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Sonntag, den 15. December 188S. M nt. »I«. »ends US, «e mg :al. tanz ten flogen ein gute» Stück nach Güdosten »eiter, wo fie wieder nieder fielen. „Geduld", dächte Teun, suchte fruchtlos die Eck« ab, ob auch »och ein einzelnes zurückgeblieben sei, und folgte dann der Nette i» derselbe» Nichtu»g. So erging eS ihm »och drei bis vier Mal, gerade wie in seinem Traum; die Hühner blieben immer vor ihm, doch verlor er den Muth nicht; der Anblick der Hühner in der Kerne, wie aufreizend er auch sein mochte, hielt ihn aufrecht. So sehr war seine Seele von ihnen erfüllt, daß ich beinah glaube, «in Hase Hütte quer über den Weg laufen können, ohne daß er ihn (weich' guter Jäger er auch sonst «ar- zu rechter Zeit bemerkt haben würde. Nachdem er noch ein paar Stunden gejagd hatte, ruhte er auf einem Platz au», wo sein Hund Quellwasser fand. DaS Thier nicht damit zufrieden sich zu laben, legte sich mit dem ganzen Bauch in die Lache, sah aber auch nach dieser Erfrischung wieder so munter wie am frühen Morgen auS. Teun nahm sich ein Beispiel daran, und setzte die Jagd fort. Schon war er am Berger Wald vorbei, als er daS Volk mit einem Mal wieder auffliegen, und kurz darauf niederfallen sah. Er eilte dieser Richtung zu folgen, schon nahte er sich dem Ort, wo sie sein mußten, schon suchte der Hund mit höchster Aufmerk samkeit mit der Nase auf dem Boden. Den ganzen Tag war seine Hoffnung noch nicht so lebendig ge- _ . - i Revier sich hinaus erstreckte. Schon wär der Hund schnüffelnd daran vorüber ge gangen, die Versuchung «ar groß. Nach einer er müdenden Jagd von so vielen Stunden hotte er noch nichts erlangt; ja was noch mehr sagen will, erhalte sich gerühmt, Rebhühner mitzubringen. Wie würde ihm Zytje den versprochenen Kuß verweigern, und was noch ärger war, wie würde sie ihn auSlachen! Sein Name würde nicht mehr Teun der Jäger sein. Der Jugd- wärter deS Berger WaldeS war in Alkmaar. Dirk Joost, ha, wie höhnend hatte er die Hühner in die Höhe gehalten — war nördlich gegangen. Kaum vierzig Schritte weiter lagen die Gegenstände seines Verlangens, nein seines Bedürfnisses, die schönen Hühner, von dem langen Zug ermüdet, wer weiß wie fest in dem hohen Moose, nun auSzuruhen. Er fühlte, daß er zitterte, er fühlte die Schläge seines Herzens in der Kehle. Der Hund ging schnüffelnd immer weiter. Er hob seine Augen auf, und seufzte ! tief. Eine nicht theilbare Sekunde, und er rief den Hund zurück, der unwillig gehorchte: „Nein, Teun der Wilddieb will ich auch vor mir selbst nicht heißen", seufzte er. Er wendete dem Jagdpfahl und dem Jagdfeld deS Herrn von Bergen den Rücken, und mit einem Mal — recht wie um ihn zu belohnen, — erhob sich ein lautes Schnurren! und mit den Flügel rauschend, flogen dicht vor ihm ein paar Hühner auf; Nachzügler, die der Kette nicht hatten folgen können. In demselben Augenblick war sein Finger an dem Hahn, — zwei Schüsse krachten. Das eine Rebhuhn fiel unmittelbar, senkrecht vor ihm nieder, daS Andere flog noch eine» Augenblick weiter, drehte sich in der Luft, und fiel gleichfalls. Während Feldin das erste erfaßte, ging er selbst da« zweite aufzuheben. ES lebte noch und suchte sich in dem Moose zu verbergen, aber er ergriff es; traurig und kläglich sah