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elssß-lothrngischen Bevölkerung bezüglich de- Paß- zrvaugeS vorzutraaen. Beide Herr«« stad de» Lobe voll über di« ebenso offene u»d steimttthige al- rück- fichtßvolle und persönlich liebeuSwürdige Art, in Welche, der höchste Beamte de- Reiche» st« ausgenommen hat. Der Reichskanzler hörte die Auseinandersetzungen der Vertreter Elsaß-Lothriagen» mit der größten Aufmerk samkeit an und verrieth durch die Zwischenfragen, welche er stellte, und durch bi« Antwort, die er gab, daß er mit der Lage im Reichslande und mit den Verhältnissen und Persönlichkeiten daselbst völlig ver traut ist. Gutem vernehmen nach betonte der Reichs kanzler in der Unterredung da- besonder» Wohlwollen, welche- er der gedeihlichen Entwicklung der Verhält nisse im ReichSlande entgegenbrivge. Die Paßver- ordaung sei seinerzeit nicht erlassen worden, um Elsaß- Lothringen zu schädigen oder die Elsaß-Lothringer zu „vexirrn", sondern um Agitationen gegenüber, deren Tragweite leicht zu gefährlichen Verwicklungen hätte führen können, einen festen Damm zur Erhaltung deS Friedens aufzurichten. Wenn man sich daS vergegen wärtige, so werde man leicht einsehen, daß die Auf hebung einer so ungewöhnlichen und einschneidenden Maßregel eine ebenso ernste Sache sei, als seiner Zeit die Einführung eö gewesen. Internationale Rücksichten von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit ließen denn auch die Aufhebung der Paßmaßregel zur Zeit noch als nicht wohl thunlich erscheinen. Es »erde den Elsaß-Lothrirtgern aber auch wohl in erster Linie daraus an kommen, daß die Unzuträglichkeiten und die stellenweise vorgekommenen Härten wegfielen. In dieser Beziehung sei er zu Zugeständnissen gern bereit und glaube versprechen zu können, daß die rück sichtsvolle und wohlwollende Handhabung der Paßver ordnung, welche seit einiger Zeit bereits eingetreten «Nd auch von der elsaß-lothringischen Bevölkerung be reits dankbar anerkannt worden sei, auch in Zukunft geübt werden solle. Vom Reichstag. Im Reichstage wurde am Mittwoch ei« Antrag deS Abz. Böckel auf Einstellung deS Strafverfahrens gegen den Abg. Werner (Kassel) wegen einer Privatbeleidigunz angenommen. Eine Hvtnpellaürü oes Abg. Bamberger bezüglich deS Voll züge- von Freiheitsstrafen, hauptsächlich wegen politischer Vergehen, wurde vom Staatssekretär v. Oehlschlägel dahin beantwortet, daß ein Gesetzentwurf in der ge wünschten Richtung in Vorbereitung begriffen, daß aber bei den großen Schwierigkeiten bisher eine Einigung noch nicht erzielt fei. Ein Antrag des Abg. Rintelen, betttffend das gerichtliche Zustellungswesen, wurde an eine Kommission verwiesen. Der Antrag deS Abg. Rickert auf eveut. Wahl von zwei Wahlprüfungs- Kommissionen wurde an die Geschäftsordnungs-Kom mission verwiesen. Dann vertagte sich das HauS bis zum 9. Juni. Oesterreich-Ungar». In Wien haben die Antisemiten bei den BeznkSauSschußwahlen am Mon tag wieder einen Erfolg über die Liberalen erzielt. In allen vier Bezirken wurden die Antisemiten gewählt. Die deutsch-böhmische Ausgleichsfrage verwickelt sich dadurch, daß der deutsche Großgrundbesitz erklärte, er könne sich mit der Vorlage der Regierung, welche ihm bloß 20 von 70 Landtagssitzen des Großgrundbe sitzes einräumt, nicht zufrieden geben. Der Ausschuß deS ungarischen Unterhauses nahm die Vorlage, betreffend die Sonntagsruhe, an, nachdem der Minister Baroß sich auch auf die bezüglichen Be schlüsse der Berliner