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EMail und Anzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zn Riesa. Druck und Verlag von lunger « Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: TLanger in Riesa 121. Donnerstag, den 14. October 1886. 39. Iahrg. Erscheint m Riesa wöchentlich dreimal: Lirn-tLu, Vonner-ra« und Sonnabend Adonncmenlsvreis vierteljährlich 1 Mart 2b Psg — ArneUungen nehmen alle »amei. Po.arm t«u Postboten, die Erpeditioncn in Niei'a und Girebla (8. Schön», iowic alle Boten entgegen. — Jnjcraie, welche bei dem ausgebrettetcn Leserkreise eine wirksame Hcröüemüchung finden, ervtlten wi, uns öis Lags vorher Vormittags S Uvr. JnserlionSpreiS die dreigespaltcnc Eorpurzetle oder deren Raum 10 Psg. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 13. October 1886. — Der Herbst macht seine Anwesenheit, zn der er von Kalender Wegen vollkommen berechtigt tft, mehr und mehr bemerkbar. Die Bäume und Sträucher, deren Grün von den Strahlen der standhaften Sonne beleuchtet, in diesem Jahre so lange Zeit unser Auge erfreuen konnte, wechseln jetzt die Farbe, an Stelle des frischen, saftigen Grüns tritt das matte Gelb oder jenes Roth, welches an die letzten Grüße der scheiden den Sonne erinnert, und auf die Wege hernieder sinkt das Laub, für den Fuß des Wanderes einen rascheln den Teppich bildend. Das Helle, fröhliche Leben in der Natur nimmt Abschied, Mutter Erde entkleidet die in ihrem SchogHe wurzelnden Kinder des sommerlichen Schmucks und rüstet sich, zum Winterschlafe sich zu betten, aus dem erst nach Monden der laute Ruf des Frühlings sie wieder erwecken soll. Es ist Herbst ge worden, jeder Blick in's Freie belehrt uns darüber und in uns selbst steigt es auf wie eine stille Wehmuth, daß all bas Schöne und Prächtige, an dein wir uns ergötzen durften, nun dahinsinkt nach kurzem, wenn auch glänzendem Leben. Dankerfüllt für die Gaben des Sommers, die in so reichem Maße gespendet wur den, treten wir in die trübe, neblige, kaite Zeit ein, die den Menschen von den Fluren verscheucht und ihn zwingt, im engen Bann des Hauses zu suchen, was rhm Freude und Genuß schafft. s. — lieber bas Bicycle im Dienste des Heeres sind in letzter Zeit mancherlei abenteuerliche Versionen in den öffentlichen Blättern verbreitet worden. Die Kunst des Radfahrens, welche in neuerer Zeit immer mehr von sich reden macht und schon lange zu einem ganz besonders beliebten Sport geworden ist, kann, so schreibt der „Dr. Anz." für evenrvclle Anwendung zu nnlitärischen Zwecken naturgemäß nur von ganz rela tiver Bedeutung sein. Eine Truppe mit den erforder lichen Fortbewegungsmaschinen, oder trie^L- IsL, in hinreichender Anzahl für den Fall eines Krieges auszurüstcn, verbietet sich schon mit Rücksicht auf die dadurch bedingte bedeutende Vermehrung der Bagage, welche die mannichfaltigsten Nachtheilc zur Folge haben würde. Durch die Mannschaften selbst aber, welche durch die feldmarschmäßige, nur aus unbedingt noth- wendigen Gegenständen zusammengesetzte Ausrüstung zur Genüge belastet sind, könnten die erforderlichen Fahrzeuge allein schon wegen ihrer bedeutenden Schwere nicht transportirt werden, am wenigsten die umfang reichen Dreiräder, auf denen sich ein feldmarschmäßig ausgerüsteter Infanterist vielleicht noch am besten fort bewegen könnte, während ein Zweirad für den feldmarsch mäßig ausgerüsteten Soldaten überhaupt nicht zu ge brauchen ist. Immerhin bleibt es wünschenswerth, wenn der Soldat im Stande ist, im feindlichen Lande etwa vorgefundene Räder zur schnelleren Beförderung von Nachrichten, Befehlen rc. zn benutzen, wie ja z. B. auch die Kunst, sich der Schlittschuhe bedienen zu kön nen, bei gebotenen Gelegenheiten zur leichteren Ueber- windung zu passirender Eisflächen von großem Nutzen sich erweisen würde. Es werden deshalb auch bei ver schiedenen