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Beilage zum „Elbeblatt und Anzeiger". 1^» I3>. »Dienstag, den 2. September 1890. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Am 2. September wird Kaiser in Kiel rintrrfsen. Die Fahrt dorthin wird Ii Lübeck erfolgen. Bezüglich einer vor Kurzem verbreiteten Nachricht, I Kaiser werde im Herbst einen JagdauSflug nach »ringen unternehmen und bei dieser Gelegenheit das ^kaufte Gut Urville besichtigen, wird auS Metz Wet, daß in der Th-t «ine Anfrage de« Hofmar- bgamteS dahin ergangen ist, wann die Einrichtung l genannten Schlöffe» fertiggestellt werden könnte. It sür diese» Jahr in Aussicht genommenen baulichen Minderungen sind nicht bedeutend und können ohne leise! in einigen Wochen beendet sein. Das gesammte lvevtar und Mobiliar des Schlaffes ist kürzlich ver- »gnt und wird durch Neues ersetzt. Ob dies mit l Reiseplänen des Kaisers zusammenhängt, ist zur I noch nicht zu bestimmen. , I Wie aus Schweidnitz gemeldet wird, soll ein Be st deS Kaisers bei Moltkc in Kreisau für den I, September angesagt worden sein. Man werde leas dazu eine Haltestelle bei Wierischau, dicht bei leist«, errichten. In Verbindung hiermit stehe wahr- leiaiich der Besuch bei dem Grafen Solms auf Mdorf, der zwischen dem 22. und 24. September Ilifiaden solle. I «m Sonntag fand in Gegenwa t Ihrer Majestäten « Kaisers und der Kaiserin die Taufe der Tochter IS Erbprinzen von Hohenzollern in dessen Privat- lhimng statt. Ihre Majestät die Kaiserin hielt die lstj.ssin über die Taufe, die von dem Erzpriester Wichen Rath Boyer vollzogen wurde. Die Prinzessin lüde auf die Namen Auguste Viktoria, Wilhelmine, klonte, Mathilde, Elisabeth, Ludovica getauft. Die Manien sind Auguste Viktoria. Der heiligen Hand tag wohnten ferner bei der Fürst von Hohenzollern, fr Prinz-Thronfolger von Rumänien, Prinz Alexander la Preußen, der Minister des kgl. Hauses v. Wedell- litSdorfs. I Zur Reform der Berechtigung für den einjährigen liMizen Dienst hatte die „St. Korr." berichtet, daß lr Basis für dieselbe bereits gewonnen sei. Entgegen la polemischen Erörterungen, die sich an diese Meldung lüpften, hält die genannte Korrespondenz daran fest, lß noch der getroffenen Entscheidung in Zukunft liazipiell di- Berechtigung zum einjährigen freiwilligen bienst von dem Besitz des Reifezeugnisses einer neun ten Gymnasial- und Oder-Realschule oder einer lteinlosen scchsklassizen bürgerlichen Schule abhängig »macht wird. Schüler, welche, ohne diese Vorbeding- met! zu erfüllen, gleichwohl die Zulassung zum ein- lhiizen freiwilligen Dienst erreichen wollen, sollen sich fair speziellen Prüfung vor den dazu bestellten Som- Moaen unterziehen. Die Mehrheit dec Reflektanten «f dm einjährigen Dienst wird cS vorziehen, sich der meinlosen sechsklassigen bürgerlichen Schule zuzuwenden, las diese Weise würden die Gymnasien und Mitt-l- Men in wünschenkwerther Weise entlastet und den ürznlichen lateinlosen Schulen eine größere Frcquenz Mit, welche überhaupt zur Vermehrung dieser vchulen führen werde. Die im preuß. StaatSministerium berathenen Grund- itze einer Landgemeindeordnung für die östlichen Pro- iazen haben nunmehr die allerhöchste Genehmigung «halte», sodaß nach der Rückkehr des Ministers des Mein von seiner Urlaubsreise