Confcrenz bezogen hatte. Frankreich. Minister Constans erklärte in den Wandelgängen der Kammer, der Herzog von Orleans werde nicht vor dem Nationalfest (14. Juli) begnadigt werben. Der Abg. Dreyfus hat eine Broschüre veröffentlicht, in welcher er den Krieg alS eine Nothwendigkeit be zeichnet, und zwar den schleunigen Krieg. Frankreich Müsse sich beeilen, zu marschiren, die Gewehre in Ruß land würden dann schon von selbst losgchen. Der Krieg sei eine wirtschaftliche und politische Notwendig keit. Es ist überflüssig, auf die Broschüre näher ein- zugehen, die sich einzig aus dem Beoü-fniß des Ver fassers, aus dem Banktzzuch des Generals Boulanger etwas für sich zu gewinnen, und vielleicht noch . . . a«S der großen Hitze erklärt, die augenblicklich in Paris herrscht. Italien. Die italienische Depuürtenkammer hatte am Mittwoch mehrere große Lkandalscenen. Der Abg. Cavalotti hatte den Antrag gestellt, daß künftighin kein Abgeordneter gleichzeitig ein Staatsamt annehmen dürfe. Er begründete den Antrag damit, daß gegen wärtig nicht weniger als 300 Deputate „auf Staats kosten lebens wie er sich onsdrückte. Darüber kam eö , zu tumultuanschen Aust rtten. Auch Nrcotera trug ' dazu bei, indem er Crispi den Vorwurf entaegen- schlntderte, dessen Regierung sei eine Regierung der Korruption. Schweiz. Der Ausschuß de« internationale» Bunde- zu« Schutz der Sonntagsruhe hat von Genf an-, wo er seinen Sitz hat, em Schreiben an den Kaiser Wilhelm gerichtet, worin er seine Freude da rüber au-spricht, daß im Programm der Berliner Conferenz dem Sonntag als Ruhetag ein Ehrenplatz eingeräumt wurde. Belgien. Die Uebernahme deS TongostaateS haben die auf der Brüsseler Antisklaverei-Conferenz vertretene» Mächte der belgische» Regierung empfohlen. Der König der Belgier ist außer Stande, die Kosten deS Unternehmens noch weiter oufzubringen. Schwede«. Norwegen. Im norwegischen S<o,thing ist der Antrag auf Einführung deS allge meinen Stimmrechtes mit allen gegen 37 Stimmen verworfen worden. Von der „reinsten" Linken, welche 37 Mitglieder zählt, haben 11, von der „gemäßigten" Linken, die 22 Mann stark ist, 17 für die Ablehnung gestimmt Dieses Resultat wird zum größten Theil der Wirkung der Ausführungen deS Staatsministers Slang zugeschrieben, welcher namentlich hervorhob, daß das allgemeine Stimmrecht nur einer Classe der großen Menge die Macht geben würde, während alle anderen Claffen in ihren Reckten gekiänkt würden. Balkanstaaten. Major Panitza hat in einer der letzten Verhandlungen des Kriegsgerichts zugestanden, daß eine Verschwörung stattgefunden habe. Ec be hauptete, daß Kissow der Anstifter gewesen sei. Eine Revolution sollte Bulgarien eine von den Mächten anerkannte Stellung schaffen. Nach der Gefangennahme des Fü-sten hätte eia Koalitions-Ministerium das Werk zu Ende geführt. Panitza bestreitet, daß an der Verschörung eine fremde Macht sich beteiligt habe. Die serbischen Regenten sind bemüht, den König Milan zu bestimmen, daß das Recht, Ort und Zeit für Begegnungen des jungen Königs mit seiner Mutter festzusetzen, für die Folge auf die Rechenschaft übergehe. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 23. Mai 1890. — Das Rundtheil an der AlbertLtreppe ist mit seiner prächtigen Pflanzexgruppe immer eine herrliche Augenweide für die Passanten gewesen. Am 21. d. M. ist dasselbe durch Herrn Hofgärtner Eißeu- beiß neubepflanzt worden und eS dürften bei der gegenwärtigen fruchtbaren Witterung nur wenige Wochen Vergehen, bis sich dre Gruppe wieder zu einem schönen Auge und Herz erfreuenden Bonqaett entwickelt haben wird. Auch der Blumentrog am Brandenburger Wege hat wieder seinen Pflanzenschmuck erhalten. Der Park präsentirt sich jetzt mit seinem Laubreichlhum überhaupt sehr vortheilhast, zumal der ungebetene und Heuer ausnahmsweise einmal durch Abwesenheit glänzende Maigast, der Maikäfer, an den Bäumen so gut wie gar keinen Schaden angerichtet hat. Wünschenswerth wäre es gewesen, und man hatte eS allgemein erwartet, daß die Wasserkunst an der Albertstreppe zu den bevorstehenden Feiertagen in Function treten würde, doch scheint das Projekt auS irgendwelchen Gründen zur Zeit noch nicht soweit gediehen zu sein. — Die Gewitter der letzten Tage, welche, wie aus den nachstehenden Berichten ersichtlich ist, in einigen Theilen unseres SachsenlandeS recht stark, theilweiS verheerend aufgetreten sind, haben die hiesigen Pflege diesseits der Elbe, nicht betroffen und nur. die gestrigen elektrischen Entladungen brachten hier einen mäßigen aber sehnlichst erwarteten, willkommenen Regen mit sich. In der Umgebung von Priestewitz hat dagegen, wie man uns rmttheilt, daS gestrige Ge witter sehr stark aufgetroffen und schlug der Blitz in Cottewitz in eine Scheune, zündete und äscherte das Gebäude ein, in Medessen traf ein Blitzstrahl die Ziegelscheune und zündete ebenfalls. Außerdem gingen äußerst heftige Regengüsse nieder. Auch in der Oschatzer Gegend soll das Gewitter starke Regengüsse gebracht haben. — Eine theilweise Sonnenfiasterniß steht am 17. Juni bevor. Sie beginnt «örtlich vom Aequator an der Siera-Leona-Küste morgens um 7*/i Uhr. In Deutschland wird die „Jinsterniß" erst einige Stunden später sichtbar, sodaß es keines Frühaufstehens bedarf, wie am denkwürdigen 17. August 1887. Das jetzt zu erwartende Schauspiel wird man in aller Gemüth- Uchkeit betrachten können, denn es dauert mehrere Stunden. — Die zweite in diesem Jahre, am 12. December, stattfindende Sonnenfinsterniß und die am 26. November eintretende Mondsinsterniß wird dagegen in unseren Gegenden nicht beobachtet werden können. — Zu den großen preußisq-säcksischen Kavalleric- Ucbungen, welche in der Nähe von Leipzig und zwar bei Sechauseu in der Zeit vom 24. August bi- 11. September stattsinde», ist ein« Division au- 3 Brigade» zu je st Regi«rutm> zasammengestrllt worden, ««lche »ter de« Befehle de- Generalmajor- Kirchbach stehe» wird. Die 1. Brigade, au- dem Karabiner- und de« 2. Nlanen-Regimente gebildet, wird von Oberst Schultze, die 2. Brigade, daS Gard« eiter- und da- 1. Ulanen- Regiment umfassend, vom Oberst Preußer und die 3. Brlgade, auS dem 5. preußischen Kürassier- und dem 3. preußischen Husaren-Regiment bestehend, vom Oberst von Langenbeck befehligt werden. Außer diesen Truppe« nehmen noch eine reitende Batterie deS preußischen Feld- Artillerie-Regimevt- Nr. 12 und ein« Abtheilung de- Piorner - Bataillons Nr. 12 an den Urbungen Theil. In den letzte» Tagen wird diese Kavallerie-Division gegen eine gleichstarke deS 4. Armeekorps manöveriren. Wo die« geschehen wird, ist indeß noch nicht beftimmt. Die beiden sächsischen Husaren-Regimenter, welche bei diesen Kavallerie-Üebungen nicht betheiligt sind, werden ihr Biigadr-Exerzieren unter dem Befehle des General majors v. Nostitz bei Rötha abhalten und später an den sächsischen Brigade- und DivisionSmanöveru Theil nehmen. — Bei Gelegenheit deS Pfingstfestes seien die Fahrpreisermäßigungen