Volltext Seite (XML)
ElbckaN und Anzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauvtmaimschlst Großcngam, des Wmgl. Amtsgerichts Md des StadkathS z» Riel«. Druck und Verlag von Langer Winterlick in Rre>a — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 18. Sonnabend, den 30. Januar 1886. 39. Jahrg. Erjckeint in Nie ja wöchentlich dreimal: DienSrag, Donnerstag und Honnaoend ÄdonnemcnlSprei» vierteljährlich t Mark Ls Psg — Bettellungen nehmen alle Kaiser!. Ponanftailcn Pottöoten, die Expeditionen m -tirsa und Gtrehta (E. Schön), iowie all, Boten entgegen - Inserate. welche bei dem ausgcbrcitcten Lelerkrcile eine wirkiame Veröffentlichung finden, erbitten wn uns vis ZagS vorder giormirtag; 9 Udr JniertionSprciS die dreigejpaltenc CorpuSzeilc oder deren Raum lv Psg. Zu der im Jahre 1885 veranstalteten Sammlung für den Unterstützungsfonds der aus der Königlichen Blindenanstalt entlassenen Blinden sind nach- stehcnds angegebene Beiträge zur Weiterbeförderung eingegangen: 11 M. 55 Pf. Gemeinde Oelsitz pro 1884, 8 M. 80 Pf. Gemeinde Oelsitz pro 1885, 6 M. Gemeinde Mehltheuer, 3 M. Gemeinde Möderau, 6 M. Gemeinde Heyda, 1 M. 58 Pf. Gemeinde Nünchritz, 2 M. 33 Pf. Gemeinde Weida. Großenhain, am 16. Januar 1886. Die Königliche Amtshauptmannschaft. 68 L. von Weissenbach. L. Die höhere Bürgerschule für Knaben zn Riesa, rvclche ihre Schüler nach der Lehrordnung für die sächsischen rUealschulen unterrichtet, bereitet dieselben einerseits für den Besuch höherer Lehr anstalten, andererseits sür den Eintritt in den landwirtschaftlichen, kaufmännischen oder einen gewerblichen Lebensberuf vor. Französisch und von der III. Klasse an auch Englisch sind obligatorische Unterrichtsfächer. Knaben, welche später eine höhere Unterrichtsanstalt besuchen sollen, haben am lateinische« Unterrichte theilzunehmen und sind dafür vom Englischen befreit. Die Anstalt nimmt gleich den Realschulen in ihre unterste Klasse Schüler auf, welche einen dreijährigen guten Unterricht genossen haben und 9 Jahre alt sind. Im Interesse der Schüler liegt es, wenn dieselben der Anstalt möglichst zeitig zugesührt werden. Anmeldungen, welchen für auswärtige Schüler der letzte Impfschein, sowie ein Schulzeugnis beizufügen sind, werden von dem Unter zeichneten bis Ende März d. I. erbeten. Für einheimische Schüler genügt eine einfache schriftliche oder mündliche Anmeldung von feiten der Eltern. Riesa, am 27. Januar 1886. Bach, Schuldirektor. * Oertliches und. Sächsisches. Riesa, den 29. Januar 1886. — Gestern Nachmittag besuchten eine größere An zahl Mitglieder des Gewerbevereins die hiesige Oel- fabrik und nahmen, in liebenswürdiger Weise von Herrn Geschäftsführer Eisenreich geleitet, Kenntnis; von Len in jeder Hinsicht sehenswürdigen Einrichtungen ge nannten Etablissements. Eine 12 pferdige Dampf maschine treibt nicht nur die mancherlei Hilfsmaschinen, sondern liefert auch den Wasserdampf, der zur r^elge- winnung, wenn auch nur indirekt, in hervorragender Weise gebraucht wird. Durch den Raps, welcher, nachdem er gequetscht und getrocknet und in ca. 12 Ctr. fassende lustdichtschließende eiserne Kessil gefüllt worden ist, wird Schwefelkohlenstoff geleitet; letzterer nimmt das Oel auf und wird später wieder davon getrennt, um aufs Neue seine Wanderung anzutreten. Ter Schwefelkohlenstoff, von welchem ca. 300 Ctr. zum Betriebe der Fabrik nöthig sind, wobei pro Tag ca. 1 o/g verloren gehen, sieht in flüssigem Zustande wie reines Wasser aus und hat nur einen unange nehmen Geruch. Bei einer Berarbeitung von