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Haltest, lle für Lcköna auf sich beruhen zu lassen, eine solche um Errichtung einer Haltestelle für Ederöbrunn der Staatsregierung zur Kenntnißnahme und eine solche um Errichtung einer Haltestelle für Reick derselben zur Erwägung zu überweisen, ferner die StaatSregierung zu Ertheilung deS SxpropriationsbefugnisseS zu Gunsten einer normalspurigen Eisenbahn von Plagwitz nach dem Kohlenrevier bei Markranstädt, sonne der dabei er forderlich zu erachtenden Anschlußgleise zu ermächtigen. — Tie heutige Sitzung der Ersten Kammer wurde von dem Präsidenten v. Zehmen anläßlich deS Geburts tage» weiland Sr. Majestät deS Kaisers Wilhelm mit einer Ansprache eröffnet. Hierauf trat die Kammer in di« Berathung der zu Kap, 69, Titel . 19 und 2 deS Etats für die Finanzperiode 1888/89 eingegangenen (Wegebau-) Petitionen ein (Berichterstatter: Se. königl. Hoheit Prinz Georg) und trat aus Antrag ihrer 2. Deputation den bezüglichen Beschlüssen der Zweiten Kammer mit einer Ausnahme bei. Die letztere betrisst die aus Herstellung einer Brücke über die Elbe zwischen Loschwitz und Blasewitz, bez. eine Uferstraße Loschwitz- Dresden gerichtete Petition, welch erstere die Deputation, soweit sie die Errichtung „völlig aus Staatsmitteln" erstrebt, auf sich b.ruhcn zu loffcn, im übrigen aber der königl. Staatsregierung, ebenso wie bas Userstraßen projekt zur Kenntnißnahme zu übe,geben beantragt. Der hohe Hr. Berichterstatter begründete eingehend bas Dcputationsgutachten, welches lediglich vom Vize- präsidenten Oberbürgermeister Dr. Stübel bekämpft, schließlich aber doch gegen 1 Stimme angenommen wurde. Schließlich bewilligte die Kammer auf Antrag derselben Deputation den mittelst königl. Dekrets Nr. 34 geforderten Nachtrag zum ordentlichen Staats haushaltsetat 1888/89 einstimmig und ohne Debatte in Uebereinstiwmung mit der Zw iten Kammer. — Die Zweite Kammer beschloß nach einer befürwortenden Auslassung des Abz. Dr. Fischer, dem Anträge der Beschwerde und Petitionsdeputation entsprechend Petitionen wegen Ertheilung der Pensionsberechtigung an die Berufsbeamten der der Städteorbnung für mittlere und kleine Städte und der revidierten Land gemeindeordnung unterstehenden Gemeinden der Staats regierung zur Erwägung, sowie aus Antrag der Finanz deputation 8 die Petition des Vorstandes des Kanal vereins in Plagwitz-Lindenau um Erbauung des Elfter- Saale-Kauals derselben zur Kenntnißnahme zu über weisen. Dem von der Ersten Kammer anläßlich der Petition Karl Gotthelf Steudners in Zrrtau, Zurückerstattung von Erbschaftssteuer betreffend, ge faßten, auf Erläuterung des Erbschaftssteuergesetzes gerichteten Beschlüsse wurde auf Antrag der Be schwerde- und Petitionsdeputation die Zustimmung versagt. Dagegen trat man auf Antrag derselben Deputation dem jenseitigen Beschlüsse bei, die Petition des Gutsbesitzer Christian Gottlob Rudert «en. in Eschenbach und Genossen um Erlaß eines Gesetzes wegen Ablösung des Fischereirechts in fremden Gewässern, deren Ueberweisung zur Kenntniß- nähme früher beschlossen worden war, auf sich beruhen zu lassen. Eine Petition um Umwandlung des Real gymnasiums zu Annaberg in ein humanistisches Gym nasium wurde unter Ablehnung eines weitergehenden Antrags des Abg. Crüwell, auf Antrag der Finanz deputation der StaatSregierung zur Kenntnißnahme überwiesen. Zum Schluß wurde auf Antrag der Mehr