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ziemlich aut besuchten öffentlichen Versammlung. Der Streitführer Hartwig schilderte den Verlaus des Streiks und betonte, daß in erster Linie die Einschüchterungen und Versprechungen der Arbeit geber, sowie der JndifserentismuS in den eigenen Reihen und dann aber auch die Aufmerksamkeit, die die Behörden den Streikenden aeickenkt hätten, die Schuld trüge», das, die Erfolge bei dem Auöstand nicht größere gewesen seien. Im Auftrag der Streikkomiuissiv» stellte er schließlich folgenden Antrag, welcher auch ohne Debatte angenommen wurde: „In Erwägung, daß die Kollegen, welche sich von Anfang o» am Streik betheilint haben, sämnitlich in Arbeit gebracht worden, und weitere ^streikende nicht hinzuaekommen smd, beschließt die Versammlung, den Streik biS aus Weiteres zu vertagen." Im Weiteren fanden ausgedehnte persönliche Streitigkeiten statt, weil ein Redner, der sich nicht am AnSstand betheiliatc, offen erklärt hatte, er habe im Voraus ge sehen, daß di« Lohnbewegung unter dem Geiste der diesmaligen Leiter einen anderen Ausgang nicht habe nehmen können. — Die Kommiisivn der Deutschen Kunstausstellung macht die Inhaber von Dauerkarten in ihrem eigenen Inter esse wiederholt darauf aufmerksam, daß es unslalthast ist, die aus gestellte Dauerkarte zu verborgen. Ta kürzlich dieser Fall vvr- ackommen ist, daß ein Herr aus die Karte eines Freundes die Ausstellung hat besuchen wolle», so wird seht die schärfste Kontrvle ausgeübt. >»» den Mißbrauch der Dauerkarten zu verhindern. Dieser Mißbrauch hat zunächst außer den weiteren unangenehmen Konsequenzen die Entziehung der Karte zur Folge. — Das morgen Abend 9 fihr im A nsst el lun gsP ar k stattfindcnde „Kiuder-Jeuerwcrk". das nur darum als K Inder - Feuerwerk angekundigt wird, weil Kinder mir 50 Vst,, zahle», während sie an allen anderen Abenden ebenso wie Erwachsene 1 Mk- zu zahlen haben, verspricht Außerordentliches. Das Pro gramm ist ganz neu zuiammengestellt und enthält sogar mehr Nummern als die bisher vorgesührten drei Feuerwerke, nämlich -15 im Ganzen, von denen jede eine Fülle von pyrotechnische» Einzel erscheinungen bringt. Außerdem ist das Feuerwerk als eine Art Huldigung der Deutschen Kunstausstellung für unseren Dichterfürsten Wolsgang von Goethe gedacht, da das Programm als eine Glanznummer die Riesen- Gratulationskarte der Firma Brock u. Ev. zum 150. Geburtstag Goethes cinjchließt. Zur Erheiterung der Kinder wird ein „Teufel aus dem Kasten" sich produzircn, scrner wird ein Jongleur aus einer Balancir-Stange ein Faß im Kreise tanze» lassen und der gleichen Späße mehr. Zum Schluß werden die 50 Fuß großen Porträts unseres Hcrrscherpaarcs dem ganzen Feuerwerk einen patriotischen Abschluß geben. — Der rührige Wirst) des Etablissements „L indcngarte n" tKönigsbrückerstraßc 121) hatte vorgestern mit Genehmigung Ihrer Majestät der Königin znm Besten des Albertvcrcins ein Sommerfest veranstaltet, das leider nicht durch allzu zahl reichen Besuch ausgezeichnet worden war. Das Jnstrumental- Conccrt wurde mit veilem Gelinge» von der Kapelle des König!. Sächs. Pionier-Bataillons Nr. 12 ausgcsiihrt. während später der Gesangverein der Postbeamten ..Liederkranz" durch eine Reihe ge diegener Liedervorträge willkommene Abwechselung in das musika lische Programm brachte. In den Eonceilpausen warteten im Hauptsaale Braner's