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Beilage zum „Mbeblatt uud 7». OcNlichrS und SiichMe«. Riesa, den 18. Juni 1879. — Am 17. d. hielt in der Aula der neuen Bürger schule der durch seine Hamlet-Recitation hier schon be kannte Herr Josef Grönland einen Vortrag über „die deutsche Lyrik seit Göthe". Der Vortrag bestand in der Recitation der hauptsächlichsten Erzeugnisse der neueren deutschen Lyriker. Enttäuscht mußte sich allerdings derjenige fühlen, der vielleicht eine ver gleichende Kritik der Werke der lyrischen Dichtkunst alter und neuer Schule erwartet hatte; immerhin aber bot der Vortrag des Interessanten genug, indem er die herrlichen, zum großen Thcil noch wenig ge kannten Blüthen der neueren deutschen Dichtkunst auf dem Gebiete der Lyrik in reicher Auswahl zu Gehör brachte. Die meisten derselben bieten neben ihrer Formenschönheit einen reichen Schatz an sinnigen Ge danken dar und zeichnen sich auch ganz besonders da durch aus, daß sie eine effektvolle Pointe enthalten. Leider war die Vorlesung, wie schon das erste Mal, auch diesmal sehr schwach besucht. — Nächsten Sonntag veranstaltet auch der Neisc- nnternchmer Herr Ad. Schmidt eine Extrafahrt ab Dresden nach Leipzig znm Besuche der Kunstgewerbe- Ausstellung. Die Abfahrt vom hiesigen Bahnhofe findet am gedachten Tage früh 8 Uhr statt und sind Billets sowohl zur Extrafahrt als zum Eintritt in das Schützenhaus zu den in dem belrcfsenden Inserat in heutiger Nummer angezeigten ermäßigten Preise» in unserer Expedition bis Freitag Mittag 11 Uhr zu haben, während bei späterer Losung eine Preiserhöhung eintritt. — Die Kinder Floras stehen jetzt in voller Blüthe und. ihre Königin — die Rose — hat sich ebenfalls entfaltet und reißt ihre vielen Verehrer aufs Neue zur Bewunderung hin. Besonders machen wir alle Freunde dieser lieblichen Blume auf den Garten des Herrn General v. Standtfest, welcher einen prachtvollen Flor entfaltet — so zeigt z. B. ein einziges Rund- thcil 120 Arten — aufmerksam und gestattet der Herr Besitzer gern den Eintritt in den Garten. — Auch wollen wir hierdurch gleichzeitig noch auf die nächsten Sonntag im Hempelschen Garten in Diesbar stattfindende Rosen-Ausstellung, verbunden mit Concert, Hinweisen. — Am 29. und 30. Juni feiert der Chemnitzer Handwerkerverein sein fiinfzigstes Stiftungsfest uud wird bei demselben auch der hiesige Gewerbeverein, wenn die nächste Plenarversammlung dem Vorschläge des Ausschusses zustimmt, durch eine Deputation vertreten sein. — Bei Herrn Kaufmann Herzger am Bahnhof, hier, ist in den letzten Tagen von Dieben zweimal — in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag, sowie in der vorigen Nacht — der Versuch gemacht worden, durch die Ladenlhiire cinzubrechen, doch ist es bei diesem Versuche geblieben, da die Diebe bei ihrem verbrecherischen Vorhaben jedenfalls gestört worden sind. — Dieser Tage ist es unserer tüchtigen und eifri gen Gendarmerie gelungen, de» Anstifter jenes Feuers in Gröba, welches am 13. Deccmber v. I. die Ge bäude des Becker'schen Gutes total und diejenigen des Zimmermann'schen bis auf das Wohnhaus in Asche legte, in der Person eines 15jährigen Burschen, welcher auch bereits die nichtswürdige That eingestanden hat, zu ermitteln und zur Haft zu bringen. — Als Vorort des Verbandes sächs. Gewerbe- und Handwerker-Vereine erläßt der