be wiesen, daß die Ränder von Montenegro ausgetchickt wurden. An diese Stelle kam jetzt der Kronprinz Rudolf und es ist begreiflich, daß er sich alle Details deS Ueberfalls und der Besiegung der Räuberbande erzählen ließ. Er betrachtete die Oertlichkeit, wo der letzte Kampf stattiand, mit besonderem Interesse, namentlich di« Kaserne am Divinsattel. In dieser Kaserne nahm der Kronprinz daS Dejeuner. Die Gendarmen Kr,ich und Skaro, welche die Brüder Jllie erschossen hatten, servirten dem Kronprinzen «in gutes Dejeuner, wrlck-S der Gendarmerie-Kommandant Oberst Tomsic besorgt batte. Diese beiden Gendarmen mußte» dem Kronprinzen nochmals den Kamps detaillirt erzählen, und wurden belobt: es war dies ein Stück echter Ränbenomcmtck. das hier der Kronprinz erfahren hatte. Während de« Dejeuners wurde demselben a-mcldet, daß von den massenhaft herbeigeströmten serbischen Weibern ein Kolotanz aiisgrfübrt werde, an welchem die Braut eines Gendarmen Namens Stewndic thei lnehmcn werde, und zwar als erste Tänzerin. Diese Braut, Anna, aus dem nahen Dorfe DavidowicS hat vor drei Wochen die Jllic'sche Rttube>bande an die Gendarmen von Divinsattel venathen und auch diese von der Ankunft der Ränder verständigt, so daß die Gendarmen rechtzeitig vorbereitet waren. Ein Räuber hatte nämlich bei Anna's Vater Unterkunst und theilte dem Mädchen seine und seiner Genossen Pläne mit. Anna ver ständigte den Gendarmerie-Posten am Divinsattel davon. Diesem Verratbe dankt sie einen Mann in der Person des Gendarmen Stefandic. Das Mädchen tanzte munter den Kolo vor dcm Kron prinzen. Aus den nahen Bergen, welche de» Tivmlattel umgeben, sahen viele Hunderte Weiber, Männer, dann Türken, natürlich ohne Weiber, dem Nationaltanze zu. Kronprinz Rudolf und Erzherzog Otto folgten den anmutmgen Bewegungen der slavischen Tänze rinnen, von welchen die Gendarmen-Braut keineswegs die schönste war. Ter Kronprinz sprach mit vielen herzegowinnchen Häupt lingen, die ihn alle ihrer Lvynlilüt versicherten. Die Medaillen und Berdienstlreuze, die Biele trugen, veranlaßlcn de» Kronprinzen, Erkundigungen nach den Anlässen dieser Auszeichnungen cinzuziehen. Als der Kronprinz auibrach, ertönten begeisterte Zwios; die allen Serdaren weinten vor Rührung und wollten dem Kronprinzen die Füße küsse». Der Kronprinz und Erzherzog Otto kauften von den Serdare» zwei Panzer aus Silber, welche diese Häuptlinge willig vom Leibe nahmen und sie stolz den Prinzen gaben, wclche die Panzer sehr gut bezahlten. Daß der Thronfolger aus diesem Punkte angesichts der montenegrinischen Grenze io ruhig und sicher mit den Eingeborenen verkehren konnte, spricht mehr noch als der Entlmsras- mus, mit dcnl er empfangen wurde, für die Ruhe, die in derHcrzc- gowma herrscht. Der Kronprinz betrachtete vom Divinsattel die Gegend und bemerkte: „Das ist echte Balkanlandschast, ganz wie ein Bulgarien". Dem antisemitischen „Verein der Deutschnationalen in Steier mark" wurde gestattet, m der Ortschaft Thal bei Graz eine Wander- vcriammlung mit einem „Äermrmeittest" abzichalten, unter der Be dingung, daß der Ausschuß des Vereins sich verpflichtet, keine Demonstration«! zu Gunsten Schmierers zu dulden. Ter Vercins- ausscüuß übernahm dicie Verpflichtung. In Vrzczic in Galizien schlug der Blitz in die Pfarrkirche wäh rend der Messe ein. Drei Personen wurden getödtet. 6 schwer ver letzt. 