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EIMall und Anzeiger. AmtsVtatt der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 67. Sonntag, den 4. Mai 1890. 4A. Jllhkg. -- ,7 — > >«»>>> -—->SWS«»»»-S»SS«iSSSS»S— Erscheint in Riesa irSchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — «bonnemcnttprcis vierreiiährltch l Mark 2s Psg — Bestellungen nehmen alle ikaiserl. Postanftalten. Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strebla (E. Schon), sowie alle Boten entgegen. — In erat«, welche bei dem ausgebreiteten Leserkreise eine wirksameverüfient- lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch. Freitag oder Sonnabend Bormittags 8 Uhr. — JnsertionspreiS die dreigespaltene CorpuSzeile oder deren Raum 10 Psg. Atz - a» i atz ass» sür das „Elbeblatt und Anzeiger" erbitten 4s- AdHT- dN " uns spätestens bis Bormittags s Uhr des je weiligen Ausgabetages. Die Geschäftsstelle. Konkursverfahren. In vem Konkursverfahren über das Vermögen der Emilie Auguste verw. Klunker in Lichtensee ist zur Prüfung einer nachträglich äuge- meldeten Forderung Termin auf Donnerstag, den SS. Mai 18SO, Vormittags io Uhr, vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst anberaumt. Riesa, den 2. Mai 1890. Der GerichtSfchreiber des Königlichen Amtsgerichts. Conrad. Bekanntmachung, die Sperrung der Grostenhainerstraste z« Riesa detr. Wegen Vornahme der Pflanerungsarbeiten und des Brückenbaues auf der hiesigen Grostenhainerstraste bleibt diese Straße bis auf Weiteres für allen und jeden Fuhrverkehr gesperrt. Aller Verkehr von und nach Göhlis, Leutewitz und den weiter gelegenen Ortschaften wird über Poppitz gewiesen. Das Befahren der gesperrten Straße, sowie das Wegrücken der ausge stellten Schranken und das Beschädigen oder Umfahren derselben wird mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder entsprechender Haftstrafe bestraft werden. Riesa, den 3. Mai 1890. Der Ttadtrath. Klötzer. Sch. Tagesgeschichte. Bon den in Afrika engagi'.ten europäischen Mächten erfreut sich Deutschland offenbar der günstigsten kolonial politischen Stellung. Unsere dortigen JntereAe sind in erster Linie wirthschaftlicher und kommerzieller Natur und unser Programm erstrebt nichts anderes, als deren Pflege und Förderung inne, halb der durch internationale Abmachungen umgrenzten deutschen Einflußsphäre. Er wägt man, daß Deutschland weitaus die jüngste Kolonial macht ist, daß die Entwickelung unserer überseeischen Besitzungen vielfach mit mißgünstigem Auge betrachtet wurde und Hindernisse zu übe» winden hatte, die keines wegs nur allein in der Natur der Dinge begründet erschienen, sondern leicht erkennbar den Stempel plan mäßiger Mache trugen, so können wir mit dem binnen v-rhältnißmäßig so kurzer Frist Erreichten vollauf zufrieden sein, jedenfalls mehr als dies bei den Eng ländern, Franzosen, Italienern, Portugiesen der Fall ist, denn bei den letztgenannten Nationen spielen Be weggründe und Bestrebungen mit, von denen die koloniale Aktion Deutschlands sich grundsätzlich freizuhalten be flissen ist. Auf die afrikanische Politik dieser Mächte überträgt sich gewissermaßen der Charakter ihrer europä ischen Beziehungen. England hat zur Zeit 3 verschiedene Objekte auf einmal ins Auge gefaßt: den Sudan, dem es mittels Benutzung der ägyptischen Operationsbasis, unter eventueller Parallelmitwirkung Italiens, beizu kommen trachtet, das mittelafrikanische Seenbecken, dessen Erschließung, soweit es nicht der deutschen Macht sphäre zukällt, es einstweilen der Initiative einer Privatgesellschaft anvertraut hat, und endlich die Länder strecken nördlich seiner Kap- rc. Besitzungen, wo ihm aber die