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vlen-lag. IS. IuN 1927 -- „Dresdner Ttachrichien" — - ^ ^ 7tr. SK Seite S Die großen 15nruhen in ^Wien. Erste Drlglualaufnatzuren. Der IustlJpalast In Wie« «ach dem Brand. . * ^.8.0. ä.8.6. Da» Kanptportal de« vollständig demolierten IustlIpalastrs. Schreckensszenen -es Wiener Aufruhrs. WU-e Ausschreitungen gegen Polizei. Bericht eines Augenzeugen. Berlin, 18. Juli. Ein heute in Berlin etngetroffener Wiener gibt solgendc Schilderung der Vorgänge in Wien: Mein Ziel war die Universität. Als ich hinkomme, ist sie von wilden Horden umlagert, die in sinnloser Wut Steine gegen die Fenster und Glastüren werfen Sie versuchen die Türen zu erbrechen, jedoch die dicken Eisenstäbe leisten Wider stand. Da ertönt der Nus »Benzin her. anztindcn. auzünden den alten Kasten!* Auf einmal ertönt's: Zum Parlament! Immer neuen Zuzug erhalten die Massen. Wie aus der Erde gestampft er scheinen Gestalten, denen man ansieht, daß sie nur auf den Augenblick warten, plündern zu können. Nun wälzt sich die Waffe den Ring hinunter. Beim Rathaus stehen in Vierer reihen Polizisten, einstweilen abwartend. Die Menge drängt sich zwischen sie. um sie zu zerteilen. Im nächsten Augenblick werden etwa 30 splitter nackt entkleidet und fürchterlich zugerlchlet. Ihre Uniformstücke werden auf die Gaskandelaber ge hängt und in wildem Jubel umtanzt die Menge die Trophäen. Immer näher kommt die Menge, die von rückwärts Zuzug erhält, zum Instizpalast. Es sollen darin angeblich nur 80 Mann Polizei als Besatzung sein. Immer bedrohlicher wirb die lt^age- Einer läuft in der Richtung des deutschen Nolkstheaters. Die Menge stürmt nach und schon ist das Instizgebäitde vollkommen belagert. Der Brand des Iufllzpalafles Von einer Autotankstclle in der Nähe werden Benzin- säffer herangerollt, denen bereitwilligst der Weg freigemacht wird und deren Inhalt in die Kellerräume des Justizpalastes fließt. Im Nu flieht die Menge vom Iustizpalast fort und einzelne schießen auf die benzindurchtränkte Mauer. Eine Stichflamme loht etwa 88 Meter znm Himmel anf «nb im N« steht das ganze Gebäude von der Ringseite her in Flammen. Bon der anderen Seite her werden Schreibtische, Schreib maschinen, Aktenschränke im wüsten Durcheinander auf die Straße geworfen. Feuer wirbelt die ersten verbrannten Aktenstücke in die Luft. Von anderer Seite kommen Polizei, Feuerwehr, Trompetensignale ertönen. Alle großen Löschzttge sind ausgerückt. Doch die Menge schließt sich immer dichter vor ihnen, «m sie am Löschen zu verhindern. Nun springen sie in Haufen aus die Fcucrlöschwagen hinauf und zwingen die Mannschaften, abzurücken. Schwer überlastet fahren die Wage« nach Hanse. Die singende Menge hängt an ihnen. Nun ertönen von überall her Schüße. Alles wirft sich auf die Erde. Sowie einige Sekunden Ruhe eintritt, springt alles wieder auf, flieht ein Stück. Eine neue Salve kracht. Alles liegt wieder da. In einer neuen Pause kommt wieder neue Bewegung in die Maßen. Aber schon liegen Verwundete und Leichen auf dem geräumten Felde. Schntzbiindlcr beeilen sich, die Verwundete« und Tote« z« bergen und tragen sic möglichst hoch anf de» Hände«, «m anfs neue die Menge anfznwiegcln «ud aufzustacheln. Sozialdemokratische Abgeordnete, darunter Bürgermeister Seitz, versuchen die Menge zu beschwichtigen. Aber die Geister, die sie selbst