Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 01.05.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-05-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030501019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903050101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903050101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-05
- Tag 1903-05-01
-
Monat
1903-05
-
Jahr
1903
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 01.05.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
a«sann«veranstaltet auch in diesem i» 29. August) geelenturse titr ,n«n der feanztzsischen Sprache. Die geleiteten Kurse, dle sich in Borlesungen über Gram — Dl« NnlversltSt »u r«««.c»o« 21 Juli ""Disteratür, SpracbgeschicHe usw. und in praktllchr Hebungen gliedern, umfassen 16 Stunden wöchentlich. Nähere ArÄunft erteilt Prof. I. «nnnard. Lausanne. Avenue Davel 7. — Heute beginnt die diesjährige Badesaison in Elster, die V6 Ueberaang de» Elsterbabe« in den Besitz de» ^ Jahre 1849. Bon einer Frequeni^von 139 P . ,taate» ersoncn im ge nannten Jahre hat sich tue Zahl der Besucher b,S auf 9743 Per- sönen in der letztverflossenen Saison gcste>gert, dank der günstigen Lage des Badeorte», keiner vortrefflichen Heilmittel und seiner vorzüglichen Badeeinrichtunaen, die in den letzten Jahren durch den Nenvau de» Albert-Babe». in dem sich die zum Wasserheil verfahren nötigen Räume und Ausstattungen in baulich und tech- »lisch vollendeter, den modernen Anforderungen entsprechender Weise befinden, beträchtlich erweitert worden sind. Die regel- mätzmen Konzerte der Königl. Kurkapelle finden täglich früh von »/z9 bi» 9 Uhr und nachmittags von 4 bis 6 Uhr statt. der Wad ren erforderlich Tä das hierzu notige Land im Äiege frei händigen Erwerbe» zu angemessenen Preisen nicht allenthalben zu erlangen ist. so wird dem preußischen Staatsfiskus zur Her- steuung der bezelchneten Anlage das EnteignungSrecht verliehen. — Landgericht. Bor der 5. Strafkammer unter Vorsitz de» Herrn Landgerlchtsdireklors Bockwitz steht Verhandlung an gegen den Königlichen Oberförster Dämel Bruno Max Müller von hier wegen Herausjorderung zum Zweikampfe. Zeugen sind nicht geladen; von seilen der Staatsanwaltschaft und her Verteidigung sind zwar Zeugen genannt, das Finanzmini sterium hat jedoch die Genehmigung zu deren Vernehmung ver sagt. Der Verhandlung wohnen außer einigen Kollegen des An geklagten auch die Herren Exzellenz v. Kirchbach und Geheimer Kriegsrat von Ammon bei. Oberiörster Müller ist beschuldigt, am 18. Dezember 1903 seinen Vorgesetzten, den Königl. Obersvrst- meister Klette zum Zweikamps mit tödlichen Wossen herausge- fordert zu haben. Der Angeklagte räumt ohne weiteres ein, K. ein« Forderung auf Pistolen durch den Jorstassessor Zürner über- sandt zu hoben. Zürner ist als Kartellträger inzwischen vom Kriegs- gericht zu 3 Tagen Festung verurteilt worden. Ueber den Anlaß zur Herausforderung oesragt, gibt der Angeklagte folgendes an: Aus 2 Gründen habe er nicht anders handeln können, nachdem er von seinem Vorgesetzten jahrelang auf alle Weise bloßgestellt worden sei. Zwar habe er Beschwerden und Gesuche um Eröffnung eines Disziplinarverfahrens beim Finanzministerium eingereicht, jedoch ohne Erfolg. Am 13. Dezember 1901 habe Oberforstmeistcr Klette die ehrenrühriae Behauptung aufgestellt, Müller hätte amtlich ver einnahmte Gelder im Journal als nicht vereinnahmt gebucht, und bald daraus geäußert, Oberförster Müller