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Stuttgart, 27. Juni. Wie r>er „Staatsan- zeig« für Württemberg" meldet, befahl der König de» consultireaden Leibarzt Prof. Liebemeister in Tübingen nach Brbenhausen zur ärztlichen Consultation mit dem Leibarzt Dr. Ketzer. Bei derselben wurde erfreulicher Weise festgestellt, daß der Winteraufenthalt in der Heimath keinen »achtheiligen Einfluß auf das Ge- sammtbefinden deS Königs auSgeübt habe. Abgesehen von vorübergehenden katarrhalischen Störungen seien die in den AthmungS- und KrriSlauforganen vor handenen Veränderungen nicht weiter fortgeschritten. Der Zustand sei «zur Zeit den Umständen »ach be friedigend. Neuralgische Beschwerden machten sich immer noch zeitweise geltend. Bom Reichstag. Am Freitag stand auf der Tagesordnung die dritte Lesung der Gewerbegerichte. Abg. Auer machte Vie Zustimmung der Sozialisten zu dem Gesetz von der Abstimmung über ihre Anträge abhängig. Abz. Ackermann beantragte die Streichung der Bestimmung deS 8 1, wonach die Genehmigung deS OrtsstatutS nur zu versagen ist, wenn dessen Be stimmungen den Gesetzen widersprächen. Minister von Bötticher empfahl den Antrag aus Zweckmäßigkeits gründen. 8 1 ward sodann mit dem Antrag deS Abg. Ackerman sowie mit dem Antrag des Abz. Hahn angenommen, wonach die Ablehnung der Genehmigung mit Gründen zu versehen ist, und mit dem Anträge des Abg. Porsch, wonach die Genehmigung deS Statuts für mehrere zur Bildung des Gewerbegerichts zu- sammentretende Gemeinden von derjenigen Verwaltungs behörde zu ertheilen ist, in deren Bezirk das Gewerbe gericht seinen Sitz erhält. 8 2 ward angenommen, ebenso 88 3er und 4 bis 8 11 in der Fassung der zweiten Lesung. Zu 8 12 (Wahlfähigkeit) wiederholten die Abgg. Auer und Genossen ihren Antrag, das Wahlrecht mit dem 21. Lebensjahre eintreten zu lassen, auch den Frauen das active Wahlrecht zu gewähren. Beide Anträge wurden abgelehnt. Die 88 12 bis 15 wurden nach dem Beschlüssen der zweiten Lesung ge nehmigt. Die folgenden 88 16 bis mit 23 wurden unverändert, 8 24 (Gesuche wegen Ablehnung der Gerichtspersonen) unter Streichung der Schlußworte: „unter Theilnahme von Beisitzern", sowie die folgenden Paragraphen bis mit 8 71 durchweg nach den Be schlüssen der zweiten Lesung angenommen. Zu 8 72 (Zuständigkeit der Innungen) brachten die Abgg Eberty und Auer auf die Einschränkung der Wirksam keit der Innungen gerichtete Anträge ein. Dieselben wurden nach längerer Berathung sämmtlich abgelehnt. Der Paragraph ward sodann nach dem Beschluß der zweiten Lesung genehmigt, ebenso der Rest des Gesetzes. Die Schlußabstimmung findet Sonnabend statt. Dänemark. Kopenhagen, 27. Juni. Der König ist mit dem Dampfer „Daneborg" dem deutschen Geschwader entgegengefahren. Die Begegnung der beiden Majestäten findet morgen Nachmittag auf dem „Daneborg" statt. Aus Malmö, Landskione und Halmstadt find etwa 22 Dampfer dem Kaiser Wilhelm entgegengefahren. — Das ganze Gardebataillon mit Prinz Christian als Lieutenant rückte heute von Kopenhagen nach Schloß Fredensborg aus, um dort Kaiser Wilhelm'S Ehrenwache zu bilden. Auf der Rhede zu Helsingör ist zum Empfang der kaiserl. Majestäten ein purpurner Baldachin errichtet; gegen über liegen 3 dänische Panzerbatterien und zwei Fregatten zum Salut bereit. Die gesammte Garnison der Festung Kronborg nimmt auf der Rhede Auf stellung. Der Empfang bei dem alten Hamlet-Schloß verspricht wunderbar zu werden; leider herrscht hoffnungsloses Regenwetter. Bulgarien. Prinz Ferdinand verließ Widdin und traf am 27. d. in Turn-Severin ein, von wo er nach Karlsbad weiterreiste. Stambuloff, der den Prinzen bis Turn-Severin begleitete, kehrte nach Widdin zurück, wo er eine Proklamation des Prinzen ver öffentlichte, die ihn zum Stellvertreter während der kurzen Abwesenheit des Prinzen ernennt. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 28. Juni 1890. —* Nach dem 113. Rundschreiben des Vertreters des sächs. Turnkceises findet die diesjährige Alpenturn fahrt über München den 18. Juli a. c. statt. — Interessenten sei in Kürze Folgendes mitgetheilt: Die Fahrkarten zu diesem sogenannten „Turnerzuge" sind bis spätestens den 14. Juli durch die Turnvereinsvor- stünde oder durch den Kreisvertreter Bier-Dresden selbst unter Einsendung des Betrags zu beziehen. Bei Be stellungen sind anzugeben: rr. Name und Wohnort des Bestellers; d. Anfangs- und Endstation; e. die Zahl und Wagenklasie der Fahrscheinhefte. („Vor karten" werden diesmal nicht ausgczcben.) — Es fahren zwei Sonderzüge: Der eine Freitag, den 18. Juli, Nachmittag« 5,», Uhr von Dresden-«., der andere an demselben Tage Nachmittags 7,,o Uhr von Leipzig, Bayrischer Bahnhof. — Zum Anschluß an diese Züge werden auch auf dem hiesigen Bahn hofe am 17. und 18. Juli einfache Fahrkarten mit 45 tägiger Giltigkeit auSgegeben. Die „Turnerzüze" fahren zunächst bis München, wo sie Sonnabend, den 19. Juli, Vormittag 10,Uhr eintreffen. Sonn tag früh 5,„ Uhr findet dann die Abfahrt nach Kuf stein und Salzburg statt. Die Fahrscheinhefte gelten 45 Tage und berechtigen zur Rückfahrt mit jedem fahrplanmäßigen Personenzuge, wobei auch einige Fahrt unterbrechungen gestattet sind. — Die Fahrpreise be tragen von Dresden-Altstadt nach München II. Cl. 35 Mk., III. Cl. 23 Mk., nach Kufstein II. Cl. 41 Mk., III. Cl. 27 Mk., nach Salzburg II. Cl. 44 Mk., III. Cl. 29 Mk., von Leipzig und Chemnitz nach München II Cl. 30 Mk, III. Cl. 20 Mk., nach Kufstein II. Cl. 36 Mk., III. Cl. 24 Mk., nach Salzburg II. Cl. 40 Mk., III. Cl. 26 Mk. Dieser Turnersonderzug ermöglicht gleichzeitig, dem berühmten Oberammergauer Passionsfestspiele beiwohnen zu können, da am 20, 23,27. Juli und am 3., 6., 10., 17., 20. und 24. August Vorstellungen stattfinden. Die Preise hierzu betragen: 1. Platz 10 Mk., 2. Platz 8 Mk., 3. Platz 6 Mk., 4. Platz 5 Mk., 5. Platz 3 Mk., 6. Platz 1 Mk. Bei rechtzeitiger Bestellung besorgt Herr Bürgermstr. Joh. Lang in Oberammergau hierzu Eintrittskarten und Wohnung. Zur weiteren Orientirung rathen wir Interessenten, sich einen Sonder abzug deS bezügl. Rundschreibens, welches käuflich für 10 Pfg. vom Director der Turnlehrerbildungsanstalt Herrn Bier-Dresden-A. zu beziehen ist, zu verschaffen. — Heute Nachmittag 5 Uhr 12 Min. begab sich mittelst Extrozugs die Sängerschaft des Gesangvereins „Amphion" in Begleitung zahlreicher SangeSbrüder aus Oschatz nach Liebenwrrda zu dem daselbst heute und morgen stattfindenden 12. Gausängerfeste des Sängerbundes des Meißner Landes. Die Rückkehr erfolgt morgen ebenfalls mittelst Extrazugs. — Nunmehr sind auch die Pflasterungsarbeiten auf dem unteren Theil der Hauptstraße und aus der Großenhaiuerstraße beendet; gestern Nachmittag 4 Uhr wurde der Schlußstein eingesetzt. Es ist somit der ganze Straßentract vom Bahnhof bis zur Brücken mühle jetzt wieder frei. — Bei Beginn des stärkeren Reiseverkehrs sei die Beachtung nachstehender Winke dem Publikum