Roßweincr Sänger, die in uneigennütziger Weise sich dem Wirth des Lindengartens, Herrn Ad. Thomas, zur Verfügung gestellt hatte», mit den zündendsten Nummern ihres Programms auf. Mit größtem Beifall nahm man scrner eine Reihe lebender Bilder aus dem Soldatenleben entgegen, die von Herrn Beyer vom dramatischen Verein „Sachsen im Felde" gestellt bez. geleitet wurden. Selbstverständlich fehlte eine in der Hauptsache von zahlreichen Gönnern des AlbertvercinS reich bedachte Gaben lotterst nicht, deren Hauptgewinn ein schönes Pvrzellan-Tpeisc- servicc für sechs Personen ausmachte: auch sonst wies die Tombola noch eine stattliche Zahl begehrenswcrihcr Gewinne aus. Außerdem hatte man Gelegenheit, dmch Erwerb von Loosen a» einer Psejscr- kuchcnbudc, sowie von Blumen :c. der guten Sache zu nütze». Einen prachtvollen Anblick gewährte das Etablissement, als »ach Einbruch der Dunkelheit der geräumige Garien in, Lichte Hunderter von Lampions erstrahlte. Das Wohlthätigkeitsfest fand seinen Abschluß in einem solennen Sommernachlsball. — Von den Beamten der Kvnigl. Polizei-Direktion wurde gestern die neueste Nmiuner des in München erscheinenden sozial demokratischen Witzblattes „Süddeutscher Postillon" wegen einer darin enthaltenen MascstätSbeleitigung beschlagnahmt. Die König!. Sachs. F v rst a ka d e m i e zu Tharandt be ginnt das Winterhalbinhr ani 10. Oktober. TageSsttschichtc. Deutsches Reich. Zur Abcndtascl bei den Majestäten in Potsdam waren vorgestern General v. Moltke und Leutnant v. Müller geladen. Gestern früh machte der Kaiser einen Spazier ritt und hörte von 9 Uhr ab die Borträge besKriegsminisicrS und des Chefs des Militärkabinets. Zur Fruhslucksiastl bei de» Ma jestäten waren der Gesandte v. Rvtenyau und Generalkonsul Dr. Stiibel geladen. Prinz Max von Baden, dessen Name in letzter Zeit wegen des Rückganges seiner Verlobung mit einer rmsischen Groß fürstin vielfach genannt wurde, hat sich mit Erfolg einer Kalt wasserkur unterzogen. Er befindet sich augenblicklich ans Schloß Salem und wird während der bevorstehenden Kaisermnnövcr Ordonnanzoffizicrsdienste bei den, Kaiser tlmn. Diese Auszeich nung wird in Gesellschaftskreisen vielfach besprochen Die GeschO stSordnungskommisiivn des preußischen Herrenhauses kiat Strafantrag gegen den sozialdemokratischen „Vorwärts" wegen Beleidigung des Hauses zu stellen beschlossen. Die Meldung, daß der Chef des Genecaistabcs der Armee. General der Kavallerie »nd Gcncraladjntant Graf von Schlieffen nach de» diesjährigen größeren.Hcrbslmanövcrn aus seiner Stellung, die er seit dem 7. Februar 1891 innc hat. scheiden und als Nachfolger den Kommandirenden General des Gardekorps. General der Infanterie v. Bock und Polach erhallen dürfte, wird in maßgebenden Kreisen als zutreffend bezeichnet. Graf Alfred v. Schlicffen, am 28^Februar 1833 als jüngster Sohn des Majors Grafen Magnus v. Schlicffen zu Berlin geboren, also gegenwärtig 66>/, Jahre alt. wurde am 16. Dezember 1851 im 2. Gardc- Ulanen-Regiment Offizier. Von 1859 bis 1861 war er zur All gemeinen Kriegsschule bezw. Kriegsakademie kommandirt, und war bann Adjutant bei der 1. Garde-Kavallerie-Brigadc. Nachdem er, 1862 Oberleutnant geworden, 1861 und 1865 beim topographischen Bureau des Gencralstabcs Dienste gethan, wurde er 1866 Ritt meister, kam kurz darauf als Hanptmann in den Gcncralstab und Wurde zur Botschaft in Paris kommandirt. 