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Drei Jahr« sind vorüber, ich wandle allem zwischen Eypressen, Myrthe» und Lorbeer büschea in den Wirten der Lia Babuioo zu Rom. ES ist Nacht. DaS Mondlicht durchglitzert die Wafferstrahlen der Brunnen, die Sterne glüh'n, die Blumen duften berauschend, Mandolinenklang und daS Gezirpe der Cikaden tönt durch die Luft. Ich sauge mit vollen Zügen den Schimmer, die Düfte und die Klänge, denn mein Herz hat gedürstet nach der glühenden Pracht de« süd lichen Himmels, nach dem Zauber myrthendurchdufteter Haine. Unter einem hoch emporragenden Zirbelbaum bleibe ich stehen, lehne daS Haupt an den Stamm und starre entzückt und berauscht hinein in die bal samische glanzerfüllte Nacht. Da höre ich Schritte, ein Paar kommt heran, ich sehe daS Funkeln und Glitzern einer Uniform im Mondenschein. Auf der Steinbank, dicht neben mir, nehmen die Beiden Platz. Ich stehe lautlos im Dunkeln, der Schalten einer Cy- pnsse deckt mich. „Ach Margit, daß wir roch einmal so glücklich werden, wrr hätt'S gedacht!" „Wer Hätt'S gedacht!" flüsterte sie leise und lehnt ihr Haupt an seine Schulter. Sie sehen eine Weile stumm gerade auS. „Weißt Du noch, Margit, wie schwer unS die Trennung ward in jener Oktobernacht? Wer Hätt'S geglaubt, daß nach wenig Jahren uns das Schicksal so volle, ganze Vereinigung brächte! Aber freilich Du, hast schwer gelitten, Margit, Du Opfer kindlicher Liebe und Pflicht!" Er nimmt ihre Schläfen in seine Hände und küßt sie auf die Stirne. Ich erblicke ein zarteS, blumenhafteS Frauenantlitz. „O, doch nicht, Leo, ich litt so sehr nicht, wie Du glaubst! Erst beglückte mich der Gedanke, daß ich meine Pflicht gethan, ich sah mit Genugthuung, wie der Vater auflebte und froh und heiter wurde, wie Martha's Wangen sich färbten und ihr silbernes Lachen daS HauS durchtönte, und dann lernte ich meinen Gatten lieben . . ." „Margit!" „Wie einen Vater, Leo! Er war so gut und edel, ich Pflegte ihn voll Trauer und Sorgfalt, als er erkrankte, und weinte aufrichtige Thränen, als er starb!" „Und dann — dann, Margit, sah ich Dich im Wittweukleide! Vielleicht war es Sünde, ich jubelte laut auf..." Sie legte ihre Hand, eine kleine niedliche Kinder hand, auf seine Lippen. „Weißt Du es noch, wie Du sagtest: Für unsere Liebe giebt eS kein Erwachen, keinen Frühling mehr? Und nun! Siehst Du, man soll nie verzagen! Der Himmel sendet seine Gnade zu einer Stunde, wo man sie am wenigsten erhofft und das, was unseren Blicken eine dunkle, unheilvolle Wolke scheint, ist oftmals nur ein düsterer Schleier, der für kurze Weile noch uns das Glück, die Sonne verbirgt!" Sie schweigt und steht mit seligen Augen zum Nachthimmel empor, er legt seine Arme um ihren HalS und zieht sie näher zu sich heran. „O, Margit, mein Glück, meine Blume, meine Welt — wie lieb ich Dich!" Der Eisenbahnraub mit bewaffneter Hand pflegte bisher nur in Amerika betrieben zu werden, scheint aber sich jetzt auch in Spanien einzubürzern. In einem Gepäckswagen des von Barcelona nach Madrid fahrenden Kounerzuges waren dieser Tage, so schreibt man dem „Hann. Cour.", mehrere Geldkisten untergebracht, welche die Einnahme der Bahnstationen von dem voihergehevden Tage ent hielten. In dem Gepäckwagen befand sich ein Bremser, dem die Obhut über die Geldsendung anvertraut war. Derselbe hatte die Thürer, geschlossen und sich in seinen Mantel gewickelt, auf dem Boden ausgestreckt. Der Zug fuhr mit halber