zeige nicht das nötige Interesse am Dienst, sondern suche die Arbeit aus das Personal obzuwcnzcn. Er — Müller — habe seinen Vorgesetzten über diese beiden Behauptungen zur Rede gesetzt, woraus Klette eine ver legene AuSrede gebraucht habe. Daraufhin habe M. die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen sich beantragt. Nach 5 Wochen sei ihm nur ein mit Blaustift geschriebener Zettel zugestellt worden des Inhalt», daß das Finanzministerium nicht wisse, ob M. die Unter suchung gegen sich selbst oder gegen Oberforstmeister Klette bean trage. Eure weitere Bloßstellung habe sich Müller bei Gelegenheit einer Bezirksversammlung der Oberförster und Jorstrentbeamten bieten lassen müssen. Klette hatte seinem Untergebenen Müller einen Bortrag aufgegebcn über das Thema: „Ueber unnötige Bevor mundung der Revierverwaltungen, und welche Dicnstzweige werden davon betroffen?" Das Thema sei verfänglich gewesen, wie auch daS Finanzministerium anerkannt habe, weshalb Müller den Vor- trag ablehnte. Mn habe Oberforstmeister Klette eine schon lange vorher verfaßte Eingabe an das Ministerium verlesen, worin Müller als ein „bequemer Beamter" bezeichnet worden sei. Der hauptsächlich ins Gewicht fallende Vorgang habe sich indes am 3f. Februar 1902 bei Gelegenheit einer auf Röhrsdorscr Revier abgeyaltenen Holzauktion zugetrageu. Nach Beginn der Auktion sei Klette gekommen, ohne Gruß in das Auktionslokal eiugetreten, habe sich gleich wieder entfernt und an den zum Verkaufe stehenden Hölzern Kontrollmessungen vorgenommen. Sei schon diese Matz nähme angesichts der Käufer für den Oberförster bloßstellcnd ge wesen, so noch mehr das folgende Benehmen K.s. Zu Angehör von 150 Personen habe K. dem Müller den Vorwurf gemacht, cs seien beim Holzverkauf Durchstechereien vorgekommen und deshalb Be schwerden eingelaufcn, so habe Müller dem Waldarbeiter Groß- mann Nutzholz als Brennholz verkauft. Uls aus dem Publikum unliebsame Bemerkungen über die Person Klcttcs gemacht worden seien, habe sich K. mit Müller in einen Nebenraum zurückgezogen und seine Beschuldigungen wiederholt. Als M. seinen Vorgesetzten bat; sich zu mähigen, soll letzterer geäußert haben: »Deinen Sie denn, ich bin umsonst herausgekommen?" Bei einem gemeinsamen Jnspekttonsgange durch den Forst habe K. wiederum Vorwürfe über angeblich unrichtige Zubereitung des Brennholzes erhoben, heraus . . ." -Müller reichte beim Finanzministerium eine Recht- tertigungsschrift ein. Nach 10 Monaten sei ihm als Antwort durch die Oberforstmeisterei ein Verweis erteilt worden, weil M. die er forderliche Achtung vor dem Oberforstmeister im mündlichen und schriftlichen Verkehr vermissen laste. — Vom Vorsitzenden des Ge richts befragt, was er denn als Ursache der Abneigung seines Vor gesetzten ansehe, gibt Müller an, daß Oberforstmeistcr Klette in ihm einen Agitator in der jetzigen Oberförsterbeweguna und den Ver fasser gewisser Zeitungsartikel erblicke; er könne sich sonst die Ver- fplaung nicht erklären: in letzter Zeit sei chm Klette feindselig in persönlicher Weise entgegengctreten. Müller ist nicht Militär. Den Weg der Privatklage wegen Beleidigung habe er deshalb nicht ein- geschlagen, weil ihm Beamte des Finanzministeriums mitteiltcn, er werde die einschlägigen Asten nichsausgchändigt erhalten. Immer noch habe er auf den Schuh des Ministeriums gehofft, nachdem ein gütlicher Ausgleich nicht mehr zu erwarten war. Als er auf seine Rechtfertigungsfchrift nicht» mehr