80 leicht verletzt und an 200 contnsionirt. Der die Messe locnde Krakauer Bnchvf ermahnte zur Ruhe, was ein größeres Unglück durch Drängen verhütete. Die evidcmischen K mdcrkcankheiten, insbesondere Masern, ziehen sich längs des ganzen Erzgebirges und lassen keine Schulgemeinde unverschmlt. Biele Schule» im Vrüxer und Komotauer Bezirke sind nabezu leer und viele sind ganz gesperrt. Tie Gemeinden stehen dieser höchst peinlichen Kalamität rathlos gegenüber und können nur zum drastischen Mittel der Schulsperre grellen. Aus Böhmen schreibt man: In Folge der Erhöhung der Cigarrenvrcise breitet sich der Schleichhandel mit Cigarren über das ganze Plateau des Errgebiracs aus. waö ungemein demoralisirend wirkt, weil sich sogar Schulknaben diesem unsauberen Geschäfte zu- wenben. Ungarn. Der Vudgetausschuß der österreichischen Delegation berielh in Pest über den 47 Millionen Kredit. Ter Kriegsnimlstcr und der Marlnekommandant gaben vertrauliche Miltheilungen über die Verwendung. Der Kredit wurde in zwei cvitzungen nach ein gehender Debatte einstimmig genehmigt. Frankreicif. Es war vorauLzniehen, daß die Negierung sich geweigert hat, dein Ersuchen des „Jnttitut de France" »in Zurück nahme dcö Berbannunasdekretes. wodurch vor zwei Jahren der Herzog von Aumale betroffen worden ist. z» cnlimcchen. Die Tepnlalivn des Institutes, welche sich zu dcm Kunieil-Piäsideiitcn Flvguet begebe» hatte, um demselben dre Petition zu Gunsten des Herzogs, ihres Kollegen, zu unterbreiten, war aus Mitgliedern iämmliichcr Akadcmieen zniammenaefetzt. Lauter berühmte Namen, die Elite der französischen Wissenschaft und Kunst, die auch den verschiedensten politischen Partclen angehöre», Männern, die keines falls mit ihrem Schritte einen pvlui'chcn Akt bezweckte». Derselbe erklärt sich übrigens hinreichend durch die Geiahte der Dankbarkeit, welche die Mitglieder des Instituts und mir innen das ganz gebildete Frankreich b-neeten mästen für daS großartige Geirhcnk einverstanden, welches der Herzog von Anmale durch das Bermächtniß deS Schlosses Clianlilih unt allen seinen Kunsochätzen dem „Institut de France" gemacht hat. Der Herzog von Aumale ist bekanntlich in Folge des nickt gerade respektvollen Brieses, den er anläßlich des von de» Kammern votirten Answeiiuiigsgcictzes a» Herrn Ärcpy gccichlet hatte, durch Dekret des Präsidenten der Republik aus Frarilreirh verbannt worden. Das AuSwci'Ungsgesev verfügt nur die Ent fernung des Glitte» non Paris und des Prinzen Jerome, sowie von deren ältesten Söhnen, des Herzogs von Orleans und deS Prinzen Bikior Bonavane, und stellt die übrigen Mitglieder der Familien Orleans und Bvnaparte nnler die diskretionäre Gewalt des Präsidenten der Republik und des MiniiterralheS. Das Ber- bannungS-Dekret gegen den Herzog von Aumale kann also jeden Augenblick znrückneiwmmeii werden, sobald die Negierung zu der Amccht bekehrt wird, daß die Anweicnheit des Herzogs die Republik nicht in Gcsabr bringt. An dieir Gefahr dürite ernstlich Niemand glauben, aber Herr Flvguet und seine Kollegen haben mit ibrcm sehr ravikalan Anhang zu rechnen, der ivwrt Vcrralh wittern und nicht ermangeln würde, in der Kammer wie in der Presse das Ministerium uns das Heftigste anzugreifen. wenn eS die Rückkehr des Herrogs von Aumale gettattet hätte. Außerdem muß auch der jetzige Augenblick, wo die verschiedenen der gegenwärtigen republi kanischen Regierung feindlichen Parteien das Land auszuregen suchen, wenig geeignet erscheinen, um eine so bedeutende und in einflußreichen Kreisen so sehr shmpathische Persönlichkeit i» den Stand zu setz«», wenn es ihr belieben sollte, im Lande einen Mittelpunkt für gewisse Bestrebungen zu bilden. Ein Student dcc Medizin, Namens Vollster hatte, wie gemel det, verlangt, daß 10 Studirende verschiedener Fakultäten die Frei burger Hassv-Borufjen uufforder» sollen, ibnen 