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den Kapitän wissen, sie wlliden den „AlagoaS" als Piratenschiff behandeln, wenn er die Flagge deibrhalte, weil Portugal mit der neuen brasilianischen Regierung noch keine Beziehungen angeknüpft habe. Amerika. Im Senat zu Washington brachte ein Mitglied (Lall auS Florida) einen Gesetzrutwurf ein, welcher den Prüstdenten ermächtigen soll, mit Spanien Unterhandlungen anzuknüpfen für die Her stellung einer Republik auf Tuba auf der Basis, daß Tuba seine Freiheit Spanien abkaufen solle. Es wird bei dem Anträge ohne Zweifel sein Bewenden haben. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 16. December 1889. — TageS-Ordnung für die öffentliche Stadtver- ordneten-Sitzunz am 17. Dezember, Nachmittags 6 Uhr. 1) Berathung des Haushaltplanes pro 1890 für hiesige Gasanstalt, sowie Beschlußfassung über Ausführung von Baulichkeiten bei verselberuc 2) Berathung der Boranschläge pro 1890 für die Kirchenärarkaffe und die Kirchenge meindekaffe. 3) Berathung der Voranschläge pro 1890 für die Armenkasse. 4) RathSbeschlüffe, betr. u) die Anstellung neuer Lehrkräfte an hiesiger Stadtschule, d) Baulichkeiten in den Schulgrundstücken. 5) Mit theilung des Stadtraths über den Ausfall der dies jährigen Stadtverordneten-Ergänzungswahl. — Der Weihnachtsmarkt am gestrigen Sonn tage war sehr belebt und es dürften daher auch viele Einkäufe für den Weihnachtstisch gemacht worden sein. An reicher Auswahl von paffenden Geschenken für den selben fehlt eS diesmal wahrlich nicht, da unsere Geschäftsleute Alles aufgeboten haben, um die Weihnachts- auSstellungen so reichhaltig wie möglich zu gestalten. Man halte nur Umschau an den in den Abendstunden prächtig erleuchteten Schaufenstern der Läden und man wird finden, daß jetzt in unserer Stadt Alles zu haben ist, was das Herz begehrt und das Auge entzückt. Selbst weitgehenden Ansprüchen ist Rechnung getragen worden, so daß es in der That nicht mehr nöthig ist, für die Weihnachtsbeschecrung andere entfernte Bezugs quellen aufzusuchen. Wir wünschen daher aber auch, daß dieser Umstand von rem kaufenden Publikum an erkannt und in wünschenswerther Weise gewürdigt und berücksichtigt werden möge, damit unsere Geschäftsleute für die von ihnen aufgewendeten Opfer entsprechende Entschädigung finden und damit die Bilanz des Weih nachtsgeschäfts so ausfalle, daß sie zu feineren Unter nehmungen Anregung und Ansporn giebt. — Nach dem Jahresbericht über den unter dem Protektorate Ihrer Majestät der Königin stehenden „Sächsischen Pestalozzi-Verein" auf die Zeit vom 1. October 1888 bis dahin 1889 betrug die Einnahme 23 528,16 Mk., die Ausgabe 22 176,63 Mk. Die diesjährigen Unterstützungen aus der Hauptkaffe betragen 12145 Mk. an 588 Waisen, 7215 Mk. an 346 Wittwen, 240 Mk. aus dem Dr. Martin Luther- Fond, 525 Mk, aus der Felixschenkung und 2757 Mk. aus den Stiftungen, in Summa also 22 882 Mk. Das Gesammtvermögen des Vereines beträgt zur Zeit 199 800 Mk. eingeschloffen 7000 Mk. Reinert,ag einer vom „Allgemeinen Sächsischen Lehrer Verein" bei Gelegen heit der 800 jährigen Jubelfeier des Hauses Wettin herausgegebenen Festschrift, welche Summe zur Be gründung einer Stiftung verwendet worden ist, die mit Genehmigung Sr. Moj. des Königs Albert den Namen „Wettiner Jubiläums-Stiftung" zu tragen hat. Oschatz. Bei der am 12. December auf Sörne- witzer Revier stattgefundenen