Gewerbe-Verein Zittau in der „Sächsischen Gewerbc-Vereinszeitung" an die vaterländischen Gewerbe- und Handwerker-Vereine folgenden Aufruf: „Die neueren Beschlüsse des Bundesrathes in Bezug auf die Heranziehung der Wanderlager und Waarenauctionen zu den Communalsteuern, sowie die Ver ordnung des König!. Sächs. Ministeriums des Innern vorn 24. April c., die Wanderlager betreffend, sind im Wesentlichen den vom Gewerbestande allerorten längst gestellten Forderungen günstig. Hatten bisher die Gemeindebehörden eine Besteuerung der Wander lagerhalter auf Grund der Bestimmung des Z 9 des Freizügigkeitsgesetzcs erst nach einem Aufenthalte des Unternehmers am Orte von 3 Monaten für zulässig erklärt, so ist jetzt dieses Bedenken geschwunden, die Gemeindebehörden können sofort z» einer Besteuerung gelangen. Im Interesse deS Gewerbestandes liegt es, daß überall eine solche Besteuerung der Wanderlager halter eintritt und an den Gewerbe- und Handwerker vereinen ist cs, die Gemeindebehörden zu bezüglichem Vorgehen zu veranlassen " — In seiner Sitzung vom Donnerstag, den IS. Juni 187S. 16. dss.hat der Ausschuß deS hiesigen Gewerbevereines beschlossen, sich mit dem Gegenstände eingehend zu be schäftigen und vorerst durch die beiden Schriftführer über die im Aufrufe empfohlene Schrift: „Die Communalbesteuerung der Wanderlager" von Ur. jur. Arthur Löbner, Sekretär der Handels und Gewerbekammer Zittau, Vortrag erstatten zu lassen. — In seiner weiteren Bekanntmachung theilt der genannte Vorort mit, daß auf seine Eingabe an den hohen Bundesrath, vom 25. November v. I., betreffend „die Ausdehnung der Verpflich tung zur Führung von Arbeitsbüchern auf alle Altersklassen der Arbeiter," sich der hohe Bundesrath nicht veranlaßt gesehen hat, diesem Anträge Folge zu geben. — In der erste» Beilage des gestrigen „Dr. I." ist eine Bekanntmachung des Landtagsansschuffes zu Verwaltung der Staatsschulden enthalten, die Kün digung der sämmtlichen, zur Umwandlung nicht ge langten Staatsschnldencaffenscheine der königl. sächs. fünfprocentizen Staatsanleihe vom 2. Januar 1867 betreffend. — Das k. sächs. Finanzministerium hat beschlossen, für die zu den Ausstellungen nach Sidney und Mel bourne bestimmten Sendungen auf den sächsischen Staatseiscnbahnen dieselben Frachtbegünstigungen zu ge währen, wie sie auf den preußischen Staatseisenbahnen stattfinden, nämlich Berechnung der halben tarifmäßigen Fracht für Hin- und Rücktransport. Zur Verhütung von Mißbräuchen sind von dem Neichscommissar für die australischen Weltausstellungen den Ausstellern Be scheinigungen ausznfertigen und die Ausstellungsgüter für den Eisenbahntransport mit Bezettellungen zu ver sehen, aus welchen ersichtlich ist, daß die betreffenden Gegenstände für die Ausstellungen bestimmt sind. Großenhain. Am 15. Juni feierte der frühere Lederfabrik«»!, jetzige Rentier, Herr Carl Gottlieb Adam Arnold, der während einer längeren Reihe von Jahren dem Stadtverordneten- und 6 Jahre lang dem Raths- Collegium als Mitglied anzehört hatte, sein 50jähriges Bürgerjubiläum, zu welchem ihm außer von verschiedenen Corporationen auch durch eine Deputation des Stadtraths und der Stadtverordneten die Glückwünsche dieser beiden städtischen Collegien dargebracht wurden. — Auf dem am Montage hier abgehaltenen Roß-, Vieh- und Breter- markt wurden 165 Pferde, 330 Stück Rindvieh, 69 