mit der d.finiüven Wellung dieses Gesetzentwurfs nebst Begründung vor- uzongen werden kann. s Bei der vom Prinzen Heinrich von Preußen am Sonnabend zu Ehren des österreichischen Geschwaders m »eißen Saale deS Schlosses zu Kiel gegebenen Fest- Ml toastete Prinz Heinrich, welcher die Uniform eines istrmichischen Linienschifss-Capitäns angelegt hatte, auf das Wohl deS Kaisers Franz Joseph und des gc- mmten kaiserlichen Hauses. Erzherzog Karl Stephan wtwortete mit einem Toasts auf den Kaiser Wilhelm nid die Mitglieder des preußischen KönighauseS. Der lasel wohnten auch der Herzog Friedrich Wilhelm >»» Mecklenburg und Lieutenant z. S. Prinz Reuß KXVI. bei. Line überaus stürmische Fahrt hat die königliche „hohenzollern" — wie nachträglich berichtet md — bei der Rückkehr auS Rußland zu vdstehen Habt. Erst, wie die Post berichtet, fast ein Zusammen- ioß mit einem Feuerschiff, dann ein solcher Wind, daß >as HauS guf Dick wie ein Kartinhaus hinweggehoben »id zwischen Maschine und Radkasten eingeklemmt mde. Einer von den wachthabenden Offizieren wurde oohl di« Hälfte deS Schiffes entlang geschlendert; die Matrosen wurden auS ihren Hängematten weit weg geschüttelt. Eine Weile erwieS sich sogar die Arbeit der Maschine als ohnmächtig. Der Koffer kam auS seinem Schlafzimmer, nur den Mantelschnell übergeworfen, auf Deck, um in d.m entsetzlichen Unwetter und in der nicht unbedenklichen Situation seine Befehle zu er- theilen; trotz der Ermahnungen seiner Umgebung und trotz der Gefahr, über Bord geschleudert zu werden, war er nicht zu bewegen, sich eher in seine Gemächer zu begeben, als bis daS Schiff seinen Kurs wieder einhalten konnte. DaS österreichische Geschwader, bestehend aus den Panzerschiff:« „Kronprinzessin Stefanie", „Kaiser Franz Joseph I." und dem Aviso „Tiger" ist am Freitag Nachmittag in Kiel eingelaufen. Der engere Ausschuß deS allgemeinen Vereins für vereinfachte Rechtschreibung hatte an den Kaiser ein Schreiben mit der Bitte um Regelung der Orthographie nach den Grundsätzen der Lauttreue gerichtet und hat die Antwort erhalten, daß derselbe das Unterrichts ministerium beauftragt habe, den Gegenstand in weitere Erwägung zu ziehen. (Wenn doch schon einmal wieder geändert werden soll, so wäre es dringend wünschenS- werth, daß sich das preuß. Kultusministerium mit den zuständigen Behörden aller übrigen deutschen Staaten, sowie der Schweiz und Oesterreichs in Verbindung setzte, um endlich einmal eine wirklich einh eitliche deutsche Rechtschreibung hei beizuführen.) Der Katholikentag in Koblenz hielt am Donners tag seine letzte öffentliche Versammlung ab. Windthorst, welcher das friedliche Nebeneinander leben aller Kon fessionen betonte, hob in seiner Rede noch hervor, die Bedeutung der diesjährigen Versammlung liege in der Behandlung der sozialen Frage und an der Theilnahme von Vertretern aller Stände. Er empfahl schließlich die Unterstützung der Missionen und verlangte die Wiederzuloffung der Orden, die christliche Schule und eine größere Autorität des Papstes. Zum nächstjährigen Versammlungsort wurde Danzig, evcnt. eine Stadt in Bayern bestimmt. Die Bedeutung Hamburgs sür den Weltverkehr entfaltet sich seit dem Zollarrschlusse in einer Weise, welche den Neid, wo nicht die Besorgniß der Londoner rege