Volltext Seite (XML)
Vr«8cksn8 sllbsiMmle 6s8t8tätte fsinsts s<üc!si6 — Vollwertig« Lisro: d/Iünciinsr ^ottiässe-SsSu. Do'tmunckoe Union Nen», NSgol tun. Vertrauensvotum für Vriand. Die Neichsregierung in Uebereinstimmung mit -er Mor-NMg sllr Fortsetzung -er Locarnv-PoMik. Die ErklSrung in -er Kammer. ^ (Durch Kunkspruch.I Paris, 18. März. Die RegierungSerllärung. die Minister- Präsident Briand heute nachmittag in der Kammer und Iustt,minister Laval im Senat verlasen, hat folgenden Wortlaut: Trotz längeren Debatten ist cs unmöglich gewesen, zum vorgesehenen Zeitpunkt eine Lösung des Finanz» Problems zu finden. Die neue Regierung bat wie die vorausgegangrne die unbedingte Pflicht, einen vollständige» und wirkliche« Ausgleich des Budgets zu sicher«. Wenn wir aus die tätige und entschlossene Mitarbeit der Kammer nno des Senats zählen können, und wir sind davon fest übep- zeugt, wird das Land auch ohne Beunruhigung allen Schwierigkeiten einer finanziellen Wiederherstellung begegnen können. Scho» setzt verlange« wir van Fhoeu ei«« außer» »rdentlichc Arbeitsdisziplin. b««it «Nr de» Parlamentsserie« die nötige« MaßuichÄen in Angriss genommen «erden könne«, «» z« eine» «ormale« Regime ««d z»r b«dgetLre« Ordnung -uriickznkvmme«. Wir sind willens, auf sämtliche der Maßnahmen zv rechnen, die bereits angenommen oder zugelassrn worden sind. Wir wollen rasch zu dem großen iralianalen AanierungSwerk gelangen, dem alle Fragen unserer Politik untergeordnet worden müssen. Die Regierung wird mit dem Willen, zu einem wirksame» Abkomme« zu gelangen, die zur Regelung der iuteralliierte« Schulde» eingeleiteten Verhandlungen fortsetzen, die unter günstigen Bedingungen sich anlassen. Die Politik der inter nationalen Abkommen, der die Kammer mit einer sehr groben Mehrheit und der Finanzausschuß des Senats bereits zu- gestimmt hat.-wird von der Regierung weitergoführt werden. Die Regierung wird sich bemühen, die Gegensätze auSzuglctchen und die Verbindlichkeiten der verschiedenen europäischen Völker zu regeln. Unglücklicherweise ist eS nicht möglich gewese«, in der aohcrordcutliche» Sitzuu« des VdlkerbuudeS de« Eintritt Deutschlands tu dem Bölkcrbuud durchzusetze«. Aber diese Slertaguug, sür die keine» der Uuterzeichuer des Abkommens von Locarno die Schuld trifft, hat die Signatare keineswegs veruuciuigt, wie sie das auch in einem Kommunique bestätigt haben, in dem feierlich der Wille »wm Ausdruck kommt, die Abkommen von Locarno aufrecht zu erhalten und ihren Geist zu fördern. Die Rationen haben noch nicht ihr völliges Gleichgewicht wiedergefunden. Tie wirtschaftlichen «ud sinauziele» Schwierigkeit««, mit deue» sie zu kämpfe« habe», die Berschiede«hcitc« der Interesse« und Neigungen, die sie bek««de«, ««d die «a» ausglciche» muß, um endgültig de« Friede« z» sicher«, mache« «ehr deo« se de« Parlamente« ««L Regierungen Wachsamkeit. Einigkeit und Entschlossenheit i« de« Pläne« «»d Stetigkeit im Handel» zur Pflicht. Damit schlickt die Regierungserklärung. (W. T. B.s Sin schlechter Start. Paris, 18. März. BriandS heutige Erklärung in der Kam mer wurde mit etstgem Schweigen ausgenom- :<«. Der Eindruck war offensichtlich ungünstig. Unmittel- nach der Verlesung der Regierungserklärung erhält der