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EllMall und Anzeiger. Amtsblatt der König!. Amtshauptmannschast Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. «H? 82. Sonntag, den 1. Juni 1890. JühVg. Erscheint in Riesa wöchentlich viermal: Lienstag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — «bonnementspreis vierteljährlich 1 Mark 2s Pfg — Bestellungen nehmen alle ikaiserl. Postanftaltcn, Postboten, die Expeditionen in Riesa und Ttrebla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Jnerate, welche bei dem auSgebreUeten Leserkreise eine wirksame Veröffent lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch, Freitag oder Lonnabend Vormittags S Ubr. — Jnsertisnsprei» die dreigespaltene CorpuSzeile oder deren Raum lO Psg. Bekanntmachung. Laut anher ergangener Kriegsministerial-Verordnung sind gemäß Punkt 20 S. 33 des diesjährigen Armec-Berordnungs-Blattes sämmtiiche Rationen um SS« Gramm Hafer für den Tag erhöht worden. Königliche Amtshauptmaunschaft Großenhain, dm 28. Mai 1890. O 756. vr. Waentig. Tn. Bekanntmachung, Bergebnng von Maurerarbeit betreffend. Die Aufführung der Mauern auf der diesigen Schloßstraße an den Geudtner'schen und Bculig'schen Grundstücken soll au einen Unternehmer ver geben werden. Zeichnungen und Blanketts liegen auf unserm Bauamt zur Einsicht aus. Bewerbungen werden bis 4. Juni d. I. verschlossen mit der Auf schrift „Mauer an der Schloßstraße" erdeten. Riesa, den 31. Mai 1890. Der Stadtralh. Klötzer. Gras-Auctiön. Das in den an der Jahnabach gelegenen communlichen Gärten jetzt anstehende Gras soll Freitag, de» S. Juni 18VV, Nachmittags 5 Uhr an Ort und Stelle versteigert werden. Zusammenkunft an der Riesa-Promnitzer Fähre. Bedingungen werden vor der Versteigerung bekannt gegeben. Riesa, den 31. Mai 1890. Der Stadtrath. I. A.: Grundmann. Kirschen Versteigerung. Die diesjährige Nutzung von den fiskalischen Kirschbäumen an den nach genannten Straßen soll gegen sofortige Barzahlung und unter den sonst vorgeschriebenen Bedingungen öffentlich versteigert werden Dienstag, am 3. Juni, norm. '/,S Uhr in der Schankwirthschaft am Bahnhofe zu Mügeln r Grimma-Oschatzer, Wermsdorf-Torgauer, Ostrau-Mügelner und Mügeln- Wermsdorfer Straße in dem Amtsstraßenmeisterbezirk Mügelns an demselben Tage, nachm. 3 Uhr im Gasthof zum Schwa» in Oschatz: Dresden-Leipziger, Grimma-Oschatzer, Wermsdorf-Torgauer, Nossen-Oschatzer, Leisnig-Str> Hla-Ricsaer, Strehla-Riesaer und Ojchatz-Dahlener Straße in dem Amtsstratzenmeisterbezirk Oschatz. Döbeln und Grimma, am 22. Mai 1890. Königliche Straßen- und Königliche Bau- Wafferbau-Jnspektion. Verwalterei. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 31. Mai 1890. — Fast „novemberlich" führte sich der Lenzmonat, der vielbesungene Mai, bei seinem Scheiden auf und die seit dem zweiten Pfingstfeiertage eingetretene „Mai kühle" machte sich nach den vorausgegangenen warmen, ja fast heißen Tagen nur um so mehr geltend. Ganz besonders unangenehm empfunden wurde der gestern herrschende Sturm, der, ehe in den Nachmittagsstunden Regen kam, mächtige Staubwolken aufwirbelnd, den Aufenthalt im Freien Jedem verleidete. — Wie wir erfahren, werden