macht. Londons Hafenverkehr und Geschäststreiben hat durch den vorjährigen Dockarbeiterausstand einen Stoß erhalten, von dem die britische Handelsmetropole sich noch bei Weitem nicht erholt hat. Und dabei stehen dem Londoner Arbeitsmarkte neue und schwere Erschütterungen in Aussicht, ja machen sich zum Theil — wir erinnern nur an die Störungen, welche der Massenausstand der australischen Seeleute dem Ver kehr von London nach den dortigen Häfen und virrs versa, bereitet -- schon jetzt sühlbar. Es ist daher ein aus der Tiefe eines gepreßten Herzens kommender Nothschrei, den die „Times" ausstößt, wenn sie das Augenmerk ihres Lesei kreise» auf die Thalsache lenkt, „daß Hamburg drauf und dran ist, den Londoner Platz als Transithafen für die angloindischen Waarenzufuhren auszustechen." Das Citydlatt giebt selbst zu, daß der Dockarbeiterstreik allein weder den Ausstieg deS Ham burger, noch den Niedergang deS Londoner Platzes ver ursacht hat, aber es bleibt dabei, daß die unverhält- nißmäßig anwachsenden Londoner Arbeitslöhne einen großen Theil des Verkehrs aus London weg- und nach Hamburg hinübertreiben. Die am 25. d. M. vorgekommenen Ausschreitungen gelegentlich einer sozialdemokratischen Versammlung im Friedrichshain haben, da sich in Berlin zur Zeit, wegen der Herbstmanöver deS Gardecoips, nur schwache Wach- commandos befinden, Anlaß gegeben, erne Jnsanteric- Brigade des 3. Armeecorps, w.lche ihre Uebungen in der Nähe abhielt, zur Aushilfe im Garnisondienst vorüber gehend nach Berlin zu ziehen. Die „Münchner Allgemeine Zeitung" bringt einen neuen Artikel gegen die Neichspolitik. Sie hält sich verpflichtet, in Treue gegen Kaiser und Reich da zu warnen, wo die Wege der Regierung ernste Bedenken einflößen. Eine scharfe Sprache sei wegen der allge meinen JeicrtagSstimmung der deutschen Presse nöthig. Das Blatt will in ganz Süddeutschland die lebhafteste Zustimmung gefunden haben. Es agitire nicht sür die Rückberufunz Bismarcks, wünsche jedoch die Er haltung seines Rathes in der auswärtigen Politik, weil General v. Caprivi nicht genügende Erfahrung besitze. England. Selbst die im Winter in Irland drohende Hungersnoth wird von den irischen Nationalisten zu politischen Zwecken ausgenutzt. Ja dec letzten Sitzung deS Ausschußes der irischen Nationalliga in Dublin erklärte der Parlamentsabgeordnete Healy, daß 4«. J«yr«. eine HungerSnoth mit Bestimmtheit im L - ter z befürchten sei. Müße Irland wieder als B .. r- der Welt erscheinen und insbesondere die Hilfe im-rit - und Australien« anrufen, so wäre er dafür, . Kr Pächter Geldunterstützung erhalten sollte, welch i i ' > letzten 12 Monaten seine Pacht bezahlt hl solche könnten die Gutsherren sorgen. Italien. Aufrührerische Maueranschläl ad Rom in der Nacht zum Freitag angeheftet rarv welche Crispi mir dem Tode bedrohen. Di Mi, > entfernte dieselben. — Die Zahl der o sgelöst.« Oberdank- und Barsantivereine beträgt fünfze Balkanstaaten. Die serbische Fo Ichlit! - Partei schüttelt den ExkLniz Milan schnell Im Belgrader „Videlo" veröffentlicht Garaschanin l-e.S der Fortschrittspartei einen ungemein scharfe, bfag! drief an König Milan, worin unter Hinweis Ms, ei neuere Stellungnahme sowohl für die Gegen t > für die Zukunft ein politisches Zusammeng > u> ihm aufs Nachdrücklichste abgelehnt wird. Belgien. In dem Augenblicke, in we ! UI neuer Ausstand im Hennegau zum Ausbi ,e ge kommen ist, werden befremdliche Nachrichten ü- durch die socialistischen Wühlereien in der n Armee herdeigesührte Zersetzung bekannt. Die militärischen Angelegenheiten als unterrichte. Brüsseler Zeitung „Lhrvnique" erklärt auf L.