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2 — L. Jan. „Italic" «klärt da» Gerücht, daß Gambetta eine Mission der französischen Regierung bei dem italienischen Cabinet hätte, für unbegründet. — „Daily News" erfährt ans Rom, daß die bei dem Papste beglaubigten Diplomaten »vegen der Krank heit des Papstes die üblich«' Neujahrscour unterlassen werden. Ttahland. Petersburg, 31. Decbr. Hin sichtlich deS Schrittes Englands bei der russischen Regierung herrscht hier die allgemeine Ueberzeuguug, daß der Erfolg desselben von dem Geiste abhängig sei, in dem er unternommen wurde. Jedes Anstrebeu deS Friedens muß davon ausgehen, daß der Friede der Würde und de» Opfern Rußlands entsprechen muß. Man glaubt im Publicum, daß England diesen Um stand nicht werde außer Acht lassen können. Die öffentliche Stimmung ist ruhig und fest. Türkei. Constantin opel, 1. Jan. Einem Gerüchte zufolge ist im Ministerrathe beschlossen worden, Rusch di Pascha als Specialbevollmächtigten in das russische Hauptquartier zu senden, um Unterhandlungen wegen eines Waffenstillstandes einzuleiten. — DieNachricht von dem neuen Friedensschritte des Sultans hat hier Ueberraschung und Bewegung hervor gerufen. Die Bolksstimmnng ist hierfür noch nicht genügend präparirt. In den niederen Volksschichten herrscht große- Elend; die Entwerthung des Papier geldes hat die Preise aller Nahrungsmittel aufs Doppelte erhöht. Es wird der Ausbruch einer Krise befürchtet. Vom Kriegsschauplätze. Nach achttägigem anstrengenden Kampfe gegen Frost, Schnee, Stürme und das Bergterrain überschritt General GUrko den Balkan und stieg am 31. Decbr. nach Sofiaebene herunter. Nach hartnäckigem , bis Abends 6 Uhr dauernden Kampfe bei Toschkosen be setzte Gurko diese befestigte Position, ausgenommen eine Redoute beim Wachtposten. Nachts verließen die Türken ihre sämmtlichen Positionen. Am 1. Januar früh begannen die Russen, Arabkonak, Schandorni und Deleykomarzi besetzend, die Verfolgung des Feindes. Ein Theil der Infanterie verfolgte in der Richtung nach Petrikiri, die Gardecavallerie eben dahiu über Bolowo Tscherteßkini. Gurko ließ die ermatteten Trup pen ausruhen und rückte gegen Sofia vor. Am 1. Jan. mußte sich ein Etrepoles-Detachement mit einem Tschelopeza-Detachement des General Brock vereinigen, um nach Möglichkeit die Türken von Petritschewo ab zuschneiden. Der Ruffenverlust am 31. Decbr. betrug: 700 ToVte und Verwundete, unter letzterem war der Commandeur des polnischen Regiments, General Mirko- witsch. Die amtlichen russischen Telegramme constatiren die außerordentlichen Schwierigkeiten, mit welchen die Truppen bei ihrem Vormarsche durch .die mit Schnee bedeckten Berge auf überfrorenen Fußpfaden bei hef tigem Frost und Wind zu kämpfen haben. Die bei Sofia eingetroffenen Ruffen dürften entweder auf der Straße von Pirot oder von Verkowacz über den Ginzi- paß hergekommen sein. Sind diese Abteilungen stark genug, so werden sich in Folge dessen die bei Kamirli stehenden Vortruppen Nidschib Paschäs auf Sofia zu rückziehen müssen. Ob es der Besatzung dieser be festigten Stadt gelingen wird, die Verbindung mit der im Osten aufgestellten Armee aufrecht zu erhalten, ist im besten Falle sehr zweifelhaft, da das Corps von Sofia höchstens 30,000 Mann zählt und von der Hauptarmee 25 Meilen weit entfernt ist. Bei