hörte, sondern noch einen Ber- töei» davontrug, sei ihm nur noch übrig geblieben, seinen Wider sacher zu fordern: hätte er das nicht getan, so wäre unter seinen Kollegen die Meinung aufgckommcn, er verdiene die ihm wider fahrene Behandlung. Eine Versetzung in ein anderes Revier habe als feige Flucht oder ein halbes Schuldbekenntnis gedeutet werden können. Auf eine Zwischensrage des Verteidigers, Rechtsanwalts Dr. Graf, wird fcstgestellt, daß Oberforstmeister Klette dereinst zu Unrecht behauptete, M. habe einen wegen Erkrankung beur laubten Beamten im Bureau beschäftigt, ferner, daß ein wichtiger Zeuge Müllers, der Forstschutzbeamte Hornig, dessen Vernehmung vom Ministerium gleichfalls abgelchnt wurde, inzwischen ver storben ist. Der Borsitzende konstatiert noch, daß Oberforstmeister Klette die Herausforderung nicht angenommen, aber auch nicht An zeige gegen M. erstattet hat. Die gegen M. angestellten Erörte rungen find vielmehr vom Finanzministerium der Staatsanwalt schaft überwiesen worden. Hiermit schließt die Beweisaufnahme. Staatsanwalt Romundt führt aus, daß der Tatbestand sehr einfach liege, da der Angeklagte ein glaubhaftes Geständnis abgelegt habe. ES müsse also Bestrafung erfolgen. Bei der Strafausmcssung müsse berücksichtigt werden, daß die Herausforderung lediglich aus dienstlichen Angelegenheiten heraus erfolgte. — Der Verteidiger bedauert die Ablehnung der Entlastungszeugen, durch deren Aus sagen sicher der wahre Sachverhalt ans Licht gekommen wäre, er klärt jedoch, die Ablehnung als Revisionsgrund benützen zu wollen. DaS Motiv der -Herausforderung sei ein lauteres gewesen; Müller höbe nicht anders handeln können, nachdem er mit einer Beschwerde an die Vorgesetzte Behörde nichts erreicht batte, der Dienstweg also nicht zum Ziele führte. Eine Privatklage wäre ein schweres unter nehmen gewesen, mindestens zw«ifel''aft geblieben; M. wäre jeden falls abgewiesen worden. ES blieb also nur die Herausforderung übrig; seinen Posten durfte der Angeklagte nicht verlassen, bis der Streit mit seinem Vorgesetzten auSgefochten war. Aus all diesen Gründen möge da» Gericht auf die mildeste Strafe zukommen. Nach kurzer Beratung verkündet der Gerichtshof das Urteil: Müller wird z» 9 Tagen Festung verurteilt. Bei der Aus- Messung der Strafe hat da» Gericht die Vorkommnisse berücksich, tigt, welche der Angeklagte geschildert bat. da e» nicht zu der An- ttien* ^«" lE"' «ab die Angaben Müllers widerlegt Amtliche Vekmmtmachuuge«. Vom 4. Mat ab wird die Residenz st ratze, »wischen dem Wala- und Friedrich Rngnst'Plab. wegen Umpsiasteruug aut die Dauer der Arbeite» für de» Fahr- und Reitverlebt gesperrt. Tagesgefchichte. Deutsche» Reich. Die „Köln. Ztg." kommt nochmals auf den Verzicht der Kaiserin aus die Teilnahme an der Romsahrt zurück und weist darauf hin, daß bereits früher die Kaiserin dem Papste ihren Besuch im Vatikan abgestattet hat. Dieser Besuch ist am 23. April 1893, also vor zehn Jahren, erfolgt. Das Kaiserpaar wohnte an diesem Tage, einem Sonntag, zu nächst dem Gottesdienste in der Kapelle der deutschen Botschaft in Rom bei, der Kaiser nahm darauf an einem Frühstück teil, das der damalige preußische Gesandte beim Vatikan, Herr von Bülow, veranstaltet hatte und zu dem Kardinal LcdochowSki zu- gezoacn war. Danach holte die Kaiserin hier den Kaiser in machtvollem, au« Berlin mitgebrachtem Vicrerzug ab, und dann uhr das Kaiserpaar zum Vatikan. Die Kaiserin blieb beim llapsle etwa eine Viertelstunde