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und Beschlagnahme gedeckt sind, überweist der Finanz minister den ganzen Rest der Gesammteinküaft« dem preußischen Ministerpräsidenten, dem allein die Be stimmung der Verwendung der Einkünfte zufällt und der auch allein die Verantwortung für die richtige, der Beschlagnahmeordnung entsprechende Verwendung zu übernehmen und zu tragen hat. Alljährlich legt er persönlich dem König Rechnung über diese Ver wendung der Einkünfte, und alljährlich erbittet er sich vom König eine Allerhöchste Kabinetöordre, welche die nachgewiesene Verwendung gutheißt. Sobald diese Ordre ergangen ist, werden sofort alle Belege der Rechnungslegung verbrannt, nur diese Ordre werd zu den Akten genommen, und so allein ist es möglich, daß die einzelnen Aufwendungen nach Ziel und Her kommen durchaus geheim bleiben können. Daß in den ersten Jahren, zumal so lange die Welfenlegion in Paris bestand, und so oft Kriegsgefahren die Hoff nungen der «elfischen Agenten neu belebten und bc- stä kten, sehr große Summen, insbesondere im Aus lande, für eine zuverlässige Beobachtung und Abwehr der «elfischen Bestrebungen auSgegeben worden sind, ist weithin bekannt. Ebenso ist aus zahlreichen An deutungen früherer Zeit bekannt, daß Fürst Bismarck zur Abwehr welfifcher Unternehmungen auch diejenige Thätigkeit der Regierung zählte, w-lche dahin abzielte, den Bewohnern Hannovers den Uebergang und das Leben in den neuen preußischen Verhältnissen möglichst angenehm und leicht zu macken. So gilt es denn auch als wahrscheinlich, daß eine große Anzahl von gemeinnützigen Unternehmungen in der Provinz Hannover, Bauten von Kirchen, Museen, Straßen, Wohlthätigkeitsanstalten aus dem Wclfenfonds be stritten ist, oder wenigstens beträchtliche Zuschüsse er halten hat. Die Empfänger dieser Beiträge aus dem Wclfenfonds werden schwerlich Kenntniß von ihrem wirklichen Ursprünge erhalten haben. Jedenfalls geht auS dem Gesagten hervor, daß eine Beweisführung dieses Ursprunges durchaus unmöglich ist, sobald das betreffende Jahr der Verausgabung der Summe ab gelaufen ist und die Kabinetsordre die Rechnungs legung genehmigt hat. Jede Behauptung, daß eine einzelne bestimmte Summe aus dem W-lfenfondS entnommen ist, muß alsdann naturgemäß beweislos bleiben, und Verbreitung entsprechender beweis loser Behauptungen entbehrt also ebenso wie die daran geknüpften Folgerungen einer sicheren Unterlage." Im Reichsamt des Innern fand am Dienstag Vormittag unter dem Vorsitz des Staatsministers von Boetticher eine Konferenz in Sachen des deutsch österreichische« handelspolitischen Abkommens statt, an welcher i>er Ober-RegierungSrath Haber, der Unter- staatSsetretär Schraut und der Generaldirektor der bayrischen Zölle und Steuern, May, theilnahmen. Laut den „Berliner Politischen Nachrichten" ist Huber am Dienstag nach Wien zuröckgekehrt. In der ätzten Zeit sind aus Amerika allerlei Nach richten, sogar mit wenig versteckten Drohungen gegen Deutschland gespickt, über die demnächste Aushebung des deutschen Einfuhrverbotes betr. daS amerikanische Schweinefleisch bekommen. Die Verhandlungen da rüber wurden als dem Abschluß nahe bezeichnet. Dem gegenüber erklärt das offiziöse „Wölfische Büreau'" daß überhaupt keine Verhandlungen in dieser Ange legenheit eingeleitet worden seien. Minister von Berlepsch erklärte einer Abordnung von Berliner Kaufleuten bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgeschäft: Da könne er mit Bestimmtheit auSsprechen, daß der Sonntag-Nachmittag den im Handelsgewerbe Beschäftigten voll gehören solle. Nur glaube er nicht, daß die Festsetzung einer bestimmten Schlußstunde für ganz Deutschland durchführbar sei. Deshalb könne man den einzelnen Otten die Freiheit darin nicht nehmen, doch höchstens 2 bis 3 Uhr Nach mittags dürfte als Endpunkt der Sonntagsarbeit be stimmt «erde«, andere Bestimmungen würden nicht genehmigt werden. Die Vorbereitung eines, die sogenannten Abzahl ungsgeschäfte betreffenden Gesetzes ist, nach dem „M. N. N", soweit vorgeschritten, daß demnächst die kommiffarischen Berathungen unter den betheiligten ReichSämtern des Innern und der Justiz werden be ginnen können. 20 Jahre waren am 21. d. vergangen, daß in Berlin der erste deutsche Reichstag eröffnet wurde. Mit dem Abg. Windthorst starb eine» der Mitglieder, die ununterbrochen bis zu der jetzigen Legislaturperiode dem Reichstag angehörten. Zu denselben gehören auch noch die Abgeordneten Rrichenspergrr, Benda, Kardmff, Unruh-Bomst, Korkenbeck, der Alterspräsident Moltke, Richter und Hänel. Eröffnet wurde der erste Reich»- - tag in dem jetzigen ReichstagSgebäude in der Leipziger- ! firaße, das ursprünglich da» Geschäftshaus der könig lichen Porzellan-Manufaktur «ar und «ach Umbauten der Baumeister GropiuS, Schmieder und Neumann seine jetzige Gestalt angenommen hat. Wenn der Reichstag sein 25 jähriges Jubiläum 18SK feiern wird, wird er hoffentlich di« jetzigen schmucklosen Räume mit dem Monumentalbau am Königsplatz ver tauscht haben. Der BundeSrath hat dem Entwürfe eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des PatentgesitzeS nach den Beschlüssen d«S Reichstag« zugestimmt. Der Vorstand der elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt a. M. theilt mit, Se. Majestät der Kaiser habe zum Zwecke der Herstellung einer elektrischen Kraftübertragung von Lauffen am Neckar nach Frank furt a. M. in Würdigung der an die beabsichtigten Versuche sich knüpfenden nationalwirthschaftlichen Jntereffen eine Beihilfe von 10000 Mk. aus NeichS- mitteln bewilligt. Das Zustandekommen der seit einigen Wochen in Bildung begriffenen Deutsch-Ostafrikanischen Seegesell schaft mit ihrem Sitze in Hamburg ist, wie mit- getheilt wird, gesichert. Es sind von Hamburger Firmen und anderen Interessenten über eine Million Maik gezeichnet. Die Genehmigung der Satzungen durch den Reichskanzler und die Beilegung von Kor porationsrechten durch den BundeSrath steht zu er warten. Auch die Deutsch-Ostafnkanische Gesellschaft in Berlin betheiligt sich mit 100000 Mark und hat zugesaqt, di« neue Gesellschaft zu fördern. Belgien. Wie das Journal „Chronique" mit- theilt, Hütte der König unmittelbar nach seiner Rück- k.hr von London die Minister zu einem Ministerrathe zusammenberufen und denselben mitgetheilt, es sei un umgänglich nothwendig, eine Revision der Verfassung in Angriff zu nehmen. Der König habe hinzugefügt, er sei angesichts der im Lande herrschenden Agitation bereit, ein Dekret über die Auflösung der Kammern zu erlassen. Chile. Eine Depesche aus Valparaiso giebt furchtbare Einzelheiten über den letzten Kampf zwischen den Aufständischen und Regierungstruppen. Hiernach wurden 200 gefangene Insurgenten zusammengebunden und mit Kanonen und Gewehren zusammengeschoffen. DaS Telegraphenamt in Jquique wurde auf unbe stimmte Zeit geschloffen. Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 25. März 1891. — Es war hohe Zeit, daß auf die Petition der 15 sogenannten „Höchstbesteuerten", welch: gegen die Erbauung einer neuen Caserne in Riesa ge richtet ist und in welcher die königl. Kreishauptmann schaft gebeten wird, der Stadt Riesa zur Aufnahme einer neuen Anleihe die Genehmigung zu versagen, eine Kundgebung von anderer Seite, eine Gegenpetition aus den gewerblichen Kreisen hiesiger Stadt, aus der gesammten Bürgerschaft Riesa's erfolgt ist. Diese Gegenpetition geht von dem Gewerbevercine, dem Bürgelvereine und dem HauSbesitzsrvereine aus und hat bis heute beriits über 600 Unterschriften nicht bloß von Mitgliedern dieser Vereine, sondern aus der Bürgerschaft überhaupt, darunter von mehreren Bürgern, die auch zu den wirklich „Höchstbesteuerten" zählen, ge funden. Auch der Städtische Verein, der zur Zeit 86 Mitglieder zählt, hat sich der Petition anzeschloffen und eine darauf bezügliche Eiklärung mit eingegeben. In der Gegenpetition wird betont, daß man die Beschlüsse des Stadtraths und de» Stadtverordnctencollegiums in der Casernenbaufrage voll und ganz billige und gutheiße, und daß die finanziellen Verhältnisse der Stadt Riesa durchaus geordnete sind und zu Be fürchtungen, wie sie in der ersten Petition ausgesprochen und recht geflissentlich herauSgerechnet worden sind, keinen Anlaß geben. Es wird daher die königl. Kreishauptmannschaft gebeten, der Stadt Riesa die Genehmigung zur Aufnahme der erforderlichen Geldanleihe zu ertheilen, zumal es sich hier um eine productive Kapital anlage handele und die Stadt durch die neu« Garnison in jeder Beziehung nur gewinnen könne. Die Petition wird zunächst dem KreiS- ausschusse, dessen nächste Sitzung zu Anfang April stattfindet, zur Berathung und Beschlußfassung vorliegen. — Gestern ist man mit der Ehaussirung der Gartenstraße fertig geworden. Ob nun auch die Durch führung der genannten Straße bi» aus den „Kaiser- Wilhelm-Platz", wie solche« in dem HauShaltplan vor gesehen worden, in diesem Jahre noch vorgenommen «erden wird, muß abgewartet «erden und dürfte jeden falls von den darauf bezüglichen Verhandlungen mit den dabei in Frage kommenden Grundstücksbesitzern abhängen. Dagegen steht die Herstellung der Straßen um den oberen Theil de» Kaiser-Wilhelm-Platze» außer Zweifel. Die Planirung de» oberen TheileS deS Kaiser-Wilhelm-Platze« ist bereit« seit längerer Zeit in Angriff genommen worden und es dürfte, sobald dies- Arbeit fettiggestellt worden, unmittelbar darauf die Bepflanzung und Besäung deS Platzes erfolgen. Die Kastanirnstraß: wird verlängert und durchschneidet den Platz in der Mitte. ES unterliegt keinem Zweifel, daß der Kaiser-Wilhelm-Platz wesentlich zur Verschönerung Riesa's beitragen und schon nach Verlauf von wenigen Jahren die Hauptzierde der Stadt bilden wird. Die Regulirung der verlängerten Schulstroße ist auch bereits begonnen worden und es wird auch an dieser Stelle, wenn hierzu noch die in Aussicht genommene Ein friedigung de» SchulhauSblockeS hergestcllt sein wird, der Straßenbau zum Abschluß gelangt sein und die Schule dadurch nebst ihrer Umgebung ein schönes Aussehen erhalten. An Straßenbauten sind in bi-sem Jahre nach dem Hausholtplan noch vorgesehen die Regu lirung der Meißnerstroße, der Ausbau der Straße „Am Rundtheil" und die Beschotterung des Riesa - Pausitzer Communicationsw-ges. Damit aber werden die Straßen bauten in der Stadt in der