ihn daS Thierchen mit seinen kleinen rothen Augen an, in denen daS Licht schon halb erloschen war. Er ließ eS fallen. Die ganze Erscheinung stand wieder vor seinem Geist. Als er den Bogel wieder aufnahm, war das kleine rothe Auge schon durch daS graue Lid geschloffen. Die unselige Erinnerung ist vorüber, und Teun der Jäger setzte fröhlich seinen Weg fort. Er hat, was er wünscht; die beiden, zur Aufrechthaltung seines Namens, uothwendigen Rebhühner hängen an seiner Hüfte. Den Anspruch auf ZytjeS Küsse hatte er nicht eingebüßt, und die Flinte in der Hand, die schon wieder geladen ist, wird ihm leicht. So schreitet er durch hohes Heidekraut und Brombrergesträuch dahin. Eine Stunde später springt ein Hase auf, und fällt auch beinahe in derselben Sekunde, „durch daS schnellere Blei, in seinen geschickten Sprüngen gehemmt", wie der dichterischste Jäger ganz Hollands sang. „Je später zu Markt, je schöneres Volk", sagte Teun der Jäger, und zufrieden mit seiner Jagd, marschirte er ruhig weiter nach Schoorl. Die Mittagsstunde war schon lange vorüber, und er hatte noch ein ermüdendes Steigen und einen langen Der Jäger. Au« dem Holländischen von S, Tenden. (Fortsetzung.) „Du arge, liebe," antwortete der Liebhaber, aber weißt waS, Zytje, gieb mir einen Kuß al« Handgeld, und bring ich Dir morgen kein« Hühner, so küß »ich nie wieder ; — bring ich sie aber mit, so wehr' Dich Deiner Haut." „Mag sein!" rief Zytje fröhlich, trat auf ihn zu, gab ihm einen kräftigen Handschlag und ließ eS sich gefallen, daß er einen Kuß auf ihre Wange drückte, wobei sich ihr Mündchen etwa« mehr oder weniger als sonst wegdrehte; der stumme Junge aber, der eS mit ansatz, warf seinen Kopf in's Genick, sprang vor Ver gnügen über diesen erfreulichen Anblick im Kreise her um und klatsche dabei in die Hände. Verwundert Ihr Euch noch, wenn heute Teun. mit einiger Verachtung auf den „nur ein Hase" niedersah? Und dennoch, hätte er nur den Hasen gehabt, denn es gewann immer m hc und rmhr den Anschein, als würde er heute gar nichts nach Hause bringen. Ver geben- hatte er schon einige Stunden den breiten Schoorler Dünenstrich durchirrt, war durch Thäler ge gangen, in denen er bis über die Knöchel in dem dichten braunen Moose schritt, über weiße blendende Hügel, deren trockner rollender Land jeden seiner Fvß- tapfen verwischte: auf Flächen, deren Boden von salzigen Pfuhlen durchweicht wurde; nirgends, um mich eines nordholländischen JagdauSdrucks zu bedienen, nirgends entdeckte er Leben! Wohl bemerkte er hier die Spur eines Hasen, und weiter hin den Tritt eines Rebhuhns, aber weder der erstere noch das letztere kam zum Vorschein. Mit einer Art Bosheit schoß er eia weiße Eule, die sich auf ihren Hellen teuflischen Flügeln aus einer Buchweide erhob, raffte sie auf, und warf sie verächtlich von sich. Feldin zog ihm auch noch eine ärgerliche Täuschung zu, indem er vor etwas stand, das, als es au« dem dichten Moose ausflog, nichts als eine elende Lerche «ar; und so verliefen die trägen Stunden. Die Niedergeschlagenheit Teuns kehrte zurück, vermehrt durch die Hitze des steigendeu Tages und seine Ermüdung. Da schien sich mit einemmal ein lustiges Windchen zu erheben, das erfrischend durch seine schweißdurch- näßteu Haare blieS, und als er darauf einen hohen