gerufen, triumphieren über sie, und sie müssen selbst schleunigst den Rückzug antretcn. Gerüchte ver breiten sich mit rasender Geschwindigkeit, peitschen die Ge reizten aufs neue auf. Vorbcifahrcndc Autos werben der Insassen entleert, Verwundete und Tote htneingelegt und so Platz geschaffen für neue Opfer. Dieser Kamps tobte ungefähr vier Stunde«. Die Krankenhäuser können kaum die Eingelieferten alle auf- »chmen. Auf den Gängen stehen in langen Reihen die Trag bahren mit Verwundeten, aus denen einzelne Tote aussortiert werben. Nun werden sämtliche Waffenläden gestürmt und der regelrechte Kampf ausgenommen. Ueber Nikolsburg werden aus Wien Einzelheiten über die Ereignisse bei dem Ucbcrfall auf die Polizeiwache in der Lichtenberggaffe berichtet. Danach wurde die etwa 15 Mann starke Polizeiwache von zahlen mäßig überlegene« Rebellen überfallen, vollkommen nackt ansgezogen und im Raume eingesperrt. Die Uniformen wurden vor der Wachtstnbe anf de« Laternenpfahl gehängt «nb dann das Haus angezündet. Alle Polizisten find bei lebendigem Leibe verbrannt. 87 To-esoofer in Wien. Wie«, 18. Juli. Die Arbeit ist hcntc morgen in den Be trieben wieder ansgenommcn worden. Die Arbeiter- und An- gestelltenschaft wurde mit den angekündigten Fabrikzügen be fördert. Die Durchführung dieser Züge wurde auch sonst sehr entgegenkommend gehandhabt. ebenso verkehren die not wendigen Lastenzüge voll. Die Zeitnngen sind mittags wieder erschienen. Die Zahl der Toten wird im heutigen Polizei bericht anf 77 angegeben. Sie ist mit Einschluß der inzwischen Verstorbenen ans 87 gestiegen. In den Leichenkammern beS allgemeinen Krankenhauses liegen 70 Opfer der Zusammenstöße vom Freitag und Sonnabend. Die Namen von 47 Personen sind bekannt. Die Rettungsgesellschaft hat bisher 481 Schwerverwundete ver bunden und in die Spitäler gebracht. Insgesamt kann die Zahl von 700 Schwerverletzten nicht als übertrieben bezeichnet. werben. Gerüchte über ein Attentat auf Seipel, die in Wien um laufen, gehen offenbar darauf zurück, daß Bundeskanzler Seipel am Sonnabend in seinem Auto von jungen Burschen be lästigt wurde, die auf das Trittbrett sprangen. Der Detektiv, der neben dem Führer saß. erkannte die Gefahr und ließ schnell fahren. Dadurch wurden die jungen Burschen vom Wagen geschleudert. Auch Unruhen im Burgenland. Berlin, 18. Juli. Aus Oedenburg kommen beunruhigende Meldungen über die Situation im B'urgviland. Es kam zu Zusammenstößen zwischen Schutzbündlern und Front kämpfern. Das Hans der Familie Tscharmann in Schattcn- dorf wurde in Brand gesteckt. Der deutsch-belgische Notenwechsel. Eine Widerlegung letcklseriiger Anklagen. I Berlin, 18. Juli. Die deutsche Antwort anf die belgische! Note ist heute in Brüssel überreicht worden. Beide Noten sind aber auf Wunsch der belgischen Regierung nichtverösfent- licht worden. Die Telcgraphen-Union hört indessen auS diplomatischen Kreisen Berlins über den Inhalt der Noten solgendeS: I« der belgische« Note wird auf eine Note der I. M. K. K. vom Februar 1928 hin gewiesen, in der sestgesteUt worden sei, daß Deutschland die sünfprozentige Entlassungsquote nicht ein- gehalte» habe. Seit 1925 sei die Quote sogar auf 28 Prozent er höht worben, so daß Deutschland dadurch in der Lage wäre, sein Heer gegebenenfalls zu verdreifachen. Ferner wird in der belgischen Note behauptet, daß Gehler während der Etats