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ElbM«N und Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des Kvnigl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. SV. 4». gahrg. Sonntag, den 15. Juni 18S0. Erscheint in Riesa wöö-entlich viermal: LienStag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — Abonnementspreis vierteljährlich l Mark 2s Pfg — Bestellungen nehmen alle Kaiser!. Postanstalten. Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (E. «ckön), sonne alle Boten entaegen. — Inserate, welche bei dem ausgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröfsent- lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, re>p. Mittwoch, ^iritag odcr Loimabcnd Vormittags 8 Uhr. — Isnsertivnspreis die dreigespaltene CorpuSzeile oder deren Raum ll» Psg. Bekanntmachung, die Erhebungen über den Zug der Hagelwetter betreffend. Einem bezüglichen Anträge des Vorstands des Kömgl'ch Sächsischen me teorologischen Jnslltuts zu Chemnitz entsprechend werden unter Bezugnahme auf die Verordnung Lcs Königlichen Ministeriums des Innern vom 2. Juni 1885, beziehentlich den Erlaß d r unterzeichneten Königlichen Aint!,auptmann- schaft vom 7. Juli 1885 — 1087 L — (Riesaer Amtsblatt 1885 No. 81) der Herr Bürgermeister zu Radeburg sowie die Herren Gem indevorftände und Gutsvorsteher des hiesigen Verwaltungsbezirks hiermit angewiesen, alle noch nicht bewirkten Meldungen über die im Lause der letzten Monate erfolgten Hagelfälle, auch wenn durch Solche Schaden nicht entstanden ist, nunmehr baldigst an vorgenanntes Institut einzusenden. Die hierzu vorgeschricb-nen Formulare können durch die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschast oder direkt von dem meteorologischen Institut bezogen werden. Großenhain, am 11. Juni 1890. Königliche Amtshauptmannschuft. 1438 L. Or. Waentrg. B. Bekanntmachung. Das Königliche 3. Feldartillerie-Regimenr No. 32 wird-die diesjährigen Schießübungen auf dem Artillerie-Schießplatze bei Zeithain wie folgt abhalten: am 23, 25. und 28. Juni, 1., 2., 4., 5., 8., 9. und 10. Juli Vor mittags von 6 Uhr 30 Minuten, am 30. Juni schon früh von 3 Uhr 30 Minuten ab, bis Mittags 2 Uhr, und am 28. Juni Nachmittags von 1 Uhr 30 Minuten bis Abends 8 Uhr. Cs wird dies unter Hinweis auf die in No. 61 des gegenwärtigen Amtsblattes, Jahrgang 1887, abgedruckte amtshauptmannschaftliche Bekannt machung vom 14. Mai 1887 — v. 724 —, Sicherheitsbestimmungen bezüg- ltch der Absperrung der Wege während der Schießübungen betr., zur öffentlichen Kenntniß gebracht und werden die Ortsbehörden der umliegenden Gemeinden veranlaßt, die Einwohm rschaft der letzteren auf dem vorgeschriebenen Wege auf gegenwärtige Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. Königliche Amtshauptmannschaft Großenhain, am 11. Juni 1890. v 79k. vr. Waentig. Tn. Wegen Reinrgung der GeichäftSräume der unterzeichneten Behörde bleiben dieselben am SV. und S1. lauf. Mts. für das Publikum geschloffen und werden deshalb an diesen Tagen nur unaufschiebliche Sachen bearbeitet. König!. Amtsgericht Riesa, am is Juni 1890. K.