weißen Sandhügel erstiegen hatte, sah er die weite See vor sich ausgebreitet. Die See ist immer, und zu jeder Zeit ein er habener Anblick, sieht man sie aber von einem Platz aus, der durchaus einsam ist, wo man nichts als die dürre Düne rechts und links und hinter sich hat, ohne eine Hütte an dem Strand, oder ein Segel auf ihrer Fläche, so ist der Anblick dieser leeren Weite ein doppelt ergreifender. Ein Gefühl, als stände man wirklich an der äußersten Grenze der Welt, und wäre der einzigste, zuletzt übrigzebliebene Bewohner der Erde, umfaßt uns. Schauernd setzte sich Teun der Jäger auf den Gipfel des Hügels nieder, brachte seine Flinte in Ruhe und starrte auf die sonnigen Wogen. Der Hund ruhte keuchend neben ihm aus, seine rothe Zunge hing lang und trocken auS seinem Maul. Hier an der weiten vollen See und doch keine Erquickung! Teun der Jäger holte ein Stück Brot und ein paar saure Aepsel auS seiner Weidtasche und theilte mit seinem Freunde, auch die Feldflasche nahm er zur Hand, um einen Zug daraus zu thun, setzte sie aber wieder vom Munde ab. „Nein!" sagte er mit einem Seufzer ; „der Traum, ach der Traum, wollte nur, daß ich den Traum los wäre!" Er wollte den bangen Traum der Nacht, über den wir ihn schon klagen hörten, der der Grund seiner Niedergeschlagenheit war, von sich abschütteln; aber die Aussicht auf die See rief ihm Einzelheiten davon zurück, die er chon vergessen hatte und in die er sich nun rasch um o lebendiger vertiefte. Er war weder, wie in seinem Traum, mit den Söhnen der Herrin Schoorl» auf der Jagd, indessen nicht auf den zu Schoorl gehörenden Feldern, sondern im Berger Walde. Er trug ein neues Jagdwams mit goldenen sonnigen Knöpfen und eine Fasanenfeder auf der Mütze, die Zytje darauf gesteckt hatte. Plötzlich flogen drei Hühner vor ihnen auf, doch konnte er nicht M Schuß kommen; denn sie fielen, recht wie um ihn zu reizen, immer wieder nieder; wenn er sich ihnen aber nahte, krähten sie, schlugen mit den Flügeln und flogen weiter. Endlich wollte er den Versuch machen, fie aus der Ferne zu schießen — da versagte seine Flint« und fiel ihm aus der Hand. Nun krähten all« drei Rebhühner dreimal, und eine« flog auf den Hut deS Junker«, wo eS sitzen blieb. „Darf ich schieße» Junker?" rief er. Der Junker winkte mit der Hand ein freundliche« „ja". Er legt« an, und da» Huh» fiel; al» er indessen hinging, um da« Huhn aufzu- nehme», war weder Huhn noch Ju»ker zu finden, aber da vor ihm lag da» blutige Haupt Ztztje» u«d sah ihn mit gebrochenen Augen an; und wie er lauge, lange darauf hinstarrte, kam mit einem Male die See und da« Haupt begann sich darauf zu bewegen, auf den Wellen zurückzugehen, zu verschwinden und wieder heraufzutauchen und wieder zu verschwinden, bi« er erwachte. — Sein Hahn krähte, da» Licht de« Tages schien durch Fenster und Spalten. Er stand auf und zog sich zur Jagd an. U,d nun, wie er lange auf die See hioblickte, wiederholte sich die Erscheinung; da schaute der Kopf Zytjes zwischen den sonnigen, schäumenden Furchen der Nordsee hervor und ging mit den Wellen auf und nieder. Er wendete sein Gesicht von dem Wasser ab und streckt- sich, vorn über, auf dem Abhange deS Hügels aus, die Arme unter seinen Kopf gelegt, schlief er bald ein. Aber vor seinem Geist wiederholte sich