18M trat ec als Generalstabs-Offizicr zum 10. Armeekorps, bei dem er bis znm Beginn des französischen Krieges blieb. Dann wurde er zum Generalstabe des Großherzogs Friedrich Franz II. von Mecklenburg versetzt. Schliesfen nahm an den Kämpjen vor Orleans und an der Loire, sowie gegen Le Maus Thcil. Als Graf Walderste an Stelle des Generals von Krensky die Stelle des EbefS des Stabes beim Großherzvge übernahm, fand dir erste dienstliche Berührung der beiden Offiziere statt. Im Dezember 1870 wurde Gras Schliesfen zum Major befördert, erhielt das Eiserne Kren; 1. Klasse und das Mecklenburgische Militär-Verdienstkreuz 1. Klasse. Nach Beendig ung des'Feldzuges kam Graf Schliesfen zum Generalstabe des neugebilderen 15. Armeekorps, wurde aber 1872. nachdem ihm in Straßburg seine Gemahlin gcb. Gräfin Schlicffen gestorben war. zum Generalstabe des Gardckorps versetzt, bei welchem er fast 4 Jahre blieb. 1876 wurde er Oberstleutnant und Kommandeur des 1. Garde-Ulanen-Regiments und 1881 Oberst. 1881 in den Generalstab zurückversetzt, wurde er Chef der 3. Ablhcilnng des Großen Gencralstabcs. Am 4. Dezember >885 erfolgte seine Be förderung zum Generalmaior. nachdem er schon im Jahre vorher den Rang.als Brigade-Kommandeur erhalten hatte. 1888 wurde er zur Verfügung des Chefs des Gencralstabcs gestellt und am I. April 1889. als die drei Generalguartiermeisterstellen geschaffen wurden, an die Spitze einer derselben gestellt. Am 4. Dezember 1688 wurde er Generalleutnant, am 14. Juni 1892 Gencraladju- tant und am 27. Januar 1893 General der Kavallerie. Für seine Verdienste mit hohen Orden reich bedacht, verlieh ihm der Kaiser 1. Garde-Ulanen-Regiments. — General der Infanterie v. Bock und Polach ist seit dem 11. Dezember 1897 kommandirender General des Gardekorps, mit dessen Führung er bereits am 18. August'desselben JahreS beauftragt worden war. Vorher war er zuletzt Kommandeur der 20. Division in Hannover. Im Jahre 1884 war er Chef de» Stabes des 15. Armeekorps und 1873 GeneralstabSoksizicr beim Generalkommando des 8. Armeekorps- General Bock gilt für «inen der tüchtigsten nnd begabtesten Der ln Bochum tagende des Verbands katholischer kausmänniicher Vereinsgungen Deutschlands hat folgende Reso lution angenommen: „Die großen Waarenhäuser und Berlandtgelchäste und deren Filialen sind einer progressiven Umsatz steuer zu unterwerfen. Der Ertrag dieser Umsatzsteuer soll an die Kommunen überwiesen werden zum Zwecke der Entlastung des kleineren und mittleren Wewerbestandes von Abgaben, insbesondere von der Gewerbesteuer. Der Kongreß empfiehlt den Zusammen- lchluß der Kleinkausleute zu wirthschastlichcn Vereinigungen als nothwendiges und wirksames Gegenmittel gegenüber der inneren, gefährlicher werdenden Konkurrenz der Waarenhäuier." Zu der Frage, ob die deutsche Industrie sich an dem nach Philadelvhia emberusenen Internationalen Handelskongresle bethciligen solle, ist der „Schlesischen Zeitung" aus den Kreisen der rbeiiiisch-westsälijchen Industrie ein Schreiben zugegangen, an dessen Schlüsse es heißt: „An eine Umkehr der amerikaniichen Wirthlchastspolitik, die cs glücklich dahin gebracht bat. daß Deutsch land drei Mal mehr Maaren aus Amerika einführt als dorthin ausfnhrt, ist in absehbarer Zeit nicht z» denken. Während die deuiichen Nationalökonvme» und Diplomaten sich »och eifrig-ehrlich bemühe», annebmhare