Schweine, 689 Ferkel und 135 Schock Breter zum Verkauf gebracht. Oschatz, 16. Juni. Die mit dem 1. October d. I. ins Leben tretende neue Gerichtsverfassung hat auch in unserer Stadt, die von dieser Zeit an nur noch ein mit mehreren Amtsrichtern besetztes Amtsgericht bergen wird, Personal-Veränderungen in Aussicht ge stellt. Sicherem Vernehmen nach werden die beiden Herren Gerichtsrath Schwarz und Gerichtsrath Kessinger und zwar der Erstere in das künftige Landgericht zu Freiberg, der Letztere in das zu Chemnitz in gleicher Eigenschaft versetzt, die Stellen der Amtsrichter sind bis jetzt dem dermaligen Vorstände des Gerichtsamts, Hrn. Amtsrichter Seifert, Hrn. Gerichtsrath Bartsch und Hrn. Gerichtsrath Böttger übertragen worden; Herr Assessor Obenaus kommt als Amtsrichter nach Radeburg. Döbeln. Am 14. d. M. Nachmittags gegen 6 Uhr war in Grunau bei Roßwein ein 3^ Jahre altes Mädchen vom Telegraphen-Handwerker Emil Garbe aus Tharant, welches mit Verwandten bei dem Wirth- schaftsbesitzer Heinrich Grundmann in Grunau auf Besuch anwesend war, spurlos verschwunden. Erst am 17. dss. früh fand man den Leichnam des Kindes in der Mulde im Zwinger an der sogen. Feigenspan'schen Schöpfe. Meißen, 16. Juni. Künftigen 12. bis 15. Juli findet bei uns resp. im benachbarten Cölln eine Aus stellung von Frühobst statt, beschickt von Interessenten unseres Vaterlandes. Dresden, 16. Juni. Die öffentliche Handels lehranstalt der Dresdner Kaufmannschaft begeht Freitag, den 20. d. M. die Feier ihres 25jährigen Bestehens. Aus dicsein Anlaß wird am genannten Tage Vor mittag 10 Uhr im Saale des Gewerbehauses ein öffentlicher Schulactus, Abends aber ein Festmahl im oberen Saale des königl. Belvedere stattfinden. Für den folgenden Tag ist ein gemeinsamer Ausflug nach Pillnitz und eine gesellige Äbendvereinigung auf dem Lincke'schcn Bade beabsichtigt. Auf dem Schlachtviehmarkte am 16. Juni standen zum Verkauf: 344 Rinder, 856 Schweine, 1103 Hammel und 201 Kälber. Das Geschäft ging wieder einmal sehr träge, so daß diverse Ueberstände zu ver- Anzeiger". > SÄ. Jahr-. zeichnen sind. Rinder in feinster Waare galten 60-SS, in 2. Waare 51 und geringere Stücke 30 M. pro 100 Pfd.; Schweine, englischer Kreuzung 45—48, Schlesier 42, Bachauner 43—45 M. bei 40—45 Pfd. Tara. Hammel, Prima-Qualität ein Paar von 100 Pfd. 57, Landhammel 54 M., AuSschußwaa« ohne Gewicht 27 M. Kälber erzielten mit Mühe r0—45 Pfg. pro Pfd. Auf allerhöchsten Befehl ist wegen erfolgten Ablebens Sr. Kaiserlichen Hoheit, Wiatscheslaw Con- stantinowitsch, Großfürsten von Rußland, am Königl. Hofe die Trauer auf eine Woche, vom 15. bis mit 21. Juni s. « angelegt worden. Kötzschenbroda, 15. Juni. Wir stehen jetzt W in der Erdbcersaison und wohl Mancher hat keine W Idee davon, welch bedeutender Handelsartikel diese, Heuer in großen Massen und zu billigen Preisen zu i habende Frucht bei uns geworden ist. Biele fleißige Leute sind vom frühesten Morgen an thätig, die reifen Früchte in den Weinbergsanlagen mühsam zu pflücken und solche dann dem Händler zu überliefern. Im Garten der hiesigen Bahnhofsrcstaurativn ist die eigent liche Börse; da sieht man Fruchthändler aus Dresden, Chemnitz, Berlin rc., die Waaren in Empfang nehmen und per Bahn ihrem Zielpunkte zuführcn. Telegraphische Berichte laufen dort ein über den Stand der Preise und der Vorräthe in den