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11084 Börsenblatt f d. Dtschn. Buchhandel- Nichtamtlicher Teil. 223. 25. September ISOS wird, hat im Abgeordnetenhaus nur sehr wenig Fortschritte gemacht- Die Vorlage ist zwar teilweise durchberaten worden, die Schließung der Session hat aber selbst diese geringe Arbeit wieder zunichte gemacht. Auf dem Gebiete des Urheberrechts ist neuerlich ein Fortschritt zu verzeichnen- Im Berichtsjahre wurde auf Grund der Novelle zum Urhebcrrechtsgesetz ein Urheberrechts abkommen mit Schweden abgeschlossen- Warum aber unser Justizministerium auf Grund der ihm erteilten Befugnis die Reziprozität mit der Schweiz, Rumänien, Griechenland, Belgien und manchen anderen Staaten noch immer nicht ausgesprochen hat, bleibt ganz unerfindlich- Nach Lage der Gesetzgebung dieser Länder könnte die Reziprozität durch eine einfache Verordnung des Justizministers ohne weiteres durch geführt werden. Für Rumänien hat man trotz dieser ein fachen Sachlage den ungemein komplizierten Weg eines Staatsvertrags gewählt, der zwar abgeschlossen worden ist, dessen Ratifizierung durch das Parlament aber nach Lage der Dinge noch lange auf sich wird warten lassen müssen. Hatte der Sortimentsbuchhandel in den vergangenen Jahren keinen ähnlichen Aufschwung wie manche Zweige der Industrie aufzuweisen, so berührte ihn auch das Sinken der Konjunktur nicht in bedeutendem Maße. Die geistigen Bedürf nisse wachsen, und es ist nur zu beklagen, daß die materiellen Mittel bei den Beamten, Lehrern, Arbeitern oft nicht im rich tigen Verhältnis zu der geistigen Strebsamkeit stehen. Pracht werke kommen nur ganz ausnahmsweise zum Verkauf; die Mode hat sich von ihnen abgewendet. Den größten Absatz haben die Saisonromane zu verzeichnen, die jeder Gesell schaftsmensch gelesen haben muß, ferner die Büchersamm- lungsn (Kollekionen), die über die verschiedensten Wissens gebiete in knapper, gemeinverständlicher Form belehren. Nichtsdestoweniger muß festgestellt werden, daß ein Zu nehmen der Kauflust für Bücher bestand. Insbesondere be ginnt die Freude an gut ausgestatteten Büchern immer weitere Kreise zu erfassen. Teure Luxusausgaben werden noch immer stark gekauft, doch scheint es, daß auf diesem Gebiete eine gewisse Übersättigung des Publikums eingetreten ist- Auch im Verlaufe dieser Berichtsperiode sind zahlreiche zum Teil sehr erfolgreiche Bücherauktionen in Wien abge halten worden. Auch der Kunstverlag und Kunsthandel stand nach dem Berichte der vorgenannten Korporation im Zeichen des Jubi läumsjahres- Zahlreiche Porträts des Kaisers sind erschienen, von großen Radierungen angesangen bis zu den Ansichts karten. Auch frühere Bilder wurden vielfach reproduziert. Von besonderem Werte war hierfür die nach jeder Richtung hin so gelungene Ausstellung, welche im Herbste 1808 unter dem Namen »Unser Kaiser« in den Gartenbausälen in Wien stattfand. Eine weitere starke Befruchtung des Kunstverlags erfolgte durch den Festzug. Dieses großartige Schauspiel wurde durch verschie dene Reproduktionen und Albums festgehalten; die Bilder zeichneten sich nicht nur durch die ungeheure Schnelligkeit aus, mit der sie auf den Markt geworfen wurden, sondern zum Teil auch durch geradezu künstlerische Ausführung. Ein besonderes Ereignis hat aber der Kunsthaudel in diesem Jahre auch nicht zu verzeichnen. Immerhin ist ein Ansteigen hauptsächlich für den Export zu verzeichnen, den einige Firmen — wie es scheint — erfolgreich pflegen. Der inländische Markt ist außer Wien schwach. Daher sind auch die ausgezeichneten Reproduktionsanstalten — und speziell Wien besitzt solche, die vollständig auf internationaler Höhe stehen — vielfach für das Ausland beschäftigt. Nach wie vor überschwemmt uns das Ausland, insbesondere England und Amerika, mit billiger Ware. Der Geschmack des besseren Publikums wendet sich den