Beziehungen zwilchen beiden großen Länder» herzlislclien, geben die imarlen Aonkces ruhig ihre» Weg weiter, sich die Weltherrschaft im Handel zu verschossen, das aus ländische Erzeugnis; durch die unbilligste» Maßregeln auszuschließcn. ihrerseits nber die gesperrte» Länder mit amerikanischen Erzeugnissen zu überschwemmen. Wenn etwas im Stande sei» könnte, in dieser dem ainerikanischcli Handel cigenthümlicken Richtung Wandel zu schasse», so wäre es nur eine energische Vergelinngspolitik der von den Vereinigten Staaten wirthschastspolitisch mißhandelten Länder, insbesondere seitens Deutschlands, gegen das die Amerikaner auch politisch sich herausfordernd, ja »nverschänit betrage». Für eine» solche» Vergeltungsstandpunki würden die Amerikaner Verständnis; empfinde», die philanthropische und doktrinäre Gefühlsduselei der Teutiche» dagegen verlache» sie. Man kann daher nur dringend wünsche», daß die deutsche Geschäftswelt die erwähnte rheinische Kundgebung nach ihrer ganzen voikSwilthichasttichen und nationalen Bedeutung würdige und ihr durch allgemeine Zustimmung berusener Krciie größeren Nachdruck verleihe." In den Prodnktivgewerbe» Dentichlnnds wird man diesen Aifichaunngen fast ohne Ausnahme bcissinuneil. Im Reichsamt des Innern hat eine Sitzung unter Theilnahme von Fachmännern zur Berakhung der gegen die Verschleppung der Pest nach Tentschiand zu ergreifenden Maßnahme» slattgesnnde». Die gewöhnlichen Oiigrantäne-Einrichtungcil wurden für aus reichend erachtet. Ter Regierungspräsident in Eoblcnz hat durch eine Polizei- Verordnung bestimmt, daß jugendliche Personen, nnd zwar männ liche bis znm vvllendeien l7. und weibliche bis znm vollendeten l6. Lcbensiahre, zu össentlichen Tn nzlustbar ketten nnd den znm Aufenthalt der Theilnclmier an diesen bestimmten Räumen nicht zngclasseu werden dürfen. Verantwortlich sind die Wirthe nnd Leiter solcher Veranstaltungen. Um icde Erörterung über de» Begriff „öffentliche Tanzinstbarteiten" von vornherein ansznschließcn, ist der Verordnung eine Erklärung voransgcichirkt: AIS össciitliche Taiizlnslbarleiten sind diejenigen anzniehen, welche entweder i» öffentlichen Lokalen oder in PriPallvlalcn für gemcinschastliche Rechnung solcher Thcilnchmer, die leine geichlossene Gesellschaft bilde», veranstaltet werden, oder zu denen >ede Person gegen Be zahlung mgclasse» wird In Osterode wurde der Rechtsanwalt und Notar Tr. Otto Berner wegen Unterschlagungen veihastet. Er stellte sich selbst dein Staatsanwalt. Seine Akten sind gerichtlich mit Beschlag be legt worden. Eine F a h rr a d st c u e r beabsichtigt die Stadt Spandau cin- znfüluc». Die Stadtpcrvrdiietcn-Vcrsammlnng hat sich bereits mit der Berlage beschäftigt, aber »och keinen dcfinilivcii Beschluß gefaßt. Oesterreich. Ans ungarischer Quelle verlautet, daß Graf GolnchowSki sowohl einer dem Geiepe widersprechenden Ver längerung der Tclegntenmandntc als auch einer nicht in gesetz licher Weise dnrchgesnhrtcn Wahl der Delegationen entschieden opponiren würde. Ebenso wenig könnte sich der Minister des Acnßcre» mit einer öslerreichischcn Delegation befreunden, in welcher die dcntjchc» Tclegirtcii ihre Mandate nicht ausübcn würde». Die „Wiener Ztg." veröffentlicht eine kaiserliche Verord- n n n g ans Grund deS 8 l l. durch welche der zur Dolirung des MeliorationSsonds bestimmte Betrag ans Staatsmittel» ans 1 Million Gulden festgesetzt