Jagd war auch ein Reh bock mit geschossen und in Reih und Glied mit zur Strecke gebracht worden, aber es wurde noch Leben in ihm verspürt. Deshalb machte sich ein Jäger aus der Leipziger Gegend, wie das hiesige „Tagebl." mit- theilt, unter Mithilfe eines Treibeis über ihn her, zog seinen Nickfänger, um ihm den tödtlichen Stoß damit zu geben. In demselben Augenblicke jedoch, als das Messer bis ans Heft (jedenfalls aber an der der unrechten Stelle, eingedrungen war, nimmt ter Bock seine letzte Kraft zusammen, schüttelt seine Peiniger mit Gewalt von sich und entflieht mit dem Nickfänger auf Nimmerwiedersehen auf das Nachbarrevier. Dresden. Seit Freitag trägt die dem grünen Thor in Dresden gegenüber gelegene Hausseite deS Igl. Oberhosmarschallamtes (im großen Schlvßhof) eine schmucke Zier, die, als sie sich noch in der Kunstgießerei von Pirner «. Franz in Dresden befand, bereits den höchsten Beifall Sr. Maj. des Königs erregte. Die in PhoSphorbronce gehaltene, 13 Zentner schwere Ge denktafel, die mit SS Zentimeter langen Broncebolzen befestigt wird, trägt folgende Inschrift: „Zur Erinnerung an die 800-jährige Jubelfeier deS Hauses Wettin widmen Sr. Majestät dem König Albert als Ausdruck ehrerbietigsten Danke» für die immerdar gewährte aller gnädigste Förderung deS sächsischen Gcwerbeü diese Gedenktafel die Gewerbe- undHandwerkervereine Sachsen»". Die mit reichen, sinnigen Ornamenten kunstvoll au»- gestattete Tafel, die über 1*/, Meter breit und 1 Meter hoch ist, trägt außerdem die Zahlen 1089 und 1889. Freiberg, 16. Dezember. Auch hier ist die Influenza ausgetreten. In der Bürgerschaft sind zwar nur einige Fälle vorgekommrn, aber dafür um so zahlreicher in der Jägerkaserne. Bi» heute find bereits 46 an dieser schlimmen Grippe erkrankte Jäger in da» StadtkrankenhauS geschafft worden, das vertragsmäßig mit als Militärlazareth dient und jetzt bereits überfüllt ist. Die Influenz - Epidemie beweist aufs Neue die Nothwendigkeit der Errichtung eines MilitärlazarethS in Freiberg und läßt eS sehr beklagenSwerth erscheinen, daß die darüber von dem hiesigen Rathe mit dem königl. Kriegsministerium gepflogenen Verhandlungen erfolglos blieben. Löbau. Die Influenza ist bereits im »origen Jahre hier 2 Mal aufgetreten. Im hiesigen Lehrer seminar erschien sie zuerst im Februar 1888 und be schränkte sich die ersten 2 Tage auf einige wenige Schüler, in den folgenden Tagen wurden jedoch 40 Prozent der Gesammtzahl von 140 Schülern von dieser Krankheit befallen, so daß die Anstalt auf ärztliche Anordnung geschloffen werden mußte. Im November 1888 kehrte die Grippe abermals wieder; gegen 100 Schüler erkrankten binnen wenigen Tagen und die Schule mußte abermals geschloffen werben. In der Stadt Löbau erkrankten in beiden Fällen nur sehr wenige Personen. Im November d. I. stellte sich die Grippe übrigens zum dritten Male ein, es erkiankten jedoch diesmal nur wenige Schüler aus den untersten Klassen. Aus dem Grenzgebiet der oberen sächsischen Schweiz, 14. December. Einem uralten Gebrauche zufolge haben in unseren benachbarten böhmischen Ort schaften die üblichen Weihnachtsgesänge begonnen. Von Haus zu Haus zieht da die Sängerschaar, oftmals kostümirt, die Engel dem heil. Nikolaus rc. vorstellend. Die Gesänge sind, wie diese Sitte selbst, Jahrhunderte alt und leiden keine Erneuerung, zumal sie sich nur durch Ueberliefecung in den Volksschichten