Transvaal-Boeren und die Portugiesen in die Quere kommen. Italiens koloniale Bestredunzen an der Massauaküste und landeinwärts leiden andauernd unter der Verworrenheit der abessinische» Zustände, während den Fianzoscn die Dahomey-Affäre täglich unbequemer wird und ihnen kaum einen anderen Aus weg lasten wird, als den einer bewaffneten Expedition zur Züchtigung deS streitbaren NegerkönigS und Ein beziehung deS DahomeylandeS in daS Bereich der französischen Botmäßigkeit. Der englisch-portugiesische Kolonialzwist macht zwar für den Augenblick weniger von sich reden, unter der Asche ober glimmt das Feuer der Leidenschaft unverändert weiter und kann bei der ersten besten Gelegenheit wieder in Helle Flammen auS- brechen. Gegenwärtig »erden auf englischen Werften Kanonenboote für Rechnung sowohl der englischen al« der portugiesischen Regierung gebaut. Dieselben sind zur Binnenschifffahrt auf den Flußläufen des Zambese und Shire bestimmt. Di« betreffende Schiffbaugesell schaft hat sich der englische» Regierung gegenüber anheischig gemacht, daß im einzelnen fertig gestellte Material nach der Zambesemündung zu schaffen und dort die Böte binnen 24 Stunden im freien Master zusammenzusetzen, dergestalt, daß sie zu sofortigem Gebrauche bereit sind. Man wird demnach seinerzeit in den Flußgebieten deS Zambese und des Shire einen äußerst lebhaften Wetteifer der englischen mit den por tugiesischen Kultur Pionieren bevabachten können, der selbst die Möglichlichkeit bewaffneter örtlicher Konflikt« nicht unbedingt auszuschließen scheint. Was endlich den anglo-fra> zösischen Interessengegensatz am Nil betrifft, so steht de> selbe seit Monaten auf demselben Fleck. Wie die „B. P. N." cs neulich gleich bei der Ankunft der ägyptischen Bevollmächtigen in Paris ausführten, haben die Bemühungen derselben, von Frankreich eine wohlwollendere Berücksichtigung der ägyptischen Wünsche in der StaatSschuldumwandlungSfrage zu erlangen, nicht den mindesten praktischen Erfolg gehabt. Frank reich stellt Bedingungen, auf die man an der Themse — was in Paris wohl bekannt ist — nicht kingehen kann, und so bleibt alles beim alten. Deutsches Reich. Se. Majestät der Kaiser besichtigte am Freitag Vormittag auf dem Bornstedter Felde die drei Bataillone des ersten Garde-Regiments zu Fuß. Der Fürst von Hohenzollern, der Prinz Rupprecht von Bayern, der Erbprinz von Meiningen, der Erbprinz von Hohenzollern mit Gemahlin, viele fremde Offiziere und eine glänzende Suite wohnten der Besichtigung bei. Zum Schluffe fand eine Gefechts übung im Feuer statt, zu welcher das Garde-Husaren- Regiment und daS Regiment der Gardes du Corps durch Alarmirung herbeigerufen waren. Nach der Uebung richtete Se. Majestät eine kurze Ansprache a» das 1. Garde-Regiment, dessen Oberst von Plesien ein Hoch auf Se. Majestät den Kaiser ausbrachte, in welches daS Regiment begeistert einstimmte. Se. Majestät ritt mit den genannten Fürstlichkeiten an der Spitze des Regiments in die Stadt zurück und nach der Kaserne des Regiments. Die Geschütze der deutschen Feldartillerie, also 2106 Kanonen, welche bis jetzt von Krupp au» Esten bezogen und aus Gußstahl hergestellt wurden, sollen j tzt — wie man dem „Pester Lloyd" berichtet — allmählich durch neue Bronzegeschütze ersetzt werden. Letztere unter- i scheiden sich von den Gußstahlgeschützen nur dadurch, daß sie ein Mindergewicht von 64 haben. Die Fabrikation kostet aber bei Weitem weniger al« die der Gußstahlgeschütze, da die neuen Bronzekanonen lediglich avS den eroberten, nach Tausenden zählenden französischen Vorderlader-Feldgeschützen in der königlichen Gewehrfabrik zu Spandau gegossen und gebohrt werden. Vorerst