mitgetheilt, welche auf den sächsischen Staatseisenbahnen für Kinder unter zehn Jahren bestehen: s) Kinder unter 4 Jahre» werde» frei befördert, wenn für dieselben ein besonderer Platz nicht beansprucht wird, Ein Kind im Alter von 4 — 10 Jahren wird in allen Wagenklaffen und bei allen Zugsgattungen zur Hälfte des Fahrpreises für Erwachsene befördert. Die Fahrpreise für Kinder-gadr- krnten werden für I., II. III. Wagenklaffe auf volle Zehnpfennig, für IV. Wagenklasse auf volle Fünf pfennig, und soweit die Fahrpreise tarifmäßig in öster reichischer Währung erhoben werden, auf volle Kreuzer aufgerundet, e) Zwei Kinder im Alter von 4—1(7 Jahren werden in allen Wagenklassen und Zugsgattungeu auf eine Fahrkarte der betr.ffenden Wagenklaffe für Erwachsene befördert, cl) Diese Bestimmungen finden auch auf Rückfahrkarten und Rundreis karten, sowie auf in Buchform hergestellte Fahrkarten Anwendung. — Den im Reichstag eingebrachten Antrag, wonach in jedem Bundesstaat eine aus Wahlen der Bevölkerung hervorgegangene Vertretung bestehen muß, deren Zu stimmung zu jedem Landesgesetz und zur Feststellung drs Staatshaushaltes erforderlich ist — ein Antrag, welcher sich gegen die in Mecklenburg herrschende« Zustände richtet, haben auch die sächsischen Abgeordneten Buddeberg, Goetz und Holtzmann unterzeichnet. — Im Bauhandwerk hat sich nach Meldungen aus Dresden, Berlin, Wien und noch verschiedenen anderen Städten ein Rückschlag bemerkbar gemacht. Der Preis der Bauziegel hat daher auch schon eine bedeutende Reduktion erfahren. In Zwickau sind die Bauziegel von 28 Mk. bis auf 18 Mk. p-o 1000 zurückgegangen, in Leipzig die Arbeitslöhne sör Bau handwerker von 50 Pf. auf 35 Pf. pro Stunde. In Dresden variiren die Löhne jetzt zwischen 35 und 36 Pf, während sie im Winter zwischen 38 und 40 Pf. pro Stunde schwankten. Auch die Preise der Bau stellen sollen dort nachgelassen haben. Lommatzsch, 18. Mai. Die schönen Hoffnungen auf eine reiche Obsternte, zu welchen der günstige Verlauf der Blüthezeit berechtigte, sind durch daS massenhafte Auftreten deS Ungeziefers und sogenannter Lohe erheblich beemträchtigt worden. An den Kirsche» hat Raupenfraß geradezu Verheerungen angerichtet. Nur vereinzelt in besonders günstigen Lagen ist auf befriedigenden Ertrag zu hoffen. Schon im Lauf« dieser Woche finden auf mehreren großen Besitzungen die Verpachtungen statt. Pflaumen haben überhaupt wenig Blüthen gehabt, und nunmehr zeigen sich die Aeste dicht mit Schildläuse» besetzt, welche den Bäumen dauernden Nachtheil zu fügen und namentlich die Frucht nicht zu gesunder Entwickelung kommen lassen. Die Aepfelbäume sehen vielfach krank aus und haben wenig Ansatz. Nur Birnen scheine» gut zu gerathen. M eiß e n. Die tönigl. Porzellan-Manufaktur hatte im vergangenen Jahre 1889 den höchsten Jahresum satz seit ihrem Bestehen erreicht; derselbe betrug 1,911,744 Mk. Vergleicht man mit diesen Z ff rn diejenigen früherer Jahre, so erkennt man, daß die Manufaktur gegenwärtig den Höh.punkt ihrer zweiten Blüthezeit erreicht hat. Im Jahre 1720, eia Jahr nach Böttger's Tode, betrug der Jahiesumsatz 9694 Thaler, hob sich aber unter Hörols und Kändler easch bis zu 222,560 Thaler im Jahre 1746 der g>ößten Einnahme im »origen Jahrhundert. 1807 sinkt der Jahresumsatz von 132,186 auf 65,620, und 1813 sogar auf 24,378 Thaler, wächst indeß 1815 bereit- wieder auf 140,561 Thaler on. Von nccklheitigem Einfluß sird in diesem Jahrhundert besonders die