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her AuSgaug-punkt eines Konflikts innerhalb der sozial« Demokratischen Partei al» «kn« wirksame DrmonftraÜon zu «erden. I» Oesterreich treten die Arbeiter ge schlossener ans, al» in Dentschland; dort dürfte die Feier allgemeiner »erden. — Zum 1. Mai find in Preußeu nach der „Köln. Ztg." bezüglich de» Schutze» der Arbeiter, welche am I. Mai nicht feiern wollen, feiten» der Negierung Anweisungen getroffen worden. Wie man aü» parlamentarischen Kreisen hört, ist der Gesetzentwurf über die Verwendung der Sperr gelder fertiggestellt und wird in den allernächsten Tagen dem prenß. Abgeordnetenhaus« zugehen. Er soll keinen Dispositionsfonds weder für die Bischöfe, noch für den Kultusminister enthalten, sondern Verwendungen für bestimmte katholische Zwecke Vorschlägen. In der Berliner Presse wird ein letzter Tage er schienener Artikel der „Hamburger Nachrichten" über den Fürsten Bismarck sehr ernst genommen. Man erkennt darin allgemein die Ankündigung, daß sich der frühere Kanzler in Wirklichkeit au dem parlamentarischen -eben zu betheiligen - gedenkt und zwar sowohl in Preuße« -- der Fürst ist Herrenhausmitglied — wie im Reiche, wo er ein ReichStagSmandat annehmen würde. Daß Fürst DiSmarck über diese KristS, die ihn von der aktiven Tätigkeit im Dienste deS Staates entfernte, sehr herbe Gedanken hegt, ist wohl so ziemlich ficher. ES ist aber zu hoffen, daß der Fürst, wenn er wirklich als Parlamentarier aus seiner unfreiwilligen Muße hrrvortreten will, diese Verstimmung nicht zum Leitfaden seiner Thätigkeit machen wird; daS bedarf wohl keines Beweises. Man wird also dem ange- kündigten Hervortreten Bismarcks nur mit unverholener Befriedigung entgegensetzen dürfen, denn ein solcher Mann wird auch als einfacher Parlamentarier dem Vaterkande zu nütz.» wissen. Vor 8 Tagen schon ist in Mülhausen i. E. «ine Arbeits-Einstellung ausgebrochen, die bedeutenden Umfang angenommen hat und ernsteste Besorgnisse wachruft. Man schreibt der „T. R." darüber unlerm 20. d.e „Die Sache fing am Montag mit einigen Dutzend Leuten an , die in einer Fabrik mehr Lohn verlangten und, da dies nicht sofort gewährt wurde, austraten. Am Dienstag wuchsen sie auf einige Hundert, am Mittwoch aus mehrere Tausend an. Vom Donners tag an zogen diese in Bataillonen geordnet von Fabrik zu Fabrik, die noch Arbeitenden zum Anschluß auf- sordernd. Am Freitag und Sonnabend wurden auf diese Weise alle hiesigen Textilfabriken zum voll kommenen Stillstand gebracht. 13,500 Arbeiter und Arbeiterinnen durchzogen die Straßen, begaben sich in den nahen Stadtwald und ergötzten sich dort in unschuldiger Weise. Alle Versuche von Seiten der Kreisdirektion und der Fabrikherren, eine Einigung herbeizuführen, waren fruchtlos. Was heut von den Leuten angenommen wurde, ward Tags darauf von ihnen wieder verworfen. Daraus ist ersichtlich, daß die ganze Sache durch Einwirkung von Außen herbei geführt ist, der eS um Erzeugung eines bösen Endes zu thun sein mag. Morgen wollen auch alle Arbeiter der Eisenbranche streiken, so daß dann 27,000 Arbeiter auf der Straße lungern werden. Heut ist ein Plakat angeschlagen, nach welchem die Umzüge und Ansamm lungen, als gefährlich für die Ruhe und Ordnung untersagt werden vom Krcisdirektor Sommer, einem umsichtigen, energischen Manne. Ob und wie dies Verbot durchgesetzt werden kann, ob nicht dann der bisherige gutmüthige Charakter der Angelegenheit in daS Gegentheil umschlagen wird, muß abgewartet werden. Jedenfalls ist bei der verzweifelten Lage der Dinge ein Ende sihc schwer abzusehen. Staatssekretär Jordan ist von Straßburg herübergekommen zur Beralhung. Wie weit die Forderungen der Arbeiter hinsichtlich der Verkürzung der Arbeitszeit (erst 11 Stunden, dann 10 Stunden) und des Lohnes geschäftlich noch durch führbar find, läßt sich bei dem verschiedenartigen Charakter der einzelnen Fabrikationszweige schwer über sehen.