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weine mit 48 Mark. Der von der freien wirthschaft- lichen Bereinigung gestellte Antrag, Kunstbutter mit einem Zoll von 30 (statt wie bisher mit 20) Mk. zu belegen, wurde bis zur dritten Lesung zurückgestellt, nachdem vom Regierungstisch auf die zolltechnischen Schwierigkeiten, die mit der Unterscheidung zwischen Kunst- und Naturbutter verbunden seien, hingewirsen worden war. Die Zollerhöhungen für gesalzene, ge trocknete, marinirte Fische rc. wurden debattelvs ge nehmigt. Der Zoll auf Wild und Geflügel wurde mit 102 gegen 99 Stimmen von 12 auf 30 Mark erhöht. Ebenso wurde der Honigzoll nach kurzer Debatte von 3 auf 20 Mark erhöht. — Am Sonnabend verwies man die Positionen, betreffend die Erhöhung des Zolls auf Cacao und Chocolade, an eine Commission und setzte ohne Debatte den Zoll auf Caviar auf 150 Mark, den Zoll für Muscheln und Schalthiere auf 24 Mark, auf Austern und Hummern auf 50 Mark fest. Der Zoll für Steine und Steinwaaren wurde nach der Regierungsvorlage angenommen mit dem Anträge, wonach Steinmetzarbeiten aus belgischem Granit nur 1 Mark Zoll zahlen. Der Schieferzoll wurde in namentlicher Abstimmung mit l'/s Mark, für seewärts eingehenden Schiefer mit '/z Mark ge nehmigt. Die Positionen „Edelsteine, Perlen rc., an dere Steinwaaren außer Statuen rc/' wurden nach der Regierungsvorlage erledigt. Oesterreich. Das Erzbisthum Prag, das durch den Tod des Kardinals Schwarzenberg verwaist ist, wird, wie sich fast mit Bestimmtheit Voraussagen läßt, dem Grafen Schönborn verliehen werden. Daß Graf Schönborn, der gegenwärtige Bischof von Budweis, ein entschieden tschechischer Parteimann ist, scheint man in Rom nicht ungern zusehen, und da Papst Leo den festen Zusammenhang der slavischen Welt mit der römischen Kirche einmal feierlich verkündet hat, so handelt er nur folgerichtig, wenn er die österreichischen Slaven durch Förderung des dem Slaventhum ergebenen Grafen Schönborn an sich zu fesseln sucht. Frankreich. Das jugendliche Ministerium hat, wie bereits gemeldet, eine theilweise Umwandlung er fahren. Der Finanzminister Ctamageran ist „aus Ge sundheitsrücksichten" zurückgetreten und Sadi Carnot wurde sein Nachfolger. Als Ursache dieses Schrittes bezeichnet man die Schwindsucht — der französischen Staatskasse, die den Minister geradezu in Schrecken gesetzt haben soll. Der Rücktritt des Ministers hat begreiflicherweise viel Aufsehen und große Ueberraschung hervorgerufen. Vom französisch-chinesischen Kriegsschauplatz meldet ein Telegramm des Admirals Courbet, der Kreuzer „Estaing" habe noch vor dem Bekanntwerden der Friedenspräliminarien ein chinesisches Sckiss, welches eine Besatzung von 750 Soldaten und Offizieren und 3 Mandarinen an Bord hatte, wegzenommen. Großbritannien. Die afghanistanische Streit frage verliert immer mehr von ihrem kriegerischen Charakter. Rußland wird zweifellos das Gebiet, welches es beansprucht, zuerkannt erhalten. Die Russen haben sich daselbst, wie schon gemeldet, wohnlich eingerichtet und eine Militärverwaltung eingeführt; England muß gute Miene zum bösen Spiel machen. Rußland. Die Warschauer Censurbehörde hat die Veröffentlichung sämmtlicher den Tagesblättern über den russisch-englischen Conflict zugehenden Depeschen verboten, wodurch sich insbesondere die Geschäftswelt stark beunruhigt fühlt. Nur die von Berlin tele- graphirten Rubel-Kurse lassen einen Rückschluß auf die politische Tagesconstellation zu. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 20. April 1885. — Die Herren Beck u. Klingenberg in Heines Agentur, Leipzig, werden, wie im vorigen, so auch in diesem Jahre einen Extrazug nach dem Niederwalddenkmal und dem Rheingau veranstalten. Derselbe wird in dem Zeitraum der sogenannten großen Ferien verkehren und fährt, wie in Aussicht genommen, den 25. Juli dieses Jahres von Leipzig ab. Die Giltigkeitsdauer der Billets ist in diesem Jahre eine dreiwöchentliche. Es wird somit auch Vielen, denen der Genuß von Ferien gestattet ist, Gelegenheit zur Theilnahme gegeben. Die Billetverkaufsstellen werden seiner Zeit bekannt gegeben, ebenso von welcher Zeit an Prospekte zur genaueren Orientirung zu haben sind. — Die Turnerei und die Politik! Der Reichs- ragsabgeordnete Geh. Hofrath Ackermann ist bekannt lich Ehrenpräsident des in diesem Sommer daselbst stattfindenden großen deutschen Turnfestes. Dies Ehren präsidium hat in turnerischen Kreisen und in der, Berliner Presse lebhafte Debatten hervorgerufen. Wie nun die Monatsschrift für daS Turnwesen mittheilt, hat sich der preußische CultuSminister v. Goßler bei einer Turnervorstellung in Berlin über diese Frage wie folgt geäußert: „Mich bewegt seit einigen Tage» lebhaft eine Miithcilung, welche öffentliche Blätter bringen. ES wird behauptet, daß seit den Kriegen von 1864 und 1866 die Turnkunst zurückge- gange» sei. Das ist eine Unwahrheit. Ich turne lange ge nug, um das selbst beurthcilen zu können. Doch das ginge. Schlimmer ist es aber, daß der angebliche Rückgang des Turn wesens damit in Verbindung gebracht wird, daß sich eine ge wisse polnische Partei von den Turnern zurückgezogen habe und daß verschiedene in der neuesten Zeit bei Gelegenheit des Dresdener Turnfestes zu Tage tretenden Bemühungen daraus auSgehen, das Turnen in den Dienst einer politischen Partei zu stellen. Die Turnkunst soll verbinden, ebenso wie alle an deren Künste, welche die Ausbildung in körperlichen Fertigkeiten erstreben, nicht Nennen. Die Unterschiede, die uns sonst trennen, in politischer wie in socialer Beziehung, und die auch ihre Be rechtigung haben, müssen aus dem Gebiete des Turnens ver schwinden. Ich bitte Sie deshalb dringend, allen Bemühungen, welche in die Turnern politische Gegensätze hineintragen wollen, fest cntgegcnzutreten. Die Turnkunst hat ihren Zweck in sich. Ich bitte sic dringend, Jünger der Turnkunst zu bleiben und alles zurückzuweisen, was diese Kunst schädigt. Halten Sic daran, das Turnen soll einigen, nicht trennen!" — In diesem Jahre kommt bekanntlich der 20pro- centige Zuschlag zur Einkommensteuer gleich wie im Vorjahre in Wegfall. Es beträgt daher die zu ent richtende Einkommensteuer in Steuerklasse: bei einem Einkommen von: I über 366 bis 466 M. 2 - 466 - 500 - 3 - 506 - 666 - 4 - 660 - 700 - 5 - 700 - 800 - 6 - 800 - 956 - 7 - 950 - 1100 - 8 - 1100 - 1250 - 9 - 1250 - 1400 - 16 - 1400 - 1600 - 11 - 1600 - 1900 - 12 - 1960 - 2200 - 13 - 2200 - 2500 - 14 - 2500 - 2806 - 15 - 2800 - 3300 - 16 - 3300 - 3866 - 17 - 3860 - 4300 - 18 - 4300 - 4800 - 19 - 4800 - 5400 - 26 - 5400 - 6300 - 21 - 6300 - 7200 - 22 - 7200 - 8460 - 23 - 8400 - 9606 - 24 - 9600 - 16800 - 25 -10,00.