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hur in Frage stehende Forderung voll bewilligt wäre. Ich erkenne'an, daß die Kommission da Abhilfe schaffen will, wo sie am nvthigsten ist. Jndcß bei aller Aner kennung drS Entgegenkommen« der Commission zweifle ich doch daran, daß der Beschluß derselben, zumal da er baS bisherige System durchbricht, eine definitive Lösung der Frage gewährt und bitte Sie do her, die Regierungsvorlage zu bewilligen. Abg. Richter (ds.) bestreitet, daß für die Cavalleric-Offiziere einBe- dürfniß zu dieser Forderung vorliege. System habe in diesen Forderungen noch nie gelegen. Abg. Dr. v. Fr ege <dovs) erklärt NamenS seiner politischen Freunde, daß dieselben unbedingt für die Regierungs vorlage stimmen würden, namentlich auch mit Rücksicht auf du Forderungen der neueren Taktik. Abg Frhr. v. Huene (Ctr.) weist darauf hin, daß der Cavallerie- Offizier von vornherein im Vortheil gegenüber den Offizieren ter Fußtruppen sei, weil er mehr von Pferden verstände. Herr v. Frege sollte doch auch das finanzielle Jnteress« mehr berücksichtigen. Ter Commissions- Antrag, wonach die Geldverzütung für Dienstpferde nur den Infanterie-Offizieren bis zum Oberst exclusive bewilligt war, fand schließlich Annahme. Die Abgg. Richter und Hinze beantragen, die Forderung für die leiden neuen Cadettenanstalten zu streichen. Abg. Haußmann weist darauf hin, diese Schulen zögen einen gewissen Kastengeist groß, st; entfremdeten die jungen Leute dem bürgerlichen Leben. General Vogel v. Falke »stein widerspricht dem. Weder aus den Kreisen der betreffenden Familien, noch aus denen der Armee, also der nächstbetheiligten Kreise, sind bisher Bedenken gegen die Art der Erziehung der Cadctten geltend gemacht worden, und hierauf kommt es doch sehr an. Daß die Cadetten-Erzichung einseitig macht, kann ich auch nicht sagen, denn gerade unsere be deutendsten Generale sind aus den Cadettenhäusern hervorgegangen. Die Einrichtung der Cadettenanstalten entspricht durchaus unseren Armeevsrhältnifsen und im Interest; der Armee gerade bitte ich die Regierungs vorlage anzunehmen. Die Forderung der Regierung wird alsdann bewilligt, ebenso im Fortgänge der Sitzung das ganze Oidinarium unverändert. — Am Dienstag wurde die Berathung des Militäretats fortgesetzt und die einmaligen Ausgaben, sowie der außerordentliche Etat angenommen. Oefterreich-Ungarn. Bei den österreichischen ReichSrathswahlen, die gegenwärtig vor sich gehen, haben die Antisemiten auf Kosten der Deutschliberalen mehrere Siege erfochten. In den böhmischen Land gemeindebezirken wurde kein einziger Alttscheche gewählt; an ihre Stelle traten überall Jungtschechen. Frankreich. Der Minister des Innern hat die Rennvereine des Departements Seine und Seine et Oise von dem Beschluß in Keuntniß gesetzt, durch welchen das Wetten auf Rennplätzen in Zukunft unter sagt ist und jede Art von Spiel vom 8. März. d. I. ab überhaupt verboten wird. Eine ähnliche Mittheilung wird demnächst auch den Rennvereinen in der Provinz zugehen. (Man kann diese Verfügung gewissermaßen als Strafe dafür bezeichnen, daß die Kammer die Besteuerung des Totalisators abgelehnt hat.) Schweiz. Der Bundesanwalt hat dem Staats rath von Genf di« Wnsung zugehen lasten, die aus ländischen Sozialisten zu überwachen, da die dort weilen den fremden Sozialisten gegenwärtig