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EUMall und AiWgcr. Amtsblatt -er Lönigl. Ämtshauptmannschaft Großenhain, der Lönigl. Amtsgerichte Niesa nnd Strehla, sowie Les Stadtraths M kiesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 46. Sonnabend, den 17. April 1880. 33. Jahrg. »ria» i.> i. »>.r,a wvacmna, »»e.uiau Ltensra», Donnersraa u>.d Sonnabend. - «bonnementsprels vierteljährlich 1 Mark 2S Pfg. — Bestellungen nehmen alle Kaiser!. Poftanftaw» die Expeditionen in Mesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche vet dem auSgedreiteten Leserkreise eine wirksame Berösfentlichung finden, erbitten mir uns bis TagS vorher Vormittags 10 Uhr. LieMlgen Gememoevorstände, welche sich mit der mittelst Bekanntmachung vom 18. Februar dieses Jahres (Nr. 24 des Amtsblatts) geforderten Anzeige bezüglich der taubstummen Kinder in Rückstand befinden, werden hierdurch erinnert, diese Anzeige nunmehr bis zum 24. dieses MonatS bei Vermeidung von 10 Mark Ordnungsstrafe anher cinzureichen. Großenhain, am 14. April 1880. Die Königliche Amtshanptmannschaft. Pechmann. tiUllhes uub Sächsisches. Riesa, den 16. April 1880. — Das Direktorium des Verschönerungs vereins besteht für das laufende Geschäftsjahr wiederum aus den Herren: General v. Standt- fest, Vorsitzender, Zimmermerster M. Förster, stellvertretender Vorsitzender, KaufmannM.Seurig, Cassirer, und Lehrer I. Müder, Schriftführer. Die genannten Herren, sowie die übrigen Mitglieder des Ausschusses, die Herren: Commissionsrath Sinz, Dampfschneidemühlenbesitzer A. Unger, Bildhauerei besitzer G. Schulze, Aciuar Glauch, Rentier Gaschütz, Braumeister E. Ga schütz, Rentier Hammitzsch, Restaurateur Albrecht, Rentier Oehmizen und Apotheker Stempel nehmen jeder zeit Beitrittserklärungen zu dem Ber- schönerungsverein gern entgegen. — In der Sitzung des Gewerbevereins vom 15. April 1880 wurde zunächst eine Einladung zu der vom Mai bis October c. in Verbindung mit der Allgemeinen deutschen Patent- und Musterschutz ausstellung in Frankfurt a. M. stattfindenden balneo- logischen Ausstellung vorgetragen. Zur Vorlesung kam so- danneinevon derLeipzigerPolytechnischenGeseüschaft, vielen Innungen Leipzigs und mehreren Gewerbevereinen aus gearbeitete, an den Hohen Bundestag des Deutschen Reiches und an den Hohen Deutschen Reichstag ge richtete Petition, Abänderungen der Gewerbeordnung betreffend. Es wurde einstimmig beschlossen, der Petition seitens deS hiesigen Gewerbevereins beizutreten. — Herr Lietz referirte hierauf über das Er- gebniß der von der Rechnungsprüfungscommission angestellten Untersuchung über die Kosten der Annoncen des Gewsrbevereins in den hiesigen Lokalblättern. Die von der Redaction des „Riesaer Boten" darauf er betene Autorisation zur unentgeltlichen Aufnahme der Annoncen deS Gewerbevereins wurde gegen 1 Stimme ertheilt. — Herr Lehrer Müder brachte hierauf eine mit „Verlorene Pinge" überschriebene Abhandlung aus dem Richter'schen Lesebuche für Fortbildungsschulen zum Bortrage. Aus derselben ging hervor, daß Nadeln und Stahlfedern aus dem Grunde so billig sind, weil so viele Millionen davon verloren bezw. verbraucht werden und diese Massen dann wieder durch Massen fabrikation neubeschafft werden müssen, daß eine Zeit, rn der man einen Holzklotz nur zum Verbrennen braucht, ärmer ist, als eine Zeit, in der man durch geschickte Arbeit aus jenem Klotz, der kaum den Ofen wärmt, hunderttausend Zündhölzchen macht, daß ein Pfund Eisen, wenn es zu