-12000 - 26 - 12000 - 14600 - 27 - 14000 - 16600 - 28 - 16000 - 18606 - 29 - 18000 - 20660 - 36 - 20000 - 22000 - 31 - 22000 - 24000 - 32 - 24660 - 26006 - 33 - 26000 - 28000 - 34 - 28060 - 30000 - 35 - 30060 - 33000 - 36 - 33000 - 360O6 - 37 - 36000 - 39000 - 38 - 39000 - 42006 - 39 - 42000 - 45600 - 46 - 45000 - 48600 - 41 - 48600 - 51000 - 42 - 51000 - 54000 - 43 - 54000 - 57000 - 44 - 57000 - 66000 - u. s. w. — M. 5» Pf. 1 - — - 2 - — - 3 - — - 4 - — - 6 - — - 8 - — - II - — - 14 - — - 17 - — - r2 - — - 36 - — - 38 - — - 48 - — - 59 - — - 76- — - 94 - — - II4 - — - 136 - — - 162 - — - 189 - — - 216 - — - 252 - - - 288 - - - 324 - - - 366 - —. - 426 - — - 486 - — - 54U - - - 666 - — - 666 - — - 726 - — - 786 - — - 840 - - - 96V - - - 996 - — - 1.686 - — - 1176 - — - 1266 - — - 1356 - — - 1440 - - - 1536 - — - 1626 - — - 17IV - - - * Bobersen, 19. April. Am frühen Morgen des heutigen Tages brachte der hiesige Gesangverein seinem Vorsteher Herrn P. aus Veranlassung seines 25jährigen Dienstes in einem Riesaer Geschäft ein Ständchen und überreichte ihm als Erinnerung an den Tag ein Geschenk. Sichtlich überrascht, dankte derselbe mit herzlichen Worten. Dresden. Die hiesige Fernsprechanlage wird in der nächsten Zeit Verbindung mit Pirna bezw. mit den Fabrikorten des Müglitzthales erlangen. In Plauen starb am Sonnabend das 12 jährige Töchterchen des Hutmachers Albert, dem man aus Versehen Carbolsäure anstatt Medicin gereicht hatte. Der Tod ei folgte auf der Stelle. Am Sonntag Morgen gegen 4 Uhr erschoß sich auf dem 3. Pfeiler der Augustusbrücke altstädterseits ein unbekannter Mann. Derselbe hatte sich rückwärts auf das Geländer gesetzt, so daß der Körper, nachdem er den Schuß erhalten, in das Wasser siel und sofort unterging. Zittau. Hier mußte sich dieser Tage nachträg lich ein Militärpflichtiger, aus der Gegend von Bautzen gebürtig, vor der Musterungscommission präsentircn. Derselbe, seines Zeichens Schmied und gesund und kräftig, hatte seiner Zeit einen verkrüppelten jungen Mann an seiner Statt zur Stellung geschickt und daraufhin einen Freischein erhalten. Der Betrug kam aber später zu Tage und der findige Schmied, der in zwischen im Auslände gearbeitet hatte, fiel schließlich der Behörde in die Hände. Abgesehen von der ihn treffenden Strafe wegen Hinterziehung der Militär pflicht und die begangene Täuschung wurde die so fortige Einstellung deS jetzt 26jährigen Mannes in daS stehende Heer verfügt. Roßwein, 18. April. Jüngster Tage ist der 20 Jahre alte Wirthschaftsgehülfe Peukert auS Marbach von einem Fabrikarbeiter ebendaher, mit dem er auf offener Straße in Wortwechsel gerathen war, ohne Weiteres mit einem Taschenmesser in die Brust ge stochen und schwer verletzt worden. Peukert befindet sich in ärztlicher Behandlung. Leisnig, 16. April. Im Laufe dieser Woche ge- rieth in der Breitenstraße ein größerer Nüstwagen, welcher zur Reparatur vor einer Schmiede stand, durch ein daran herumhantirendes Kind in Gang. Die Deichsel nahm ihren Lauf durch ein schon ziemlich weit von der Schmiede schrägüber liegendes Fenster, zertrümmerte dasselbe theilweise, riß ein Stück des inneren Fensterpfeilers weg und durchbohrte die schräg über befindliche Zimmerwand, an welcher der Besitzer an der Nähmaschine arbeitete. Durch eine rechtzeitige geschickte Wendung entzog sich der Meister der drohen den Verletzung. Auch der Geselle, der unmittelbar am Fenster arbeitete, befand sich in dem gefährlichen Augen blick zufällig nicht auf seinem Arbeitsplätze. Colbitz. Jene