10 Gegner zu stellen, die ibnen auf neutralem Gebiete für die Beleidigung eines französischen Ehepaares im Freiburger Bahnhof Genugtlmnng geben solle». „Swclc" tadelt dieien Plan. Frankreichs einzige Vor kämpfer, lagt dieses Blatt, sind seine Soldaten. Wäre die Diplo matie vbnmächtig und das Vaterland vcrunglimpst, so hätten die Soldaten die nationale Ehre zu verkheidigen. Die Studenten aber würden besser Ihn», ihre Studien sortzuietzen, als fahrendes Ritler- thum zu spielen. Wir hoffen, daß die Unwersilätsbehörden den stürmischen Eifer der Herren zu beschwichtigen wissen werden. Unterrichtete versichern übrigens, daß dieser Poihier die ganze Ge schichte erfunden habe, um sich zu unterhalten. In Folge persönlicher Einwirkung des Prinzen Victor Napo leon ist der Bruch zwischen dm Bvnapartisten und den Bvulangfflcn ein vollständiger. Italien. Sämmtliche römische Abendblätter sprechen ihre hohe Befriedigung über de» Ton der deutschen Thronrede aus Belgien. Trotz aller Arbeiterbewegungen, trotz der Arbriter- unrnben und der Agitation der Arbeiterpartei bat sich die Lage der belgische» Arbeiter nicht verändert. Politisch sind sie rechtlos, die von der Negierung, zuaesagten Arbeitergeietze und Arbriterreformen sind nicht zu 'stände gekommen, und die mairriellr Lage der bel gischen Arbeiter hat sich nicht wesentlich gebessert; die Gesammt- lage ist also eine traurige und so mnß man sich früher oder späler au» neue Erschütterungen in Belgien gefaßt mache». Ueber die Lvhnverhältnisse der belgischen Kohleuarbetter veröffentlicht die staatlich« Benvalinngskommlssion der zu Gunsten der Kohlenarbeiter in MvnS errichteten Borsorgckaffe einen eingehenden euch für weitere Kreis, bemerkrnSweethen Bericht. Faßt man die sämmtliche» Zablenecgebnifle zusammen, so kommt man zu dem traurige» Schluffe, daß die Tagelöhne seit dein Jahre 1883 ständig herunter- gedrückt worben sind und daß auch der große industrielle Aus schwung deS verflossenen JahreS, wie der seit Jahren nicht dagc- wesene umsanarcrche Absatz der belgischen Kohlcnw'rkc eine neunens werthe Verbesserung der Arbeitslöhne nicht herbeigesührt habe» Im Iah« >687 betrug der durchschnittliche Arbeitslohn der Kohle» arbeiter 2L6 Frcs. auf den Tag. um einen Centime mehr als im Jahre 1886. Der Tagclvhn, ver noch >888 3,01 FrcS. betragen hattc. betrug 1884 2,90 Frcs„ 1885 2.66 Frcs.. 1886 2,ck5 Fres., 1887 2^6 FrcS. Der durchschnittliche Jahreslohn eines Kohlen- arbeiter- stellte sich 1887 aus 747,52 FrcS- Man sieht also, das; die Klagen der belnischcn Kohienarbeitcr nicht nnhcrcrhkigt sind. Etinlai'd. Jin Unterhaus wurde die Antwort der König'» auf die BeileidLndrcsse verlesen. Die Königin dankt darin cuiirichkck. für die loyale Sympathie- und Beileidsbezeugung anläßlich de Ablebens ihres geliebten Schwiegersohnes, des Kaisers Friedrich Die Königin nehme dankbar de» Ansdruck der Sympathie tu. ihren Enkel, den jetzigen Kaiser Wilhelm H., sowie für dessen Fa nulle und das denifchc Volk an, sie werde nicht ermangetn, dien Gesinnung Sr. Majestät dem deutschen Kaiser mitzutheileii Mvrley beantragt sodann das bekannte Tadelsvotum gegen t - Handbabuna der irischen BcrbrechenSakte. Die Abstimmung hu, über wird Mittwoch früh slattsinden. Das Schiff „Norlltlrmbkrland" von Rostock ist insosae e' Zusammenstokes untcrgeaangen; 2 Matrosen erlraulrn, ver R.,. wurde gerettet. Die sämmtlichen Londoner Morgenblätter besprechen die Thron rede Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm in einem überall- günstigen Sinne. Die „Mornmgpost" sagt, die Worte des Kaiie» rühmen gleichmäßig Frieden und