edner der Opposition Fbarmy-Garay das Wort zu der nterpellation über die Zusammensetzung des ab > nettS. Er stellt fest, Briaud sei mit reichen Erwartun gen »ach Gens ausgebrochen «ud mit leeren Hände» zurück« geko««e«. DaS Kabinett'-hätte auf republikanisches Grund, lgae gebildet werden müssen. Solange Mplvy Minister s,t. Mrbe man Briand daS Vertrauen nicht «rssprecheü können. BrUmd beqirml Ke» Kampf. Paris, 18. März. Rach der FnterpellationSrede des Ab- geordneten Fbarmy Garay ergreift Briand nochmals daS Wort. Wachsende Unruhe bei den Rechtsparteien machte zeit, weise die Wort« BriandS unverständlich. Brtaud unterbrach schließlich sei«« Rede und verlieb die Reduertridüue. «IS er aus Bitte« HerriotS seiue Rede sortzusetze» versucht«, wurde er durch systematische Unterbrechung der Rechtsparteien «rueut gestört. Briaud erklärte, er rufe daS Land zum Zeuge» sür solches Vorgehen an. Der Kammerpräsident führte dazu aus. man müsse schlecht inspiriert sein, wenn man die Auf gabe deS Ministerpräsidenten kompliziere, der in Genf das Land in eiper Weise verteidigt habe, für die ihm jeder dankbar sein müsse. Das Derlrouemsvolum «Durch Funklpruch., Paris, 18. März. Die Kammer hat dem Ministerium vriand mit S«1 gege« ItU Stimmen das vertraue« aus gesprochen. Maloy schwer erkrank!. Paris, 18. März. Wie die „Boss. Ztg." hört, hat der Zwischenfall Malvy tu politischen Kreisen eine lebhafte Er regung hervorgerufen. Malvy wurde aus der Kammer in seine Privatwvhnung gebracht. Man befürchtet, daß er eine Nervenerschütterung davougetraqeu hat. Der Kammerpräsi dent Hcrrlot hat ihn in seiner Wohnung ansgesucht. Jas Reichskabinett deckt Luther und Stresemann. Der sranzösische un- englische Botschafter beim Empfang. Acrll«, 18. März. Die deutsche Delegation unter Führung des Reichskanzlers und des Außenministers ist entc nachmittag 2,60 Uhr im Sonderzugc auf dem Anhallcr iahnhofe eingctrofscn. Zu ihrem Empfange waren u. a. der stclllicrlretendc Reichskanzler. Rcichönuchrminister Gehler, Reichsfinanzminister Rcinhold. sowie zahlreiche Herren des Auswärtige» Amtes erschienen. Bemerkt wurde die Anwesen heit des französischen Botschafters de Margcrie und des eng lischen Botschafters Lord d'Aberuon. Der Zeitpunkt der Ankunst der deutschen Delegation war von den Behörden streng geheim gehalten worden. Aus dem Bahnhof, der von einer Hundertschaft Schupo und zahlreichen Kriminalbeamten abgesperrt war, sah man nur Angehörige der DelegattönSmitglieder, Vertreter des Aus wärtigen Amtes, sowie der ausländischen Gesandtschaften und einige ZettungSvertreter. Unter de» Anwesende» bemerkte man ferner die Gattin deS AubenmiNisterS. Frau Dr. Strese mann, und dteMemahlin deS Untcrstaatssckretärs v. Schubert. Der Beschluß -es Kabineitsrats. «Durch Funkspruch.» Berlin, 18. März. <Amtlich.» In einem heute nachmittag unter Vorsitz deS Reichskanzlers abgchaltencn Minister- r a t wurden die Genfer Verhandlungen durchbcraten, nachdem die beiden Delegierten ihre fortlaufenden schriftlichen Be richte durch mündliche Darlegungen ergänzt hatten. Das Reichskabinett billigte einstimmig die Hal tung der deutsche« Delegation und nahm inSbcsouderc davon Kenntnis, daß durch die in Genf getroffene« Abmachungen die beiderseitige