daS traurige Schauspiel aufs neue; die ganze See wurde roth wie Blut und unzählige Flämmchen und Funken tanzten in Kreisen darüber hin. Mit einem Schlage ; war ;erne Pvssnung nocy nrryr zo reoenorg ge dröhnten da zwei Schüsse. Er erwachte; auch Feldin f wesen, — da fiel ihm plötzlich der Jagdpfahl deS war bei de» Geräusch aufgesprungen und trabte schon > Herren von Bergen in das Auge, dessen Revier sich den Hügel hinunter. f noch ewige Ruthen über den Wald hinai ' Feierlich erhob sich hinter einer benachbarten Düne eine blaue Rauchwolke und ein großes Volk Rebhühner ! flog erschreckt vor ihr her. Teun rief den Hund : zurück und folgte den Hühnern mit den Augen. Sie - ließen sich langsam an der andern Seite des Hügels nieder und zogen sachte mit dem Winde südwärts, j Im folgenden Augenblick erschien ein Mann auf der Höhe der Düne, der rund umher spähte, wo sie ge- - blieben seien, aber sie waren schon gefallen. Daraus lud er seine Flinte bedächtig, und Teun der Jäger sah, daß er eine Koppel schöner Hühner in seiner Jagdtasche barg, nachdem er sie einen Augenblick mit Wohlgefallen betrachtet hatte. Es war Dirk Joosten, der einzigste Mensch in ganz Schoorl, der ihn nicht leiden mochte, und den er nicht , ausstehen konnte. Denn Dirk Joosten war ein ge- § meiner Bursche, dem es nicht widerstand, das Gewerbe eine- Wilddiebes mit dem eines Jägers zu verbinden, f Hatte ihn doch Teun selbst dabei ertappt, wie er einst ! spät am Abend Schlingen für Hasen legte, eine Lieb haberei, die den Bewohnern SchoorlS einen bösen Leu mund macht. Uebrigens war er ein schlechter Jäger, und brachte in einer Jagdzeit trotz seines Wilderns, nicht halb so viel heim, was ihn sehr gegen diesen einnahm. Sobald Dirk den Jäger Teun bemerkte, rief er ihm halb gebieterisch zu: „Wohin sind sie gezogen, Teunis?" „Das mußt Du wissen," entgegnete dieser. „Kann ich denn durch den Berg sehen?" stichelte Dirk Joosten: „hast schon waS?" „Weder Haar noch Feder," antwortete Teunis offenherzig. „Ich wohl," rief Dirk Joosten grinsend und holte aus seiner Waidtasche einen Hasen und drei Rebhühner hervor, die er frohlockend in die Höhe hielt. „Jeder kommt an die Reihe, Dirk," rief ihm der andre zu. »Ja/' schrie Dirk, „wenn Tu auch heute mal nicht daran kämst, Du Blitzkerl Du!" Dara»f stieg er die Düne hinunter und ging seine» WegS, indem er sich nach Norden wendete. „N»n ous's Hinterfcld, Feldin!" sagte Teun der Jäger zu seinem Hunde, und ei» Strahl von Muth und Hoffnung glänzte wieder in seinem Auge, während ein frohcS Lächeln sich über sein braunes Gesicht ver breitete. Er nahm einen kurzen Schluck aus seiner Feldflasche und ging südwärts. Er hatte sich den Ort, wo er die Rebhühner falle» sah, gut inS Gedäcbtniß geprägt. Aller Berechnung nach mußte eS «ine ihm sehr wohlbekannte Fläche sein, die wie eine verunglückte Urbarmachung aussah, mit Brombeergesträuchen, einzelnen kriechenden Weiden und hrn und wieder zwerghaften Elsenbäumen. Er hielt sich indessen noch südlicher, als wollte er an diesem Platz vörüber gehen, um die Hühner gegen den Wind schießen zu können. Dann näherte er sich erst dem Ort, aber die Vögel waren wild geworden, flogen lange, ehe er sit zum Schuß bekommen konnte, auf, und Beilage MW „Elbeblatt uns Anzeiger." 4S. Jahr, z.i 1««