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W 1 E»vl>!ali und AiMMl. r I Amtsötatt bis I der König!. Amtshauptmannschaft Großenhain, des König!. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. A I Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. I 162' Sonntag, den 19. October 1890. 43. Jtthrg. W dEicsa wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — Abonnementsprcis vierteljährlich I Mark 2S Pfg. — Bestellungen nehmen alle Katserl. Poftaiisialten, Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), sowie alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem auSgebreiteten Leserkreise eine wirksame Veröffent- D. W lichung stndcn, erbltlen wir uns bis Montag, resp. Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Vormittag- Ü Uhr. — Jnsertion-pret- die dreigespaltene EorpuSzcile oder deren Raum 10 Psg. M > ... Telegramm-Adresse: „Elbeblatt", Riesa. Geschäftsstelle: Kastanienstra-e SV. I I Bekanntmachung. «svv M. Stifttt»ü-gelder sind gegen Nlündelmäßige Hypothek und 4 0/. Zinsen sofort auszuleihen. Riesa, am 15 Oktober 1890. I I Der Stadtrath. M Klötzer. Eulitz. verhielt, wie die Alchymie zur Chemie, man sich sehr lebhaft mit dem Zukunftsstaat beschäftigte und zu er gründen suchte, wie im Zukunftsstaate die Stiefel ge putzt und di- Kleider gereinigt weiden würden. Wir Haden seitdem gesehen, wie die Technik vorangrschritten ist und alle Schwierigkeiten, die früher unüberwindlich schienen, beseitigt hat. Wir leben in der Aera der Eisenbahnen und der Elektrotechnik, die Wissenschaft ist der kühnsten Phantasie von damals vorangeeilt. Diejenigen, welch- nun ein genaues Bild von dem erstrebten Zukunftsstaate verlangen, sollen einmal daS ganze W sm der heutigen Gesellschaftcoidnung sich selbst gegenwärtig halten, sie sollen bedenken, daß alle Voraussetzungen, auf welchen nnsereGesellschafls Ordnung beruht, im Nu durch das Fortschreiten von Technik und Wissenschaft über den Haufen geworfen werden könne». Und in solchem Zustande, wo die Wirklichkeit von heute schon morgen Reaktion sein kann, da soll man Vor aussagen, wie es in dem Zukunftsstaate aussehcn soll. DaS kann nur ein Narr (!) verlangen. Diese Herren sollen koch dann zuerst einmal sagen, wie es in einem einzigen Jahre in Deutschland aussehen wird. Solche Forderung ist also Thvrheit, sie zeigt ein Unvrrständ- niß des ganzen geschichtlichen EntwickelungSprozesses, Leute, die solche Kragen stellen, nageln sich selbst an, als vollständig unwissende, denkunfähige Köpfe. (!!) Der jetzige Staat wachse in den Zukunstsstaat hin ein; cs könne natürlich nicht nach der Analogie deS Sozialistengesetzes gehen, daß man dccretirt: an einem bestimmten Tage, 12 Uhr Nachts, hört die heutige Gesellschaft auf und die neue tritt iu Kraft." Es wird Jedermann einsehen, daß der alte Batec Lieb knecht durch wüste Schimpfereien zu verdecken sucht, was er nicht sagen will oder sagen darf. Holland. Der „Staatscourant" meldet, daß seit dem 13. Oktober keine bemerkbare Veränderung in dem Befinden des Königs cingetreten ist. Derselbe genießt von Zeit zu Zeit einige Stunden SLlafes und fühlt sich etwas weniger ermattet. Amerika. New-Bork, 17. Oktober. Die „Pavonia"-Straßmbahnen- und Omnibus-Ges.llschaften hatten gestern die bei ihnen bediensteten Personen ent lasten und neue Leute angestellt. Die Kutscher rotteten sich zusammen, warfen mit Steinen nach den Wagen der Gesellschaften und verletzten mehrere Fahrgäste. Es wurden infolge dessen einige Verhaftungen vorge- nomnren und im Uebrigen strenge Maßregeln behufs Herstellung der Ordnung getrost n. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 18. Oktober 1890. — Aus unserem Leserkreise gehen uns folgende Darlegungen zu, die wir sehr gern zum Abdruck bringen-, da wir hoffen, daß dieselben zur Klärung einer vielfach erörterten nnd für unsere Stadt wichtigen Frage beitragen werden. Vor einiger Zeit machte Jemand in der „Leipziger Zeitung" bekannt, daß er zur Erlangung einer mündel mäßigen Hypothek bei 32 Sparkassen vergeblich ange fragt habe und auch bei unserer städtischen Sparkasse sind Gesuche um Gewährung von Darlehen auf sichere Hypotheken abgcwiesen worden, welche vorher schon ver geblich bei 7 und 8 Sparkassen angebracht worden waren. Hieraus geht hervor, daß bei so ziemlich allen D TaijeSgeschichte. W Deutsches Reich. Der „Neichsanzeizcr" bringt « W die zw-l sotgenven scharfen Dementirungen: Ein Mllilä.- '' I Posten bei dem Zentral^efängniß in Kotlbus hat un- b W längst gegen eine Person, welche auf bisher unaufge- S D klärte Weise in den Ä-fängnißhof gelangt war und e W auf den wiederholten Zuruf des Postens nicht stey.ii r W blieb, mit »östlichem E folge von der Schußwaffe - W Gebrauch gemacht. Bit Bezug auf diesen Vorfall h.t h W die „Berliner Börsen-Zcitung" die Nachricht gebracht: l- W Se. Majestät der Kaiser und König habe dem Kriegs- ' D Ministerium Alle, Höchstsein lebhaftes Bedauern über die l M Angelegenheit ausgesprochen und dem dringlichen Wunsche k D Ausdruck gegeben, daß derlei p-inlich- Zwischenfälle in ' D Zukunft vermieden wrrden. Man gebe sich deshalb i W d:r Erwartung hin, daß auf I uiative des Kaisers Vorschriften erlassen werden, welche den zu Tage ge tretenen Uebelstänven abhelfen werden. Wir find er mächtigt, die Nachricht der „Börse.-Ztg " von einer W derartigen Acußerung Sr. Majestät als völlig grund los zu erklären. — In verschiedenen Zeitungen wird eiu Artikel der „Schles. Schulzeitung" Wiedergaben, W welcher „aus znv.rlcissigster Qu lle" (!) di- M ttheilung zu bringen vorgiebt, daß im J iteress- und'Auftrage des „Verbandes katholischer Lehrer" di- Zentcumsab- geordneten v. Schorlemec und v. Huene eine Audienz bei dem Uaterrichtsminister gehabt hätten, um L-tzt.ren zu eii.-r veränderten Haltung gegenüber dem gedchun Verbände zu bewegen. Der Verlauf der Unterredung wird näher g-schilde.t und das Ecgebniß der Be.hand- lung in der Erklärung des Ministers zusammeagefaßt, daß er dem Verbände, wenn er sich der Form nach aufläse und einen neuen Verein bilde, unter den von den genannten Abgeordneten bezeichneten Voraussetzungen seine volle Unterstützung angedeihcn lasten wolle. Dieser Artikel der „Schlesischen Schulzeitung" enthält von An sang an bis zu End- nur Unrichtigkeiten. Dir bc- D hauptcte Unterredung hat niemals stattgcfunden. Ein Mitarbeiter der „Köln. Ztg." hat dieser Tage mit einem hochstehenden Mitglied« der österreichischen Diplomatie gesprochen, das vom Kaiser Franz Josef nach der Heimkehr aus Schlesien in eine ausgedehnte Unterhaltung gezogen worden. Der Kais.r habe sich in rückhaltloser We se befriedigt über die Erfahrungen geäußert, welche er in Schlessien gemacht. Er könne, meinte der Kaiser, nichts Besseres sagen, als daß Alles beim Alten geblieben sei — das bezeichne für ihn das Beste. Kaiser Wilhelm habe in Rußland die feste Urberzeugung gewonnen von der aufrichtigen Friedens liebe des Zaren, welche groß genug sei, um auch stärkeren Anstürmen zu widerstehen, als dem heute sich geltend machenden. Vom deutschen Kaiser sprach Kaiser Franz Josef in Ausdrücken wärmster Schätzung, von seiner nie rastenden Arbeitskraft, seinen edlen Zielen, seiner rückhaltlosen Hingabe an das Büadniß W mit Italien und Oesterreich. Der jüngste Berk.hr bedeute für ihn eine dauernde schöne Erinnerung. An General von Caprivi wurde die Schärfe deS Erfassens gegeb ner Verhältnisse