heit derselben Deputation gegen 14 Stimmen be schlossen, bezüglich der Frage der Fürsorge für Epi leptische gegenüber den abweichenden Beschlüssen der Ersten Kammer bei den früher gefaßten Beschlüssen stehen zu bleiben. Pirna. Seit 14 Tagen wurde in Zehista an einem für die dortige gräfl. Dampfziegelei nöthigen Brunnen gegraben. Da der ausgeschachtete Brunnen bei einer ungefähren Tiefe von 10 Metern nicht hin reichendes Wasser gab, wurde die weitere Vertiefung desselben durch Bohrung beschlossen. Ais nun am Sonnabend Abend gegen */,7 Uhr man bis zu einer Tiefe von 48 Meter gekommen war, trieb auf einmal ein mächtiger Wasserstrahl nach oben, so daß die Bohr arbeiten sofort eingestellt werden mußten. Da die ausströmenden Wassermassen so bedeutend waren, daß Gefahr für die benachbarte Ziegelei entstand, so mußten sofort 50 Arbeiter, welche die ganze Nacht und den Sonntag früh zu arbeiten hatten, einen Kanal nach dem etwa 200 Meter entfernten Straßengraben ziehen, um die hervorschießenden Waffermafsen nach dort ab zuleiten. DaS Wasser, welches mannsstart und ziem lich 2 Meter hoch emportreibt, ist krystallhell, sowie wohlschmeckend und hat eine Temperatur von 10 Grad. Jetzt hat man, um einem Auswaschen des Erdreiches vorzubeugen, weite Eisenrohre in den Brunnenschacht eingelassen und wird, wenn man engere Rohre aufge setzt, da« Wasser jedenfalls sehr hoch treiben können. Für Pirna erscheint da« vorkommniß um so wichtiger als dadurch jedenfalls die Frage wegen Versorgung deS KasernemeotS an der Rottwerndorfer Straße und der Mühlvorstadt mit Trink- und Nutzwasfer in ein anderweite« Stadium tritt. Freiberg, 21. März. Der wegen Unterschlag ung hier in Untersuchungshaft befindlich« Hüttenward» ein Friedrich Karl Louis Burggraf an der Muldener Brücke hat sich durch Erhängen entleibt und dadurch der irdischen Gerechtigkeit entzogen. Burggraf war unverheirathet und hatte bei gutem Gehalt «ine völlig sorgenfreie Existenz, so daß seine That sich nur durch Habsucht erklären ließ. Die Einzelheiten werden in Folge des Selbstmordes Burggraf'« nun wahrscheinlich unenträthselt bleiben. Von der böhmischen Grenze. In Moldau liegt der Schnee in solchen Massen, daß dre auf dem dortigen Bahnhofe beschäftigten Weichenwärter sich bei den Poften förmliche Schilderhäuser in den Schnee graben mußten, welche ihnen zum zeitweiligen Aufent halte dienen. Recht viel besser sieht es auf dem Bahn hofe in Berthelsdorf aus, woselbst auch vor ganz kurzer Zeit ein Gang durch den Schnee hergestellt werden mußte, um zu der Stellvorrichtung des Sperr signals und der Werchen zu gelangen. Chemnitz. Es wird mrtgetheilt, daß der Typhus nun envlrch mehr und mehr im Schwinden, ja viel leicht, da in den letzten Tagen nur ganz vereinzelt noch eine Neuerkrankung aufgetreten ist, als erloschen zu betrachten sei. Die Wochen daher haben die Ge schäftsleute sehr schwer gelitten, da ter Geschäftsgang sehr darniedcrlag. Namentlich auch die vorzüglich ge leiteten Vergnügungs-Etablissements, wie Mosekla- Saal und Schloß Miramare sind wie verödet gewesen. Neuerdings hat sich die Angst aber wieder behoben und es beginnt allmählig wieder das übliche Leben. Pegau, 22. März. Die von verschiedenen Blättern gebrachte Nachricht, als sei der Tod eines Gutsbesitzers in Beelsdorf eine Folge von Blut vergiftung, verursacht durch das nach der Ampu tation einer Zehe geschehene Anziehen und