- stimmteste, daß, wofern eine revolutionäre '' > egm -j zum Ausbruche kommen sollte, „mehr als ei' D >.i'. i der Armee" heute nicht mehr zu ihrer Unt ick^na verwendet werden kann. „In einzelnen Re, eu,, die wir bezeichnen können, welche mitten im w nj-yi n Gebiete in Garnison stehen, würde man sil., en Kasernen schlagen, wenn man den Befehl gc gegen die Arbeiter zu marschiren. Und diese Lag ck um so ungünstiger — und kein Offizier wird u wider sprechen — als der Geist der Unbotmäßig Fortschritte macht und alle Gelegenheit benutz j - kund zu thun. Amerika. Das FriedenSprotokoll zw Lau Salvador und Guatemala soll nach Depe n aus San Salvador nunmehr doch vom Gene Ezeta unterzeichnet worden sein. Afrika. Kaum ist die Thtilung Miikas so ziemlich zu Ende gebracht worden — nur ei, englisch italienisches Abkommen ist noch zu erwarten - so ist schon wieder zwischen dem Kongostaat und Pminga- ein kleiner Konflikt ausgebrochen. Der Kon vsia > , nämlich vor Kurzem einen neuen Distrikt gescy -fseu, den Ostkuango-Distrikl, dec durch Einverleibung der Gcl uw von Lunda und Muata-Anmvo gebildet ist. Mrgtü soll nun Portugal durch eine in Brüssel wer, Note piotestict haben. Seilens des Kardinals Lavige-i- ><t die cricl eines Freikorps zur Bekämpfung der Skl -arr-i. Zuge, welches unter das P.neektorat Frankieich? geji lli werden soll, und sind a- den Grenzen Marokkos uu. Algie.s Klöster e-rich-", di- j doch nur de n Namen nach solche sind, i.« Wirklichkeit aber als Ka eru-n äc das Freikorps dienen sollen. Vermischtes. Ueber den Hitzschlag im HeeriSdi. j- bringt das „Deutsche Reichsblatt" aus Anlaß s heilvollen Parsorcemarsches des S. baierischen I Regiments einen sehr lesenswerthen Artikel e h . > darin: „Die labefreudigen und hilfsbereit.» < iwoM . bringen den erschöpften Truppen das ,Beste ns bem Keller" herbei, glauben hiermit dem matten Solds m einen guten Dienst zu erweisen — leisten ihm aber in Wirklichkeit den Schlichtest»'- Wasser, Wüster : n wieder Wasser! können v" nicht eindringlich genug mahnen, nicht laut gen>3 rufen, ist das Einz ge, dess-u eine durch Hitze erschüfe Truppe bedarf, ist t Getränk, welches i> Nutzen bringt und sie vor Schad n bewahrt. Bier, Wein und nun gar Branntwein, kurzum alle-alkoholhaltigen Getränte sind je nach i r Stärke »^Alkoholgehaltes die größten Feinde des i der Hit» marschuenden Soldaten: sie stad dir bcst- Freute des HitzschlageS und führen ihm unbarmhe sZn- Opfer zu. Der gut insiruirte Infanterist u ras, er hütet sich vor dem Genuß der Spintuoicn un füllt seine Feldflasche mit kaltem dünnem Kaff»! mit leicht gesäuertem Wasser; aber wenn e Feld flasche geleert, die Hitze den Gaumen auMtrockwt und die MuSkeln erschlafft hat, «er ist de n.-ch so willensstark, den ihm gebotenen Wein zuri'-ckzuweises und um Wasser zu bitten? Nur Wenige Wir si: weit davon entsernt, diese Schwäche streng ^reruci.' zu wollen oder gar die hilfsbereiten Bürger zu sch- ,