und nahm von ihm ein schönes Molaikaemälde an. Nach ihrem Fortgang blieb dann noch der Kaiser fast eine Stunde im Gespräch mit dem Papste zurück. Im Anschluß hieran bemerkt das nationalliberale und freiwillig aouvernementale Blatt: „Es sind in der Tat ausschließlich ärzt liche Forderungen, welche dem Verzicht der Kaiserin auf die Romfahrt zugrunde liege». Ilebrigens möchten wir hervorheben, dah, wie me deutsche Kaiserin es für selbstverständlich erachtet hat, daß sie bei einem mehrtägigen Aufenthalt in Rom dem ehr- würdigen grellen Oberhaupt der katholischen Kirche ihren Besuch abgestattet hat, so dies vor ihr e'ne ganze Reihe evangelischer fürstlicher Damen getan habe». Gerade im Jahre 1893. m dem Papst Leo sein bischöfliches Jubiläum feierte, haben unter anderem die damalige Prinzessin von Wales, die fetzige Königin von England, sowie die Großfürstin Sergei von Rußland, eine ge borene Prinzessin von Hessen, den Papst besucht. Ebenso eitt- sinnen w>r uns, daß Mitte der fünfziger Jahre die Kaiserin Alexandra Jeodurowiia, geborene Prinzessin Charlotte von Preu ßen. die Gemahlin des Zaren Nikolaus I., sowie wenige Jahre darauf die Königin Elisabeth von Preußen den Papst Pius IX. besucht haben." Nunmchr veröffentlicht auch die freikonservative ldeutsche Reichs->P a r t e l ihren Wahlaufruf. Es heißt darin: „Mit dem Abschluß neuer Handelsverträge steht im innigen Zusammenhänge die Sorge für das Wohl der Arbeiter. Nur, wenn cs gelingt, bei der Neuordnung der deut- schen Zollverhältnisse, die erst durch die Handelsverträge ihre end liche Regelung finben werden, einen ausreichenden Schutz der nationalen Arbeit und dadurch eine gesunde Entwicklung unserer Landwirtschaft und Industrie zu sichern, kann der deutsche Arbeiter aus gute Arbeitsgelegenheit und auskömmlichen Lohn rechnen. Dann wird es auch möglich sein, an der Durchführung der Ziele, welche die kaiserliche Botschaft vom 17. November 1881 gesteckt hat, fortzuarbeiten und die sozialpolitische Gesetzgebung unter Berück sichtigung der für unser Erwerbsleben notwendigen Schranken weiter auszubauen. Wir sind gewillt, auch ferner die Interessen des Mittelstandes kräftig zu fördern. Wir erwarten, daß den Wünschen des Handwerkerstandes seitens der verbündeten Re gierungen eine wirksamere Hilfe als bisher zu teil werden wird, denn ein kräftiger Mittelstand, ein starker und selbstbewußter Bauern- und Handwerkerstand ist eine der wichtigsten Voraus setzungen für eine gesunde Entwicklung unseres Vaterlandes. Zur Aufrechterhaltiing der Machtstellung und des Einflusses des Deut schen Reiches, welche die beste Bürgschaft ist für die Erhaltung des Friedens, bedarf es eines starken Heeres und einer achtung gebietenden Flotte. Bei sorgsamer Schonung der Leistungs fähigkeit unseres Volkes wird es auch künftig nicht schwer sein, zwischen den verbündeten Regierungen und den staatserhaltenden Parteien ein Einvernehmen über die hierzu notwendigen Maß regeln zu erzielen. Auch auf allen anderen Gebieten erheischt die Finanzlage des Reiches die strengste Sparsamkeit. Darum werden wir im Interesse des steuerzahlenden Volkes jeder nicht notwendigen Ausgabe entgegcntrete». Wir hoffen, daß die von der Neuordnung der Zollverhältnisse zu erwartenden Mehr-Ein nahmen die Einführung neuer Steuern entbehrlich machen und Eingriffe seitens oes Reiches in die Finanzverhästnisse der Einzel staaten verhindern, durch welche die letzteren in der Erfüllung ihrer Kulturausgaben