sehr rührig seien. Spanien. Die Cortes wurden am Montag mit einer Botschaft der Regentin eröffnet, in welcher eine Amnestie für politische Vergehen angekündigt wird. Die Beziehungen Spaniens zu allen Staaten werden als freundschaftliche bezeichnet. Belgien. Boulanger war in Brüssel unter anderem Namen abgestiegen, die belgische Regierung gesteht ihm jedoch daS Recht deS Inkognitos nicht zu, daher der Ex-General nun eine Vorladung vor das Zuchtpolizeigericht wegen Falschmeldung erhalten. Französische Geheimpolizisten beobachten Boulanger auf allen Wegen. Gnglaud. Parnclliten und Antiparmlliten be kriegen sich in J.land munter fort. Die irischen Ab geordneten Roche, Sheehy und Crilly wurden am Freitag in Galwoy, nachdem sie mit dem dortigen katholischen Bischof eine längere Unterredung gepflogen hatten, vom Pöbel gröblich insultirt, der sie bis an den Bahnhof verfolgte. Aehnlich erging eS den anti- parnellitischen Abgeordneten Sheehan, Kilbride und Stack, als dieselben an demselben Tage in Traler ein Meeting in der Kprnböise abhalten wollten. Die meist der unteren Klaffe angehörigen Parnelliten stürmten die Rednertribüne und eS hagelte Faust- und Stvckschläge. Kilbride wrrrde die Treppe hinunterge- worfen. Hieraus hielte« die Parnelliten in dem Saal eine Versammlung ab. Balkanstaate«. Nach einer den Pariser Blättern zugezangenen Mittheiluna begab sich König Milan Montag Abend mit dem Orient-Expreßzuge nach Belgrad, um seinem Sohne König Alexander zur bevorstehenden Feier deS NationalfesttogeS am 6 d. einen Besuch abzustatten. Die Reise hat keinerlei politischen Zweck, der König werde nicht- in der Haltung ändern, die er sich selbst auferlegt hat. Amerika. Den Nachrichten auS Chile wird in London Mißtrauen entgegengesetzt, da der direkte Depeschen verkehr unterbrochen ist. Der Verlauf der jüngsten Kämpfe sei noch nicht bekannt, Jquiqae befinde sich jedoch in den Händen der Aufständischen. Das Journal „Sun" veröffentlicht offizielle Mit theilungen auS chilenischen RegierungSkreisen über die Unruhen in Chile. Danach hätten die Insurgenten keinerlei Unterstützung gefunden und es hätten keinerlei Kämpfe flattgehabt. Die Insurgenten hätten auch keine Soldaten. Die aufiührischen Schiffe drohten, Jq'qre in Brand zu schießen, wenn die Regierungs truppen sie am Landen verhinderten: Die Truppen hätten sich hierauf in das Innere des Landes zurück gezogen, um die Einäscherung von Jqu'gue zu ver hüten. Die Insurgenten besäßen keine Geldmittel, da die Negierung den Staatsschatz in daS Innere deS Landes in Sicherheit gebracht habe. Einiges über die Eisenbahnen von Einst und Jetzt. Wohl auf keinem anderen Gebiete hat sich in verhältnißmäßrg kurzer Zeit ein solcher Umschwung und Fortschritt vollzogen, wie auf dem der Eisenbahn. Gerade jetzt, da das Verlangen nach Einführung des Zonentarifs ein immer dringenderes, und wie es scheint, auch erfolgreicheres zu werden beginnt und damit Aussicht vorhanden ist, daß die Eisenbahnen in nicht allzuferner Zeit jede Entfernung, auch für die unbemittelten Klassen unseres Volkes sozusagen aufzu heben im Stande sind, dürfte es doppelt interessant erscheinen, einen kurzen Vergleich anzustellen zwischen dem Einst und J'tzt auf diesem Gebiete. Wie den meisten Lesern bekannt sein dürste, bedeutet dieses Einst eine Zeit, die nicht viel mehr als ein