Truppentheilen der Armee, wohl lediglich auf diesen Gesichtspunkt hin, Unteroffiziere und Mannschaf ten in der Kunst des Radfahrens ausgebildet, welche im Allgemeinen gar nicht so schwer zu erlernen ist; ein gewandter Mann vermag erfahrungSmaßig die Benutz ung des Zweirades in etwa sechs Stunden, die des Dreirades sogar schon in wenigen Minuten bequem zu erlernen. Die Leistungen eines guten Radfahrers sind unter Umständen keineswegs gering anzuschlagen. In den letzten Togen des August dieses Jahres sollten einige Unteroffiziere der Mainzer Garnison — es ist uns nicht bekannt geworden, ob die Fahrt zur Aus führung gelangt ist — vermittelst des Zweirades eine Reise von Mainz nach Hannover unternehmen. Diese Strecke von mehr als 50 deutschen Meilen sollte in 5 Tagen zurückgelegt werden, was einen täglichen Marsch von über 10 Meilen ausmacht, während die gewöhn liche Marschleistung für eine Truppe (Infanterie^ auf durchschnittlich 3 Meilen pro Tag normirt ist. Großenhain, 12. October. Gestern Abend brachte der hiesize „Männergesangverein" im Hotel zum Gesellschaftshause ein Gesangsconcert zur Aufführung, dessen Reinertrag der hiesigen Herberge zur Heimath gewidmet war. Allgemeine Begeisterung erweckte es, als Se. königl. Hoheit Prinz Friedrich August eintrat und das Concert mit seiner Gegenwart beehrte. Mit dem Leiter des Gesanges, Amtsgerichtsexpedient Franke unterhielt sich Se. königl. Hoheit in der liebenswürdig sten Werse. Pirna. Aus dem zweiten Stock eines Grund stückes in der Rottwerndorfer Straße stürzte vor einigen Tagen ein 3 Jahre altes Kind, welches unbeaufsichtigt war, in den Garten hinab. Wunderbarer Weise blieb das Kind unbeschädigt. Dippoldiswalde. In arge Verlegenheit kam dieser Tage ein Brautpaar zu Dippoldiswalde, das in bekränztem Wagen zur Trauung fuhr, dabei aber unter lassen halte, ein vom Standesamte noch verlangtes Papier beizubiingen. Da nun selbstverständlich weder die Civil-, noch die kirchliche Trauung unter bewandtcn Umständen stattfinden konnte, mußten die Brautleute sammt Begleitung unverrichteter Sache wieder heimkehren. Zschopau, 10. Ocwber. Heute Nachmittag, kurz nach 2 Uhr ertönte seil langer Zeit wieder ein mal das Feuersignal. Es brannte das große Haupt gebäude der Baumwoll-Spinnerei der Firma Brückner u. Hübner vollständig aus. Tas Feuer kam in den obersten Lagerböden zum Ausbruch und fand durch die vorhandenen großen Vorräthe reichliche Nahrung. An eine Rettung war nicht zu denken und mußten die Feuerwehren ihr Hauptaugenmerk auf die Rettung der ringsum mit dem Hauptgebäude verbundenen Maschinen- und Lagerräume richten. Das brennende, sechs Etagen hohe und nach und nach einstürzende Etablisseinent gewährte einen schaurigen und doch groß artigen Anblick. Da sämmtliches Inventar versichert war, trifft die Besitzer kein großer Schaden. Leider sind durch diesen Brand über 200 Personen brodlos geworden, was bei der vorgerückten Jahreszeit um so bedauerlicher ist. Die Entstehunzsursache ist bis jetzt noch nicht ermittelt worden. Chemnitz. In Niederrabenstein ist am Mittwoch Abend die Ehefrau des Handarbeiters Beyer dadurch verunglückt, daß sie Petroleum aus einer Flasche in den Öfen goß, wobei die Flasche explobirte und die Flammen ihre Kleider erfaßten. Die bedouernswerthe Frau lief in ihrer Todesangst in ihren hellbrennenden Kleidern in den Hof, wo man sie später fast verbrannt aufsand. Die Schwerverletzte starb erst am andern Tage. Zwickau. Eine arge Thierquälerei ließ sich ein Maurer bei Zubereitung seines Sonntagsbratens zu Schulden kommen. Derselbe schlachtete nämlich ein Kaninchen, hing es lebend auf und versuchte ihm so das Fell abzuziehen. Auf das Geschrei des Thieres kam ein anderer Bewohner desselben Hauses herbei und veranlaßte die sofortige Tödtung des gequälten Thieres. Der Thierquäler wurde angezeigt. Zwickau, 10. Oclober. Unsere