nächsten Donnerstag oder Freitag die Mitglieder des Dresdner Residenz theaters, welche vor Kurzem bereits ein Gastspiel hier gaben, im Saale des Wettiner Hofes abermals eine Theateraufsührung veranstalten, wobei auch Frl. Lina Bendel, die bestens bekannte Künstlerin, Mitwirken wird. — Die neuen Nick-lmünzen, die kürzlich in den Verkehr gelangt sind, zeigen auch den bekannten ver besserten heraldischen Adler, der bei der Abänderung der Briefmarken verwendet worden ist. Im Nebligen haben die neuen Münzen Größe und Gewicht der älteren beibehalten. — Das Königreich Sachsen besitzt auf dem Felde der christlichen Liebesthätigkeit die fortgeschiittenste und einheitlichste Organisation. Sachsens Liebesarbeit reicht bis in den Anfang dieses Jahrhunderts, biS in das Jahr 1822 zurück. Gegenwärtig bestehen S Staats anstalten, die seit einiger Zeit reorgamsirt und ein heitlich zusammengeschlossen sind. Den Mittelpunkt bildet Hubertusburg ; daselbst stad untergebiacht 1580 geisteskranke Frauen und Mädchen, ferner die erwachsenen weiblichen Blöden und ein Theiljder elliptischen Blöden. Die unheilbar geisteskranken Männer (800) wohnen in Eoldrtz, mit ihnen divmännlichen erwachsenen Blöden. Die schwachsinnigen und blödsinnigen Kinder sind in besondere Anstalten Vertheilt: 249 Knaben in Groß hennersdorf, 149 Mädchen in Nossen. Ferner wohnen 400 Geisteskranke aus dem Sonncnstein bei Puna. Die nicht blöden Epileptischen werden jetzt in die Eprlcp- tischenkolonie Hochwertzschen bei Leismg gesammelt, die, auS kleinen freundlichen Häuschen im Waloe bestehend, den Bielefelder Anstalten nacheifert Dazu kommt die Besserungsanstalt zu Bräunsdvrf mit ihren 350 Zög lingen, die Blindenvorschule zu Moritzburg, welche blinde Kinder bis zum 11. Jahre beherbergt, um sic dann in die b.kannte kzl. Blindenan stalt nach Dresden zur weiteren Ausbildung zu geben. Seit dem Jah-e 1888 ist endlich eine zehnte, eine Doppelavstalt hinzugetreten: zwei Pfleger häuser, in denen für alle die genannten Anstalten Pfleger (Hochweitzschen) und Pflegerinnen (Hubertusburg) ausS Sorgfältigste ausgebildet werden. Dresden. Nächsten Montag beginnt die ca. 3 Wochen andauernde 2. Vierteljahrssitzung des hiesigen Schwurgerichlshofes und werden hierbei auch die des Mordes angeklagten Handarbeiter Hamms-Meißen und Maurer Beger-Kötzschenbroda abgeurtheilt. Pirna, 30. Mai. Gestern Mittag löste sich in einem Steinbruche oberhalb des LXtes Zeichen eine unter böhlte Felsen wand ab, welche über die Steinhalde hereinstürzte und in ihrem Fall ein massives geräumiges Wohnhaus genannten O-tes vollständig zertrümmerte. Die Äiebelseite und ein Theil der Frontseite, 2 Fenster enthaltend, bilden die Ruine, unter deren Trümmer sämmtliches Inventar zerschmettert liegt. Zufällig sind keine Bewohner in dem Hause gewesen. H-rbeigeeilte Nachbarn, Steinbrecher rc. bemühten sich sofort, die äußeren Schuttmassen wegzuschaffen. Wülknitz. Ein doppelter Unglücksfall ereignete sich hier am dritten Pfingstseiertage. Der Knecht und die Gioßmogd deS Gutsbesitzers P>oschwitz waren damit beschäftig», die Balten m der Scheune mit Brettern zu be legen. Dabei fi-l ein Brett wieder herunter