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L8 Kaum hatte der Notz inzwischen Zeit gefunden, die schmucke Dirne zu bewunden«, so sprang er auf und faßte sie jauchzend um die Mitte, um ihr einen herzhaften Kuh zu rauben, wovon ihn jedoch eine energische Bewegung abhielt, die Walpi mit dem Bier kruge machte, den sie eben in der Hand hielt. „Donner und Wetter! ist die Dirne hübsch ge worden! Dm nicht so spröd' Walpi, wir sind ja Spielkameraden und haben — wohl keinen Scheffel — aber doch manches Loch Salz zusammen gegessen!" „So? Ist niir ganz neu; überdies ist bas eine gewesene Sache, daß wir uns als Kinder gekannt haben. Verstellst mich, du verlaufener Mensch, der gelft und kommt — man weiß nicht wohin, noch wo- „Woher Goldmädl? Aus Kalifornien, geraden Weges über Bremen bin ich gekommen." , .„So? Das wird ein sauberes Land sein!" . . . ' „Was das für ein Land ist? Dirn', hab' Rcspect davor! Wir Alle, wie wir da sitzen, gehn in ein «rar Wochen wieder dahin, und — Ivie ich hoff' — «r Tdalhoker Matthes geht auch mit hinüber!" „Der Matthes! — O Gott!" Walpi erbebte bis in's tiefste Herz. „Na, mach' kein solches Aufsehen, Walpi! Ich hab' schon gehört, daß Ihr ein Paar werden wollt, -und gerade deswegen soll er mit, und die saubere Walpi dazu!" „Jst's weit das Land? — Weit über Linz hinaus?" — stotterte das Mädchen in seiner Herzensangst. Die Anderen lachten und der Natz mit ihnen, in dem er ausrief: „Kind der Natur! Californien ist in Ainerika, in der neuen Welt" — „Und der Matthes hat's zugesagt, der Matthes geht mit?" schrie zitternd die Dirne. „Der Matthes wnß noch nichts, aber ich will ihm's vorexpliciren. Er ist mein Freund und ein kluger «Kopf, nur ein Narr bleibt zu Haus hinter'm Ofen. „Gott sei'S gedankt, noch isi's Zeit!" flüsterte Walpi, überlegend, wie sie den Versucher von ihrem Bräutigavl fern halten sollte. „Uebrigens mutz ich dir sagen, daß du gewiß gern mitgehst, wenn ich dir erkläre, rvas für ein Land dies Ealttornien ist!" fuhr redselig, fleißig trinkend, der Natz fort, und indem er seine vollen Säcke auf den Tisch ausleerte, setzte er bei: Siehst Walpi! als ein blutarmer Teufel bin ich zu Linz davongegangen, denn «ein Magen hat vor Hunger io laut geknurrt, daß ich mein eigenes Wort nicht mehr verstanden habe, und da schau her — meine Säcke sind voll von Gold And Silber, was ich nur jo bei mir trage, zu Hause stehen drei Koffer voll von solchen Dingen, und doch war ich nur ein halbes Jahr dort, komm' aber als reicher Mann wieder herüber!" — „O märst dort geblieben, falscher Mensch! wer hat dich gerufen, wer braucht deine Lehren!" „Blitzmädl! Gernfen hat mich Niemand als «eine Gutmüthigkeit. — Wie ich drüben in Ame rika so vor meinem Haufen von Gold stand, wurde «ir Ach und Weh um die Seele! Nein! dacht' ich, das wäre unehrlich, wolltest du den Segen Gottes allem gemeßen! Geh' hinüber, sprach ich zu mir, hol' d« Freund Matthes und die anderen Mannsleute herüber; gesagt — gethan, und da bin ich !" Dabei spielte er mit den Goldstücken, die auf dem Tische lagen. Walpi aber beachtete den verlockenden Klang nicht, sie hörte auf eine edlere Stimme, und der bramar- basirende Natz setzte seine Lügeil-Chronik geläufig wie der fort, um so mehr, als einige Gäste an den um stehenden Tischen Platz genommen hatten und gierig hinüber horchten nach Stlberklang und Redefluß. „Siehst du, in Californien stellst du dich vor dein Haus — ein Haus sammt Grundstücken bekommst du drüben um ein paar Zwanziger, und kriegst noch davon heraus — also du stellst dich vor'S Haus, nimmst eine Wiege, wie die, in der du als Kind ge legen bist ; statt dem Boden gibst du ein Sieb Hinern, stichst mit der Schaufel eine Hand voll Erde heraus, wirfst sie auf's Sieb, schaukelst — schps! schps! — rechts und links — die Erde fällt durch und pures Gold liegt vor dir in der Wiege! — Bist du da fleißig, bringst du's im Jahr auf einige Ccntner, und lebst dann wie ei» türkischer Sultan! — In Cali fornien ißt der ärmste Teufel auf Silber, in Califor nien lohnt es nicht, das Geld zu zählen, d'rum hörst du immer, daß sie dort gleich pfundweise zahlen, in Californien gibt's kein unedles Metall, denn dort wird's dir unter den Händen zu Gold — Alles! Alles! — leg' eine Dampfnudel, die du so vortreff lich machen kannst, in die Erde, und binnen einem Monate ziehst du pures Gold dafür heraus" — Umsonst winkte der vornehme Fremde dem wein seligen Sprecher, er solle ourch handgreifliche Lügen seinen Absichten nicht schaden, der Natz war einmal im Zngc, und er flüsterte ihm zu: „Herr Amerikaner, Herr geheimer Agent, Sie kennen dies unverdorbene Volk der Natur nicht, lassen Sie mich machen, ich weffz, wie viel es vertragen kann, Herr Californier, ich kenne dies!" und mit Pa thos setzte er laut hinzu: „Sieh' Walpi! — Ich habe eigentlich um deine Hand anhalten wollen, aber ich bin eilt guter Kerl, rch trete nicht zwischen dich und deinen Matthes. Habe ich auch alle weißen, schwarzen und rothen Bräute in Californien uni deinetwillen ausgeschlagen, nnd sie in Verzweiflung gestürzt -- ich bin dir nicht böse, ich nehm' Euch Beide mit in's Goldland, und wer aus meiner Heimat mit will, soll's sagen, hier ist meine Hand, wer cinschlägt geht mit nnd wird drü ben ein steinreicher Mann" ' Walpi hörte den Redenden längst nicht mehr, sie eilte durch die Hofthür fort, längs der Traun hin bis zum Häuschen des Matthes. Die Bauersleute und andern Gäste in der Wirthsstube hatten wohl die Weinlaune des Sprechenden erkannt, waren aber dennoch neugierig, etwas Näheres zu hören, nnd bald saßen, oder standen Alle um den Tisch, an dem der Fremde schrieb Wolfgang Schlau, ein Bremer Agent für die Auswanderung nach Amerika, war mit dem Lüder- jahn Natz in Berlin zusammengctroffen, und erkannte in dem lustigen, pfiffigen Jungen ein besonderes Ta lent, nm allerlei Leute für seine Pläne z» gewinnen. Die reichste Ausbeute versprach ihm der Laufner Flüchtling in seiner Heimat, wohin sich noch kein Werber verirrt hatte. Bald waren sie denn wirklich in Oberösterreich angekommen, und saßen nun zu-