Geschwindigkeit, als plötzlich kurz vor der Einfahrt in der» Tunnel die Thüren mit Axihieben zertrümmert wurden und drei bis an die Zähne Bewaffnete in den Raum drangen. Der zum Tode erschrockene Bremser war sd außer Fassung, daß er nicht im Stande war, eine Pistole zu ergreifen, die er mit sich führte. Die Eindringlinge, welche in größtem Stillschweigen und mit ungemeiner Raschheit handelte«, schlugen die Wagenlawpe zu Boden und löschten sie aus; zwei warfen sich dann auf den Noch immer wie versteinerten Bremser, wählend der Dnttr die Grldkisten auf den Bahndamm schleudern wollte. Der Anßefallene entwich in der Dunkelheit dem ersten Angriffe, ergriff die »„gezündete Laterne, welche dir Bahnbeamten stets mit sich führen, hüllte sich fester in seinen Mantel und machte Front gegen die Räuber. Beim erste» Schlage zerbrach auch die Laterne und dichte Dunkelheit umgab die Kämpfenden. Der Be ¬ amte sucht sich den Rückt» mit den Grldkisten zu decken und vertheidigte sich mit der erloschenen, zerbrochenen Laterne, mit Händen und Füßen. Er schrie um Hilfe, aber daS donnernde Geräusch deS den Tunnel durch fahrende» Zuges ließ sein Rufen uogehöit verhallen. Der ungleiche Kampf währte nicht lange, der Vertheidiger sank, am Kopfe verwundet, zu Boden. Die Angreifer hielten ihn für todt und warfen nun die Kisten auf den Bahndamm, da der Zug den Tunnel verlassen hatte. Dann sprangen sie aus dem Zuge. Inzwischen raffte sich der verwundete auf, setzte die Bremse in Thätigkeit und schritt auf den Wagentntten der Maschine zu, indem er zwei Schüsse abseuerte. Als ter Maschinen führer bemerkte, daß der Zug gebremst wurde und zu gleich die Schüsse hörte, hielt er den Zug an. Die Guardia-Civil (bewaffnete Bürgergarde) verließ denselben und suchte die erschrockenen Reisenden zu beruhigen. Der Bremser berichtete von dem Ueberkall und machte sich in Begleitung der bewaffneten Macht auf die Ver folgung der Flüchtigen, die indeß schon zu groß:» Vor sprung gewonnen hatten. Bei dem AuSgange des Tunnels wurden fünf Kisten angetrossen, welche die Räuber auS dem Gepäckwagen geschl, udert hatten, sämmtlich unberührt. Sie wurden zmückgebrocht, und der Zug setzte seine Fahrt fort. Die Wunden des Bremsers waren nur leicht, da er die Vorsicht begangen hatte, sich in seinen Mantel einzuhüllen, der von Messer stichen ganz zerschnitten war. Bei der Ankunft in Madrid konnte der treue Beamte die hartnäckig ver- thcidigte Geldsumme selbst abliesern und empfing als Belohnung eine Gehaltserhöhung. Vermischtes. Die Getreuen in Jever konnten die dem Fürsten Bismarck auch zu seinem diesjährigen Geburts tagsfeste zugedachtcn 101 Kibitzeier bereits am 30. März, und zwar nach Friedrichs,uh zur Absendung bnngen. Die der Sendung beigegebene Widmung lautet: ..Magst Du äs Kanzler van uns gaaii. In unsc Harten blisfst Du staan AIS Dütschlands Stolt, an Ehren riet Een lüchtend Vörbild alle Tied!" Zur Warnung für Wirthe möge nachstehende Entscheidung des Reichsgerichts dienen: In der Ver mischung des in dem Tags zuvor angezapften Fasse zurückgebliebenen und dadurch schal gewordenen Bieres mit frischem Bier von. gleichem Fabrikat ist eine Ver fälschung des Bieres zu finden, wenn dieses dadurch verschlechtert ist und der Thäler zum Zwecke der Täuschung die Vermischung vorgenommen hat. Ob , die Verschlechterung nur so geringfügig war, daß die I Gäste sie nicht bemerkt haben, ist nur für die Höhe der Strafe erheblich. Auch in der