beschränkt werden. Das deutsche Volk hat binnen kurzem seine Vertreter zuin Reichstage zu wählen. Da gilt es vor allem, daß niemand von der Wahlurne zurückbleibt, der es gut meint mit dem Wöhle und Gedeihen des deutschen Vaterlandes. Das stetige Anwachsen auch der parlamentarischen Vertretung einer Partei, welche unsere ganzen staatlichen Verhältnisse Umstürzen, unsere ganze heutige Kultur zerstören will und deren Führer be strebt sind, alle göttliche und menschliche Autorität zu untergraben und an deren Stelle die unbedingte Unterordnung unter die sozial demokratische Parteileitung zu setzen, ist zum großen Teile ver schuldet durch die Lauheit und Gleichgültigkeit, deren sich auch gute Bürger in Bezug auf ihre Wahlpflicht schuldig machen. Bei dem schweren Kampfe, welchen wir gegen die wohlorganisierte Sozialdemokratie zu führen haben, ist es vor allem nötig, daß alle staatscrhaltenden Elemente fest zusammenhalten und, kleine' Parteiunterschiede vergessend, zusammenstehen zu ge meinschaftlicher Arbeit. Unser Grundsatz bleibt: „Das Vaterland über die Partei, das Gemeinwohl über die Sonderinteressen!" Fürst Tohna-Schlobitten, der konservative Kandidat für Königsberg (Lairdl-Fischhausen, hat sich in einer Wähler-Ver sammlung zu Ouadnau mit dem Bunde der Landwirte aus- einandergeietzt. Nach der „Ostpr. Ztg." sagte er u. o.: „Leider hat der Vorstand des Bundes der Landwirte, wohl in der Erregung der Zollkämpfe, gegen diejenigen Abgeordneten, welche für den Antrag Kardorsf gestimmt haben, in offiziellen Kundgebungen schwere Vorwürfe ausgesprochen. In dem offiziellen Bundes organ hat ein Artikel gestanden, in welchem diesen Herren abge- stritten wird, daß sie nach bestem Wissen und Gewissen gestimmt hätten; es wurde ihnen Rückgratlosigkeit. Nachgiebigkeit gegen die Regierung, ja selbst Schlimmeres, w>e Stellen- und Ordenslägerei vorgeworfen, ein Vorwurf, über den Agrarier, wie der Graf Kanitz. gewiß erhaben sind. Diese Kundgebungen haben mich damals, wie auch einzelne andere Bundesmitglieder, zum Austritt aus dem Bunde veranlaßt. Ich sagte mir, wenn solche Vorwürfe gegenüber Männern gemacht werden, die genau so ge stimmt haben, wie ich cs gegebenen Falls getan hätte, muß ich viese Vorwürfe mit auf mich beziehen und erkläre dann lieber offen, daß ich aus dem Bunde austrcte. Ob das politisch praktisch war, darüber kann man ja verschiedener Ansicht sein. Aber schließ lich muß jeder solch persönliche Sache mit sich allein ausmachen und ist dafür keinem anderen Rechenschaft schuldig. Schuldig ist er nur, offen seinen Standpunkt zu bekennen, wie ich es hiermit getan habe. Die Angriffe gegen die Anhänger des Antrags Kardorsf sind später von der Bundeslcitiing freilich gemildert worden, und cs ist eine Versöhnung eiugetreten. Ich habe mir die Frage vorgclegt, ob ich daraufhin nicht wieder in den Bund der Landwirte eintretcn solle. Ich habe dies aber nach rcislickfer Neberlegung nicht getan. Ob das allen ineinen Wählern gefällt, kann für mich nicht bestimmend sein; es allen recht zu machen, ist so wie so nicht möglich." In einer in Köln stattgebabten, von 250 rheinischen Landwirten besuchten Versammlung wurde beschlossen, alsbald die Bildung von Kreis- sowie Provinzial-Wahlkomitecs vorzunehmen zwecks Auf stellung einer Amahl Kandidaten für die Reichstagswahlen. Die Agitation soll nur aus bestimmte Wahlkreise beschränkt werden, in allen Kreisen, wo Sonoerkandidatcn aufgestellt werden, soll das Zentrumswahlkomitee zu einer Aeußerung angegangen werden, ob es geneigt sei, den Kandidaten zu akzeptieren. Die Verhandlungen werden streng vertraulich geführt. Die ultramonkane „Köln. V.