ungefähr 100 Etr. Oelsaat pro Tag werden ca. 40 bis 42 Etr. Oel gewonnen. Das Rohöl hat verschiedene Apparate zu durchlaufen, ehe es verkaufsfähig ist. Hierbei svielen Sägcspäbne eine Hauptrolle, welche die Unreinigkeiten', insbesondere die mit fortgenommenen Hülsen rc., aufnehmen. Diese ölgetränkten Sägespähne werden später in Säcken mit rn die obenerwähnten Kessel gesteckt und der Schwefelkohlenstrfs sorgt schon dafür, daß sie ganz gereinigt wieder ans Tageslicht kommen. Das gewonnene Oel wird, soweit es als Brennöl verkauft werden soll, mittels Säuren destillirt. Das hergestellte Brillanlöl I und II ist ganz säure frei und wird als Maschinenöl, zur Bereitung von Haarölen, ja selbst zur Vermischung mit Speiseöl von den Händlern und Fabrikanten gekauft. Das zurück bleibende Rapsmehl giebt ein sehr gesuchtes Viehfutter. Die Einrichtungen der Fabrik sind so vorzügliche, daß nur 6 Personen darin beschäftigt zu werden brauchen. Nachdem man treppab und treppauf gewandert und zuletzt noch den Schüttboden, auf welchem sür ca. 60000 M. Raps lagerten, besucht, trennte man sich von den freundlichen Führern und pilgerte ein Theil der Gewerbevereinsmitglieder der Gasanstalt zu, um sich von Herrn Inspektor Storl die verschiedenen Ein richtungen dieser, trotz ihrer Kleinheit musterhaften Fabrik zeigen und erklären zu lassen. In Lademann's Restaurant löschte man den sich einstellenden Durst und tauschte dann die gemachten Erfahrungen gegen seitig aus. — Vom Reichsgericht. Das Reichsgericht zu Leipzig hat kürzlich hinsichtlich deS Duells die wichtige Entscheidung gefällt, daß außer den Duellanten auch die Theilnehmer des sogenannten Ehrengerichts straf rechtlich zur Verantwortung herangezogen werden können. Das Landgericht zu Schwerin hatte vor eini ger Zeit drei Theilnehmer eines solchen Ehrengerichts wegen Beihülfe zum Zweikampf zu je vier Wochen Festung verurtheilt, weil dieselben einem Duellanten die Vorschrift gemacht hatten, daß er sich innerhalb sechs Wochen auf Säbel „einzupauken" habe. Die seitens der Verurtheilten beim Reichsgerichte eingelegte Berufung ist unter Anerkennung des vom Schweriner Gericht ausgesprochenen Rechtssatzes verworfen worden. — In einer am 27. Januar abgehaltenen Be- rathunz über den Gesetzentwurf der preußischen Re gierung, das Branntwein-Monopol betr., hat sich das Präsidium und die erste Commission der Handels- und Gewerbe-Kammer zu Dresden nach vorgängiger Ver nehmung von Sachverständigen aus den Kreisen der Landwirthschaft und Industrie gegen den genannten Entwurf ausgesprochen, eine höhere Besteuerung des Branntweins aber vom moralischen, gesundheitlichen und finanziellen Standpunkte als empfehlenswerth, so wie vor der gesetzgeberischen Entscheidung dieser Frage eine umfassende Befragung von Sachverständigen und Interessenten im ganzen Reiche für unerläßlich erachtet und in diesem Sinne an das kgl. Ministerium des Innern Bericht erstattet. — Wie bereits aus dem Jnseratentheil der früheren Nrn. d. Bl. bekannt geworden, giebt nächsten Donners tag die Kapelle des königl. sächs. 