der Land bevölkerung erhalten. Für den Gesang erhalten die Sänger, meistens erwachsene Mädchen, eine Gabe; sie statten hin und wieder auch unseren Ortschaften einen Besuch ab und werden gern gehört. Neben diesem Gesänge huldigt man in den meisten deutsch-böhmischen Ortschaften den Weibnachtsspielen; der Ertrag derselben ist für eine Christbescheerung armer Kinder bestimmt. Zwickau, 15. December. Eene Reihe von Zeitungen des Zwickauer Regierungskreises schreibt, daß dec als „Naturprediger" in Sachsen herumzieheube Johannes Guttzeit seiner anstößigen Kleidung wegen aus den meisten Städten des genannten Regierungs kreises polizeilich ausgewiesen wurde und ihm das Ab halten seiner Vorträge untersagt worden ist. Wurzen, 13. Dezember. Der Vorstand der Schuhmacher-Innung von Wurzen und Umgegend ver öffentlicht heute folgenden Beschluß: Bezugnehmend auf die theuren Lebensbedürfnisse aller Art, sowie auch der Miethe, Löhne und des Materials hat.die Schuhmacher- Innung von Wurzen und Umgegend beschlossen, ihre Maaren mit einem wohlgercchtfertigten Preisausschlag von 10 Prozent zu belegen. Vermischtes. Einer entsetzlichen Gefahr ist der am Mittwoch Nachmittag von Berlin nach Halle abze-- lasiene Schnellzug bei der Station Bergwitz noch glücklich entgangen. Etwa 100 Schritt jenseits des Bahnhofes zu Bergwitz (Kreis Wittenberg) führt ein Kommunikationsweg über die Bahn, unter Anderem nach der gleich dabei liegenden Viehrampe. Diesen Weg passtrten, vom dem Dorfe Bergwitz kommend, zur an gegebenen Zeit zwei Viehwagen, weil die Barriere nicht geschloffen war. DoS erste Geschirr kam glücklich hin über; als aber das Dreigespann des zweiten Wagens die Schienen betreten hatte, kam der mit zwei Maschinen bespannte Schnellzug, der in Bergwitz nicht hält, mit Verspätung und deshalb im schnellsten Tempo von Wittenberg her, tödtete die drei Pferde auf der Stelle, riß mit diesen den Wagen herum, daß dieser zer trümmert wurde, und zwei Kühe die sich in dem Wagen befanden, wurden durch den gewaltigen Ruck durch die Bretter des Wagen«, diese durchschlagend, hinausgeschleudert, wodurch eine Kuh sofort getödtet wurde. DaS eine der Pferde wurde, wie die N. A. Z. berichtet, von den Puffern der ersten Maschine auf gespießt und so einen Kilometer weit mit fortge tragen, «he eS gelang dem Zug zum Stehen zu bringen. Wäre der Viehwagen nur «inen Schritt «eiter gewesen, dann wäre seine Achse unter die Maschine gekommen, und der ganze Zug mit seinen 15 wohlbe- setzten Wagen wäre, die Böschung hinab, zerschmettert worden. So ist von dem Zug nur die vorderste Maschine beschädigt worden und wnrde diese auSgesetzl. Di« Influenza nimmt immer mehr überhand. So meldet man auS Halle, 14. December: 80 Soldaten der hiesigen Garnison sind an Influenza erkrankt. AuS München, 14, December, wird berichtet, daß ver schiedene Erkrankungen au Influenza im Militär- und Lehrerstand vorgekommen sind. Auch auS Brüssel wird geschrieben: Die Influenza ist heute, den 13. d. M. hier ausgebrochen. Die Seuche fordert zahlreiche Opfer. So erkrankten 30 Soldaten der Antwerpener Gcnie- kaserne und 40 Beamte der Hauptpost, welche das Amt verlassen mußten. Der Jäger. Aus dem Holländischen von S. Senden. (Fortsetzung.) „Ha, was für ein fettes!" rief er: ,-und was für schöne Aeugelchen!" fügte er hinzu, in kindischer Spiel sucht eins der Augen aufziehend und Teun verhaltend. „Laß die