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V 128, 8. J»ni 1914. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. sein wird. Denn durch die Aufnahme des Schulbücherverkaufs sind die Auchbuchhändler erst zu der Gefahr für das Sortiment geworden, die sie heute darstellen, da das Publikum an der Stelle, wo es die Schulbücher seiner Kinder kauft, in der Regel auch sei nen übrigen literarischen Bedarf deckt. Hier heißt es also, wenn gegen den Auchbuchhandcl und seine Hintermänner Erfolge er zielt werden sollen, zuerst den Hebel ansetzen. Seit vielen Jahren hat der Münchener Buchhändleroerein eine Bestimmung in seiner Satzung, die den Vertrieb der Schulbücher der höheren Schuten ausschließlich den wirklichen Buchhändlern vorbehält; die Ab gabe dieser Lehrmittel an Wiederverkäufer nichtbuchhändlerischcr Art ist damit, unmöglich gemacht. Einen erfreulichen Schritt vor wärts auf diesem Wege haben ferner die württembergischcn Buchhändler getan, indem die SInitgartcr Schulbllcherverleger die Lieferung von Lehrbüchern der höhere» Schulen an Anch- buchhändler nach allen Orten verweigern wollen, wo Sortimenter ansässig sind, die den Schulbücherverlauf pflegen. Wir wün schen diesen Beispielen verständnisvoller Unterstützung des Sorti ments die verdiente Nachahmung an allen anderen Plätzen, Es ist klar, daß kein einziges Schulbuch weniger verkauft werden wird, daß aber anderseits ein gestärktes Sortiment ganz anders in der Lage ist, für den Verlag tätig zu sein, als ein Sortiment, dem die Nähradern an allen Stellen durch die Kurzsichtigkeit des Verlags unterbunden werden. Die vom preußischen Kultusminister seil 1911 in die Wege geleitete Neuordnung des Schulbücherwesens hat nicht nur für den Verlag, sondern auch für das Sortiment manche Schädigungen zur Folge gehabt, wie die immer stärker hervor tretende Monopolisierung des Schulbücherverlags in wenigen Händen und die durch den rücksichtslosen Kampf um den Mono polbesitz hervorgerufene Rabattverkürzung seitens einiger Ver leger. In einer Eingabe an den preußischen Kultusminister haben wir auf diese übelstände hingewiesen und um Rücksicht nahme auf den ohnehin nicht auf Rosen gebetteten Sortimenter stand ersucht. Als Akt der Selbsthilfe gegen einige wenige Verleger, die auch vor der äußersten Rabattberkürzung dem Sortiment gegen über nicht zurückschrecken, haben wir Ihnen den Antrag unter breitet, den ß S der Verkaufsordnung dahin zu ändern, daß die Kreis- und Ortsvereine es in der Hand haben sollen, auf Verlagsartikel, die mit weniger als 25°/» radattiert sind, Aufschläge nicht nur, wie 8 7 bisher schon gestattet, machen, sondern solche Aufschläge auch obligatorisch für ihr Gebiet sest- setzen zu dürfen*). Wir hoffen, daß die Annahme unseres An- *) Zur Begründung des Antrages sei folgendes erwähnt: Der Konkurrenzkampf bei der Einführung von Schulbüchern veranlaßt in steigendem Maße eine Anzahl von Schulbücherverlegern, sich gegen seitig bei der Festsetzung der Ladenpreise zu unterbieten, nin die Schul behörden durch einen möglichst niedrigen Ladenpreis einer Einführung geneigt z» mache», Da diese Unterbietungen stets in erster Linie auf Koste» des Wiederverkäuferrabatts geschehen, so wirb der Sortimenter immer häufiger in die Zwangslage versetzt, Schulbücher mit einem Bruttonutzen von 15°/», 1V°/» und noch weniger verkaufen zu müssen. Da das Gewicht der Schulbücher ein verhältnismäßig sehr erhebliches ist und aus den allgemein bekannten Gründen viel liegen bleibt und wertlos wird, so ist der Verkauf derart schlecht rabattiertcr Bücher un bedingt mit einer erheblichen materiellen Schädigung des Sortiments verbunden. Anderseits ist aber der Sortimenter nicht in der Lage, den Verkauf oder die Besorgung schlecht rabattiertcr Bücher abznlehnen, um den Rus der Leistungssähigkeit nicht aufs Spiel zu setzen und sich Konkurrenz außerhalb des Buchhandels großzuzichen, 8 7 der Berkaufsordnung gestattet nun freilich schon heute, auf Artikel, die mit weniger als LS°/» rabattiert sind, entsprechende Auf schläge zu machen, in der Praxis aber wird die Anwendung des 8 7 sehr schwer satten, da eine unlautere Konkurrenz stets versuchen wird, auch ohne Verdienst, ja sogar mit Schaden zuni Berlegerpreise zu ver kaufen, um auf diese Weise die Kundschaft an sich zu ziehen, Wird dagegen, als logische Folge