Vermischung von besseren Biersorten mit geringeren ist der Thatbestand des Z 10 des Nahrungsgesetzes zu finden, sofern der Angeklagte mit der Vermischung der Biersorten eine Täuschung der Gäste bezweckt hat. Der Cylinder Hut begeht gegenwärtig sein hundertjähriges Jubiläum in Europa. Franklin's ein facher Öuäkerhut, den er als amerikanischer Deputirter in Paris trug, gab, nach der „Europ. Modenzeitung.", Anlaß zur Einführung dieser Hutform an Stelle des Dreispitzes. Der Cylinder hatte in seinen ersten Jahren einen demonstrativen Character und galt als Zeichen revolutionärer Gesinnung. In Deutschland duldeten die Behörden diese Tracht nicht und in Rußland ging man so weit, ihn bei strengster Strafe zu verbieten. Ende der Vierziger Jahre hatte der Cylinder seinen Character vollständig geändert, er galt als Zeichen der Gutgesinnten, wodurch er die Benennung als Angst rohr erhalten haben mag. Das frühere Schicksal seines Rivalen theilt der später zur Einführung gelangte weiche, niedrige Filzhut, mit welchem sich die Polizei organe viel zu schossen machten. Die Zeit und ihr Wechsel hat Alles ausgeglichen; denn heute existiren beide friedlich nebeneinander und nur noch die Mode nimmt Korrekturen an ihnen vor. Etwas für nervöse Leute. Die K.ieger aus dem indischen Stamm der Sikhs sind berühmt wegen ihrer außerordentliche» Geschicklichkeit in der Führung des Säbels. Ein beliebtes Experiment, um diese zu be weisen, besteht darin, daß ein auf der Handfläche eines Mannes ruhender Apfel von einem Sikh durchgehauen wird, so daß die beiden Hälften der Frucht zu Boden falle», ohne daß die Haut des Haltenden im Mindesten beschädigt wird. Hierzu gehört große Stätigkeit von Seiten deS Letzteren, da ein leises Zucken der Hand Natürlich schlimme Folgen haben kann. Der verstorbene Lötd Napier von Magdala wollte lange nicht glauben, daß ^ieS möglich sei; ein Sikh erklärte sich bereit, es ihm zu zeigen, wenn der Lord den Apfel halten wollte und Napier willigte sofort ein, da er glaubte, der Krieger werde es doch nicht auf die Probe ankommen r lassen. Indessen darin inte er sich. Der Sikh be- r merkte jedoch in der rechte» Haudfläch« de» General» , eine kleine Unregelmäßigkeit und bat ihn, den Apfel in die au-gestreckte link Hand zu nehme». Napier hat nochmals erzählt, er habe jetzt zum ersten Mal in c feinem Leben ein an Furcht grenzende« Gefühl gehabt, c alS er sah, daß der Sikh nicht daran dächte, zurückzu- l treten. Aber trotzdem zitterte die linke nicht, der Stahl > blitzte durch die Luft und die Frucht fiel in zw i Hälften > zur Erde. Die Hand wurde nicht geritzt, obgleich die scharfe Klinge sie fo berührte, al« wenn ein Haar da rüber zerrissen worden wäre. Der General hatte sich nun allerdings überzeugt, daß die gerühmte Geschick lichkeit der SikhS nicht übertrieben worden sei, vertot aber dennoch derartige Versuche in Zukunft anzustellen. Ueber daS Leben der Studentinnen in Zürich hat kürzlich Fräul. Or. mscl. Agne« Bluhm in Wien einen Vortrag gehalten. Die Genannte er innerte hierbei daran, daß sich zu Beginn deS Winter semesters 1864/65 zum ersten Male in Zürich die Pforten der Hörsäle den weiblichen Studenten er schlossen und heute seien an der medicinischen, juristischen und philosophischen Facultät der dortigen Universität nicht weniger als 83 Studentinnen auS Deutschland, Oesterreich, Rußland und Amerika immatriculirt. Die Jmmatriculation dec weiblichen Studenten erfolge so ziemlich