halbes Jahrhundert hinter uns liegt. Im Oktober des Jahres 1828 gewann Stephenson, der Vater des Eisenbahnwesens, mit der von ihm er bauten Lokomotive „Raket", den von der englischen Gesellschaft „Booth" ausgesetzten Preis von 500 Pfund Sterling. Di- „Raket" wog nur 1'/, Mal so viel, als ein leerer Güterwagen unserer Konstruktion, und da die Last, welche sie mit einer Geschwindigkeit von 25 Km. in der Stunde fortzubewegen im Stande war, 40 bis 50 Tonnen betrug, so würden drei von unseren vollbeladenen Güterwagen für sie die Moximallast ge wesen sein. Für die damalige Zeit bedeutete Stephensons Er findung gleichwohl einen ungeheuren Fortschritt, dessen Werth von den betheiligten Kreisen, von Technikern, von Vertretern der Handelswelt und der Industrie mit geringen Ausnahmen anerkannt wurde, ohne daß man deshalb auch nur im Entferntesten geahnt hätte, wie schnell sich das Eisenbahnwesen bis zu seiner jetzigen Höhe entwickeln und eine wie tief einschneidende Bedeutung es für alle Gebiete des sozialen Lebens er langen würde. Die erste Eisenbahn — ich denke hier stets nur an Dampfbahnen — auf dem europäischen Continent hatte Belgien; eS war die 1835 eröffnete Linie zwischen Brüssel und Mecheln. Noch in demselben Jahre, am 7. Dezember, bewegte sich die erste Dampfbahn auf deutschem Boden zwischen Führt und Nürnberg. Dies ist indes eine kurze Strecke, und als erste deutsche in größerem Maßstabe hergestellte ist die Dresden- Leipziger Eisenbahn anzusehen, deren Bau im Jahre 1835 begann und die theilweise 1837, ganz aber 1839 dem Verkehr übergeben wurde. In vieler Beziehung interessant ist ein Bericht deS „Leipz. Tagebl." über die erste am 16. September 1838 veranstaltete Fahrt von Leipzig nach dem 43,2 Km. entfernten Dahlen. ES heißt da: „Wir fuhren im zweiten Wagenzuge um 7 Uhr Morgens von Leipzig ab und erreichten Wurzen un gefähr in '/« Stunde». Hier sollten die Lokomotiven neue Füllung erhalte«, was bei der deS ersten Wageu- zugeS in einer halben Stund« bewerkstelligt wurde. Nachdem wir hierauf gewartet hatten, sahen wir de« ersten Zug weiterfahren und den Anfang mit der Füllung unserer Lokomotive machen. Hierzu war ebenfalls eine halbe Stunde erforderlich und wir brachte» auf diese weise ungefähr 1 Stunde in Würze« zu »ad zwar im Wagen, da wir nicht au» steigen dursten, weil durch das AuS- und Einsteigen zu viel Zeit verloren geht. Nack diesem Aufenthalte langten wir nach V«k0 Uhr in Dahlen an; um °/«10 läutete die Glocke wieder zur Rückfahrt. Nachdem alle Passagiere ihre Plätze eingenommen hatten und die Wagentbüren sorgfältig verschlossen waren, kam unsere Lokomotive, die bisher müßig dagestanden, an unsere Seite und b egann kaltes Wasser einzunehmen, was, inbegriffen mit der Zeit, die zur Entwickelung der Dämpfe von kaltem Wasser röthig war, ungefähr '/i Stunde dauerte. Obgleich die Lokomotive, so wie bei der Füllung in Wurzen nicht vor dem Wagenzuge stand, sondern auf der Seitenbahn, so war den Passagieren dennoch auch dieS Mal nickt gestaltet auSzusteigen und ver brachten wir deshalb ein Stündchen wartend im Wagen. '/,11 Uhr bewegte sich der Zug endlich in mittel mäßiger Schnelle bis Wurzen, wo die Lokomotive durch falscke W-ichevstellung in den Sand fuhr. Wählend des HerauSwindens wurde es uns erlaubt, die Wagen zu verlassen und bei unserer Rückkehr fanden wir