Medicinalpolizei widmet den sanitären Verhältnissen Hierselbst fortdauernd ihre vollste Aufmerksamkeit. Bereits seit zwei Jahren, als im Sommer 1884 die Gefahr der Einschleppung der Cholera nicht ausgeschlossen erschien, wurden alle vorhandenen Privatbrutmen aus die Genießbarkeit ihres Wassers einer Untersuchung unterworfen, deren Folge die vollständige Schließung eines Theils derselben war, während ein noch größerer Theil nur noch zu Nutz zwecken Verwendung finden durfte. Neuerdings, nach dem das königl. Ministerium mit Rücksicht auf die immer noch nach Norden vordringende Cholera die Aufmerksamkeit der ihm unterstellten Behörden abermals auf diese Erscheinung hingelenkt hat, sind weitere Maß nahmen getroffen worben. So finden fortgesetzt Re visionen bezüglich der bereits seit geraumer Zeit vor geschriebenen Desinfection der Herbergen, Restaurationen, Fabriken u. s. w. statt, ebenso wird dem Verkehr mit Nahrungs- und Genußmittcln ein wachsames Auge ge schenkt, wie auch die Spülung der Haupt- und Neben schleusen einer besonderen Kontrole unterworfen ist, auch finden regelmäßige Revisionen der Bierdruckapparate, die ja bei nicht ganz peinlicher Reinhaltung den Keim zu manchem Uebel legen können, statt. Treuen i. V. Bezüglich des Todes des Maurers Gustav Adolf Hübner ist anzunehmen, daß derselbe von seinem Bruder, dem Webergesellen Ferdinand Hübner jun. in Treuen, gelegentlich einer Balgerei in und vor dem väterlichen Hause in Treuen erstochen worden ist. Der Thäter hat sich im GerichtsgefäNznis zu Treuen durch Erhängen entleibt. Leipzig. Ter Zuzug von Fremden zur Messe war am Sonntag ein ganz bedeutender. Die in Leipzig einmündenden Bahnen brachten allein gegen 32000 Fremde. In Folge dessen war das Meßgeschäst der Kleinhändler ein sehr lebhaftes, wie überhaupt der Kleinhandel der diesjährigen Herbstmesse ein recht zu friedenstellendes Resultat bis jetzt ergeben hat. Leipzig. Der mit so großer Aufmerksamkeit ver folgte Prozeß gegen die Sozialdemokraten Bebel u. Gen. ist nunmehr endgiltig entschieden. Nachdem in der ersten Verhandlung das Landgericht Chemnitz die Angeklagten von der Beschuldigung der Unterhaltung ungesetzlicher Verbindungen rc. freigesprochen, die Staats anwaltschaft gegen dieses Urtheil Revision beim Reichs gericht eingelegt und das .letztere den Prozeß unter Aufhebung deS ersten Urtheils zu anderweiter Ver handlung an das Landgericht Freiberg verwiesen, das letztere aber ein die Angeklagten verurtheilendes Erkenntniß gefällt hatte, beschäftigte sich am Montag das Reichsgericht infolge der von den Verurtheilten gegen den Ausspruch des Freiberger Gerichts eingelegten Berufung mit der Prozeßsache, um jedoch lediglich das Urtheil des Freiberger Gerichtes zu bestätigen, die Berufung also zurückzuweisen. Das Freiberger Er kenntniß hat sonach eüdgiltige Kraft und haben dem nach Bebel, Auer, v. Vollmar, Viereck, Frohme und Ulrich je 9 Monate, Müller, Heinzel und Dietz je 6 Monate Gefängniß zu verbüßen. Nach neueren Meldungen soll demnächst auch die hiesige Schutzmannschaft mit Revolvern versehen werden. Bisher hallen solche nur die Criminal-Pvlizei-Beamten. In einem Hause der Brüderstraße fand am Sonn abend Nachmittag ein etwa 3jähriges Kind eine mit Salmiak gefüllte Flasche im Hofe stehen und trank einen Theil der Flüssigkeit daraus. Sofort machten sich die Folgen der Vergiftung an dem Kinde bemerkbar, wes halb man es schleunigst nach dem Krankenhause brachte. Da schnelle Hilfe bei der Hand war, hofft man das Kind am Leben zu erhalten. Bcrinischtes. * Eine scheußliche Megäre stand in der Person der als Wärterin im städtischen Waisen Hause in Hamburg angestellt gewesenen Frau Louise Alms vor der Strastammer des Landgerichts und erhielt für ihre Frevelthat eine Gesängnißstrafe von einem Jahre zuertheilt. Die erst 22 Jahre alte Person hatte auf