-Ztg." schreibt zu den Meldungen, daß der Bundesrat die Entscheidung über den Jesuitenpara graphen hinausschieben werde: „So gemütlich, wie man an nehmen möchte, sehen wir den Dingen nicht zu: wird der Para graph nicht aufgehoben, nehmen wir an, daß die Negierung wiederum in daS Lager her Kulturkämpser übergeganaen ist, was angesichts der bevorstehenden Wahlen nicht ohne Folgen bleibt. DaS wird sich zeigen im Verhalten der Zentrumswäbler gegenüber den Kandidaten anderer Parteien, sowie im Verhalten des Zen trums zur Regierung." DaS Blatt klagt, daß seit Suchers Zeiten in Deutschland „solch allgemeiner Kampf protestantischer Theologen legen die katholische Kirche" nicht mehr zu verzeichnen gewesen sei; .essen werde «S nicht, denn der Felsen Petri sei widerstandsfähiger als »der härteste protestantische Aeologenschüdel". Dkk-pMelotllche preußische Presse Ringt wann gehaltene Gedächtnisarllkel zu Ebreu dr» 100. Geburtstages de» General- seldmarschalls Grasen 9t o o n. Wir entuehmen daraus folgende denkwürdige Erinnerungen: Am 5. Dezember 1859 wurde Roon Kriegst«lutster. Man sah in sinn »den bisse» Geist der Reaktion" — er aber hatte andere, größere Pläne, als dem Rückschritt Tür und Tor z» öffnen. Man verkannte ilui, griff lhu an. ja verletzte ihn wie bekannt in seiner Ehre — er stand aber über den engherzigen Helden der Tribüne uud kämpste ruluniclch für das Vaterland wie für seine Ehre. Am 16. April 1861 wurde Rovu auch Marine- »itnister. Er wollte In beiden Eigenschaften nurFacbmInister sein, aber mehr als er wollte mußte er reden. Und auch in seinen Rat schlüge» an den König zeigte er sich als wcitansblickender Politiker Roonü Verdienste um Königtum »nd Staat in jener Zeit können nicht tief und anerkennend geling gewnidlgt werden. Tie Bekannt schalt NoonS mit Otto v. Bismaick rührte von, Jahre 1834 her. Sehr rasch hatte Raon die hohe politische Begabung Bismarcks erkannt. Darum schlug er, bald nach der Thronbesteigung des Königs, die Berusung Bismarcks zum Ministeipräsidenten vor. Der König wollte nicht, weil er ihn für einen ultrakonfervntiven Heißsporn hielt, aber Noon drang inimcr wieder in den König, »nd ihm war cs zu danken, daß der Monarch Bismarck am 23. September 1862 a» die Spitze des Ministeriums berief. ES kam das Jahr 1870. Wie ei» Blitz aus heiterem Himmel trafen Deutschland die Nachrichten von den kriegerischen Vorkehrungen im westlichen Nachbarstaate. Noon hatte ursprünglich an die Möglichkeit eines Krieges nicht geglaubt: er mußte sich jedoch bald eines Besseren überzeugen. Als König Wilhelm am 15. Juli ans Ems zurückkehrle, fuhren ihm derKronorinz, Bismarck. Moltke und Noon dis Brandenburg entgegen. Unter dein historischen Kron leuchter im Potsdamer Bahnhofe erfolgte dann iene denkwürdige Besprechung, deren Resultat der Entschluß zur Mobilmachung war: kurz mich Mitternacht erging der telegraphische Befehl hierzu an die Armee. — Planmäßig und ruhig ging die Mobilmachungs- maschine ihren sicheren Gang: im ersten Drittel des August betrug die Gesamtzahl der norddeutschen Streitkräste nahezu 1 Million Menschen mit mehr denn 200000 Pferden! Eine großartige Leistung! In der Schlacht von Sedan verlor Roon feinen Sohn, Hnnvlmcinn Bernhard v, Roon; er ertrug den Schmer; mit Fassung: seine ohnehin angegnfsene Gesundheit