Tragen rother wahrscheinlich mit Anilin gefärbter Strümpfe entspricht nicht den thatsächlichen Verhältnissen. Von berufenster Seite wird vielmehr über den traurigen Vorfall Folgendes mitgetheilt: Nachdem der Beklagens- werthe im vergangenen Herbste eine Zehe erfroren, trat darauf therlweiser brandiger Zerfall der Hautdecke des Fußes ein, und ausschließlich dieser Umstand hatte eine Blutvergiftung im Gefolge, welcher der 47 jährige, all gemein beliebte, gesunde und durch seine außerordent liche Corpulenz Jedermann in hiesiger Pflege wohl bekannte Mann zum Opfer fiel. Die Einwirkung von Anilin ist also völlig ausgeschlossen. Rötba, 20. März. Gestern Morgen legten sowohl hier, wie in Markranstädt, Schkeuditz rc. die Kürschnergehilfen die Arbeit nieder. Zweck der Arbeits einstellung ist, höhere Arbeitslöhne zu erzielen. Das Gleiche haben die Zurichter und die Kürschnergehilfen in Leipzig und der Umgegend dieser Stadt gethan. Halle. Ein erschütternder Unglücksfall ist vor einigen Tagen in der Nähe von Trotha bei Halle geschehen. In der Saale daselbst ertranken drei Personen: der Steuermann Friedrich Paul aus Wettrn nebst zwei Arbeitern aus Trotha. Paul befand sich mit einem kleinen Handkahne an der Kohlenaussturz brücke der Grube Ferdinande unterhalb Trotha und wollte die Leine eines vor der Brücke liegenden Kohlen kahnes nach dem jenseitigen Ufer bringen. Infolge der starken Strömung und des Schneetreibens wurde der Kahn quer getrieben, so daß er umschlug und die drei Insassen in's Wasser stürzten und ertranken. Halberstadt. Am vergangenen Montag ist hier zwischen 10 und 11 Uhr Abends die Ehefrau Taeger in ihrer Wohnung ermordet worden. Als Mörder ist der seit einiger Zeit in einer Cigarrenfabrik in Halber stadt beschäftigte, aus dem Zuchthause entlassene Arbeiter Bendler verhaftet worden. Bendler hatte sich leise in die Wohnstube der ihm wohlbekannten Frau T. ge schlichen, welche vor einem Sopha stand und dem B. den Rücken zuwendete. Bendler packte die Frau, würgte sie, preßte ihr mit der freien Hand die Luftröhre, während er sie mit der anderen Hand an einem Shawl- tuche festhielt, und drückte sie mit dem Gesichte in die Sophaecke, bis sie kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Dann nahm B. das in der Kommode vorhandene Geld an sich, zog der todten Frau den Ring vom Finger und nahm auch noch den Ueberzieher deS Ehemannes mit. Beim Verlassen deS HauseS fiel dem Ehemann, welcher auS dem Fenster eines oberen Stockes sah, daS Packet auf; er lief dem B. nach, welcher denn auch nach längerer Verfolgung ergriffe» wurde. Neueste Nachrichten und Telegramme. Pest, 22. März. Der Kaiser spendete für die Ueberschwrmmtea in Ungarn 10,000 Gulden. Der Verkehr zwischen Ezaba und Best ist in Folge eine« Dammbruch«« unterbrochen. Die Hochfluth durchriß einen Eisenbahvdamm der Arad-Pester Linie in der Länge von 2 Kilometern. Der Flecken Czaba ist da durch vor einer Katastrophe bewahrt worden. Pari«, 22. März. Die Königin von England ist heute in Cherbourg «»gekommen. Petersburg, 23. März. DaS Journal „de St. Petersburg dementirt kategorisch.die auswärts ver breiteten Gerüchte von fortgesetzten Truppenbewegungen Rußlands. Wismar, 22. März. In Folge de« Bruche» des Roggenfeldschen Dammes bei Dömitz ergoß sich heute Morgen das Hochwasser auf die Ortschaften der Umgegend. Auch in der Stadt kam heute Vormittag das Wasser wieder ins Steigen; die Zugbrücke auf dem Bahnhofswege ist eingestürzt. Das Elend der von dem Hochwasser betroffenen Bevölkerung ist groß. Personen, «ud Bolenposten. Riesa-Strehlaer Fahrpostverkebr. Früh s Uhr 30 Mm. von Strehla, Vorm. 8 Uhr lL Mm. von Riesa, 1 Uhr 30 Mm. von Strehla, Nachm. 