siebentausend Uhrfedern ver arbeitet wird, einen größeren Werth hat, als ein Pfund Gold, daß Reichthum nicht im Besitz besteht, sondern in der nutzbaren Verwendung besten, waS man besitzt, daß die Verallgemeinerung des Genusses die Preise verringert und daß die sog. Verschwendung zur Spar samkeit wird, wenn Alle genießen. Dies wurde an Kaffee und Zucker, an den Eisenbahnen rc. nachgewiesen. Nur durch jene Verallgemeinerung des Lebensgenusses ist die Industrie im Stande, den erhöhten Lebensgenuß darzubieten. Ehedem lag Vie besondere Lebensbequem lichkeit und der erhvhtere Lebensgenuß darin, daß sich der Einzelne sie verschaffte und zu diesem Zweck ge- nöthigt war, sie den Anderen und namentlich den großen Massen zu entziehen; gegenwärtig gestaltet es sich umgekehrt: es wird im Kleinen wie rm Großen die Lebensbequemlichteit und der Lebensgenuß erst dann in höherem Grade möglich, wenn man sie verallge meinert und Millionen zur Thcilnahme daran ge wöhnt und veranlaßt. In dem Gemeinsamkeitsgenuß unserer Zeit liegt in der That ein so hoher Vorzug derselben, daß wir diesen zu dem Maßstab und Grad messer der Cultur der Völker machen dürfen. Mit der Steigerung der materiellen Bedürfnisse und dem entsprechend der materiellen Erzeugnisse ist aber auch die intellektuelle Bildung gewachsen. Der Kunstsinn und das Kunstbedürfniß der Völker haben sich ungeheuer gesteigert, seit dem die Industrie dem Bedürfnisse mehr und mehr Rechnung getragen hat. Je mehr die Ver allgemeinerung des Genusses eine Steigerung der Leistungen bedingt, je mehr wächst der Reichthum und das Wohlbehagen der Bevölkerung. Die größte sog. Verschwendung ist demnach in diesem Sinne die größte Sparsamkeit. — Im Fragekasten befanden sich 4 Fragen. Die 1. betraf eine Vertheilung der Militäreinquartierungs lasten nach der Einkommensteuer, die 2. die auf Sonn tags von 11—1 Uhr gelegten Zeichenstunden in der gewerblichen Fortbildungsschule, die 3. die in Vor schlag gebrachte Petition um Verlegung einer Garnison nach Riesa und die 4. die Wechselung der Zugkette für die Schleppdampfschiffe an der Promnitzer Fähre. — Zur Aufnahme in den Verein wurden 4 Personen angemeldet. — In der Nacht vom 14. zum 15. April ist im hiesigen Eisenwerk ein unverheiratheter Arbeiter namens Dietze an der Feinstrecke dadurch verunglückt, daß ihm ein glühender Stab die Wade des einen BeinS durch bohrte, und gestern Vormittag ein anderer verheiratheter Arbeiter namens Haupt beim Fortschieben einer Lowry so unglücklich zu Falle gekommen, daß ihm der Schleif klotz des Wagens das eine Schulterblatt zerdrückte. — Bezüglich der von mehreren Blättern gebrachten Notiz, daß in Sachsen demnächst die Einführung einer neuen Rechtschreibung in den Schulen bevorstehe, wird von kompetenter Seite gemeldet, daß eine definitive Bestimmung noch nicht getroffen sei, und daß jedenfalls, wenn eS sich bestimmt hierum handeln sollte, auch den Wünschen des Vereins deutscher Buchhändler in Leipzig entsprechend, dies in Uebereinstimmung mit den bezüg lichen preußisch-bayrischen Vorschlägen geschehen würde. — Die mehrfach verbreitete Mrttherlung, daß eine neue Uniformirung der Gerichtsdiener und Vollstreckungsbeamten der König!.Amts und Landgerichte demnächst in Kraft treten solle, und die Probeuniformen bereits genehmigt seien, betreffend, ist, wie das „Tr. I." hört, zwar die Einführung einer neuen Uniform für das Vollzugs- und Dienerpersonal der Gerichte beabsichtigt, eine Feststellung der Details aber