Fortführung der Locarnopolitik gewährleistet ist. IW. D.B., Berlin, 18. März. Wie di« T--U. erfährt, wird die Reichsregiernng bei der parlamentarischen Erledigung der Genfer Fragen ei« positives Vertrauensvotum fordern. Presseempsang -ei -er -rutschen Abor-nung. (Durch F u n k s p r u ch.l Berlin, 18. März. Retihskanzlcr Dr. Luther und RcichSaußcuministcr Dr. Stresemann empfinge» heute abend nach Abschluß der Kabinettösitzung die deutsche Presse und gäbe» in ausführlichen Darlegungen und Auskünften auf gestellte Fragen ein Bild über die Entwicklung der Vor gänge in Genf Die Ausführungen gipfelten in der Fest stellung. daß die Außenpolitik deS Locarnopaktes weiter ver folgt werde »nd daß der deutsche Standpunkt durch die Vor gänge iu Genf, bei denen die dentschc Delegation keinerlei Mitschuld «resse, unverändert bleibe« werde. lW. T. B.s Kommunipikcher Witzlrauensanlrag gegen die Neichsregierung. Berit«, 18. März. Die kommunistische Rcichstagssraktion hat folgende Interpellation cingebracht: .Hst die Reichsregie- rung bereit, angesichts des katastrophalen Zusammenbruchs der Völkerbundspolitik in Gens sofort das Eintrittsgcsuch Deutsch lands in den Völkerbund z u r ü ck z u z l e h e n?" Ferner hat die kommunistische Reichst,,gSsraktion be schlossen, bei der bevorstehenden Debatte über den Außen- ctat einen MtßtrauenSantrag gegendaS gesamte Kabinett einzubrtngcn. London, 17. März. Die Unterhausdebatte über Gens ist endgültig für nächsten Dienstag festgesetzt worden. Chamberlatn und die britische Delegation wer den sür morgen abend 7 Uhr znrückerwartet. tW. UI Mussolini hinker -en Kulissen. Der AuSgang der Genfer Krise hat einen Berg von Ver wirrung geschaffen, von dem daS Geröll der Vermutungen hcrabrteselt. Die von den Ereignissen auss lebhafteste an geregte Kombination verbindet sich mtt der Phantasie und schafft Gebilde von Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten, die alle mit mehr oder minder guten Gründen belegt werden können und ihren besonderen Kreis von Gläubigen finden. ES wird lang« dauern, ehe sich der forschende Chronist in dem verschlungenen Getriebe, das zu Locarno und von dort nach Gens geführt hat, einigermaßen zurecht zu finden vermag. Einige sichere Spuren sind aber doch heute schon zu erkennen, und dazu gehört neben dem geheimen Pariser Wirken, dem die setzt nachträglich gegebenen FreundschastSversicherungen BriandS an die deutsche Adresse rin eigenartiges Relief vcr leihen, der Einfluß des römischen Duce auf die Gestaltung der Dinge. Es ist ja gewiß für unS Deutsche keine ganz leichte Aufgabe, dt« Art der Politik, die zurzeit in Italien getrieben wird, zu kritisieren. Wenn die deutsche Presse kühl und leiden schaftslos ganz unleugbar harte Tatsachen feststem und daraus gewisse zwingende Folgerungen zieht, ohne aber im geringsten die italienische Nation als solche anzugrcifcn oder den Wert guter Beziehungen zu dem Bereinigten Königreich auf die leichte Achsel zu nehmen, dann fehlt auf der Gegenseite jed wede Neigung zu einer sachlichen Würdigung und es erhebt sich ein gewaltiger, sinnbetörcnder Lärm über den angeblich angriffSlustigen „Pangermanismus". der sich nach seiner west lichcn Bindung durch den Locarno-Pakt nun mit