— Vielfach wird erzählt, einzelne Fabriken hätten mehr als 1^/, Mill. Mark in einem Jahre verdient, und man möchte sonach annehmen, daß, wenn die Herren die Arbeiter mit einem Thril des Reinge winn» betheiligt hätten (von 10 „Patronen", wie sie hier die Arbeitgeber nennen, soll jeder 180,000 Franken als Gewinnantheil gehabt haben), der ganze AuSbruch wohl vermieden worden wäre. Allein auch das läßt sich nicht behaupten, da die Herren Sozialdemokraten den hiesigen Boden für zu günstig zu halten scheinen, »« ihn nicht auSzunützrn. Leider arbeitet ihnen daS leichtfiutrige, selbstbewußte Isisser aller der Fabrikanten stark tu die Hände. ViS jetzt ist der Charakter der Sache »och gutartig. Oesterreich-Ungar«. Im österreichischen Abgeordnetenhaufe äußerte sich am Montag bei der Budgetberathung Ministerpräsident Graf Taaffe über die Frage de» Ausgleich». Sr suchte darzuthuu, daß die Negierung von jeher, seitdem er da» Kabinet ge bildet, einen Ausgleich angestrebt und eine Verständig ung mit den Deutschen zu erzielen gesucht habe. Die Regierung habe jedoch ern Entgegenkomme» der beiden großen Parteien abwarteu müffen. Die versuche seien jetzt wieder aufgenommen, und wenn «an auch noch nicht am Ziele sei, so werd« e« doch mit Gotte» Hilfe dahin gelangen. Arimkreich. Die Regierung bereitet ein Gelb buch über die Berliner Konferenz vor, welches den Be richt der französischen Delegirten enthält. — DaS 6. französische Armeekorps unter General Miribel ist der „Boss. Ztg." zufolge auf eine Stärke von 58 000 Mann gebracht worden, um dem neuen reichsländischen Armeekorps daS Gegengewicht zu halten. Belgien. Stanley soll in Brüssel erklärt haben, seine «twaige Rückkehr nach Afrika hänge von der Ent wicklung der dortigen Ereignisse ab; zunächst werde er eine Reise nach Nordamerika antreten. — In Lon don wird versichert, Stanley gehe nicht nach Berlin und werde nur nach England zu vierzehntägigem Aufenthalt kommen. Spanien. Der Jnfant von Spanien Antonio ist durch königliche Ordre zur Disposition gestellt, weil er ohne Urlaub inS Ausland abgereist war. Der General Francisco de Bourbon ist gleichfalls von seinem Kommando entsetzt worden, weil er die Regier ung öffentlich abfällig kritistrt hat. Rußland. Große Aufregung verursacht in den russischen Militärkreisen der Verkauf deS geheimen Verthcidigungsplanes von Kronstadt an einen in Petersburg beglaubigten fremdländischen Marinebevoll mächtigten für 1200 Rubel. Daß auf Zwangsarbeit lautende militärgerichtliche Urtheil gegen den Haupt schuldigen, Oberstü utenant Schmidt, wurde ia Er schießung abgeändert. Die Negierung erhielt Kenntniß vom Verkaufe durch einen an der Sache beteiligten Zwischenhändler, der statt der ausbedungenen 300 Rubel nur 200 erhalten halte. Ein Kaiserlicher Tagesbefehl vom 18. d. M. spricht dem Geschäftsführer der Kanzlei des Mobilmachungskomitces des Generalstabs, Oberst lieutenant Harf, die Allerhöchste Belobigung aus, da dieser den von Kanzleibeamten vorbereiteten Berrath des Mobilmachungsplans rechtzeitig entdeckte und zur Anzeige brachte. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 23. April 1890. — Zur Feier des Geburtstages Sr. Maj.unseres allgeliebten und allverehrten Königs Albert fand heute in den Straßen unserer Stabt eine Morgenmusik, auszeführt von dem hiesigen Trompetercorps, statt. Auf dem Exercrerplatz hinter der Caserne fand Vormittag 11 Uhr große Parade der Garnison statt, welche mit einem vom Herrn Major Wilsdorf auf Se.Maj. den König auS- gebrachtenHoch endete und an welche sich das Adfeuern der üblichen 101 Salutschuß anschloß. Früh von 8—9 Uhr wurden in den Mittelklassen der städtischen Schulen Klassenfeierlichkeiten «bgehalten, während der Hauptactus mit den Ober klaffen von 11—12 Uhr in der Aula des oberen Schulhauses fialifand. In herkömmlicher Weise bestand dieser Actus in patriotischen Gesängen und Deklamationen und einer Festrede. Ja letzterer verbreitete sich Herr Lehrer Gabriel in recht eingehender und wohlgeordneter Weise über die Frage: „Welche natürlichen Verhältnisse haben dazu beigelragen, daß Sachsen als Industrie- und Handrlsstaat unter den Kulturstaaten einen so hohen Rang einnimmt?" und fügte hinzu, daß es neben den günstigen natürlichen Verhältnissen des Sachsenlandes auf die Intelligenz des Sachsenvolkes und die landeSväterliche Fürsorge seiner erlauchten Herrscher, so namentlich auch Sr. Maj. deS Königs Albert, gewcsen sind, die Sachsen auf die hohe Kulturstufe gebracht haben. Neben dem Lehrerkollegium waren bei dem AktuS auch Mitglieder hiesiger Behörden und andere erwachsene Personen vertrete». In der Kirche ist der Geburtstag Sr. Majestät be reits am Sonntag mit gefeiert worben. — Heute Abend findet zur Feier des TageS ein Festessen in der Bahnhofsrestauratiou Hierselbst statt. Der „Krieger verein König Albert" feiert den Geburtstag Sr. Majestät durch einen CommerS im Gartensaloa der ElbterraA«, der Militär-Verein für Riesa und Um gegend durch eia Kränzchen im Hotel zum Kronprinz. Außerdem war der Feier te» TageS durch Fahaen- und Flaggenschmuck an den Häuser« Ausdruck verliehen worden. — Aue hohe Auszeichnung ward gestern vor mittag einem treu verdienten Beamten der hiestgen Station zu Theil: dem Güterver » alter 1. Classe, Herrn Friedr. Aug. Helbig, wurde da» ihm von Sr. Majestät dem KSaig verliehene Ritterkreuz 2. Classe de» Aldrecht»ardeuS durch Herru Betriebsdirektor Falkenstein in Anwesenheit de» hiesigen Station«- und Fahrpersonal» feierlich überreicht. In seiner Ansprache wir» Herr Betriebsdirektor Falkenstein auf die wackere BeufStreue und die eifrige Pflichterfüllung hin, durch welche sich Herr Güter Verwalter Helbig allzeit ausge zeichnet Hube und stellte denselben als ein nachahmen»- werthe» Vorbild für die jüngere» Beamten hin. — Herr Güte,Verwalter Helbig dankte in bewegten Worten für die ihm gezollt- Anerkennung und die hohe Auszeichnung und brachte ein Hoch auf Se. Majestät den Köniz aus, in da« die Anwesenden begeistert -instimmten. — Auf daS an den Fürsten Bismarck zu dessen Geburtstag am 1. April vom hiestgen Coirservativen Verein durch Herrn Kaufmann Mühlmann abgesandte BeglückwünschungStelegramm ist gestern folgende Zu schrift einzegangen: Friedrichsruh, 12. April 1890. Für Ihre freundlichen Glückwünsche zu meinem Geburtstage sage ich meinen verbindlichsten