Sofia dürften die nächsten Kämpfe stattfinden. Suleiman Pascha soll sich in Jchtiman, 8 Meilen weit von Sofia, befinden. Petersburg, 2. Januar. Nach den hier ein gegangenen Nachrichten glaubt man sich der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß Erzerum bald ia russischen Händen sein wird. Bukarest, 30. Decbr. Der Großfürst Thron folger behält sein Commando; Totleben ist ihm nur für die Belagerung von Rustschuk beigegeben. — Der deutsche Generalconsul überreichte in einer feierlichen Audienz dem Fürsten Carl nebst einem Briefe des Kaisers Wilhelm die Insignien des Ordens xour 1s märits. Belgrad, 1. Januar. Telegramm des „N. W. Tageblatt": Nach Zurücklassung einer Garnison in Pirot trat Belimarkovic von 'dort den Marsch gegen das Defilee von Zaribrod, den Schlüssel zur Sofia- Ebene, an. — Der Verlust der Serben bei Pirot betrug 700 Mann. — Eine Hauptschlacht soll bei Prischtina am Koffovo-Polje (Amselftlde) geschlagen werden, wo die Serben ehre Hauptmacht concentriren. Oertliches und Sächsisches. Riesa, 4. Jan. Gestern wurden die neuer« wählten Herren Stadträthe und Stadtverordneten in ihre Aemter eingesührt. — Der diesmalige Gesindemarkt in Dresden, welcher am 31. December in und vor dem Ballhause auf der Bautzner Straße, am 2. Januar aber auf dem Schloßplatze und in HelbigS Etablissement abgehalten wurde, zeigte sich wohl noch in keinem Jahre von Dienstsuchenden so überfüllt, als er von Miethern leer blieb. Was aber von Letzteren am Platze erschiene» war, bewahrte die denkbar reservirtcste Haltung, und so konnte es nicht fehlen, daß die Jahreslöhne für weiblich« Dienstboten um ca. 20 bis 25, für männ liche aber durchschnittlich sogar um 35 bis 50 Procent zurückgingen. Schirrmeister z. B., denen inan noch vor 3 Jahren 390 bis 420 Mark bewilligt hatte, ließen sich gern mit 240 bis 270 Mark engagiren, während Großknechte von 330 bis 360 auf 150 bis 180 und Kleinknechte von 150 bis 180 auf 75 bis 90 Mark weichen mußten. Bei Mägden wär der Lohnrückgang, wie schon angedeutet, ein bedeutend ge ringerer, und sogenannte Großmägde, welche früher von 180 bis 210 Mark erhalte» hatten, erzielten ohne langen Handel 150 bis 165, während Mittelmägde, die vordem mit 135 bis 150 Mark gemiethet worden waren, zwischen 90 und 120 Mark erhielten. Die Kleinmägde endlich mußten von 105 bis 120 Mark auf 60 bis 75 Mark zurückgeheu. Als der Markt, welcher vorzugsweise von Gutsbesitzern aus dem so genannten Niederlande, sowie Knechten und Mägden aus der Lausitz besucht wird, in der dritten Nachmit tagsstunde zu Ende war, zeigte es sich, daß Hunderte von Dienstsuchenden keinen Brodherrn gefunden hatten. Mittweida, 29. Decbr. Gestern ist in der Scheune des begüterten Nutzer in Roßwitz bei Roch litz Feuer ausgebrochen und dadurch dieselbe sammt den darin aufbewahrten Vorräthcn ein Raub der Flammen geworden. Leider ist dieser Brand als Racheart der bei Rätze in Diensten stehenden Magd Graule zu bezeichnen, die auch der That geständig und in Haft genommen worden ist. Vermischtes. * Gemäß der Veröffentlichungen des kaiserlichen Gesundheitsamtes sind in der einundfünfzigsten Jahres woche von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurch schnitt berechnet, als gestorben angemeldet: in Berlin 23,6, in Breslau 26,3, in Königsberg 34,6, in Cöln 23,5, in Frankfurt