erhält jedes Artillerie-Regiment nur eine Batterie und der Kaiser will dieselben speziell bei dem großen Manöver der Flotte und deS LandheereS in SchleSwig- Hvlstein im Feuer sehen, wodurch den österreichisch-unga rischen Marineoffizieren, die an den Manöver« theilnrhmen, Gelegenheit gegeben ist, sich gleichfalls von der Vor züglichkeit dieser neuen Bronzegeschütze zu überzeugen. Diese konnten in Deutschland erst nach der Acceptirung deS rauchsceien Pulver« eingeführt werden, da da alte Pulver ein bedeutend stärkere« und widerstands fähigere» Geschützrohr verlangte. Kaiser Wilhelm II. hat sich persönlich sehr für diese neuen Kanvnrn interesstrt und hat mehrfach eingehenden Proben mit denselben in Spanrau beigewohnt. Dort hat auch der Monarch je ein completteS österreichisch-ungarisches und englische« Feldgeschütz aufstellen und di« eingehendsten Versuche mit denselben vornehmen lasten, schließlich aber doch ein« eigene deutsche Erfindung angenommen. Der Reichskanzler General v. Caprivi ist seit dem Antritt seines Amte« mehrfach über seine Stellung zu ter Kolonialfrage von Persönlichkeiten, welche mitten in der kolonialen Bewegung stehen, befragt worden, und hat bereitwilligst darüber Auskunft gegeben. Au« den Erörterungen geht nach der „Post" soviel hervor, daß der neue Reichskanzler den kolonialen Unternehm ungen ein reges Jntereffe entgegenbringt. Soviel schon jetzt über die von den Ausschüssen de« Bundesraths angenommene Novelle zur Gewerbeordnung verlautet, geht dieselbe in vielen Punkten, namentlich aber bezüglich der Kinder-, Frauen- und der SonntazS- arbeit über die einschlägigen Bestimmungen in den vom Reichstage wiederholt angenommenen Anträge hinaus. Sie enthält auch sonst manche neue Anord nungen, die bestimmt sind, daS Verhältniß der Arbeit nehmer zu den Arbeitgebern neu zu regeln. ES ist vorauszusehen, daß schon deshalb die Vorlage nicht so glatt und schnell erledigt werden wird, wie vordem vielfach angenommen wurde. Ist doch schon jetzt be kannt geworden, daß die sozialdemokratische Fraktion einen sehr umfangreichen Gegenentwurf eiubringen wird. Der Reichstagsabgeordnete Liebknecht hat eS sogar für nöthig gehalten, diese Thatsache in einer Unter haltung mit einem Berichterstatter de« Pariser „Figaro" der W-lt kund zu thun. Unter diesen Umständen ist mit ziemlicher Gewißheit auf eine mehrwöchevtliche Commisstonsberathung zn rechnen. Länger« Erörter ungen im Plenum und in den Commissionen werden auch die Militärvorlage und der NachtragSetat ver ursachen, in welchem bekanntlich außer den voraus sichtlich heiß umstrittenen Forderungen für colonial politische Zwecke auch die Summen für die beabsichtigte Erhöhung der Reichsbeamtenbesoldungen enthalten sein werden. Berücksichtigt man, daß dem Reichstage bi« zu den Pfingstserien höchstens 14 Tage zu Gebote stehen und daß die Pfingstserien etwa 10 Tage dauern dürften, so wird man sich darauf gefaßt machen müssen, daß die Reichstagösession bis Ende Juni dauern wird. Luch an großen wichtigen Erörterungen, die sich auf die allgemeine politische Lage und insbesondere auf die Stellung der Parteien zur Regierung beziehen werden, dürfte e« nicht fehlen. Wie daueben der preußische Landtag Zeit und Raum finden soll, seine noch aus stehenden, zum Theil sehr wichtigen Ausgaben zu er ledigen, erscheint vorläufig noch sehr fraglich. Den größten Umfang hatte die Feier d«S 1. Mai unstreitig in Hamburg angenommen: und hier find auch noch Nachwrhe» zu erwarten, welche möglicher weise ein schlimme« Gepräge ««nehmen werden. Denn vielen Arbeitern, die gefriert haben, ist die Entlastung ««gekündigt worden, und gar mancher, der am I. d.