Furchtlosigkeit. Die „Timcv bezeicbnet die Thronrede als schlicht und männlich, welche nicö enthalte, das auf ei» Emichlagen einer neuen Politik aiidculc könnte. Ter „Daily Telegraph" meint, daß die Worte des Kaisers hvssnuugsvoll iür die Auireckstcrhaltung des Friedens in Europa lauten und beglückwünscht Dentichland dazu, daß es in semem neuen Herrscher einen würdigen Nachfolger der beiden hochseligen großen Patrioten und hochherzigen Monarchen erhalten habe. T a „Standard" bemerkt, es mache einen vortrefflichen Eindruck, diele männliche Botschaft zu leien, die ebenso frei von Uebennath w>e von Furchiininkeit die Ziele und Grundsätze der Politik Tentich lands entickstebcn offenbare. Niemandem drohe, sondern ganz Europa das Schauspiel viele, wie das stärkste der Militärreiche sich d>- Vertheidiguiig und Beschirmung des Friedens gewidmet habe. Schweden. Ter König ist aus Stockholm mittelst Exlra zuges nach der Stadt Sundrswall abgereist, wclche von einer Fcucrsbninft beinahe völlig zerstört wurde. Rutzland. Die Cennir verbot allen Blättern die Veröffent lichung von Artikeln, welche Beunruhigung über die europäische Lage Hervorrufen könnten, da nach Ansicht der Regierung kein Grund zur Beumuvignng twrl>a»dcn sei. Bulgarien. Im letzten Ministerrath kam eine Einigung zwi scheu dem Minister Stnmvnlow und Natschewitich in der Popow Afsaire zu Stande. Darnach soll der Fürst das Urtheii unterzeichnen, aber auch die sofortige Begnadigung eintreten lassen. Otoilow schloß sich diesem Ucvereinkommen nicht an und deharrte aus seiner Demission. Serbien. Bei einem in Belgrad gelegentlich des griechischen Pfingstsonntags zu Ehren des Kavmets veranstalteten Festdiner brachte Könia Milan einen Trinkipmch am das Kavinet und dessen Präsidenten Ebristic aus. in weicbem derselbe nach einem Rückblick aut die Entwickelung der verfassungsmäßigen Zustände in den letzten zwanzig Jahren ausillhrle, daf; der Entlassung eures ans die Majorität der Voltsvertretring gegründeten Mrnistcr'ums ein krank hafter politischer Zustand SrrbienS zu Grunde gelegen habe. Dieser Zustand sei das Resultat der fämmllichcn im Laufe von 70 Jahren begangenen Jrrthümer. Diese Jrrlhümcr seien in drei gewaltsamen Umwälzniigen, sowie irr der Ermordung des edelsten aller serbischen Herrscher zum beredten Ausdruck gekommen und waren der Grund des Verfalls des früheren serbischen Zarenreiches. In Folge seiner ethnographischen und gcogravhiichrn Lage war Serbien einst ein Schutzwall gegen V'-izantiaismus und Papstthum. Heute sei Ser bien die Grenzl'irie ssir occrdcntaliiche und orientalische Kultur. Um nicht, wie im Mittelalter, sortgewischt zu werden, müsse Serbien ei» zuverlässiger Träger der europäischen abendländischen Kultur werden. Dies sei aber nur möglich, wenn man den Parlcileidcn- ichatten Einhalt gebiete und sich aus Recht und Ordnung stütze. Deshalb habe er (der König) den vormaligen Nctthaeber des Fürsten Michael. Chustic, zum Minister gewählt, der als die Verkörperung der Legitimttät gelle und der, umgeben von Männern der ernsten Arbeit und der That, in Selbstaufopferung die ihm übertragene patriotische Mission werde erfüllen können. Rumänien. Der frühere Kc'egsminister Anghelescu in Bukarest wird laut Beschluß der mit der Untersuchung feiner Amts führung betrantc» Senals-Kommnsion in Anklagcznstand versetzt. Amerika. Die republikanische Eviwentton in Chicago stellt,. Harrison als Candidalen für die Präsidentschait aus. Vor der Wahl war ein Telegramm Vleine's verlesen worden, in welchem dieser seine Freunde crinchte, seinen Wünschen entsprechend nicht iür ihn zu stimmen. Die Nomiisirung Harrisons zum Präsident- schafksrandidatcir wurde einstimmig genehmigt. Harufson hatte nach dem Bürgerkriege die Armre mit dcm stränge eines Brigadc- gencrals verlassen und rst gegenwärtig Advokat. Als Candidat für die Vicepräsideiitschast wurde Levl Morton aus New - Avrk auf- gestelll. Kr'tttlletou. -s- Frau Swoboda-Fisch er gedenkt zur Bühne zurück , kehren und demnächst im Resivenztheatcr im Fache der tomi'chrn Alken zu gastiren. 