beratungen erklärt habe, zur deutschen Reichsmartne hätten sich 00 000 Freiwillige gemeldet, von denen 1800 ein gestellt worden wären. Das sei in Anbetracht der kleinen deutschen Reichsmartne eine außerordentlich hohe Zahl. Des wetteren habe der Abg. Noenneberg bet den Etatberatungen erklärt, Deutschland hätte jährlich 18 000 aus dem Militär dienst Entlassene zu versorgen. Danach sei ebenfalls be wiesen. daß die Entlassungsquote verdreifacht worden sei. In der dentschen Antwort werde nun festgestellt, daß im Februar 1925 überhaupt keine Note der I. M. K. K. bei der deutschen Reichsregierung ein gegangen sei. Richtig sei vielmehr, daß eine Note aus dem Juni desselben Jahres vorliege, in der eine mehr als sünf prozentige Quote von vorzeitig Entlassenen festgestellt werde. I« der damaligen deutschen Antwort ans diese Rote sei erklärt worden, daß Deutschland gar nicht daran dächte, die fünfprozen tige Quote z« überschreiten. Was die Entlassungen in den Jahren 1925 und 1920 anbeträfe, so seien vom April 1925 bis März 1920 190 Mann und von April 1926 bis März 1927 sogar 070 Mann weniger vorzeitig entlaßen worden, als es Deutschland erlaubt wäre. Ferner sei sestzustellen, daß Deutschland gemäß Artikel 174 des Versailler Vertrages be rechtigt sei, insgesamt bis z« 18)4 Prozent vorzeitige Ent« lafsnngen vor,«nehmen. Der Abgeordnete Roenneberg habe im Reichstage er klärt, baß seit längerer Zeit 15. bis 20 000 Anwärter, die aus dem Militärdienst entlaßen seien, auf eine Beschäfti gung warteten. Davon, daß cs sich «m jährliche Ent» lafsnngen in einer solchen Zahl gehandelt habe, sei keine Rede gewesen. Was endlich die eventuelle Verdreifachung an belange, so sei eine solche schon deshalb unmöglich, weil Deutschland nicht -aS genügende Bewaffnungs- und Unter bringungsmaterial für ein solches Heer zur Verfügung stünde. Im zweiten Teil der belgischen Note werde nun das Budget des dentschen Reichswehrministcrinms für 1027 beanstandet. Der Etat betrage sechs Zehntel von dem des Etats von 1912. Das sei ein außerordentlich hoher Pro zentsatz bei einem Heere von 100 000 Mann gegenüber einem solchen von 800 MO Mann vor dem Kriege. Darüber hinaus seien die Verwaltungskosten und die Beträge für Munitions- beschafsung und Bewaffnung ebenfalls viel zu hoch angesetzt. Aehnlich verhalte es sich in allen anderen Etatsstellen. Die laufenden Ausgaben seien von 1924 bis 1927 von 81 aus 130 Millionen gestiegen. In der deutschen Antwort werde zu diesen belgischen Behauptungen festgestellt, daß die Kosten für das durch den Versailler Vertrag ge schaffene Berufsheer weithöher seien, als die für ein Heer nach der allgemeinen Wehrpflicht. Außerdem seien die Preise für Material, Bekleidung und Munttionsherstellung außer ordentlich gestiegen. Was den Prozentsatz von sechs Zehntel anbeträfe, so wird in der Note festgestellt, daß der Etat von 1927 tatsächlich nur ein Drittel des von 1912 betrage. Der Ver waltungsdienst der deutschen Reichswehr entspreche durchaus den Vorschriften der I. M. K. K. Ferner sei sestzustellen, daß derBauvonKreuzern den Etat für 1927 ebenfalls erheb lich belaste, da die Deutschland nach dem Versailler Vertrag belassenen Kriegsschiffe heute nicht mehr gefcchtsfähig seien. Mit diesen Feststellungen der deutschen Note dürften die von Brocqneville ausgestellten Behauptungen und die Erläute rungen in