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Awtsötatt der König!. Amtshauptrnannschast Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. 118. Sonntag, den 3. August 1890. 48. Jührg. Erscheint in N i esa wöchentlich viermal: löienStag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — «bonnementsprcis vierteljährlich l Mark 2s Pfg. — Bestellungen nehmen alle Saiserl. Postanftalten. Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strebla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem auSgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffent lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, reip. Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Bormittag» ö Uhr. — JnsrrtionSprei« die dreigcspaltene Eorpuszeile oder deren Raum 10 Pfg. »>> Bestellungen imf das „Elbedlatt «nd A-rzciger" — wöchentlich 4 mal erscheinend — für Angnft und September werden noch von sämmtlichen kaisorl. Post anstalten, den Landbriesträge, n, uniern Expeditionen in Riesa und Lt, ehla, nnsern Ausgabestellen bei Herren A B. Hennicke (am Älbertplatz) und Paul Koschel (Bahnhof straße), sewie utiseren Bote» z»»n Preise von 83 Pfg. angenommen. 4 -»» evchtFH finden durch das „E lbe - platt und Anzeiger", da dasselbe in seinem Am tsbezirk die bei Weitem verbreitetste und gelesenste Zeitung, anerkanntermaßen die beste und zweckentsprechendste Verbreitung. ,.«W» » Die VnIagS-EMditwn. LageSgcschichle. Der deutsche Kaiser wird ia den nächsten Tagen zum zweiten Male rach seiner Thronbesteigung dem ruche verwandten Hose von St. James einen Besuch abzustatten. Der zweite unterscheidet sich aberdings in mehrfacher Hinsicht ganz außecoidentlich vom ersten. Im Vongen Jahre galt es, eine tiefgehende Bestimmung zwischen beiden Höfen dmch eine persönliche Berührung auszugleichen. Lange hatte der deutsche Kaiser gezögert, ehe er seiner erlauchten Großmutter einen Antrittsbe such, wie den anderen europäischen Herrschern abstattete. Je weniger auf beiden Seiten die Herzen bei der Sache waren, mit desto größerem Glanze wurde der Staats besuch umgeben. Dann freilich schmolz nach der ersten offiziellen Begegnung das Eis bald und die herzlichsten Beziehungen, wie sie auch auf den Thronen zwischen so nahen Berwandten natürlich sind, traten schnell an Stelle der kalten, ceremoniellen Zurückhaltung. In vollem, herzlichen Einvernehmen schied Kaiser Wilhelm von seinen englischen Bei wandten und diesmal kehrt er nicht als deutscher Kaiser, sondern nur als Enkel und Neffe zu ihnen zurück. Der streng private Charakter deS diesmaligen Besuches soll durchaus gewahrt werden. Gleichwohl springt die politische Bedeutung desselben unmittelbar nach dem Abschluß des deutsch-englischen Abkommens in die Augen. Gar lieblich und schmeichel haft maß den Engländern in die Ohren g,klungen haben, Was der deutsche Reichskanzler in seiner Denkschrift über den Werth ihrer Freundschaft für das mächtige Deutsche Reich sagt. Derartiges haben sie lange nicht zu hören bekommen. Man kann es ihnen nicht ver denken, wenn ihr ohnehin stark ausgebildete» Selbstbe wußtsein dadurch noch eine erhebliche Kräftigung erfährt und sie die nach einem so kurzen Zwischenräume er folgte Wiederholung des Kaiserbesuches als eine schuldige Huldigung betrachten, die der Herrscher des mächtigsten Reiches des europäischen Continents der Macht und dem Einfluß ihres Reiches darbringt. Wer wollte be zweifeln, daß die aufrichtige Freundschaft Großbritanniens für daS Deutsche Reich ein „Ziel, aufs Innigste zu wünschen" sei und selbst mit einigen Opfern und An strengungen nicht zu theuer erkauft würde. Aber auch die Freundschaft Deutschlands ist für Großbritannien von allerhöchstem Werthe, und da die Denkschrift des Reichskanzlers naturgemäß von dieser Seite der An