1' Die Wagnerfreniidc, wclche znm ersten Male nach der Fest spiclstadt Baoreulh zu pilgern gedenken, werden nicht ohne Nutzen eine kleine, im Verlag von E. Schloemp in Leipzig erschienene Broschüre lesen: „Die Festspiele von Bayreuth" bettle!. Der Verfasser. Herr Gustav Witlmer, scheint einer der wärmste» Enthusiasten, einer der kampfeSmullsigslen Propheten der Bahceitther Heiislhaten zu sei», derart, daß man >ein Büchlein ohne Weiteres „Brevier lür die Wagnergemcinde" nennen könnte. Allerdings laß, Herr Wittmcr neben manchen nützlichen und lehrreichen Darstellungen seiner Phantasie nur allzu oft die Zügel schießen und io macht sir öitcr eine» lustigen Sprung über alle Logik und Bernunft. Kundrc» als das semitische und Parsffal als das christlich-soziale Element auszufassen, rst zum Mindesten denn doch ebenso verblüffend neu als dichterisch frei! 4° Gclcgcnllich der Exb um irn n g Beethvvcn' s citireu die Wiener Blätter rinige weniger bekannte Tbatsachen über Beetho ven's Tod und erstes Bcaräbittß, die interessant gcnug sind, um dcm Gedächtniß wieder in Erinuernng gebra ut zu werden. Beethoven erkrankte schon bald nach Beginn des Jahres 1827. wahrscheinlich in Folge einer argen Erkältung, und da hochgradige Wassersucht cintrat, war bereits am 21. März sei» Zustand der eine» Sterben den. Am 21. Mürz war Agonie eingetrelen, aber die ungewöhnliche Nervenstarke deS grvßen Tondichters führte zu einem geradezu fnrcht- barcn Todeskampi, dem der Kranke erst am 26. März 1827 Nach mittags eilag. Ein Gewitter mit Donnelichläge». Schnee und Schlvycn bei völliger Verfinsterung des Horizonts der Stadt lieli der Todesstunde eine dramatisch erfchütiecudc Scciieric. TaS Leichenbegängniß nach dem Währinger Ortsrriedbof. für den die Freunde Schindler und Brcuning sich entschieden, wird am 20. Mär; Nachmittags statt. Eine ungeheure, vieltausendköpfige Menschen menge füllte den Platz, aus dem sich setzt die Votivkirchc erheb!, bis zum Schwarzspaniechaus. der Wohnung Beethoven s. Von allen Seilen strömte das bewegte Volk nach den: Ort, und nur mit großer Mühe wurde zu der Einsegnung in der Kirche der Alierstraßc durch militäri'che Maßnahmen Raum geschaffen. Ein Zeitgenosse beiiffert die Zahl der Trauergäsle am nbe> 20,000. Vollzählig war das musikalruhe Wien verirrten. Acht Kapellmeister hielten tue Enden des Bahrtuches: Eiblcr, Hummel, Seyiried, Kreutzer, Weigl, Ghrvwctz, Wnriel und Gänsbachcr. Am Grabe sprach Amchütz die Würdigungsredc Gnllparrer's, aber auch Castelli, Seidl, Schlecht» babc» in Verien der allgemeinen Empfindung Ausdruck gegeben Franz Schubert war bei Becthovcn's Beerdigung anwesend. Mil Lachner und Randbartingcr befand er sich am Todestag im Gast haus zur Mchlgrubc am Reuen Markt; er leerte sein Glas am Beethoven, dann auf Den, der von dem anwesenden Dreikollcgium ihm zunächst folge. Es traf Schubert selbst. Am 19. Nov. des nächsten Jahres. 1828, starb er. Vor 25 Jahren, 1863, beschloß die Gelellschait der Musikfreunde, die Ueberreste Beethovens und Schnbert's zu schütze», eln Beschluß, der nunmehr cndgiltig durchge- führt ist.
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