-Rath Sinz. TmzeSgeschichre. Die Kolonialpolilik des Reiches hat aus's Neue die Zustimmung eurer großen Mehrheit ves Reichstages erhalten. Neben den konservativen Fiaktwnen und den Nationalliberalen stimmte auch die große Mehrzahl der Centrumsabgcordneten für die zur Wiederheistrllung geordneter Zustände in dem ostafnkamschen Schutzge biete geforderten Summen. In der Minderheit be fanden sich nur die Deutschfreisinnigen und die Sozial demokraten. Unsere Kolonialpolrttk, welche stets die Grenzen der Zurückhaltung, Vorsicht und Beschränkung eingehalten hat, findet im Reichstage eine immer wachsende Mehrheit, .und die Zustimmung selbst der gegenwärtigen, sonst so ungünstig zusammengesetzten Volksvertretung ist wohl die beste Sicherheit, daß «n ein Aufgeben des einmal gewonnenen und mit ansehn lichen Opfern erkauften Besitzes nicht mehr zu denken ist, trotz dcS RatheS der Deuffchfreisinnigen, die ganze Masse möglichst rasch zu liquidsten. Di« Deutschfiei- sinnigen hatten in ihrer Freude über den Kanzler wechsel anfänglich entdeckt, daß die kolouialpol,tischen Ansichten des Herrn von Caprivi mit ihren eigenen in den wesentlichsten Punkten übereinstimmten. Diese Entdeckung hinderte aber die Partei nicht, die Forder ungen der Regierung rundweg abzulehnen; ja ein Mitglied, das unter dem Fürsten Bismarck für die kclouialpolitischen Forderungen gestimmt hatte, fand, daß die Dinge jetzt unter dessen Nachfolger einen Um sang und eine Ausdehnung annähmen, daß man nicht weiter mitgehen könne. In Wahrheit wird in der Kolonialpolitik, wie auch in anderen Dingen, vollständig der alte Kurs eingehalten. Aber ein ganz bestimmtes, für alle Z-iten unabänderliches und genau begrenztes Programm läßt sich auf einem so unbekannten Gebiete, wo fortwährend neue Aufgaben austreten und die Situation in beständigem Wechsel begriffen ist, nicht ausstellen. Das hat auch Herr von Caprivi wiederholt bei diesen Verhandlungen ausgesprochen und das Ver trauen gefordert, daß die Regierung nicht weiter gehen werde, als die Ehre und das Interesse Deutschlands es erheischen. Mr. Percy Anderson, der Dircctor der afrikanischen Abheilung im Auswärtigen Amte zu London, ist gegen die Erwartung nicht nach Berlin zurückgekchrt, und man hat auS diesem Umstande geschloßen, daß die Verhandlungen zwischen Deutschland und England gegenwärtig geringere Aussichten auf einen befriedigen den Ausgang böten. Die Annahme ist indessen unbe gründet, denn wie man jetzt erfährt, werden die Ver handlungen unmittelbar zwischen den beiden Kabinetten geführt und damit Sir Percy jederzeit Lord Salisbury ni'.t seinem sachverständigen Rathe unterstützen kö.me, ist ferne Anwesenheit in Loudon erforderlich. Man hofft, Laß die Verhandlungen zu einem befriedigenden Beschluß führen. In Reichtagskr-isen wird auch jetzt nach den Be- rathungen in der Commission die Annahme der Mili- tärvorlage als gesichert angesehen, wenn dieselbe auch nur mit einer knappen Mehrheit erfolgen sollte. Ob auch nur ern kleiner Therl cec freisinnigen Partei da für stimmen wrrd, ist überaus fraglich. Dagegen steht es fest, daß etwa die Hälfte ter Centrumspartei die Vorlage annehmen wild. Unter den Zustimmende« dürfte sich auch der Führer Dr. Winblhorst befinden. Andere ist die Aussicht bezüglich der G.haltsaufbesser- ungcn für Offiziere. Selbst rn der conservaüven Partei Hal diese Forderung eiilfchredene Gegner, bre der Ansicht sind, daß eine berarrrge Gehaltserhöhung an sich Wünschenswerth und berechtigt sem mag, daß sie aber rm Zusammenhang mit Gehaltsaujdrfferurigen für einige wenige Klassen der Crvilbeamten nicht erfolge« dürfe. Man glaubt daher, daß drrse Forderung «me Mehrheit nicht finden, daß aber daran der ganze Ent wurf doch nicht scheitern werde. Deutsches Reich. Der Reichseommissar Major Wiß mann reiste am Freitag von Kano nach Berlin ab. Gegenüber den in der Presse circulirenden Gerüchten betreffend den Gesundheitszustand