eine andere Lokomotive, den „Columbus", vor gespannt, der uns ungefähr in der Schnell« eines mäßigen Schrittes bis zum Macherner Einschnitte führte, dort ab:r seine Funktionen gänzlich einstellte. Wir rvhten hier ein Viertelstllndchen und fuhren dann wieder langsam weiter, bis uns eine andere Lokomotive entgegen kam, die uns rasch nach Leipzig führte, so daß wir um >/»2 Uhr Nachmittags daselbst eintrafen." Die ersten Eisenbohnfohrten scheinen also im Ver gleich zu den jetzigen rechte Fahrten mit Hindernissen gewesen zu sein. Auch war für die Bequemlichkeit der Reisenden auf den Stationen und während der Fahrt wenig gefragt. Die Bahnhofsanlagen waren höchst primitiver Art und ließen deutlich erkennen, daß man einen derartigen Verkehr, wie er sich schon bald darauf entwickelte, noch gar nicht dachte. Von den Personenwagen boten nur diejenigen erster Klaffe Schutz gegen die Einflüsse der Witterung u. s. w , während man in der zweiten Klasse theilweise und in der dritten ganz den Unbilden der Witterung, des Rauchs und des Funkenwurfs der Lokomotive ausgesetzt war. Wenn deshalb damals in den Zeitungen „Halb masken aus Gaze für Eisenbrhnfahrer", „Schutzbrillen gegen Rauch, Ruß und Funken" sowie ähnlich: Dinge empfohlen wurden, jo erscheint uns daS heute höchst wunderlich, hatte aber bei damaligen Zuständen seine Berechtigung. Den Schluß dieser Zeilen mögen einige Zahlen bilden, welche die stets sich steigernde Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen von 1840—1890 von 10 zu 10 Jahren kennzeichnen. 1840 betrug bn einem Zug gewicht von 50 Tonnen die G.schwindigk it eines Zuges (fahrplanmäßig, also incl. Aufenthalt 30 Kilometer in der Stunde, 1850 waren die Zahlen 90 und 42, 1860 110 und 48, 1870 170 und 56, 1880 200 und 60, und heute 280 und 70. Das heißt: Die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen hat sich in 50 Jahren mehr als verdreizehnsacht. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 4. März 1891. — In der gestern unter Vorsitz des Herrn Rendant Thost abgehaltenen Stadtverordneten- Sitzung, in der 17 Mitglieder des Ccllgiums, die Herren Thost, Mühlmann, Pielschmann, Starke, Hein rich, Bretschneider, Hnnmitzsch, Kr.yß, Nitzsche, O. Barth, Thalheim, Donat, Thieme, Braune, H. Barth, Schütze und Müder, und als RathS- deputirter Herr Bürgermeister Klötzer anwesend waren, wurde Nachstehendes verhandelt und beschlossen: 1. Ja Gemäßheit des Beschlusses des Collegiums vom 24. Febr. hat der Bauausschuß ein ander- weites Gutachten über die zur Beschasfuug der nothwendigen Expeditionsrä ume pro- jectirtcn Bauveränderungen im Rathhaus^ abgegeben. Hiernach ist in den Mittelbau eine Helle Granittreppe einzulezen und sind die darin befindlichen Räume im Obergeschoß so auszubauen, daß der oben genannte Zweck vollkommen erreicht wird. DaS neue Projekt, zu dem die vvm Herrn Baumeister Schneider angefertigte Zeichnung vorlag, erfordert einen Kosten aufwand von nur 5000 Mark. DaS Aeußere des Mittelbaues wird dabei nicht verändert. Die Höher führung deS Mittelbaues ist vor der Hand nicht in Aussicht genommen worden, doch wird die ganze An lage so gehalten «erden, daß für die Zukunft die Ver wirklichung deS weitgehenderen Plane- nicht auS- geschloffrn bleibt. Der Stadtrath ist dem neue» Projekt bergetretro, doch empfiehlt derselbe, im Falle eS abge-