wurde aber derartig erschüttert, daß er das Ende des Krieges nicht zu erleben glaubte. Er erholte sich indessen wieder. Wir sehen Noon im Geiste am 16. Juni 1871 mit Bismarck und Moltke vor dem fürst lichen Sieger durchs Brandenburger Tor reiten. Run sah Noon feine Arbeit getan und wollte sich zur Ruhe setzen, aber Bismarck ließ es nicht zu und wandte alle Ueberredungskunst ans, deren er fähig war, um Roon zu veranlassen, daß er bleibe. Und so blieb er. Aber er kränkelte doch häufig und mußte längere Zeit fern von den Geschäften bleibe» Tie Briefe des Kallers an Roon sind tu ihrer Einfachheit und Herzenswärme ein ergreifender Beweis der Dankbarkeit, die Wilhelm I. für feine treuen Diener beseelte. Am 8. Februar 1879 kam Roon, der sich sterbend fühlte, nach Berlin, um seinen Hem, noch einmal zu sehen: er stieg im Hotel „de Rome" ab. Am Abend des 21. besuchte ihn der Kaiser. Sie bliebe» lange allein zusammen. Als Kaller Wil helm fortaiiig, wies er nach oben und brachte »och die Worte hervor: .Dort sehen wir uns wieder." An der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte mit schwacher Stimme zitternd: „Grüße» Sie die alten Kriegskameraden. Sie finden viele." Dann eilte Kaller Wilhelm hinaus und schluchzte ins Taschentuch. — Zwei Tage später starb Roon, betrauert von sclnem König und allen, die ihm näher standen. Sein Name ist mit unvergänglichen Lettern eingetragen in der Geschichte des Vaterlandes. Die „Medizinische Wochenschrift" veröffentlicht einen Ausruf des Aerztlichen Bezirksvercins München an die Vorstandschasten der sämtlicbeo Bezirksvereine Bayerns zur Unterstützung rn dem bevorstehenden Kampf der Aerzte gegen die Vorstande der Krankenkassen. In dem Ausruf heißt es: Wie uns mit Sicherheit bekannt geworden ist, denken die Münchener Kranken kassen ernstlich daran, sich gegenüber unseren Bestrebungen durch Zusammenschluß und eventuell gemeinsame Anstellung einer grö ßeren Anzahl von auswärts hercmzuziehender Aerzte zu „sichern". Sie rechnen darauf, daß zumal Aerzte vom Lande die Gelegen heit. eine Anstellung in München zu finden, sich nicht entgehen lassen werden. Wir haben das Bewußtsein, nichts zu erstreben, was nicht gereckt und erreichbar. Daß eine unbedingte Ver pflichtung zu unserem Vorhaben, die Verträge mit dem Jnkrast- treten der Novelle zum Krankcnversicherungsgesetz zu kündigen, gegenüber den Krankenkassen vorhanden, ergibt sich zudem klar aus der Tatsache, daß die Kassenvorstandschaften eine getroffene Vereinbarung, die ärztlichen Pauschalhonorare bei Verlängerung der Unterstützungsdauer entsprechend zu erhöhen, nachträglich ge strichen haben." — Es werden dann die Bezirksvereine gebeten, einen Vereins beschluk herbeizuführen, „daß jedes Mitglied eines Bezirksvercins sich durch Unterschrift und ehrenwörtlich generell verpflichte, an keinem Orte Bayerns eine Kassenarztstelle anzu- iichmeil, deren Annahme den Äerzten durch Beschluß der Vo» standschaft des zuständigen Bezirksvercins bezw. einer bestehenden lokalen Verträuenskommission untersagt ist". Auch von den Äerzten, die nicht Mitglieder eines Bezirksvereins sind, soll die gleiche Verpflichtung zu erlangen gesucht werden. ! Zum deutsch-kanadischen Zollkrieg liegt folgende weitere Meldung vor: Der Londoner Oberkommissar für Kanada erklärte, in Kanada dürfen bis 30. Juni ohne Zuschlagssteucrn Waren eingefuhrt werden, die in Deutschland von kanadischen Im porteuren tatsächlich bis 16. April gekauft wurden, sodaß