Augen zu, dummer Junge", sagte Teun der Jäger heftig, und wieder zog eine Wolke über seine Stirn. Er hing nun den Hasen mit den Läufen wie einen Orden auf den Rock des Knaben, der, stolz auf seine Last, sich über alle Bauernjungen der vereinten Herr schaften Schoorl, Goet um Kamp, erhaben fühlte und geschwind mit dem Thier herunter stieg. Aber Teun versteckte die beiden Hühner im innersten Sack seiner Waidtasche, damit keine Feder zum Vorschein käme: „ich werde mich schlau anstellen und sehen, was sie machen wird!" sagte er zu sich selbst. So ging er den Sandweg entlang durch das Dorf, im Stillen berechnend, ob es wahrscheinlich sei, daß sich Zytje zu dieser Tageszeit im Hause aufhalte. Ec war nur noch 50 Schritte von ihrer Hütte entfernt, als es im Gebüsch zu seiner linken Hand raschelte und Zytje mit lautem Ruf auf ihn zu sprang, um ! ihn zu erschrecken. Um Kopf und Schultern halte das i neckische Kind ein großes wollnes Tuch geschlagen, aus dessen schmaler Spalte vorn nur die muntern Augen hervor leuchteten. Der Stumme folgte ihr langsam. Teun der Jäger erschrak wirklich mehr als Zytje erwarten konnte. Ein kalter Schauer lief durch seine Glieder, aber er erholte sich wieder. „Leere Taschen!" rief er lachend. „'s ist nicht wahr", sagte das heitere Mädchen, „hab ! schon den Jungen mit dem Hasen gesehen. Aber wo sind die Hühner, Teun?" ! „Hab' keine packen können!" antwortete Teun dec ' Jäger, aber er fühlte, daß ihn sein G-sicht »errieth. „Doch nicht, Zytje!" fügte er noch hinzu, als sie ihn ungläubig ansah. „Jst's wirklich wahr, Geselle?" fragte sie und griff nach der Tasche, um sich selbst zu überzeugen. Indem sie den Kopf so verbog, glitt das Tuch auf ihre Schultern herab und ließ nur das runde Köpfchen frei. Er zog ihr die Tasche aus der linken Hand, und schob sie mit einem heftigen Ruck auf die rechte Seite. Das Mädchen lachte und sprang gerade vor ihn, um dennoch in die Tasche sehen zu können, — da krachte ein Schuß, der Hund schlug an, und Zytje lag blutend vor seinen Füßen. Bei der plötzlichen Bewegung, die Teun machte, um die Waidtasche auf seine rechte Seite zu schieben, hatte eine der kleinen Maschen des Netzes den Hahn seines linken Flintenlaufes gefaßt, die Flinte in die Höhe gezogen und Len Schuß zum Losgehen gebracht. Teun der Jäger und die beiden Knaben standen wie versteinert da. Das taubstumme Kind kam zuerst zum Bewußtsein, wüthend flog es aus Teun zu, und biß ihn in den Arm. Die Flinte war auf die Erde gefallen. Plötzlitz bückte sich der unglückliche Jäger, und erfaßte sie am Griff, aber eine starke Hand nahm sie am Kolben und entriß sie ihm. Es war ein Bauer, der herzugesprungen war und sie nun in die Luft ab schoß. Das halbe Dorf lief herbei und drängte sich um ZytjeS Leiche und den Unglücklichen, der sein Gewehr wieder verlangte, und in stummer Raserei mit den Umstehenden rang. Jedermann weiß, daß ein Schrotschuß tausendmal schlimmer ist als eine Kugel, weil jedes Körnchen eine eigene Wunde macht und die Menge des Bleies viel schwerer ist; zudem lag der Flintenlauf gerade vor ihrer Brust. Von Allen beweint, wurde daS blutende Kind iu die Hütte der ganz vom Schmerz betäubten Großmutter getragen, während Leun der Jäger in seiner Verzweiflung alle herbeigelaufene» Nachbarn beschäftigte. Südlich gelang ,S ihnen, den Rasenden in sei« Häus chen zu bringen, doch mußten beständig ein paar kräftige