gelegenheit schweigen mußte, so hat die deutsche Presse die Pflicht, sie desto stärker zu betonen, zumal die Engländer bei ihrer ganzen Charakteranlage kaum von selbst daran denken dürften. Für wen die Freundschaft des Anderen werthvoller, weil wirksamer wäre, wenn eS einmal ernst werden sollte, das mag in diesem Augenblicke auf sich beruhen. Jedenfalls Haven die Engländer alle Ursache, dem deutschen Kaiser für die von ihm betätigten Sympathien und das große Ent gegenkommen gegenüber England überaus dankbar zu sein. Deutsches Reich. Se. Mas. der Kaiser hat am Feeling Mittag an Bord der „Hohenzvllern" die Fahrt nacb Ostende angetreten. Das Manövergeschwaber dampft- vorauf, die Korvette „Irene" folgte. Wie daS „Deutsche Tageblatt" mittheilt, hat der deutschkonservative Abgeordnete Graf Mubach Mitte Juli 2 Tage als Gast des Fürsten Bismarck in Fried- richsruh geweilt. U-ber das Befinden des Reichskommissars Major von Wißmann erfährt der „Hann. Kour." aus Lauter berg, daß die Erkrankung dec Lunge als vollständig gehoben zu betrachten ist. Auch diesmal hat die außer gewöhnliche Konstitution derselben den heftigen Katarrh unerwartet schnell überwunden. Auch die von Anfang an mäßige rheumatische Affektion der Gelenke ist ohne jede Herzerkrankung im Schwinden begriffen. Die Hauptsache zur völligen Wiedergabe der alten Kraft ist und bleibt Ruhe und absolutes Fernhalten von allen Erregungen, die der Dienst mit sich bringt. Die Aerzte halten hierzu einen vier wöchentlichen ferneren Aufent halt in Lauterberg für unumgänglich nothwcndig. Der Handelsminister Freiherr v. Berlepsch hat sich nach Mittheilung des Bergdirectors Graff von der 7. Jnspection dazu entschlossen, eine ganze Reihe von Forderungen der Mitglieder der Grubenausschüsse, die dieselben im Auftrage ihrer Kameraden gestellt, zu be willigen. Die Schichtdauer wird auf 8 Stunden ohne Einrechnung der Ein- und Ausfahrt festgesetzt. Hauer erhalten nach sechsjähriger Arbeitszeit 3 Mk. 50 Pf. Schichtlohn, im Accord 4 Mk. Für die Pferdeknechte werden besondere Bestimmungen getroffen. Die Thüren an den Eingangsstollen werden hinfort nicht mehr geschloßen. Bergmannskinder genießen bei Neuanleg ungen ein Vorrecht. Alle Bergarbeiter, die nach dem Streik eine zweite Strafe erlitten haben, werden wieder angelegt. Die gewünschten Schiedsgerichte finden bei der Errichtung der Gewerbegerichte Berücksichtigung. Leichte und unsaubere Kohlenförderung wird nicht mehr mit Geldstrafen belegt. Wer ohne Urlaub feiert, wird mit 1 Mk. Geld bestraft; wer Montags feiert, zahlt deren zwei. Beamte, welche Bergleute mißhandeln, werden dis- ciplinarisch bestraft nach den Bestimmungen des DiS- ciplinargesetzeS, dem sie fortan sämmtlich unterstellt werden. Versteigerungen von Gedingen zur Ausbeutung durch Einzelne finden nicht mehr statt. Die Arbeits zeit über Tage bleibt, wie sie bisher war. Diese Bestimmungen sollen dem Landtage und voraussicht lich auch dem Reichstage vorgelegt und in die Arbeits ordnung, die für alle deutschen Bergwerke geschossen werden soll, ausgenommen werden. Von der sozialdemokratischen Fraktion wird ein allgemeiner Parteitag auf den 12. Oktober nach Halle einberufen. Die Wahl der Vertreter zum Parteitag ist am 1. Oktober, am Tage des Erlöschens des Sozialistengesetzes, vorzunchmen. Angesichts der in der Partei überhandnehmenden Reibungen und der neuen Entscheidungen, vor die sie sich gestellt sieht, darf man dem Verlauf dieser Versammlung mit Spannung ent gegensehen. Einer Meldung der „Times" aus Sansibar vom 31. Juli zufolge stieß die deutsche Expedition gegen die Masitis aus keinen Widerstand. Der letzte Rebell ist besiegt Und die ganze Nordprovinz ist dauernd be ruhigt. Die Müfitis sind geflohen, ihr Häuptling wird als Gefangener von der Expedition