Volltext Seite (XML)
EMall mi- AnMcr. Awtsktatt der Königs Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königs. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 135. Dienstag, den 2. September 1890. 4-3. IahVg. Znchemt in Riesa wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — Abonncmentsprei« vierteljährlich l Mark 2s Pfg. — Bestellungen nehmen alle ikaiserl. Poftanftalten, Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem ausgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffent lichung finden, erbltten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Vormittags S Uhr. — JnsertivnSpretS die drcigespaltene Lorpuszeile oder deren Raum 10 Psg. Der Iuöel'tag von Sedan Es flattern die Fahnen zum Zeichen: Ein hoher Gedenktag brach an! Den Helden zur Ehr' sie sich neigen, Die einstens aus blutiger Bahn Den Franken bezwungen, Den Sieg uns errungen, Zu Boden geworfen den Feind, Der schlimm es mit Deutschland gemeint. Wie steigen aus nebliger Ferne Die Thaten des Ruhmes empor! Für ewig stnd's glänzende Sterne, Und jubelnd verkündet der Chor: „Jahrzehnte verrannen, Doch was wir gewannen Bei Sedan im Schlachtengebraus — Kein Schwinden der Jahre löscht's aus!" 1870—1890. Drum rufen die festlichen Töne Vom Thurm« weit über das Land: Wir ehren die tapferen Söhne, Die einstens hinaus wir gesandt, Das Feld uns zu halten, Vor Feindes Gewalten! Sie thatens mit Kraft und mit Muth Und opferten freudig ihr Blut. Schon zwanzig der Jahre vergingen Seit dieser unsterblichen Zeit; Es wuchsen dem Adler die Schwingen, Die Fänge, zur Abwehr bereit, Wenn Feinde sich nahen, Sie kühn zu empfahen; Aus Sedan entstand uns sogleich Das starke, das einige Reich. Zum Jubelgedenktag erschalle Es laut durch die heimische Flur: Wir ehre» die Tapferen alle, Die damals, getreu ihrem Schwur, Für's Vaterland stritten Und Schweres erlitten, Das Leben als Kampfpreis gesetzt — Wir feiern als Helden sie jetzt! Sie blicken verklärt aus den Höhe« Auf Deutschland am heutigen Tag, Den Jubel des Dankes zu sehen; Sie mahnen und jeder fühlt's nach: Das treulich zu wahren, Was damals die Scharen Des siegenden Reichsheers bewegt Mit Gott in die Hand uns gelegt! OSkar Gichter. In den Tagen vom 4.-6. September werden große Cavallcrie-Uebungen zwischen der Elbe und Leipzig statlfindcn. Alle diejenigen Truppen, welche weiße Leinwand-Ueberzüge auf den Helmen tragen, sind solche, welche im eigenen Lande operiren. Alle diejenigen Truppen, welche solche Leinwand-Ueberzüge auf den Hel men nicht tragen, sind Feinde. Um diese Uebungen der Wirklichkeit möglichst nahe zu bringen, werden die Landeseinwohncr gebeten, auf Befragen allen denjenigen Truppen mit Leinwand-Ueberzügen auf den Helmen alle gewünschte Auskunft geben zu wollen, allen übrigen ohne Leinwand-Ueberzügen auf den Helmen etwaige gewünschte Auskunft zu verweigern oder dieselben durch falsche Nachrichten irre zu führen. Königlich Preußisches Counnando der 2. Cavallerie-Inspection. Zum SeSantage. Am diesmaligen 2. September vollenden sich zwei Jahrzehnte, die seit dem großen entscheidenden Tage von Sedan verflossen sind. Die jüngste Zeit erst wieder hat die müßige Frage aufgerührt, wer die Schuld trug an dem seitens Frankreichs frivol heraufbeschworenen Kriege, der für das zweite Kaiserreich bei Sedan seinen Abschluß fand. Die Frage, wer die Entscheidung im Sinne des Krieges herbeigesührt, ob Eugenie, die jetzt so tief Gebeugte oder andere Rathzeber des dritten Napoleons, kann man um so eher auf sich beruhen laßen, als bekannt ist, daß 1870 die ganze französische Kammer, den alten Thiers und einige wenige seiner Freunde ausgenommen, voll rasender Begeisterung in den vom Ministerium Ollivier ausgestoßenen Kriegsruf einstimmte. Die hohen Wogen der nationalen Begeisterung, welch- zu jener Zeit herzerfrischend die gesammten deutschen Lande durchfluthete», — sie gehören leider fast ebenso der Geschichte an, wie der Tag von Sedan selbst. Zwar theucr aber verhältnißmäßig zu schnell ist Las deutsche