a. M. 25,0, in Hannover 15,6, in Cassel 24,2, in Magdeburg 30,7, in Stettin 24,3, in Altona 23,0, in Straßburg 23,9, in München 33,6, in Nürnberg 22,8, in Augsburg 21,8, in Dresden 2,18, in Leipzig 23,4, in Stuttgart 19,2, in Braun schweig 24,5, in Carlsruhe 22,6, in Hamburg 26,5, in Wien 32,2, in Budapest 43,3, in Prag 43,3, in Triest 34,3, in Basel 27,6, in Brüssel 28,6, in Paris 25.3, in Amsterdam?, in Kopenhagen 21,3, in Stock holm 25,3, in Christiania 18,4, in Petersburg 43,9, in Warschau 19,4, in Odessa 26,3, in Bukarest 25,5, in Athen 29,6, in Lissabon 41,6, in Alexandria (Egypten) 36.3, in New-Jork 19,8, in Chicago 11,9, in Fran cisco 17,5. — In der Berichtswoche herrschten beim Wochenbeginn in Deutschland meist südwestliche Luft strömungen vor, die im Laufe der Woche in nordöst liche umgingen. Gegen das Ende der Woche hin machten sich jedoch mehr östliche und südöstliche Winde geltend. Die Luftwärme war dem Monatsmittel ent sprechend, eine geringe. Niederschläge fanden nur in der ersten Wochenhälfte meist in Schneeform statt. Der Luftdruck war im Ganzen höher und sank erst etwas gegen Ende der Woche. — Das allgemeine Sterblich- keitsverhältniß in den deutschen Städten betrug 24,6 gegen 24,4 der vorangegangenen Woche (aus 1000 Be wohner und auf's Jahr gerechnet) und weist eine Ab nahme der Sterblichkeit des Säuglingsalters, so wie eine Zunahme derjenigen der höheren Altersklassen auf. Unter den Todesursachen zeigt sich im Allgemeinen eine Steigerung des Vorkommens der Infektionskrank heiten, namentlich wurden diphtheritische Affectionen in Berlin, Wien, Pest, Paris, Danzig, in den größeren Städten des Niederrheins, ferner in Augsburg und Stuttgart, der Keuchhusten besonders in Hamburg, so wie Darmcatarrhe der Kinder in Berlin, Wien, Pest, München, Hamburg und besonders in Petersburg häu figer Todesveranlaffung. Masern und Scharlachfieber im Ganzen etwas seltener tödtlich; doch zeigten sich erstere in München, Elberfeld und in Paris, letzterer in Dresden, Braunschweig, Berlin, Stettin, Düssel dorf, Pest und Warschau häufiger. Brechdurchfälle haben im Allgemeinen nachgelassen, Unterleibstyphen find nur in Petersburg in namhafter Zähl aufgetreten. den Beschlüssen der Zweiten Kamm«, die genannten Petitionen der k. Staatsregierung zur Keitntnißaahme ( zu überweisen. Die Zweite Kammer, welch« ebenfalls zu ein« Sitzung zusammentrat, beschäftigte sich zunächst mit dem Gesetzentwi.fi', die Behandlung der beim Inkraft treten der Civu- u.iv St»afpcoceßo.dnung anhängigen streitigen Rechtssachen bett., welcher nach längerer Dis kussion mit einige» Abänderungen angenommen wurde. Berlin, 31. Decbr. Der bisherige französische Botschafter Vicomte v. Gontauk-Biron überreichte dem Kaiser gestern in feierlicher .Audienz sein Abberufungs schreiben und verabschiedete sich hierauf auch von der Kaiserin. Demselben ist dem Vernehmen nach von dem Kais« der Schwarz« Adler-Orden verliehen worden. — Der preußische Gesandte am sächsischen Hofe, Graf Solms-Sonnenwalde, ist aus Dresden hier ein getroffen. Derselbe gedenkt etwa zehn Tage in Berlin sich aufzuhalten. Gestern wurde er von dem Kaiser empfangen. , — Nach ein« der „Polit. Corresp." aus Peters burg, 31. d., zugegangenen Mittheilung dürfte die von dem London« Cabinet dort notificirte Geneigtheit der Pforte, in