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Nr. 70 (N. 34). für -petitzeile «L 6. 52 M-. Leipzig, Montag den 25. März 1918. 85. Jatzrgasg. Redaktioneller Teil» Das billigste Buch. Die Zeit des billigen Buches sei vorüber, hat kürzlich ein bekannter Buchhändler gesagt. Das ist eine der bittersten Wahr heiten, die »ns der Krieg gebracht hat. Und doch, bei Lichte be sehen, ist es nur eine Teilwahrheit, denn die Zeit des billigen Buches ist noch gar nicht dagewesen, mau hoffte vielmehr wäh rend der letzten Jahre vor dem Kriege, daß sie kommen werde. Denn ein Markbuch ist noch kein billiges Buch für den Proleten, und höchstens Reclam und einige andere Sammlungen konnten mit starkem Vorbehalt zu den billigen Büchern gerechnet wer den. Mit Vorbehalt, sage ich, denn die Werke von größerem Umfang wurden auch in ihnen teuer. Aber das Buch, das sich auch der Unbemittelte nach seinem Geschmack kaufen kann, gleich viel, welchem Gebiete der Literatur entstammend, dieses Buch hat noch gar nicht existiert. Vielleicht wäre cs dem erfinderi schen Geist unserer Vuchtechniker eines Tages gelungen, dieses billige Buch zu schaffen, wenn der Krieg nicht dazwtschenge- kommen wäre. Jetzt und für die absehbare Zukunft ist es jeden falls ein ganz unmögliches Ding. Wenn erst die jetzt beim Pu blikum beliebte Art des Bücherkaufens — nämlich des besin nungslosen Kausens — vorüber sein wird, dann wird das Fehlen des billigen Buches für den Buchhändler empfindlich werden. Es erscheint deshalb an der Zeit, auf einen buchhändlcri- schen Geschäftszweig hinzuweiseu, der seit Jahrhunderten be steht, der aber immer ein Aschenbrödel gewesen ist; gegen den in den Fachblättern in regelmäßigen Zeitabständen gewettert wird, dessen sich aber gleichwohl viele Hunderte von Kollegen bedienen, um ihr Einkommen abzurunden. Zumal die kleine ren. Es ist die Leihbücherei. In einem vor Jahren im Börsen blatt erschienenen Aussatz habe ich darauf aufmerksam gemacht, daß die Leihbücherei zwar aus ästhetischen Gründen verwerflich erscheine, aber infolge der tatsächlich bestehenden Kulturmängcl als ein durchaus berechtigter Zweig des Buchhandels gelten müsse. Je länger der Krieg unsere wirtschaftlichen Kräfte ab nutzt, um so höhere Bedeutung gewinnt dieser Satz. Denn das Lcihbuch ist das billigste Buch. Zwar verschafft es nicht die Befriedigung, die der Besitz gewährt, aber wer kann sich jetzt einen Roman leisten, wenn er nicht gerade Munitionsarbei ter oder Kriegslieferant ist? Wer will cs dem Wenigbemittel ten verdenken, daß auch er teilhaben will an den geistigen Gü ter» der Nation? Kann man von ihm verlangen, daß er sich ausgerechnet mit dem begnügt, was ihm der Buchhandel billig bieten kann, während ihm gerade die erstklassigen Litcraturer- zcugnisse verschlossen sei» sollen? Das ist alles undenkbar. In Wirklichkeit ist die Leihbücherei nur dadurch schädlich, daß sich ihrer nicht nur der Minderbemittelte, sondern auch der bedient, der sich seinen Lesestoff sehr gut käuflich erwerben könnte. Aber man kann deshalb nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Vielleicht läßt sich das Lesepublikum mit der Zeit doch zu der löblichen Einsicht erziehen. Je teurer aber die Bücher wer den, je größer also die durch das Leihen erzielte Ersparnis ist. uin so schwerer wird das Publikum natürlich zu belehren sein, lind warum eigentlich soll die dem Buchhandel ungegliederte Leihbücherei mit anderem Maße gemessen werden als die öffent liche Lesehalle, die Volks-, Sladt- oder selbst die wissenschaftliche Bibliothek, deren Prinzip dasselbe ist, und um deren Beliefe rung der Buchhandel sich bemüht? Ohne Zweifel wird die Sitte des Bücherlcihens an Umfang gewinnen. Das verdient feitge- stcllt zu werden, ob der Buchhandel sich dagegen sperrt oder nicht. ! EL liegt aber meiner Ansicht nach durchaus keine Veran- ! lasjung vor, durch Beschränkung oder durch Verruf des er werbsmäßigen Leihbüchereiwesens die Lesehungrigen den Volksbibliothcken in die Arme zu jagen. Denn abgesehen da von, daß sich der Buchhandel dadurch selbst um eine Erwerbs quelle bringt, gibt er auch die Möglichkeit aus der Hand, sich ein literarisch interessiertes Publikum zu erziehen. Außerdem sind diese Volksbibltotheken oft auch sehr schlecht geleitet ge wesen. Es sei deshalb ausdrücklich auf die Leihbücherei auf merksam gemacht. Wenn auch zugegeben werden muß, daß das Lethen und Verleihen besser niemals erfunden worden wäre, so steht es doch ebenso außer Frage, daß in der Leihbücherei Kraftquellen schlummern. Es liegt in der Hand des Buchhan dels, ob er sie für sich ausnutzen will, oder ob sie sich gegen ihn richten werden. Sch. Zusammenlegung buchhändlerischer Betriebe. Von Adelbert Kirsten-Leipzig. Notwendigkeit und Nutzen der Zusammen legung. (Schluß zu Nr. l>8.) Wenn sich die eine Vereinigung ihrer Geschäfte planenden Personen über die Form der neuen Gesellschaft einig sind, haben sie einen Gesellschaftsvertrag abzuschlietzen. Dieser muß scharf durchdacht, sehr sorgfältig ausgearbeitet, und es müssen darin alle Verhältnisse und Fragen klar und bestimmt sestgelegt werden, damit bei Streitigkeiten oder beim Ausscheiden eines der Gesellschafter durch Tod oder aus andern Gründen lange Auseinandersetzungen oder gar ge richtliche Klagen vermieden werden. Oft schon haben mangel haft und flüchtig ausgearbeitete Verträge Mitzhelligkeitcn und Reue, langwierige und kostspielige Prozesse zur Folge gehabt. Im allgemeinen werden darin folgende Bestimmungen festgelegt werden müssen: Als Einleitung die Namen der einzelnen Teilhaber und die Erwähnung der Absicht des Vertragsschlusses. — Benen nung des Zweckes des zu gründenden Geschäfts, Sitz der Ge sellschaft, Festlegung der Firma. — Tag der Eröffnung des Betriebs, Beginn und Ende des Geschäftsjahrs, Dauer der Ge sellschaft, Kündigung. — Bezeichnung und Leistung der Ver mögenseinlage der einzelnen Gesellschafter. — Betonung, daß 146