Volk plötzlich in den Besitz und den Genuß jener nationalen Güter gelangt, nach denen die Väter länger als ein halbes Jahrhundert hindurch ver geblich sich gesehnt, Güter, welche bei der früheren Zer rissenheit Deutschlands fast für ein unerreichbares Ideal galten. Nun Deutschland geeint und groß dastebt und seine Macht von aller Welt bewundert oder gefürchtet wird, fehlt im Herzen des Volkes selber die stolze > Freude daran — Jnteressenkämpfe und Parteigegcnsätze überwuchern leider allzuoft die Liebe und Hingebung für das große Vaterland. Und doch sollte der Sedantag mit seiner gewaltigen historischen Erinnerung eine Mahnung an alle Deutsche zu patriotischer Eink-Hc sein! Di- Vorsehung hat da mals den deutschen Waffen den Sieg gegeben. Man möge sich aber vergegenwärtigen, was aus Deutschland, ja aus Europa geworden wäre, wenn 1870 das Schlachten glück auf Seite des französischen Imperators getreten wäre! Das linke Rhcinufec würde in diesem Falle von Frankreich sicherlich nicht als eine genügende Entschädigung angesehen worden sein und ganz bestimmt hätten wir die Demüthigung und Ausraubung, welche dir Jahre 1806 bis 1812 über Deutschland brachten, noch einmal in verstärkter Auflage durchkosten können! Davor hat uns der Sieg von Sedan endgültig be wahrt; darum sollen wir diesen Taz mit hoher nationaler Dankbarkeit in Ehren halten und den theuren Toden neue frische Lorbeerkränze auf die Massengräber legen! wir sollen an diesem Tage aber auch den Vorsatz in uns stärken, daß ein Jeder, soviel an ihm ist, stets und ständig seine besten Kräfte für bas Wohl des Vater landes einsetze, sei es im Kriege, sei es im Frieden, sei es mit der Feder, sei cs in der Arbeit zum Wohle des Ganzen. Graf Moltkc hat den Ausspruch gethan, Deutschland müsse fünfzig Jahre lang bereit sein, daS mit dem Schwerte zu vertheidigen, was cs 1870 mit dem Schwerte errungen. Die Ereignisse und Verhält nisse scheinen dem greisen Strategen leider nur zu sehr recht zu geben. Denn obwohl zwei Jahrzehnte bereits verflossen und die Wieder-Deutschmachung der Reichs lande erhebliche Fortschritte gemacht hat, sehen wir in Frankreich noch immer den v-rhaltenen Groll, der nur auf die Gelegenheit wartet, das von ihm uns ehemals geraubte, dann ihm wieder abgenommenc Gut von Neuem in seine Gewalt zu bringen. Als Georg III. jenen Frieden unterschrieben hatte, der den Ver. Staaten von Noidamerika die Unabhängig keit von England gab, sagte er zu den amerikanischen Abgesandten: „Ich bin in meinem Reiche der letzte ge wesen, der diesem Frieden beitrat, welcher Amerika von meinem Reiche trennt; da der Friede nun aber ge schlossen ist, werde ich der erste sein, der jedem Versuch widerstrebt, ihn zu brechen/' Das war eine männliche, ehrliche, königliche Ansprache. Könnte man von den französischen Republikanern nicht mindestens eine gleiche Ehrlichkeit verlangen? Ist am Rhein und um den Be sitz seiner deutschen Ufer nicht schon genug Blut geflossen? Andere und gewaltigere Aufgaben, als die Ver rückung der Grenzsteine, warten für die nächsten Jahr zehnte der Völker. Möge bei Erfüllung derselben das deutsche Volk nie seinen Sedantag und dessen Bedeutung vergessen. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 1. September 1890. — In gemeinsebaftlicher Sitzung des StadtrathS und deö Stadtverordneten-Kolle- giumS wurde am.vorigen Sonnabend unter Vorsitz des Herrn Stadtrath Ruckdeschel unser Bürgermeister, Herr Klötzer, nach 2 2/4 jähriger Amtirung, zum Bürgermeister der Stadt Riesa auf Lebens zeit gewählt und ihm die Pensionsberechtigung vom 1. October 1881 an zugesprochen. Unter seiner Amtsführung hat unsere Stadt in ihrer Entwickelung einen neuen Aufschwung genommen und sind die großen städtischen Bauten, dar Wasserwerk, die Beschleußung und die Straßenregulirung begonnen und bis heute zum größten Theil sertiggestellt worden. - Anläßlich des morgen DienStag Vormittag stattfindenden Festgottesdienstes g-ht uns das Ersuchen zu, an die Herren Chefs die Bitte zu richten, ihrem