Dank, v. Bismarck. — Aus Anlaß der 800jährigen Jubelfeier deS Hauses Wettin hat ein hiesiger achtbarer Bürger eine Schenkung unter dem Namen „Wettinstiftung" niebergelegt und bestimmt, daß die Zinsen Les Kapitals alljährlich einem Schüler oder einer Schülerin der hiestgen städtische» Schulen, die in allen Zweigen deS deutschen Sprachunterrichts die vorzüglichste Leistung aufzuweisen haben, zufallen sollen. In diesem Jahre ist'diese Geldprämie, die dazu dienen soll, die Schüler zu regrm Fleiß in der gründlich.» Erlernung ihrer Muttersprache anzuspornen, dem Schüler der 2. Classe ter Höheren Bürgerschule Leo Fischer zuerkannp worden und wurde demselben die Prämie rn Form einer Sparkasseneinlage nach dem Festactus durch Herrn Schuldirektor Bach ausgehändigt. — Ein bei einem hiesigen Ehepaar in Nachmiethe wohnender und in einer hiesigen Fabrik beschäftigt ge wesener Tischlergehülfe hat am vergangenen Sonntag, Nachmittag seine Wuthsleute arg ausgeplündert, indem er, deren Abwesenheit wahrnehmend, den verschlossen, gewesenen Kleiderschrank und die Kommode aufsprengte; die Larin befindlich gewesenen Kleidungsstücke, sowie 50 Mark baares Geld sich aneignete und damit unter Zurücklassung von Schulden und seines alten zerlumpten Anzugs auf Nimmerwiederkehr verduftete. Die alsbald ergriffenen Maßregeln zur Wiederer langung des Diebes resp. der gestohlenen Sachen sind »och ohne Erfolg gewesen. — Laut Inserat wird aus Anlaß der Leipziger Messe an den beiden Sonntagen, den 27. April und den 4. Mai, je ein Extrazug Nachts 11 Uhr 10 Min. von Leipzig, Dresdner Bahnhof, nach Riesa abzehen und Personen in I., II. und III. Wagenklaffe auf gewöhnliche Fahrkarten nach allen Stationen und Haltestellen befördern. — Infolge mehrfacher Beschwerden von Grund stücksbesitzern sei darauf aufmerksam gemacht, daß nach 8 368,9 Les R.-Str.-G.-B. das unbefugte Gehen über Gärte» oder vor beendeter Ernte über Wiesen, bestellt« Aecker rc., oder über solche Aecker, Wiesen, Weiden und Schonungen, welche mit einer Einfriedigung ver sehen sind, oder deren Betreten durch Warnungstafeln untersagt ist, mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird. — Das ab 1. Mai d. I. giftige Fahrscheinver- zeichniß für zusammcnstellbare Rundreisehefte bringt ia seinen Erläuterungen folgende neuere Bestimmungen von besonderer Bedeutung: Fahrscheinhefte werden auS- gefertigt zur Ausführung a) von ia sich geschloffenen Rundfahrten; d) von gewöhnlichen Hin- und Rück fahrten über die gleichen Strecken: e) von Reisen, welche sich zum Theil uns Hin- und Rückfahrten über die gleichen Strecken, zum Theil auS einer ocer mehreren Rundfahrten zusammenscycn. Diese Fahrscheinhefte kommen auch bei außerdeutschen Bahnen, soweit sich solche dcm Rundreiseverkehr angeschlosseu haben, zur Anwendung. Eine mehr als zweimalige Befahrung einer und derselben Strecke ist nicht gestattet. Bei der Beurtheilung der Frage der Doppelbefahrung entscheidet in erster Reihe die Fahrscheinnummer, d. h. ein und derselbe Fahrschein darf nur zweimal, daö eine Mal für die Hinfahrt, das andere Mal für die Rückfahrt ia eine« Hefte Vorkommen. Ja denjenigen Fällen, in welchen neben den für längere Strecken geltenden (so genannten direkten) Fahrscheinen noch Fahrscheine (mit anderen Nummern) für Theile jener Strecken b>stehen, ist die Aufnahme zweier sogenannten direkten Fahrscheine gleicher Nummer und von Einzelfahrscheinen für die