2. Grenadierregiments Nr. 101 „Kaiser Wilhelm, König von Preußen" unter Leitung des königl. Musikdirektors Herrn A. Trenkler ein Concert, das gewiß vielen kunstsinnigen Musik freunden willkommen sein dürfte, da dasselbe einen hohen musikalischen Genuß verspricht. Im Anzeigetheil der heutigen Nr. ist das gewählte Programm ersicht lich, worauf wir an dieser Stelle noch besonders auf merksam machen. — In der Bewegung gegen den Mißbrauch „gei stiger" (oder richtiger „Geist tötender") Getränke ist mehrfach von Fabrikanten und Aerzten behauptet wor den, daß sich viele Arbeiter das Schnapstrinken bei den Soldaten angewöhnt hätten. Als im Februar 1884 nach einem von vr. Böhmert aus Dresden im Rathhause zu Zittau gehaltenen öffentlichen Vortrage die Begründung eines Zittauer Ortsvereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke erfolgte, erklärte der Kommandant der Zittauer Garnison, daß die Sol daten, welche namentlich in der Lausitz gewöhnlich schlecht genährt und, an Schnaps gewöhnt, ins Heer eintreten, nach und nach durch bessere Kost sich den Schnaps abgewöhnen, wie dies der Schnapsverbrauch in den Kantinen beweise, welcher beim Eintritt der Rekruten regelmäßig am höchsten sei und dann später abnehme. Aber der betreffende Commandant hat, wie der Vorstand des Zittauer Ortsvereins berichtet, es nicht dabei bewenden lasten, seine Soldaten gegen einen Vorwurf zu Vertheidigen, sondern hat selbst die wirk samsten Schritte gegen den Schnapskonsum in den Kan tinen ergriffen, indem die Soldaten im Winter 1884/85 anstatt des Frühschoppens an ein zweites Kafseefrühstück gewöhnt wurden, welches jetzt 1886 unentbehrlich ist. Der Schnapsverbrauch dieser Sol daten hat mit der verbesserten Kost im allgemeinen und mit der regelmäßigen Verabreichung eines zweiten Kaffeefrühstücks im Winter und einer Suppe zum Abendbrot sich wesentlich vermindert. Thatsache ist, daß die Kneipwirthe rings um die Kaserne wegen schlechter Geschäfte mit Len Soldaten klagen; dafür aber sind die Soldaten frisch, munter und gesund und ihre Strasfälle sollen sich in gleichem Verhältniß wie der Schnapsverbrauch um 50 Prozent vermindert haben. Es ist das ein schöner Erfolg der Bestre bungen des Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke, dem ja auch Feldmarschall v. Moltke als eines der ersten Mitglieder mit beigetreten ist. Solche Maßregeln sollten in allen Kreisen Nachahmung finden, denn mehr als Verbote und Reden führen hier Thatcn und wohlthätige Einrichtungen zum Ziel, die geregelte Arbeit, regelmäßige gute Morgen-, Mittags und Abendkost und behagliche Einrichtungen in der Wohnung. — Wie uns aus Oschatz mitgetheilt wird, giebt der dortige Seminarchor unter Direktion des Ober lehrer Sieber Mittwoch, den 3. Februar, Abends 7'/2 Uhr im Saale des „Rathskeller" ein Vokal- und Instrumental - Concert zum Besten der dasigen Volks bibliothek und des Pestalozzivereins. Wir verabsäumen nicht, ein kunstsinniges Publikum auf dieses Concert aufmerksam zu machen, da sowohl ein reichhaltiges Programm, als auch die Leistungen des Chors einen genußreichen Abend versprechen. * Bahnhof Prausitz, 24. Januar. Bei der am heutigen Tage abgehaltenen Sitzung des Vereins für Bienen und Obstbaumzucht kamen zwei Gegen stände zur Verhandlung und nahm zuerst Herr Horne- mann-Pahrenz das Wort über „Baumschnitt". Zweck des Baumschnitts kann sein: 1. Größe und Güte der Frucht zu vermehren, indem derselben durch Wegfall entbehrlicher Triebe eine Menge Saft zuzeführt wird; 2. den Ertrag zu reguliren und zu vermehren, einen Jahr für Jahr sich wiederholenden mäßigen Ertrag an schöneren Früchten zu erzielen; 3. das Wachsthum des Baumes auf einen gegebenen Raum zu beschränken, sei es im Freien oder am Spalier; 4. den Baum zu nöthigen, in der ganzen Länge der Zweige Fruchtholz zu erzeugen. Daß der Schnitt das Leben der Bäume verkürzt, ist nicht zu leugnen, doch sind seine Vortheile so erheblich, daß man nicht darauf verzichten sollte, schon wegen der von dem vermehrten Fruchlholze er-