empfohlen. Jedes Gepäckstück muß sicher und dauerhaft verpackt und von älteren Post- und Eisenbahnzeichen befreit sein. Ist dies nicht der Fall und treten in Folge dessen Verschleppungen des Reisegepäcks ein, so haftet die Eisenbahn nicht für den hieraus erwachsenen Schaden. Reisekörbe, bei denen man durch Hochheben LeS Deckels leicht zum Inhalt gelangen kann, sollen durch starke Stricke so umschnürt sein, daß der Verschluß gegen Diebstähle sichert. Es kann nur dringend ange- rathen werden, die Gepäckstücke, namentlich aber Reise körbe und Bettsäcke, in haltbarer und deutlicher Weise mit dem Namen und dem Wohnort des Eigenthümers, sowie dem Bestimmungsort des Gepäckstückes zu ver sehen. Bei dem zeitweise überaus starken Verkehr kann die bahnseitig aufgeklebte Bezettelung leicht abfallen und tritt dann der Fall ein, daß die Hingehörigkeit nicht ausreichend bezeichneter Gepäckstücke erst nach Ver lauf längerer Zeit festgestellt werden kann, während die Zuführung der mit der Adresse des Eigenthümers ver sehenen Gepäckstücke umgehend mit nächster sich dar bietender Gelegenheit erfolgen würde. — Alleinreisende Damen, die in dieser Reise zeit oder sonst im Jahre sich kürzere oder längere Zeit in Dresden aufhalten und nicht gern allein einen Gasthof aussuchen wollen, seien darauf aufmerksam gemacht, daß sie dort im „Mädchenheim" des Vereins „Bolkswohl" ein äußerst billiges Unterkommen und auf Wunsch ebenso preiswerthe Verpflegung finden. Das Heim befindet sich in dem städtischen Grundstücke Gärtnergasse 3, wenige Minuten vom Böhmischen Bahnhof; die Hausmutter, Frau Müller, ertheilt brieflich jede gewünschte Auskunft gern. — Im Verlage von F. W. v. Biedermann in Leipzig erschien soeben: Kleine Rangliste der kgl. sächs. Armee für 1890 (Preis 40 Pfennige) und machen wir Interessenten auf das kleine Merkchen, das eine Uebersicht der Rangverhältnisse in unserem 12. kgl. sächs. ArmeecorpS gilbt, aufmerksam. — Es herrscht noch häufig die Ansicht, man schone dadurch seine Rosenstöcke, daß man die einzelnen Blumen verblühen lasse. Das ist eine irrige Meinung, denn gerade zur Zeit des Abblühens entzieht die Blume - ihrem Stocke die meiste Nahrung. Es ist daher zu rathen, die Rose sobald zu schneiden, als sie ihre schönste Form zeigt, und sollte man sie nur zur Zimmerzierd« rc. beantzen können. Eine abzeschnittene Rosenblume hält sich länger, wenn sie ordentlich gepflegt wird, att wenn sie am Stock« belassen wäre. Der Rosen stock aber entwickelt, wenn fleißig die blühenden und verblühten Blumen abgeschnitten werden, eine Menge neuer Knospen. — Nünchritz, 28. Juni. Unser rüstig auf strebender „Militärverein für Nünchritz und Umgegend" ist bereits stark mit den Vorarbeiten zu seiner bekanntlich am Sonntag, den 24. August statt findenden Fahnenweihe beschäftigt und reges Leben und Treiben wird voraussichtlich am genannten Tage auS Anlaß dieses Festes in unserm rührigen Elborte herrschen, da viele Militär- und Kriezervereine zu der Feier erscheinen werden und sich gewiß auch viel Publi kum aus der Umgegend einfinden wird. Das Pro gramm zu der Feier ist folgendermaßen festgesetzt: Sonnabend, den 23. August, Abend 9 Uhr Zapfen streich. Sonntag, den 24. August, früh 5 Uhr Reveille. Bon Vormittag 9 bis Mittag 1 Uhr Empfang der auswärtigen Vereine am Dampfschiffe und an den Eingängen des Ortes. Nachmittag '/,2 Uhr Besprech ung der Vereinsvorstände im Gasthofe zum Gesell schaftshause. Punkt r/z3 Uhr Signal „Achtung", darauf folgt Aufstellung des Festzuges, während dieser Zeit Abholung der Festjungfrauen und Ehrengäste durch eine Deputation. Punkt 3 Uhr Abmarsch deS Fest zuges nach dem Weiheplatz. Weiheakt. Abmarsch vom Weiheplatz, Zug durch die Straßen deS Ortes und Abgabe der Fahnen an die Fahnenwache. Geselliges Beisammensein und Tanz in den Gasthöfen der Herren Riedel und Rentsch. Abends 9 Uhr Zapfenstreich und bengalisches Feuerwerk. * Strehla. Sonntag und Montag, den 6. und 7. Juli wird das diesjährige Schützenfest stattfinden, und zwar nicht, wie bisher üblich, auf dem Schießhause sondern auf der Schulfestwiese. Kötzschenbroda, 26. Juni. Mit dem 1. Juli scheidet der in den letzten Jahren ansehnlichst gewachsene Ort Radebeul nebst Serkowitz und Oberlößnitz aus dem Verbände der Kirchgemeinde Kaditz aus und wird zur selbstständigen Parochie erhoben. Zum ersten Pfarrer derselben hat das evangelisch-lutherische Landes- consistorium, nachdem der Kirchenvorstand keinen der vorgeschlagenen drei Bewerber gewählt hatte, den Pfarrer Hingst in Zschochau bei Lommatzsch ernannt. Dresden, 26. Juni. Die traurigen Ereignisse der letzten Woche sind für den Bürgerverein der Pirnaische» Vorstadt(woselbst sich der Justizpalast und das Gerichtsge- fängniß befindet) Veranlassung gewesen, eine Petition an den Rath und die Stadtverordneten zu Dresden zu richten, mit dem Anträge: „beim königl. Justiz ministerium dahin vorstellig zu werden, daß künftighin die Hinrichtungen der zum Tode verurtheilten Verbrecher nicht mehr sämmtlich in Dresden zur Vollziehung ge langen, sondern daß die Verbrechen bei dem Landge richte gesühnt werden möchten, in dessen Bezirke sie begangen worden sind; sowie ferner das Justizministerium zu bitten, künftighin eine bessere Jsolirung, Fesselung und Bewachung schwerer Verbrecher im Gerichtsge fängnisse auf dec Mathilden straße und womöglich eine militärische Bewachung des Justizgebäudes und des Gerichtsgefänznisses anordnen zu wollen." DaS Ver langen des genannten Vereins, dem sich voraussichtlich auch andere Bürger- und Bezirksvereine im Interesse der Sicherheit unserer Stadt anschließen werden, findet seine Begründung durch die hochgeradige Beunruhigung, in welche die gesammte Dresdener Bürgerschaft in Folge des in jüngster Zeit wiederholt vorgekommenen Ausblechens schwerer Verbrecher und der Ermordung eines Gefängniß-Aufsehers versetzt worden ist. Dresden, 27. Juni. Für die Bauhandwerker hat sich im Laufe dieses Monats die Lage ganz wesentlich auch in Dresden ungünstiger gestaltet. Die Aussicht auf Arbeit bei den hier in der Ausführung begriffenen und für die nächste Zukunft geplanten um fänglichen Bauten hatte Tausende fremder Bauhand werker, zumeist Maurer und Handlanger, nach hier gelockt, deren Angebot auf die Lohnverhältnisse nicht ohne Einfluß bleiben konnte. Von einer Lohnver besserung konnte schon beim Beginn der Bauperiode keine Rede sein und Versuch: hierzu wurden auch keineswegs, wie in früheren Jahren, durch Ve"- sammlunzsbeschlüsse unternommen, im Gegentheil ist die Lage jetzt ein: derartige, daß zahlreiche der hier oder in der Umgegend wohnhaften Bauleute thatsächlich ohne Beschäftigung sind. Bei so großem Angebot von Arbeitskräften ist es erklärlich, baß die Löhne in den letzte» Wochen so zurückgegangen sind, daß der Durch schnittslohn für die Maurer und Zimmerer 35 Pfg. pro Stunde nicht übersteigt, während im vergangenen Jahre 38—40 Pfg. zugestanden norden mußten. Da