und de», Fonds außerdem eine außer ordentliche Dotation imn 900,OM Gulden zngewendct wird. Dr. Schercr-.Hahermann. der wegen der Verbrennung des Hirtenbriefes des Brircner Fürstbischofs a,«geklagt war. ist vom Landesgericht in Jnnsbruck mit der Begründung freigeiprochcn worden, daß durch die Verbrennung des Hirtenbriefes kein Gebrauch der katlwliichcn Kirche hcrabgewürdigt sei. Das dicht- aeichaarte Publikum brach bei der UrtheilSverkündigung in stürmische Heilmse ans. * Tie Anftcgnng, die durch die Ereignisse in Graslitz nnd Aich in den Nachbarorten heivorgerufen worden ist, führte Abends in Egcr. Elbogen, Neustadt!, Fallenau und dem cnlsernlcrcn Saaz zu stürmischen Demonstrationen. In Jalkcnnu zog die Menge mit einem vorangetragenen Zuckerlmt vor die Bezirks- hanpimannschast und vor die Gcndarmcriekasernc und fließ drohende Rufe gegen die Regierung aus. Die Menge sang die Wacht am Rhein nnd andere Lieder. Wie das „Gramer Tageblatt" erfährt, sind Vorarbeiten im Zuge, um beim Obersten Gerichtshöfe für jede slavischc Nation einen eigenen nationalen Senat einznietzen. Frankreich. lieber die gestrigen Perbandlungen des Drcy- f us - P io z e s s e s wird berichtet: Tic Aussage Denvt's, eines Freundes von Sandherr, winde verlesen, wvncich dieser ihm er zählte, die Brüder des Drcnfns hätten ihm 15,000 Francs an- aelivten, damit die Asfairc arrangirt werde, Ter Vertlieidiger Temangc ließ eine Aufzeichnung Sandhcrr's verlesen, wonach die Brüder Drcnfns' dem Sandhcrr erllärten. ein Vermöge» opfern zu wollen, um die Wahrheit an's Licht zu bringen, Ter Vertheidigcr wieS auf den Unterschied der Erklärungen hin. Linvllc, der mit Dreysus bei Bodion dinirte, erklärte, er halte DrcyfnS für unfähig, ein Äerräther zu sein. Oberst Maurel. der Präsident des Kriegs gerichtes von 1894. sagte ans. die Zeugenaussagen du Paty's stimmten mit seinem Bericht überein, diejenige» des Oberst Henry waren ein wenig übertrieben, aber ohne Haß und ohne Leidenschaft, Dreysus benahm sich korrekt. Tos einzige Schriftstück, das Maurel im Laufe des Prozesses zugcstcllt wurde, sei ihm nicht von Picguart, sondern von du Pal» zugegangcu, diesem habe er es au dcmseibeu Abend wieder zugeslellt. Auf die Frage Labori's erwiderte der Zeuge, er habe nur ein Stück bou dem Geheimdossier gesehen: die anderen habe er nicht gesehen, da seine Ueberzengnng bereits festgestanden habe Labor, war erstaunt, das; der Zeuge seine Ueberzeuaung aus das Lese» nur eines Schriftstückes begründet hatte, (Bewegung,) Im weiteren Verlaufe ereignete sich ein ziem lich lebhafter Zwischenfall, Der Rcaicrungstominissar Earrisrc machte Labor! darauf ansmerksam, daf; er wohl Fragen stellen könnte, aber keine Schlußfolgerungen ziehen dürfte. Lcibvri ant wortete. er übe Zurückhaltung, aber wenn Earriöre ihm eine Lektion crtheilcn wolle, so nehme er dicke nicht an. Labvri stellte zahlreiche Fragen an General Mcrcicr, der nicht immer antwortete Aus den Antworten des Zeugen ging hervor, daß er keine formelle Ordre gegeben habe, das Gcheiiiidvssicr den Mitgliedern des Kriegsgerichts von 1894 mitzuthcilcn. ober die ertheilte moralische Ordre war ausreichend bestimmt. (Bewegung.) Im Augenblicke der Verhaftung Dreysus' wcir das Bordercau das einzige Belast ungsmaterial : im fiebrigen cxistirtc» nur Vcrmuthuiigen. Labvri verlangte eine Untersuchung wegen des Brieses,, unterzeichnet