großen Städten und wird! danach wiederum der Einkaufspreis für unsere Um- ! gegend bestimmt. Zittau. Eine Säbelaffaire hat sich am Freitag § 'Nachmittag in den Räumen der Caserne in Zittap E zugetragen. Das Opfer derselben war diesmal gleich- e falls ein Soldat. Ein Kamerad hat den anderen mit L dem Seitengewehr eine Kopfwunde beigebracht. Die -s Wunde war so bedenklich, daß der Verwundete inS s Hospital gebracht werden mußte. Tharant. Daß auch bei uns in Sachsen der ; künstlichen Fischzucht die größte Aufmerksamkeit gewidmet !ff wird, erhellt aus Nachstehendem. Schon seit mehreren z ! Jahren findet ein Einsetzen von Lachs- und Forellen- brüt in sächsische Gewässer statt, und zwar besteht zu diesem Zwecke in Goßmannsdorf bei Tharandt die vom Staate unterstützte Fischbrutanstalt des Herrn Mühlenbesitzer Mittag, welche unter Leitung des Herrn H Professor Oi. Krutzsch hier steht. Bon Letzterem sind ? in diesem Jahre ca. 4000 kalifornische Lachse in die ä Stüschützbach unterhalb Meißen, ca. 16,000 Rheinlachse i in die Elbkorrektionsbauten und ca. 20,000 in die sich -- hierzu besonders eignende Wesenitzbach bei Pirna unter § Beihilfe der Dresdner Fischerinnung eingesetzt worden. A In der Wesenitz hat sich die im vorigen Jahre einge- - setzte Brut gut entwickelt und berechtigt für die Zukunft zu den besten Hoffnungen. Frank en berg, 17. Juni. Eine schauderhafte ) That ist am heutigen Vormittage im benachbarten' i Dorfe Ebersdorf verübt worden. In der 9. Morgen- ,s stunde kam die 29jährige, bei ihren Eltern aufhältliche , Stieftochter des Gutspachters Christian Friedrich Jrmscher daselbst über und über blutend in das benachbarte Guts- / gehöfte geeilt und erzählte, daß ihr Geliebter, der Hand- arbeit» Gustav Anton Seifert, ihr die Verletzungen mit seinem Taschenmesser beigebracht habe. Bald da- L rauf schlugen die Flammen durch das Dach des Wohn- § Hauses des zum Rittergut Lichtewalde gehörigen Z Jrmscher'schen Pachtgutes und legten in kurzer Zeit das gedachte Wohngebäude in Asche. Durch die noch im k: Laufe des Nachmittags seitens der kgl. Staatsanwalt schaft angestcllten Erörterungen und die eidliche Aus- :-i ' sage der Verletzten ist, wie wir aus zuverlässiger Quelle ß erfahren, Folgendes festgestellt worden: Seifert hat ' schon seit Jahren ein Liebesverhältniß mit der Jrmscher'schen Stieftochter, der Klara Marie Thümer, unterhalten und ist, da er in letzterer Zeit sich einem lüderlichen Lebenswandel ergeben, von Letzterer auf Wunsch deren Eltern schon mehrfach bedeutet worden, daß sie ihn nicht heirathen werde, falls er sich nicht bessere. Seifert hat sich darüber schon immer erbost gezeigt undAeußerungen fallen lassen, wonach er cs für daS Beste gehalten hat, wenn er mit seiner Geliebten zusammen sterbe. Heute früh in der 8. Stunde ist nun Seifert zu seiner Ge liebten in den Keller gekommen, um sie zu fragen, ob sie ihn heirathen wolle oder nicht. Als dieselbe ihm erwidert, sie werde dies thun, falls er sich bessere, hat er sich von ihr verabschiedet und anscheinend das HauS verlassen. Nach kurzer Zeit, als die Thümer sich gerade im Hausflur befunden und nachdem deren Eltern das Gehöfte verlassen haben, ist Seifert, der sich im Ge bäude verborgen gehalten zu haben scheint, die Boden treppe herab und auf die Thümer zu gekommen, hat abermals in ruhigem Tone die obenerwähnt« Frage