unter den gl ichen Be stimmungen, welche in Bezug auf die wissenschaftliche Vorbildung bei den männlichen Studenten gelten. Die Studentin hat gleichfalls Anspruch auf den Titel „akademischer Bürger", und wenn auch Anfangs die Studenten in ihren weiblichen Co< currentinncn natür liche Feinde erblickten, so gestalte sich heut zu Tag: der gegenseitige Verkehr doch kameradschaftlich und unge zwungen. Ja, die Kameradschaft gehe schon so weit, daß sich Männlein und Weiblein beim Examen gegen seitig durch ein Lorri^sr lu kortuns aushelfen^ Selten nur erlauben sich die Studenten weibliche Collegen zu molcstiren; einerseirs, bemerkte die Vor tragende mit einem leisen Seufzer, seien die Schweizer von weit weniger chevalereöker Art gegenüber den Damen, als die Oesterreicher und Deutschen, anderer seits beschäftige die Wissenschaft so mächtig und zwingend das ganze Fühlen und Denken — und gerade im analomischen Präpanrsaale — daß dieser Umstand allein jede Jnconvenienz verscheuche. Der Münchener Anatom Bischof habe zwar behauptet, daß das Zusammenstudiren der Herren mit Damen die Ideale der Weiblichkeit herabsetze, aber die Vortragende , bestreitet dies auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen. I Der Verkehr, sagte sie, gewinnt freie und ungezwungene Formen und der gegenseitige Gedankenaustausch wirkt nur fördernd und anregend auf beide Theile. Rühmend hebt Fräul. Dr. Bluhm hervor, daß die Professoren, obwohl sie principiell gegen das weibliche Studium eingenommen sind, bei Prüfungen die strengste * Objektivität walten lassen. Die Rednerin schilderte in eingehender Weise das Leben der Studentinnen im engeren Kreise und hebt hervor, daß nur die Russinnen eS waren, die durch ihr legöreS und vernachlässigtes Aeußere sich früher wesentlich von den übrigen Studentinnen unterschieden und in bürgerlichen Kreisen ein starkes Borurtheil gegen weibliche Studenten wach riefen. Heute sei dies aber auch nicht mehr der Fall. In Zürich ist es entschieden worden, so schloß Fräul. Dr. Bluhm ihre Vorlesung, daß ihre sociale Bewegung auch unter den Frauen Eingang gewonnen hat. Wenn die Frauen als trauriges Product alter Erziehungen eine gewisse Aengstigkeit nach außen zeigen, so mögen sie den Spruch berherzizen: „Daß ist der Weisheit letzter Schluß: Nur der verdient sich Freiheit wie Las Leben, der täglich sie erobern muß." Verwerthung alter Schuhe. Eine französische Zeitung giebt Auskunft über die industrielle Verwerthung alter Schuhe, welche in einem zum eigentlichen Gebrauche völlig unverwendbaren Zustande aus der Gaffe aufgc- lesen werden. Man trennt sie zunächst; daS alte Leder wird einer umständlichen Bearbeitung unterworfen, wodurch eS in eine schmiegsame Masse um gewandelt wird, auS der man eine Art künstlichen Leders ge winnt, welches, dem Aussehen nach, dem schönsten Corduanleder gleicht. Auf diesen Stoff drückt man in Amerika die besten Muster auf. Die französische Industrie, in dieser Richtung weniger vollkommen als die amerikanischen, begnügt sich damit, dieses Leder als Ueberzug auf Koffer und Reisetaschen zu verwenden, indem sie zu neuen Schuhen umgearbeitet werden. Damit beschäftigen sich die Gefangenen in den Straf häusern Mittelfrankreichs, welchen die alten Schuhe zumeist auS Spanien geliefert werden. Man trennt sie auf, nimmt alle Nägel heraus, dann läßt man si: im Wasser weichen, um sie geschmeidiger zu machen und schneidet daraus Oberleder für Kindeischuhe zu,