FnedenSunterhandlungen einzutreten, vom Petersburger Cabinete dahin beantwortet werden, daß Rußland jederzeit bereit sei, mit der Pforte Ver handlungen einzuleiten, wenn letztere ihre Geneigtheit hierzu durch direkte Schritt bei Rußland bekunde. — Die socialdemoxratischenReichstags- Abgeordneten beabsichtigen in der bevorstehenden Session einen Antrag auf Abschaffung der Zucht haus- und Gefängniß arbeit einzubringcn. Köln, 31. Decbr. Die Kaiserin von Oesterreich ist auf der Reise nach England vergangene Nacht mittelst Separatzuges hier durchpasstrt. München, 1. Januar. Der König hat dem Kultusminister v. Lutz das Großkreuz des Verdienst ordens der bairischen Krone verliehen. Oesterreich. Wien, 1. Jan. Der Kaiser hat dem Grafen Andraffy den Orden des goldenen Vließes verliehen, dessen Decoration demselben heute zugestellt wurde. — Der Kaiser ist gestern von Gödöllö nach Wien zurückgekehrt. — Den Betriebs ausweisen der di? Sraatsgarantie factisch in Anspruch nehmenden Bahnen zufolge stellt sich für die ersten ! elf Monate des vergangenen Jahres ein um nahezu 4 Mill. Gulden höheres Erträgniß heraus, als im Voranschläge präliminirt wurde. Um den gleichen Be trag wird somit die vom Reichsrathe bewilligte Summe für Eisenbahnsubventionen weniger in Anspruch ge nommen werden, wonach sich auch das Deficit des Jahres 1877 um 4 Millionen verringert. Schweiz. Bern, 28. Dec. Auf dem am 1. - Juli k. I. in London zusammentretenden internatio- ' nalen Telegraphen-Congreß wird die Haupttractande die Aufstellung eines allgemeinen Tarifs sein, welcher Aufgabe jedoch noch bei Weitem größere Schwierig keiten entgegenstehen, als dies bei der Aufstellung eines allgemeinen Posttaxentarif der Fall gewesen. Herrn . Altbundesrath Borel, dem derzeitigen Director des internationalen Postbureaus, welcher dem in Bern statt gefundenen internationalen Post-Congreß präsidirte, auf dem die allgemeine Post-Union zu Stande kam, ist/der Vorsitz über den internationalen Telegraphen-Congreß angeboten. Frankreich. Paris, 31. Decbr. Nach einer Meldung des „Soir" hat die spanische Regierung jede Beziehung zu der Königin Jsabella abgebrochen. Dem Vernehmen der „K.Z." nach hüt der spanische Gesandte dem- auswärtigen Amte mitgetheilt, daß die spanische Regierung in Beziehung auf die Königin Isabella folgende Beschlüsse gefaßt habe: 1*» Jede Verbindung mit der Königin ist abgebrochen. 2) Sie wird wegen Geisteszerstörung für interdicirt erklärt. 3) Die Rück kehr nach Spanien, unter welchem Vorwande auch immer, ist ihr verboten. England. London, 2. Jan. Wie verlautet, iiege» diplomatische Aeußerungen vor, daß das Peters burg« Cabinet bereit sei, directe Vorschläge der Türkei zur Herbeiführung des Friedens entgegenzunehmen. — Die Kaiserin von Oesterreich und derKronprinz Rudolph kamen am 31. v. Mts, wohlbehalten auf der Bictoriastation an und fuhren sofort nach Claridge's Hotel, wo Graf Beust um 5 Uhr das Personal d« Botschaft vorstellte. Italien. Rom, 31. Decbr. Nach einer Mel dung des„Diritto" ist Gambetta hi« eingetroffen und hat dem Minister Depretis einen einstündigen Besuch abgestattet. — In dem heute abgehaltenen Conststorium über reichte der Papst den Cardiuälen Regnier, Manning, Brossays-St.-Marc, Moretti und Pellegrini de» Car- dinalshut; außerdem wurden mehrere Bischöfe ernaunt.