Originalarbeiten zu und die gute Reproduktion leidet darunter. Auch Originalradierungen und Lithographien, sowie der neubelebte Holzschnitt kommen mehr und mehr in Mode. Das Weihnachtsgeschäft im Wiener Kunsthandel war im vergangenen Jahre ein wenig schlechter als im Jahre vorher. Der Kunsthandel ist eben sehr abhängig von dem Fremdenzuzug, und alle Bemühungen, den Fremdenverkehr nach Wien zu heben, kommen auch ihm in hervorragender Weise zugute. Im ganzen kann man von einer mäßigen Entwicklung des Kunsthandels sprechen. In Wien nimmt das Interesse an größeren Kunstobjekten und an älterer Heimat kunst sukzessive zu, öffentliche Sammlungen beteiligen sich aber nur vereinzelt. Auch auf diesem Gebiete ist die Auf nahmefähigkeit des Auslandes eine ungleich größere, so daß die Verkäufer es geraten fanden, eine sehr bedeutende Samm lung alter Gemälde eines österreichischen Kunstfreundes in Berlin zu versteigern. Auch die in Wien nicht unerheblich höheren Auktionsgebühren sowie manche Erschwerungen im Auktionsbetriebe mögen diese öfters beobachtete, betrübende Erscheinung mit verursachen. Das »Dorotheum« macht nach wie vor große Anstrengungen, Knnstversteigerungen zu ver anstalten, und schädigt den privaten Betrieb dadurch sowie durch Ausstellungen, aus denen einzelne Nummern auf Wunsch alsbald zur Lizitation gelangen, fortwährend in empfindlichster Weise. Das Regierungsjubiläum des Kaisers ist nach dem mehr fach genannten Berichte der Korporation der Wiener Buch händler rc. auch für den Musikalienhandel von großer Be deutung gewesen. Nicht nur Schulen und Lehranstalten aller Art, sondern vor allem Gesang- und auch andere Vereine hul digten dem greisen Monarchen durch Ausführung von patrio tischen Hymnen und Festspielen. Der gute Ruf, dessen sich die Wiener Operette seit Jahren erfreut, ist auch im verflossenen Jahre gekräftigt worden durch Operetten, die nicht nur im Inlands wohlverdienten Beifall errungen haben, sondern auch weit über die Grenzen der Monarchie hinaus bekannt ge worden sind. Das Opernrepertoire wurde nebst den Werken Richard Wagners und sonstigen berühmten älteren Opern, zumeist durch Puccini und D'Albert bestritten. Andere Novitäten konnten leider, so sehr dies im Interesse des Mustkalienhandels gelegen wäre, keinen festen Boden er ringen. Die in den Kabaretten und nächtlichen Vergnügungs lokalen zum Vortrage gebrachten Lieder erfreuen sich beim Publikum großer Beliebtheit und finden guten Absatz. Sehr zurückgedrängt erscheint das einst so gern gehörte Wienerlied. Musikalische Sammelbände wie -Sang und Klang» und -Goldene Leier- erfreuten sich auch diesmal beim Publikum eines guten Absatzes. Das massenhafte Austauchen solcher Sammelausgaben, die größtenteils moderne Musik und auch vielfach die neuesten Erscheinungen aus dem Gebiete der leichten Musik enthalten, hat aber dem regulären Geschäft keinen Nutzen gebracht. Durch sie gelangt nämlich das Publikum für ganz wenig Geld in den Besitz einer Menge Musik, und viele Käufer, die sonst zu Weihnachten einen ganz erheblichen Einkauf von Musikalien machten, deckten ihren Bedarf durch Anschaffung von einer oder zwei solcher Sammlungen. Die Verlagstätigkeit war namentlich auf dem Gebiete der populären Musik- und Operettenliteratur eine sehr rege, der große Schlager blieb aber aus. Auf dem Gebiete der befferen Musik ging die Verlagstätigkeit gegen das Vorjahr erheblich zurück; überdies ist zu konstatieren, daß auch in dieser Richtung nichts von großem durchgreifenden Erfolg geschaffen wurde, weder in sinfonischer noch in Opernmustk. Mit Genugtuung kann konstatiert werden, daß die Wiener Universal-Edition sich täglich größerer Beliebtheit erfreut und zum großen Teil die reichsdeutschen Editionsausgaben in Österreich ersetzt. Auch in anderen Ländern, wie Italien, England, Frankreich rc., findet diese mustergültige Ausgabe