und die ungewöhnlich rasche Orientirungsgabe gerühmt. Der Reichskanzler verfüge schon üb-r weitreichende Kenntniß der politischen Ver hältnisse und sei ein durchaus klarer Geist, eine csfene W gerade Natur von gewinnendem Wesen und dürfe als unbedingter Freund deS Bündnisses angesehen werden. Tie „N. Pr. Ztg." meldet: Mehrfache Berichte wollten iu den letzten S lgeu von einem Notenwechsel zwischen Wien und B-rlin über die Frage der Ein leitung von Handelsvertragsverhandlungen bezw. von einer Note der Wiener Negierung wissen, in der erklärt worden sei, in solche Verhandlungen eintreten zu wollen. Soweit nun unsere Wiener Berichte reichen, siad die bezüglichen Meldungen ungenau. Vor längerer Zeit schon ist von deutscher Seite in vertraulicher Wnse dec österreichisch-ungarischen Regierung ter Wunsch be kannt gegeben worben, die Möglichkeit einer handels politischen Annäherung zw schen den beiden Staaten ins Auge zu fassen, und von österreichisch-ungarischer Seite ist dieser Wunsch in einer Weise beantwortet worden, die kein.n Zweifel darüber zuläßt, daß auch den österreichisch-ungarischen Kreis n eine handelspolitische l Annäherung sehr w.llkomm-n wäre. Dazwischen lag die Zusammenkunft ter leitenden Staatsmänner Deutsch lands und Ö sterreich-Ungarns in Rohnstock. Es kann also keinem Zweifel unterliegen, daß jene Berichte der Wahrheit entsprachen, welche wissen wollten, daß die Unterredungen der beiden Staatsmänner auch die handelspolitischen F.agen zum Gegenstände gehabt haben. Die seither eingeleiteten Umfragen in den ge schäftlichen Kreisen beweisen, daß man sich mit dem G danken einer handelspolitischen Annäherung sehr ernstlich befaßt. H Ute aber von unmittelbar b.vor- stehendcn Verhandlungen oder eirigeleiteten schriftlichen AusUr.andersetzangen zu sprechen, wäre v-rfrüht. Ja der Sitzung deS Sozialisten-Congrcstes am Freitag bezeichnete in seinem N.ferate über die Partei presse Auer den Antrag, die sozialdemokratische Presse zum Eigenthum der Partei zu machen, als unannehm bar und beantragte die Lokalpresse zu unterstützen, vom Parteiinteresse unabhängige Pcivatsprculationen zu miß billigen und bei der Gründung neuer Blätter Vorsicht anzuwenden. Der Antrag wurde angenommen. — Während der Sitzung verstarb der Delegirtc Baum- gartrn-Hamburg infolge eines Schlaganfalles. — Die am 15. d. M. gewählte Organisations-Commission unterbreitete den von ihr umgearbciteten Organisations- Entwurf. In demselben ist die dauernd- materielle Unterstützung der Partei al» Vorbedingung für die Angehörigkeit zur Partei gestrichen; die Wahl von weibliche» Delegirten zu Parteitagen wird zugelasstn; für die Parteileitung werden zwölf anstatt bisher fünf Mitglieder verlangt; beantragt wird: daß die Partei leitung künftig nach eigenem Ermessen über die Gelder verfügt. Die in den tztz 14 — 18 enthaltenen Controlle bestimmunzen, insbesondere, daß die Fraktion die Geschäfte des Parteivorstandes zu überwachen hat, werden be seitigt. Der neue Entwurf bestimmt, daß die Partei- . leitung die Parieigeschäfte besorge. Herr Liebknecht hat sich aus der Klemme, in welche > er und seine Genossen dadurch gerathen sind, daß sie nicht im Geringsten anzugeben vermögen, wie der socialdemokratische Zukunftsstaat beschaffen sein soll, mit folgendem hohlen Phrasengcklingel zu befreien ge sucht, womit er gewiß keinen vernünftig denkenden Menschen überzeugen wird: „Man habe ihm zum Vorwurf gemacht, daß er gar nicht einmal damit heraus, ücke, wie eS in solch einem Zukunfsstaate eigentlich aussehen werde. Er blstnne sich noch, daß, als er ei» Jüng ling von 17 oder 18 Jahren war, als auch die Partei noch sehr jung war und sich zu der heutigen Partei