vvn Henry, veröffentlicht in der „Libre Parole", in dem der Name Dreysus verbreitet wurde. Labvri glaubte, daß alle Verantwortlich keit bei Henry und du Paty zu suchen sei. " Der in Rennes tagende Generalrcith des Ille et Vilalne- Depnrtcments drückte den Wnnsch aus, die Regierung möge „an gesichts der durch die Feinde des Hcecrcs und Glaubens ge schaffenen gefährlichen Lage unverzüglich die Kamiuern ein- beruse n". „ Im „Figaro" wird ein Brief des verstorbenen früheren italienischen Botschafters Rebmann an die Marauiie Arconetti- Visconti, Tochter des früheren Senators deS Saine-Departements Alphonje Payrot, »sitgetheilt. den Rebmann kurz vor seinem Tode geschrieben hat Es heißt darin: „Ich fühle den Tod kommen, aber ich fürchte ihn nicht, denn ich leide sehr. Ich bedaure nur, sterben zu müsse», bevor ich die Unschuld des uiiglücklichcn Dreysus festgestellt sehe." Labvri hat mehrere Pariser Blätter wegen Verleumdung verklagt, weil diese behauptet hatte», er habe sich verstellt und sei gar nicht ernstlich verwundet worden. In den Redaktionen Variier Blätter war kn borvergangene, Nacht das Gerücht verbreitet. Präsident Laub et iei in Rambouillet ermordet worden. Dies Gerücht wurde alsbald amt lich für unbegründet erklärt. Der amerikanische Admiral Dem et, ist mit der „Olympia* in Villcsranchc cingetroffen. Der ihm bereitete Empfang war ein sehr kühler, da die Franzosen keinerlei Bewunderung für seine Heldenthaten von Manila zu empfinden vermögen. Er zog sich deshalb sehr mißmuthig schnell in ein Hotel zurück und weigerte sich, irgend einen der aus den nahen großen Städten Toulon. Mar seille u. s. w. herbeigeeilten zahlreichen Reporter zu empfangen. Er ließ nun durch einen seiner Begleiter erklären, er sei nach Villesranche gekommen, um sich auszuruhen und wünsche nicht be lästigt zu werden. lieber die Meuterei im Sudan wird aus Paris berichtet: Nach den neuesten Mittheilungen hat Hanptmann Boulct im vollen Einverständnisse mit seinen Kollegen und Mannschaften gehandelt. Man fürchtet sehr, daß es der Truppe, die über 6000 Flinten, zahlreiche Munition und genügend Lebensmittel verfügt, gelingen wird, eine für den französischen Einfluß gefähr liche Rolle im Sudan zu spielen. Svkotv, Born», Kancm und Quaddai öffnen den Rebellen ein überaus günstiges Feld für ihre Thätigkeit und sie könnten leicht einen der Herrscher dieser Gegenden, so den geheimnißvollen Rabat, sich zu Bundesgenossen erwerben und der Ausbreitung Frankreichs die größte» .Hindernisse entgegen- stellcn: denn diese Gebiete sind zwar Frankreich zugesprochen, konnte» aber bisher nicht effektiv in Besitz genommen werden. Die anstoßenden, England gehörigen Landstriche werden zwar kommerziell ausgcbeutet, weisen aber gleichfalls keine hinreichenden militärilchen Kräfte auf, um den Abenteurern erfolgreich entgegcn- trctcn zu können. Die gesammte Presse ist außer sich über die Meuterei des Hauvtmanns Voulct. welche zur Ermordung des Obersten Klobb und des Leutnants Meunier geführt hat. Die schreckensvolle That hat sich ereignet im Gebiet der Tamergu-Fulbe-Neger bei dem großen Marktplatz Zinder im Lande Damangar, woselbst die Expedition Voulet-Ehanvine am 11. Juli angekonimen war. Außer den beiden Genannten -- die Hauptleute sind — gehören zu ihr noch Hauptmann Joualland. Leutnant Paktier, Dr. Henne und die Sergeanten Laury und Bouthel, 70 Tiraillenrs, 