und verletzte die Magd am Kopfe. Nachdem der Knecht der ohnmächtig gewordenen Magd zu Hilfe gekommen war, begab sich derselbe wieder auf die Balken, um die Bretter breit zu legen. Dabei stüzte derselbe in die mit wenig Streu bedeckte Banse herab, wodurch er sich jedenfalls eine Verletzung der Wirbelsäule zugezogen hat. Der bekauernSwerthe, fleißige und treue Knecht ist eltern los und mußte am andern Morgen inS Stadlkranken- hauS zu Großenhain gebracht werben. Ra de berg, 29. Mai. Bor einem schweren Unglücke wurde am 27. d. M. die Familie deS OrtSgeistlichcn im nachbarlichen Wallroda bewahrt. Die Frau des selben war anläßlich eines brvorstchenden Begräbnisses rm Beg>rff, dtn Kronleuchter in der Kirche mit Trauerflor zu umhäagen, als der Leuchter sich plötzlich au« der Decke löste und heradstürzte. Glücklicherweise wurden die unter dem Kronleuchter stehende Frau, deren Gatte und die beiden Kinder vor schwere» Ver letzungen bewahrt, sie trugen nur leichte Verwundungen davon. Bautzen, 28. Mai. Daß ein lebender Mensch öffentlich versteigert wird, sollte man in der Gegen wart und in einem so hochkultivirten Lande, wie unserem Sachsen, nicht mehr für möglich halten: und doch ist dies thatsächlich erst vor ganz Kurzem in einem Dorfe der sächsischen Lausitz gesch-hen. In einem dortige« Gasthof war Auktion gewesen ; beim Gerstensaft suchten die Bieter von deren Strapazen Erholung. Da wird die Frage rege, ob noch irgend etwas zu verauctiouireu sei, und als ein Spaßmacher, daran anknüpfend, weiter fragt, ob nicht einer der Anwesenden seine Frau los- schlagen wolle, bietet in der That Einer sein Eheweib allen Ernstes zum Kaufe auS. Die Gebote beginnen; mit 100 Mark ist das Höchstgebot erreicht. Der glückliche Ersteher erlegt im Augenblick die gebotene Summe. Tags darauf erscheint bei ihm, nichts ahnend, die verkaufte Frau, im Auftrage ihres ManneS einen verschlossenen Zettel überbringend, der da kurz und bündig lautet: „Hier schicke ich Dir meine Frau, welche Du gestern gekauft hast." Nunmehr nüchtern geworden, schickt der Eistcher daS Weib ihrem Manne zurück und fordert von diesem die gezahlten 100 Mark zurück. Der Letztere hielt indessen so zäh an dem einmal ge schlossenen Kaufe fest, daß er auf Rückgabe des Kauf- schillingS zu guter Letzt verklagt werden mußte. So geschehen im Jahre 1890! Bienenmühle, 30. Mai. Da bei unserem Mangel an Wohnungen und der Umschloffenheit deS Ortes durch fiscaUschen Grund und Boden der Ruf nach Bauland immer dringlicher wurde, so ist ein Streifen Waldhang, dem Bahnhof gegenüber, vom FiscuS zu Bauzwecken abgetreten worden. Nun be ginnt man auch sofort, dort Wohngebäude zu errichten. Unsere 40 Häuser im Ort« sind bis zum Dachgeschoß dicht bewohnt, und Bieoenmühle, daS vor 20 Jähren nur ein Werler «ar, eine Mühle und ein onvereS Haus umfassend) ist jetzt eine stattliche Ortschaft, die sich bis Rechenberg ausdehnt und zu der sich auch Sommerfrischler wenden würden, wenn Raum da »Sre. Sind doch auch allein auS den Streckenarbeitern 140 Mann Bahndeamte hier. Dazu ziehen- die neue Dampftischlerei und die Dampsschneidemühle für Aistea- ! bau Arbeiter herzu, da gerade hier der Holzrrichthu«