Hauptfachs zu Ende geführt sein. ES ist zwar nicht zu leugnen, daß dieselben große Summen gekostet haben werden, aber die Stadt wird da durch an Aussehen und bezüglich des Verkehrs ungemein viel gewonnen haben. Schon j tzt sind die Vottheile derselben, so namentlich auch betreffs der geschaffenen Trottoirs für den Fußverkehr, ganz augenfällige und werden als solche nicht bloß allgemein empfunden, sondern auch allgemein anerkannt. — Wie in vielen anderen Städten unseres engeren und weiteren Vaterlandes, so wird auch hier der 76. Geburtstag Sr. Durchlaucht des Fürsten Bismarck, des hochverdienten Alt-Reichskanzlers, am 1. April durch eine Festlichkeit und zwar durch einen Festcommers im Saale des „Wettiner Hof' gefeiert werden. — Morgen wird auf dem Albertplotz: hierfilbst in einer dazu eingerichteten Schaubude eine Ausstellung von lebenden Naturseltcnheiten eröffnet werden. Die ganze zoologische Sammlung bittet, wie ver schiedene Blätter berichten, sehr vitt des Interessanten und ist daher der Besuch der Ausstellung Jedem zu empfehlen, der die Thierwelt mit aufmerksamen Augcn v.-rsolgt. Nicht weniger als 20 Abnormitäten, darunter solche, die wirklich einzig in ihrer Art daftehen, finden sich in Büchler's Ausstellung vor. Die Thiere weisen, was sehr merkwürdig ist, eine Fülle von Gesund heit auf. — Eine für weite Kreise wichtige Frage wird zur Entscheidung an das Reichsgericht gebracht werden, die Frage, ob ein Kaufmann, welcher in Verbindung mit seinem Geschäfte den Kl.inhandel von Spirituosen be treibt, als Schankwirlh zu betrachen ist. Die Straf kammer des Landgerichts zu Beuthen in Oberscklesien hat diese Behauptung aufgestellt und aus diesim Gründe die Rechtsverbindlichkeit der Regierungs-Polizei- verordnung für den oberschlesischen Jndustriebezirk, welche die E-öffnung von Kaufläden, in denen auch Spirituosenkleinhandel mit betriebe» wird, vor 8 Uhr Morgens verbietet, anerkannt. Da in dem preußischen Gesetze über die Polizeiverwaltung nirgends die polizei liche Beschränkung kaufmännischer Geschäfte vorgesehen ist, wollen die Verurtheilten bei der Wichtigkeit deS Verbotes Revision beim Reichsgericht einlegen. Oschatz, 23. März. Der Schnell- und Dauer läufer A. Dibbel aus Wien trat am Sonntag hier auf und wollte in 60 Minuten den Markt 60 Mal umlaufen, was einer Entfernung von 2^/, deutschen Meilen gleichkommt. Ein Ulan, Karl Kandler, vom hiesigen Regimente hatte sich zum Mitlaufen gemeldet und übertraf den Dippel noch, indem er in de,selben Zeit den Markt 61 Mal umlief. Meißen. Mit Beginn der Schifffahrt ist auch- in den Steinbrüchen der Umgegend wieder rege Thätig keit hervorgerufen worden. Einer der interessantesten Steinbrüche ist der „Hamburger Bruch" in Zadel, man versichert, daß eine zweite Einrichtung in Deutschland noch nicht existirt. Der Bruch ist im Besitz der Herren Mayer und Fliegner in Hamburg, der erstere ist Civiliagenieur. Diese Herren gehen nach dem „M. T." mit der Absicht um, die angrenzenden Höhenstrecken käuflich zu erwnbeo, um hier mindesten« 8—8 Brüche herzustellen. Zunächst hat man die Brüche durch 2 Schienengeleise mit der Elbe bez. mit dem Ladungsfahrzeug verbunden, auf dem einen Strang fahren die leeren, auf dem anderen die volle« Fahrzeuge. Am Bruch selbst steht «ine große Ma- schinenanlagr; der eine Raum enthält eine große Dampfmaschine mit 45 indirekten Pferdekiäfte», welche «io doppelte« Steinbruchwert tnibt. Die g e-