2M.Hilfs truppen nnd über 10M Träger. Allgemein ist die Entrüstung darüber, daß von den erwähnten Offizieren auch nicht einer de» Mull, gehabt hat. Voulet an seinem wahnsinnigen Beginnen zu verhindern, nnd man spricht daher die Befürchtung aus. daß diese Offiziere auch sämnitlich mitschuldig sein mochten a» den Greuel- thaten. deren Voulct und Ehanoine bezichtigt wurden. Nicht minder groß ist die Besorgniß über den möglichen Eindruck dieses Ereignisses aus die Ncqerhünpllinge der Gegend, welche Zeugen waren, wie französische Offiziere nicht etwa fremde Eindringlinge, sondern Kameraden. Angehörige des eigenen Heeres nicderichießcn ließe» Das Ansehen der Weißen wird ersahriingsgemciß durch Vorkommnisse solcher Art auf lange hinaus ernst gefährdet. Zinder hat bereits einen traurigen Namen in der Kolvnialgeschichte des französischen Afrika, weil daselbst am 6. Mai 1898 der Hanptinan» Gniemoivil und der Dolmetsch Olive ermordet worden sind, die sich, von Lay am Niger kommend, auf dem Wege nach dem Tlchadscc befanden. Guörin ' s Koch ist jetzt der Held des Tages. Er wird von den Journalisten eifrig ausgcsragt nnd hat Folgendes berichtet: Gnäri,' wird eher Hungers sterben als sich ergeben. Er hatte anfangs 25 Genossen, jetzt nur noch ein Dutzend. Wahrscheinlich wird Einer nach dem Anderen des .Hungers wegen davongetrcige» werden müssen, denn die Leute haben nur noch für drei Tage Erbten und nur noch wenig Kartoffeln. Tie Belagerten sind nur mit Revolvern bewaffnet, der Koch hat leine Gewehre gesehen, sie »linste,i denn in dem geheimen Schrank flecken, den der Koch nie offen sah. Die Luit im Hanse sei kaum mehr athembar, cs mangle an Trintwasser, Bier nnd Wein jedoch seien im Keller reichlich vorhanden. - Tie bekannte Gräfin Märtel <Gyp) hatte den Minister des Innern ersucht, ihr einen Besuch bei Guerin gestatten zu wollen, um ihm, wie sie sagte, „Zerstreuung zu bringen". Der »»galante Minister ließ die Dame ohne Antwort. — Guerin hat »niimehr auch die Feuerwehr aus die Beine gebracht. . Sie wurde aus einem Nachbarhansc ausgestellt, da der Antisemit Petroleum ans seinem Dache ausgcgossen und cs mit Hobelspänen versetzt hatte. Man vermuthet, das er im Ernstfälle das Haus in Brand stecke» will, in der.Hoffnung, in dem allgemeinen Wirrwarr zu enlkvmmcii. Eine Buchhandlung in der Ruc Chabrol ist gc- fihlosicn worden. Im Fenster klebt ein Plakat mit der Aufschrift: ..Geschlossen wegen Verletzung der Arbcitsfrciheit: in 6 Tagen haben wir nur für 3 Francs verkauft." Tbatsächlich führen auch andere Kauslcntc der Ruc Ehabrol bittere Klagen über die Unter bindung des Handelsverkehrs. Sie drohen, sic würden keine Steuern zahlen. Italic». Tie„Ag. St." schreibt, es würden falsche Nachrichten verbreitet über Fälle von P e st in Neapel und Palermo, während doch der Gcsinidheitszuslanv im ganzen Königreiche vortrefflich sei. Ter Minister des Inner» habe dem Präfekten aufgelragcn, de» Urheber der falschen Nachricht zu ermitteln, um ihn nach dem Gesetze zu bestrafen. Portugal. Tic P c st breitet sich in der Stadt Oporto aus, jedoch ohne heftig aufzutreten. Am Dienstag kamen ein Todes fall und zwei Ertranknngsiälle vor. am Mittwoch zwei Er- kraiikuiigsfälle. Demnächst kommt ein russischer Arzt nach Oporto. »in bei der Bekämpfung der Pest mitzuwirken. Die Kaufmann schaft richtete an Pros. Tr. Koch das Ersuchen, zum Studium