die Be stellung an diesem Tage in den Händen der deutschen Expor teure war. Das „Pos. Tagebl." macht folgende Mitteilung: ^Folgender Zwischenfall ereignete sich, wie uns berichtet wird, in der am 19. d. M. in Schroda adgebaltenen polnischen Wählerverfamm- lung, in welcher der katholische Ortsgeistliche Abgeordneter von Jazdzcwski den Vorsitz führte und der Abgeordnete von Glemvocki seinen Rechenschaftsbericht erstattete. Als Prälat von Jazdzcwski bei einer Erörterung des Zolltarifs erwähnte, daß Bismarck ein Freund der Schutzzölle gewesen, erscholl bei Nennung des Namens „Bismarck" der Zwischenruf: „Der ist schon krepiert/' Der überwachende Polizeikommissar unterbrach sofort den Redner und forderte den Vorsitzenden auf, den Urheber des Zwischenrufs festzustellen, damit seine Bestrafung veranlaßt wer- den könne. Diese Aufforderung blieb aber ohne reden Erfolg, ob gleich doch sicherlich eine größere Zahl von Teilnehmern wußte, wer den Zwischenruf ausgestoßen hat. Der Urheber der schänd lichen Beleidigung des Andenkens unseres großen Kanzlers selbst war zu feige, sich zu seiner Tat zu bekennen. Möchte diese schwere Verletzung des deutschen Nationalgesühls wenigstens denen die Augen öffnen, welche noch immer uns sDeutsche) für die Angreifer in dem nationalen Kampfe halten! Die Polen selbst tragen frei lich durch ihr Verhalten nach Kräften dazu bei, auch den kurz sichtigsten Deutschen die Augen zu öffnen." Nachdem das internationale statistische Institut seine Tagung g»f den 2l. bis 25. September lBcrli») festgestellt hat, ist die Geiicinl-Versaminlung des Vereins für Sozial politik lHnmbiirgl vom Ausschüsse ans die vorhergehende Woche (II. bis 17. September) gelegt worden. Amüsant sind folgende von beißender Ironie durchtränkte Be merkungen, welche die „Köln. Ztg." an den jüngst in Berlin abgc- halteucn sozialdemokratischen Prcnßentag knüpft: „Die sozialdemo kratische Dclegiertenverscimmlung gibt ein pikantes persönliches Bildchen durch die Art, wie der Parteivorstand- den Genossen D r. Arons^il behandeln pflegt. Dr. Arons zählt bekanntlich neben Herrn Srnger zu den größten Nabobs der sozialdemokratischen Partei. Er ist in der Wahl seines Vaters »nd seines Schwieger. Vaters ungemein vorsichtig gewesen. Beide sind angesehene und tüchtige Berliner Bankherrcn, die sich mit unermüdlichem Fleißc und reichen Kenntnissen ein recht großes Vermögen erworben haben. Dr. Arons hat sonach einst ein bedeutendes Erbe zu er- warten: er glaubt schon fetzt die Ersparnisse, die ihm seine Eltern und Schwiegereltern ermöglichen, nicht besser verwenden zn können, als indem er sie zum Teil dem Parteifonds der Sozial- demokratie zum Kampfe gegen den Kapitalismus anvertraut. Dr. Arons hat einen großen Ehrgeiz. Die Wonne der Gefühle würde für ihn sein, als deutscher Volksvertreter in das Rcichstagshaus einzuziehcn. Aber der Parteivorstand will noch nicht: die Zitrone ist anscheinend noch nicht genügend ausoepreßt. So wird mit ihm ein grausames Spiel gespielt. Man läßt ihn hier und da in Ver- sammlungen, in denen er kein großes Unheil anrichten kann, als angebliche Hauptperson auftreten; man überläßt ihm, wie auf der jüngsten Delegiertenversammlung, die Ehre der Hauptberichter- stattung, aber sein Nabobkollege Singer sitzt über ihm und beschützt chn vor Entgleisungen. Man gönnt ihm auch bei allen politischen Dresdner? Nachrichten. 12«. Seit« S. Areitag. 1. Mai 1»«»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)