Sr. könig lichen Hoheit des Prinz rezenten von Braun- schweig constatirt der amtliche „Braunschweig,sche Anzeiger", daß die Wiederherstellung Sr. königl. Hoheit von einem heftigen Anfall von Grippe eine» vollständig normalen Verlauf nimmt, und daß das Befinden Hochdesselben ein durchaus befriedigendes ist. Das amtliche Blatt meldet sodann, daß die Nachrichten betreffend den Rücktritt Sr. königlichen Hoheit von der Regentschaft durchaus falsch seien. München, 13. Juni. Der Prinzregent hat das zeitweilige Entlassungsgesuch deS SehetmrathS Dr. v. Nußbaum unter gleichzeitiger Verleihung des St. Mrchael-VerdienstorbenS zweiter Klaffe angenominen. Nach dem zuletzt auSgebenen Bulletin über daS Br finden dcS Freiherrn von Lutz hatte derselbe eine weniger ruhige Nacht, doch stellte sich Schlaf ohne vorherige Anwendung von Morphium ein. Die An schwellungen sind verschwunden, die Herzkraft zunehmend, jedoch bleibt die Schwäche noch erheblich. Lom Reichstag. Zur Berathung stand die erste Lesung der Novelle zum Strafgesetzbuch. Der Bundescommissar Dambach betonte das absolute Be- dürfniß der Post- und Telegraphenverwaltung, nicht länger mit der Novelle zu warten. In der Novelle von 1876 seien die jetzt beantragten Abänderungen nicht ausgenommen, weil damals das Bedürfniß noch kein dringendes gewesen ist; erst der Lissaboner Congreß habe auf daS Bedürfniß hingewiesen. Das Haus ver wies die Novelle an die Commission für den Rintelenschen Antrag. Darauf folgte die erste Lesung des Nieder- lassungsvertrages mit der Schweiz. Der Abg. Baum bach kam auf die Ursachen der vo'jährizen Kündigung des bisherigen Vertrags zurück. Er warf die Frage auf, ob, wie zum Abschluß der Vorträge, nicht auch zu deren Kündigung die Zustimmung deS BundeSraths und Reichstags nothwendig sei. Er kaffe die Frage offen, denn in dieser Sache sei nichts mehr zu ändern. Er wolle aber aus dem Falle kein Präjudiz gemacht wissen. Die Erneuerung des Vertrages bedeute die Wahrung der Interessen der deutschen Landsleute in der Schweiz, die Befestigung freundschaftlicher Bande zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche. Der Abg. Hahn wünschte jede rückblickende Betrachtung ver mieden, von der Verstimmung zwischen der Schweiz und dem Reiche sei ihm nichts bekannt, er stimme der Auslegung des Artikels zwei zu, wie der Abg. Baumback sie gegeben. Abg. Singer kam ebenfalls auf die Verstimmung zwischen dem Reiche und der Schweiz zurück. Der jetzige Vertrag gewähre der Schweiz eine Genugthuung für den Versuch der Ver gewaltigung seitens des früheren Reichskanzlers; der Abg. Singer kam sodann auf den Fall Wohlgemuth zurück, ward jedoch vom Präsidenten ermahnt, sich nicht von der Sache zu entfernen, und schloß mit dem Wunsche auf die Wiederherstellung des früheren guten Verhältnisses mit der Schweiz. Der StaatSsecpetär Marschall v. Bieberstein wies die Behauptung zurück, daß das auswärtig« Amt mit der Kündigung deS Ni-derlaffungsvertrages die Schweiz vergewaltigen wollte; durch den Vertrag mit der Schweiz könnten sich nur Diejenigen beschwert fühlen, die ein Interesse daran hätten, daß socialistische Umtriebe in der Schweiz nicht unmöglich gemacht würden. Der Abg. von Putt- kamer hob dem Abg. Singer gegenüber hervor, daß er nicht mehr Minister war, als die Nffair« Wohlge muth passirte. Wohlgemuth war auch kein preußischer Beamter. Das Vorgehen der Schweizer Cantonalbe- hörden sei nicht correct gewesen. Der Abg. von Marquardsrn begrüßt den Vertrag als eine feste Grund-