entfesselter Kraft auf den Süden stürzen und unter Einbeziehung Oester reichs in seinen staatlichen Machtkreis die „heilige Brenner grenze" Italiens verletzen wolle. Dieses Thema wird tag täglich in der Faschistenpresse in einem Tone erörtert, der o» alles andere eher als an den mit so schweren Mühseligkeiten beladenen Locarno Geist erinnert. Deutschland ist aber schließ lich doch nicht dazu da. sich von Mussolini zum Prügelknaben machen und auf seinem Rücken widerstandslos den Herrscher stab deS Duce tanzen zu lassen. Die Herren Faschisten müssen uns also schon gestatten, daß wir uns ein wenig wehren und den Angreifern heimleuchten, wenn auch nicht so scharf und leidenschaftlich, wie das da unten bet dem südlichen Tempera ment üblich ist. Wer das kühlere Blut behält, ist schließlich doch immer der Ueberlegene. Wenn allerdings hier und da auch einmal der deutschen Presse ein bißchen die Galle über läuft, so ist daS nur menschlich, und diese Erscheinung wird um so häufiger etntreten, je weniger die Faschistcnprcssc ihre Neigung zügelt, deutsche Fensterscheiben cinzuwcrfcn, ohne daß thr deutscherseits dazu ein triftiger Grund gegeben wird Um beurteilen zu können, worauf Mussolini abzieli. warum eS ihm in seinen Plan paßt, das Locarno-Werk mn seinem wesentlichen Zwecke der Eingliederung Deutschlands als gleichberechtigter Macht in die europäische Fricdcnssroul zu durchkreuzen, muß man bedenken, daß der höchste natio nale Ehrgeiz Italiens und insbesondere des Faschismus dahin geht, die unbestrittene Herrschaft im Mittelmcer zu er langen, um von dieser Stellung aus aus dem Balkan und in Nordasrika festen Fuß zu fassen. Die Verwirklich»,«, dieses weitausschauenden nationalen Programms setzl aber voraus, daß Italien in Mitteleuropa den Rücken gedeckt hat. und daß ihm von dort keine Gefahr heranwiticr» kann. DaS ist de, tiefere Sinn der flammenden Ergüsse über die Brcnnergrenze und des Bestrebens, sic noch weiter gen Norden hin vvrzu tragen. Demselben Zwecke dient auch der neue mittel europäische Bund, den Italien mit Jugoslawien ab zuschließen im Begriffe steht, während Frankreich sich bereu hält, dieser Eheschließung als Trauzeuge beizuwohncn. Ein Kernstück des Vertrages, der in den Grundzügen bereits ans gearbeitet fctn soll, ist die Bcrhinderuna dcs A » schlusscS Oesterreichs an Deutschland. Diese bc sondere Note kennzeichnet den Geist des Abkommens zur Ge nüge. Mtt derartigen Zielsetzungen ist natürlich das Werl von Locarno und die Entwicklung Deutschlands z» einer maß geblichen VölkerbundSmacht nicht z» vereinige». Sv erklären sich auch die scharf abfälligen Bemerkungen, die der Duce und seine faschistische Gefolgschaft von vornherein über Locarno auSschüttetcn. Alö man in Rom dann erkannte, daß das aiu schweizerischem Boden begonnene Fricdcnswerk ebendort auch seine Erfüllung durch die Ausnahme Deutschlands in den Völkerbund finden sollte, mutzte diese Einsicht aus die außen politischen Pläne Mussolinis wie eine Sprengbombe wirken Der Duce fühlte sich durch die Wendung, welche die Dinge in Gens zu nehmen im Begrisf standen, in dem Lebensnerv seines Ehrgeizes bedroht und handelte dementsprechend. Scho» in Locapnp hielt er sich ostentativ zurück und in Genf glänzte i