nach Sansibar mitgebracht. Frankreich. Beim BegrLbniß der Opfer der Grudentatastrophe bei St. Etienne entfalteten die den Särgen folgenden Communisten, darunter mehrere Gemeinderäthe von St. Etrenne, rothe Fahnen. Nach dem die Aufforderung, dieselben zu entfernen, unbe achtet geblieben war, versuchte die Polizei mit Gewalt sich der Fahnen zu bemächtigen. Es kam zu grobe« Tätlichkeiten, bei welchen die Polizei von den Socialisten arg gemißhandelt wurde. Dem herbeigeeilten Polizei- comm'siar gelang es, die Fahnen zu entfernen. Einer der Munizipalräihe ist bereits verhaftet. Amerika. New-Uork, 1. August. Die un gewöhnliche Hitze die gegenwärtig hier herrscht, Verur- achte gestern 8 Todesfälle; zahlreiche Personen erkrankten außerdem in Folge der abnormen Temperatur. Aus Boston, Providence und aus anderen Orten Neu-Eng- ands werden mehrere derartige Todesfälle gemeldet. In Buenos-A-reS herrscht, wie sich die „Times" unterm 31. Juli von dort telegraphiren läßt, ein finan zielles Chaos und die Anarchie. Das einmonatliche Moratorium ist zwar von beiden Kammern angenommen, bedarf aber noch der Zustimmung des Präsidenten. Die Notare weigern sich unter Hinweis auf den Be- agerungszustand, Wechsel zu protestiren. Eine große Pression wird ausgeübt, um Celman zum Rücktritt zu veranlassen. Die Börse ist auf Anordnung der Re gierung bis auf Weiteres geschloffen. Der gestrige Tag verlief im Nebligen ruhig. Einige Banken waren offen, der geschäftliche Verkehr war aber geringfügig, und in Gold fanden gar keine Transaktionen statt. Einige Celmansche Truppen verließen nachmittags die Stadt mittelst der Sübbahn; es heißt, bei dem fünf zehn Meilen entfernten Lomas werde gekämpft. Die Polizei übt starke Pceßzensur. Gerüchte über Bildung eines neuen aus beiden Parteien bestehenden Kabinets laufen noch immer um, werden aber sehr ungläubig ausgenommen. Vermischtes. Gekränkte Liebe. Heißer wallet das Blut m Ungarn als bei uns im kühlen Norden und leiden schaftlicher als die Deutsche ist ia der Liebe wie im Haß die Magyarin. Wie weit gekränkte Liebe und gereizte Eifersucht sie zu führen vermögen, das hat kürzlich ein großes Aussehen erregender Vorfall gezeigt, der selbst in Ungarn bisher seinesgleichen noch nicht, wenigstens nicht mehr in den letzten Jahrhunderten, ge habt hat. Ern vermögender Kaufmann P. in Saros- patak lebte seit längerer Zeit in Unfrieden mit seiner Frau und wollte sich schließlich von ihr scheiben lassen, um ein schönes, junges Mädchen zu heirathen. Trotz aller Bitten und Drohungen seiner Fra« stellte er denn auch bei Gericht den Antrag auf Ehescheidung; um aber seine Geliebte inzwischen vor seiner gekränkten Gattin, deren Rachsucht er fürchtete, in Sicherheit zu bringen, führte er daS Mädchen nach dem benachbarten Dorfe Bodrog-Olaßi und gab es dort bei einem Tischler in Wohnung und Kost. Seine Frau aber machte das Versteck ihrer jungen Nebenbuhlerin aus findig und begab sich alsbald ia Begleitung ihres Sohnes nach Bodrog-Olaßi. In der Wohnung des Tischlers warf sie sich racheschnaubend auf di« Geliebte ihres Gatten, drückte sie zu Boden und begann mit ihr zu ringen. Den HauSleuten gelang eS endlich, daS Mädchen den Händen der Machenden zu entreißen und rasch in einen »fsenstehenden Kleiderschrank zu stoßen. DaS Weib aber riß daS an allen Gliedern zitternde Mädchen wieder aus dem Schranke, dann schloß sie das Zimmer ab, aus welchem inzwischen die feigen Hausleute geflohen waren, warf ihr Opfer zu Boden und schlug so lange darauf los, bis das Mäd chen regungslos lag. Hierauf nahm sie ein Taschen messer, schnitt der Bewußtlosen daS Haar und beide Ohren ab und schleppte sie dann mit Hilfe ihr-S Sohnes in den Hof, wo sie die Unglückliche in den bereitfiehendea Wagen warfen und mit ihr nach Saros-