der Seuche nach Oporto zu kommen. In Oporto ist die Ccnsur dermaßen rigoros, daß die meisten auch nur entfernt auf das Auftreten der Pest bezüglichen Telegramme cinsach aiigchaltcn und nicht weiter befördert werden, ohne daß man den 'Absender davon benachrichtigt. Dr. Jorge, Tirettor des battcriolvgychcn Instituts daselbst, erklärt jetzt öffent lich. er habe die portugiesische Regierung bereits am 12. Juli von dem Anstreten der Epidemie benachrichtigt und in einem zweiten, besonderen Bericht unter m 28. Juli seine ersten Mitthcilnngen formell bestätigt und erklärt, daß irgend ein Zweifel daran, daß man sich wirklich der eigentlichen Pest gegenüber befände, nicht mehr bestehen könne. Am 8. August reichte er dann den Bericht über die bakteriologische Prüfung der ihm zngcwiesenen Fälle ei». Trotzdem wartete die Regierung bis zum 15. August, ehe sie das Auftreten der Epidemie zugcstand. Belgien. Die innere Lage ist wieder sehr bedenklich. Der Generalrath der Arbeiterpartei beschloß den heftigste» Widerstand «zegeii die Wahlrcform und eventuell die Organisirnng neuer Straßcnunrnhcn. Ein außerordentlicher sozialistischer Kongreß tritt Montag zu weiterer Beschlußfassung zusammen. England. Die englische Regierung hat dem Sekretär der Ver einigung der Handelskaimnem des Königreichs mitgetheilt, daß sie die angeln,idigtc Bestellung kommerzieller Agenten in den wichtigsten sremden Handclseciitrc» nnnmehr durchzuführe» beabsichtige. In unterrichteten Londoner Kreisen sieht man der demnächstigen Veröffentlichung des Erlasses entgegen, welcher die Anstellung von .licht weniger denn sieben englische» .Handelsagenten in verschicchenen Gegenden der Welt verfügt. Diese Anstellungen leiten eine neue Aeia des englischen AuslandSdienstes ei», da diese Agenten nicht, wie die Kvnsnlarbeainten, den Botschaften oder Gesandtjchcislen attachirt sein werden und auch nicht an diese, sondern dirctt a» das Londoner .Handelsami berichten solle». Dänemark. Die Kaiserin-Mutte r von Rußland ist in Begleitung des Großfürsten-Thronsolgers und der Großfürstinnen Lenia und Olga gestern in Klanipcnbora eiiigetrvffen. Die Herr schaften begaben sich alsbald nach Bcrnstorss. N» stland. In Folge des Aufhörens der epidemischen Krankheiten in den von Mißernte heimgefilchten Gonvcrne- nicnts »nd angesichts der befriedigenden Ernte in diesen Gvnver- nenicnts hat die Gesellschaft zum Rochen Kreuz ihre Hilfeleistungen als nicht mehr erforderlich eingestellt. Auch die Spenden für die im vergangenen Jahre von der Mißernte Betroffenen sind in Folge dessen nicht mehr erforderlich. Afrika. Im Verlauf einer Debatte im Kap-Parlament drückte Cecil Rhodes die Meinung aus, die Transvaalfraae würde ohne Blutvergießen gelöst werden. Präsident Krüger wurde noch mehr ncichgcbcii. Wenn diese Frage gelöst sei. wäre cs sicher, daß Transvaal ein englisch sprechendes Gemeinwesen werden müsse. Tic Ausländer würde», da sie in ungeheurer Mehrheit seien, eine Negierung im Einklänge mit ihren Anschauungen bilden. General Jonbcrt's, des Cdefkoiilniandircndcn der Boerc»- Arnice, offener Brief an die Königin von England ist nunmehr erschienen. Er nimmt sechs große ZcitungSsvaltcn ein» legt die ganze Entwickelung der jetzigen Trausvaalkrise dar. bezichtigt das Uitlander ° Komitee in Johannesburg resp. „Die Gold» Dsesönev Nachrichten« Nr. 233. Seite S. »» Freitag. 25. August 189S