Handwerksburschen, welche vor Kurzem den Dienstknecht H. auf der Landstraße betrunken gemacht und ihm dann seine Baarschaft abgenommen hatten, sind aufgegrifsen und in Haft genommen worden. Nossen. Die 4 größten Turnvereine Sachsens: die Dresdener Turnerschaft, der Leipziger Turnverein, sowie die Turnvereine zu Chemnitz und Freiberg, ver anstalten alljährlich eine gemeinsame Turnfahrt. Die diesjährige soll am 17. Mai abgehalten werden und der Ort des Zusammentreffens zwischen Roßwein und Nossen bei Nieder-Marbach sein, von wo nach einer längeren Rast ein Fußmarsch durch den Zellaer Wald, Obergruna, Schloß Biberstein zum Zollhaus stattfindet; hier treffen auch die benachbarten Turnvereine zusammen. Während des Aufenthaltes am Zollhaus wird die Zeit mit Turnspielen oder mit kurzen Ausflügen nach dem nahen Bobritzsch und Muldenthal verbracht und von 6 bis 7'/s Uhr der Rückmarsch nach den betreffenden Bahnstationen zur Rückfahrt unternommen. Freiberg. In einem Monat, also den 18. Mai d. I., soll nun, sicberem Vernehmen nach der gesammte Güter- und Personenverkehr der Anschlußlinie Bienen mühle-Moldau-Klostergrab zur Eröffnung gelangen. Es wäre dies acht Tage vor dem Pfingslfeste, und dürfte dann zu dieser Hauptfestzeit eine bedeutende Personenfrequenz auf dieser langersehnten Linie zu er warten sein. An na berg. Eine sehr unangenehme Nachricht für Geschäftskreise in Annaberg und Buchholz hat dieser Tage der Telegraph aus New-Uork gebracht: die. Kunde, daß das HauS Gerson, welches vor Kurzem noch bedeutende, bereits ausgeführte Bestellungen in Annaberg und Buchholz machte, fallirt hat. Den für hiesige Häuser dadurch entstandenen Verlust beziffert Man auf weit über 100000 Mark. Neugersdorf. Hier ist dieser Tage ein vor zwei Jahren nach Texas ausgewandcrter Schuhmacher mitsammt Familie zurückgekehrt. Der Amerikamüde schildert die Verhältnisse in den, 'sielgelobten Lande iw keineswegs verlockender Weise. Thcuer, schlecht, unsicher und wenig Verdienst, bas seien die charakteristischen Momente dort. Naunhof. Der von der Gendarmerie kürzlich in einem Steinbruche bei Beucha verhaftete, als des Raub mordversuchs verdächtig bezeichnete und an die fürstl. Staatsanwaltschaft Greiz eingelieferte Fleischer Fischer aus Bernsdorf ist, nachdem sich der ausgesprochene Verdacht nicht bestätigt hat, wieder auf freien Kuß ge setzt worden. Plauen i. V. Das Trambahn - Project scheint Aussicht auf Verwirklichung zu erlangen. Der Contract zwischen dem Stadtrathe einer- und dem Erbauer der Bahn, Otto Peine in Leipzig, andererseits, ist bereits in seinen Grundzügen fertig gestellt. Die Trambahn, welche zur Verbindung des oberen und unteren Bahn hofes dienen soll, wird in den breiten Straßen zwei-, in den engen Straßen und auf Brücken jedoch nur eingeleisig angelegt. Als Betriebskraft kann der Unter nehmer entweder ein in einer unterirdischen Röhre be findliches Drahtseil oder Pferde oder die Honigmann'- sche Locomotive oder eine durch Dampf direkt zu be treibende Lokomotive verwenden. Die Stadt wird in den ersten 5 Jahren an andere Unternehmer keine Con- cession zur Anlegung von Trambahnen ertheilen. Der Unternehmer zahlt 20000 M. Caution und verpflichtet sich, wenn die Bahn über 6°/» Reingewinn abwirft, den Mehrgewinn mit der Stadt zu theilen. Nach Ablauf von 40 Jahren kann die Stadt die Bahn 'nebst Betriebsmaterial zu den Taxkosten erwerben, nach 60