zur Zeit noch nicht erfolgt. — Die 5. Klaffe der könrgl. sächs. Landeslotterie wird vom 3. bis 25. Mai gezogen. Die Erneuerung der Loose hat bis 25. d. M. zu geschehen. — Rqch dem amtlichen stenographischen Bericht haben bei der namentlichen Abstimmung über den Militärgesetzentwurf in der Sitzung des Reichstages am 9. April von den sächsischen Abgeordneten für das Gesetz gestimmt: Ackermann, Dietze, vr. Frege, Grützner, Günther, Holtzmann, v. König, Landmann, Reich, Richter, Schmiedel, vr. Stephani, dagegen: vr.Rentzsch, Wiemer; als krank war entschuldigt vr. v. Schwärze, beurlaubt waren Bebel, Eysoldt, Kayser, Bopel, ohne Entschuldigung fehlten Auer, Liebknecht, Vahlteich, Streit. Von den 23 sächsischen Abgeordneten haben sonach 12 für das Militärgesetz gestimmt, 2 dagegen. Die übrigen 9 Abgeordneten waren bei der Abstimmung im Reichstage nicht anwesend, und man kann annehmen, daß zwei derselben (v. Schwarze, Vopel) noch für daS Gesetz gestimmt haben würden. — AuS dem im Reichstage vorgelegten Gesetzent würfe betreffs Abwehr und Unterdrückung von Vieh seuchen entnehmen wir nachstehende, auf den Regierungs bezirk Dresden bezügliche Zahlen. Es fielen darnach in dem Zeitraum von 1868 bis 1878 an Milzbrand 136 Stück Rindvieh und an der Rotzkrankheit 309 Pferde. Die Zahl der an der Lungenseuche erkrankten Rinder betrug 309, während von der Tollwuth innerhalb ganz Sachsen 1329 Hunde, 5 Pferde, 24 Stück Rind vieh, 32 Schafe und 1 Schwein befallen wurden. An der Wasserscheu sind in dem angegebenen Zeiträume 25 Menschen gestorben. — Der Centtalausschuß für das Deutsche Turn fest in Frankfurt a. M. ist eben mit den speziellen Einladungen der außerdeutschen Turnverbände (Italien, Schweiz, Holland, Amerika) beschäftigt. Die Höhe deS Festbeitrages (Preis der Festkarte) ist auf 5 Mark be stimmt. Letztere gewährt, wenn möglich, Freiquartier und berechtigt zum unentgeltlichen Besuche der Sehens würdigkeiten und Sammlungen, sowie zur Theilnahme an allen durch den Festausschuß zu veranstaltenden Festlichkeiten. Auf dem Turnfestplatze wird auch eine ärztliche Station eingerichtet. — Die Fälschung einer Quittung ist, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, 1. Strafsenat-, vom 15. Januar 1880, aÜ Urkundenfälschung zu bestrafen. — Das gewerbsmäßige Vermiethen möblirter Zimmer in größerem Umfange (indem drei oder mehr heizbare Zimmer zum Vermiethen bestimmt sind) ist, nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts, 1. Straf senats, vom 12. Januar 1880, steuerpflichtig, auch wenn die Bermiethung in der Art eines Hotelbetriebs nicht erfolgt, aber Ortsangehörige oder sonstige dauernd im Orte ansässige Personen für längere Zeit aus genommen werden. — Wir verfehlen nicht, unsere Landwirthe auf eine Samenkartoffel aufmerksam zu machen, über die uns dieser Tage von einem Lommatzscher Oeconomen alles Lob gesagt wurde. Es ist dies die „Schnee flocke". Sie hat diesen Namen erhalten, weil sie ge kocht wie mit einem schneeigen Flaum überzogen er scheint. Die Schneeflocke ist nach der Versicherung unseres Gewährsmannes äußerst tragfähig und erreicht, besonders in gutem Boden, eine bedeutende Größe. Als Speisenkartoffel ist sie wegen ihrer ausgezeichneten Schmackhaftigkeit, die sich auch im Frühjahr nicht ver liert, zu empfehlen; sie übertrifft in dieser Beziehung Mit unsere bekannte wohlschmeckende Zwiebel- und BiScuitkartoffel. Wie wir hören, ist die Schneeflocke auch bei uns schon versuchsweise eingeführt worden