4 Uhr von Riesa, 7 Uhr von Strehla, Abends 9 Uhr 30 Min. von Riesa Vermischtes. Schon wieder ein Theaterbrand statt gefunden, welchem zahlreiche Menschenleben zum Opfer fielen. In Oporto brach in dem dortigen „Theater Baquet" in Folge einer Gasexplosion während des letzten Aktes der Vorstellung am Dienstag Abend Feuer aus, durch welches das Theater vollständig zer stört wurde. Viele Zuschauer sprangen, da sic das Freie nicht gewinnen konnten, aus den Fenstern auf die Straße; mehrere Personen erstickten, andere wurden bei dem Ausgange erdrückt. Die Mehrzahl der Ver unglückten waren Zuschauer in den Logen dritten Ranges und den Galerien. Ganze Familien sind um gekommen. Die Zahl der Todten wird vorläufig auf 80 geschätzt. Ueber einen blutigen Kampf mit Räubern berichten ungarische Blätter: In der Temesvarer Ge meinde Branz drangen um 7 Uhr Abends verlarvte Räuber in den Kaufladen eines reichen Bauern-Kauf manns. Die Männer verlangten Zigaretten und als der Kaufmann ihnen diese hinschob, faßte ihn Einer an den Händen, während ein Zweiter eine Schlinge um den Hals warf. Der kräftige Mann befreite mit einem Ruck seine Hände, langte rasch seinen Revolver aus der Tasche hervor und erschoß einen Räuber; der Andere holte sofort mit einer Axt zum Schlage aus und b.achte ihm auch eine leichte Kopfwunde bei. Nun drangen fünf andere Räuber ein und schossen nach dem Kaufinann, den eine Kugel an der Schläfe streifte, während er wieder einen anderen Angreifer erschoß. Im weiteren Handgemenge riß der Kaufmann einem Räuber die Maske ab und biß einen Anderen in den Finger, worauf bie Bande die Flucht ergriff. Die Er mittelung der Räuber dürfte nicht schwer sein, da der Kaufmann den Entlarvten erkannt hat. Kaiser Wilhelm und der Seidenwirker. In einer kuriosen Bittschrift ersuchte einst ein armer Seidenwirker unser» Kaiser Wilhelm um Bewilligung einer kleinen Geldunterstützung und Befreiung seines Sohnes vom Militärdienst. Sein Schreiben leitete der Petent mit der Ueberschrift ein: „Allerdurchlauch tigster Allerdurchdringlichster Herr König", und begann dann in folgenden Worten sein Anliegen vorzutragen: „Thränenwerthester Herr König, Sie werden gütigst verzeihen, wenn ich Ihren Thron besteige. Ich bin Seidenwirker, voriges Jahr brachte ich meinen Sohn zu Gott (soll heißen, er wurde konfirmirt), dieses Jahr zum Tischler. Mein Sohn soll drei Jahre dienen, eS könnte mit einem Jahre abgemacht sein und wird schon gehen. Eure Majestät haben ja schon bei mancher anderen Gelegenheit ein Auge zugedrückt, bitt«, drücken Sie noch einmal bei einem armen, alten Manne eia Auge zu." Kaiser Wilhelm verfügte auf dem Rande deS Schriftstückes, daß dem Gesuche des Bittstellers Folge zu geben und den Sohn deS SeidenwirkerS vom Militärdienst zu dispenstren, falls derselbe thatsächlich die einzige Stütze seines BaterS sei. Dann legte der Kaiser dreS und andere Schreiben dem dienstthuenden Adjutanten in die Mappe und bemerkte lächelnd: „Nun, da muß ich freilich 'mal ein Auge zudrücken; aber meinen Thron soll er nur lieber nicht besteigen^ — daS könnte ihm leicht gefährlich werden. . .