der belgischen Note restlos widerlegt seien. Der bel gische Kriegsminister wird die deutsche Note beantworten. Aohrbach-Rolan- slarlbereik. Flug Berlin—Nenyork—Washington in de« nächsten Tage«. Berlin, 18. Juli. Wie die „Tägl. Rdsch." von bestunter richteter Sette erfährt, wird in kürzester Zeit das Ozeanslng- zeng der Rohrbach - Werke znm Ozcanfluge startbereit sein« Wegen Gewichtscrleichterung ist der Anstrich weggelaßen. Der Führersitz ist überdacht worden und die vom Rumpf nach den Tragflächen führenden Fangkabel sind durch besonders starke ersetzt worden. „Rohrbach-Roland" soll von dem Piloten Könnecke gesteuert werden. Damit der Flug in aller Stille durchgeführt werden kann, soll der Apparat nachts von Staaken zum Tempelhofer Flugplätze abgerollt werden. Man rechnet mit dem Start znm Fluge Berlin—Nenyork—Washing ton bereits für einen der nächste« Tage. Thea Rasche, Ehamberlin un- Dyr- in Neuyork. Nenyork, 18. Juli. Die Ozeanslieger, an ihrer Spitz« >Chamberlin und Byrd, sind heute in Neuyork festlich empfangen worden. Qberbürgermeister Walker und Staats sekretär Wilbur. fuhren den Fliegern, von Lindbergh be gleitet, entgegen. An Bord des „Leviathan" fand die erste Begrüßung statt. Auch die deutsche Fliegerin Thea Rasche wurde herzlich willkommen geheißen. Unter Sirenengeheul und Wasserfontänen der Feuerlöschboote ging die Fahrt zur Bat- tery: ein Ehrensalut von neun Schüssen Ivurdtz abgcfeucrt. Es folge eine Ricsenparade unter Teilnahme aller Ncuyorker Truppen den Broadway hinauf bis zur Cityhall. Die Straßen und Dächer waren schwarz von Menschen. Der Oberbürger meister hielt die Begrüßungsansprache und überreichte den Fliegern Erinnerungsmedaillen. Im Namen der Ozean- flicger sprach Byrd Dankesworte. Ehamberlin hat nochmals in bewegten Worten für die herzliche Aufnahme in Deutsch land seinen Dank ausgesprochen. iT.-U.j Eröffnung -es Luftverkehrs mit Norwegen. Berlin, 18. Juli. Heute ist der deutsch-norwegische Luft verkehr eröffnet worden. Damit ist auch der dritte Staat Skandinaviens in das mitteleuropäische Luftverkehrsnetz ein geschloffen, nachdem nach Kopenhagen (Dänemarks und nach Stockholm (Schwedens schon Luftwege von deutschen Luft häfen aus führen. Die Deutsche Luftlnnisa betreibt die Strecke Berlin —Stettin —Kopenhagen —Gotenbnrg —Oslo in der Weise, daß zwischen Berlin—Stettin Lanbflugzeuge und zwtschen Stettin und Oslo mit Zwischenlandungen in Kopen hagen und Gotenbnrg Dornier Walflugboote ver kehren, die auch auf der ersten deutschen Seeflugstrecke Stettin —Stockholm eingesetzt sind. Die 932 Kilometer lange Strecke Berlin—Oslo wirb in einer Reisezeit von 9)4 Stunden zurück gelegt, wobei zwei Stunden auf Aufenthalt in Zwischenhäfen entfallen. Trotzdem wird immer noch ein Zeitgewinn von 18 Stunden gegenüber den anderen Verkehrsmitteln erzielt. Korfu erhält feine Spielhölle. Athen, 16. Juli. Der Ministerrat hat dem Antrag der ausländischen Kapitalisten auf Umwandlung des Achtl- leions auf Korfu in eine Sptelstätte stattgegeben. Nur einige Räume sollen zu Museumszwecken reserviert werden. XSnnen rie »Ick erinnern 8le »Ile» »»k Ihren äuskltlxen und Uelsen zeseken Iisden? Hein, erst venn Sie «Inen pbotonppnrnt sl, Oedtlcbtnisstlltze benutzen. Sei än»rj>»kl»»s und Nnndbsdunsl eine» solcben »erden 8le gut bersten vom Photolisu» VVÜN8(tie, gegenüber ck. Neuen stets»»», s -> - ^