der Schaffung des 8 7, unserem Anträge entsprechend 8 5 der Berkaufsordnung erweitert, so ist jeder Kreis- und Ortsverein in der Lage, von Zeit zu Zeit die Bücher sin der Hauptsache Schulbücher weniger Verleger) scstzustellcn, aus deren Ladenpreise Aufschläge zu machen unvermeidlich ist, und diese Auf schläge unter dem Schube des Börsenvereins für alle Wiederverkäufer seines Bezirks verbindlich zu machen. Daß derartige Aufschläge nur träges, für die sich nicht nur fast sämtliche Kreis- und Ortsbereine, sondern auch der Erste Vorsteher des Börsenvereins auf dem Ver bandstage in Hannover ausgesprochen haben, und die ebenso im Interesse des Sortiments wie des vornehmen Verlags liegt, vor allem erzieherisch wirken wird auf den Teil des Verlags, dem im Konkurrenzkampf die Wahl der Mittel von untergeordneter Bedeutung ist. Die Neueinrichtung des Vertriebs des Kar tenmaterials der König!, Preußischen Landes aufnahme mit seiner Ausschaltung des Sortiments durch Festsetzung eines äußerst geringen Wiederverkäuferrabatts und durch eine unerträgliche Erschwerung des Bezugs Hai unsere Tätigkeit längere Zeit in Anspruch genommen. Es war, da die Militärbehörde den berechtigten Forderungen des Sortiments nachzukommen nicht geneigt war, unsere Aufgabe, den Gesamt buchhandel ans die Unmöglichkeit hinznwcisen, unter den gege benen Umständen den Vertrieb der Generalstabskarten weiter zu übernehmen. Wir haben uns in aufklärenden Rundschreiben nicht nur an die buchhändlerischen Vereine, sondern auch an alle irgendwie in Betracht kommenden Einzelfirmen des deutschen Buchhandels gewandt, um einen Zusammenschluß des Buchhan dels gegenüber der neuen Vertriebsart der Militärverwaltung herbeizuführen. Unsere Aufklärungsarbeit hat einen vollen Er folg gehabt, indem fast der gesamte deutsche Buchhandel den Ver trieb und vielfach sogar den Verkauf der Generalstabskarten so lange abznlehnen erklärte, bis eine geordnete buchhändlerische Aus lieferung der Karlen und eine ausreichende Rabaiticrung eine veränderte Stellungnahme möglich machen würden. Nicht allzu lange hat die Behörde dem einmütigen Zusammengehen des Buchhandels zu widerstehen vermocht; die Verhandlungen, die sie im Herbst mit dem Vorstande des Bürsenvereins anknüpfte, haben das Ergebnis gezeitigt, daß dem Buchhandel auf das ge samte Kartenmaterial ein Rabatt von 25 7° eingeräumt und daß eine buchhändlerische Auslieferungsstelle in Leipzig geschaffen, daß somit der Konflikt in einer nicht nur den Buchhandel, sondern wahrscheinlich auch die Behörde befriedigenden Weise aus der Welt geschafft worden ist. Ebenso wie in diesem Falle ist cs der Einigkeit des Buchhan dels auch gelungen, die immerhin nicht zu unterschätzende Schädi gung abzuwenden, die das bekannte, vom Dürerbunde ge plante Vertriebsunternehmen dem Buchhandel und seinem Ansehen hätte znfügcn müssen. Der Vorwurf, der dem Buchhandel gemacht worden ist, einen Boykott der Dürerbund unternehmungen herbeiführen zu wollen, ist unbegründet. Der Buchhandel wünscht im Gegenteil, daß der unselige Streit sobald als möglich dadurch aus der Welt geschasst wird, daß der Türer- bund sich endlich dazu entschließt, wozu er sich schon lange hätte entschließen sollen: dem Buchhandel zu belassen, was des Buch handels ist. Unausgesetzt hat uns die Frage des Wiederverkäufer wesens und seiner Regelung auch im Berichtsjahre beschäf tigt, wenn uns auch nach dem Ergebnisse der Bayreuther Herbst- Versammlung und der ans sie folgenden Vorsitzelidenbesprechnng die Möglichkeit genommen war, die von uns in Aussicht genom menen, Erfolg versprechenden Maßnahmen zur Durchführung zu bringen. Wir werden uns freuen, wenn nach den einundein halb Jahren, die seit jenen Versammlungen verflossen sind, der Vereinsausschutz nunmehr in der Lage sein wird, einen der Hauptversammlung gangbar erscheinenden Weg, auch wenn dieser in zwingend notwendigen Fällen werden beschlossen werden, liegt aus der Hand; die Möglichkeit, sie festzusetzen und geschützt zu sehen, muß aber unter allen Umständen vorhanden sein, schon um als Abschreckungs mittel gegenüber der bisher glücklicherweise geringen Zahl von Verlegern zu dienen, die dem Sortiment auch den niedrigsten Rabatt glauben bieten zu dürfen. Der Einwand, daß mit Annahme dieses Antrages eine Aufhebung des Ladenpreises und ein Eingriff in das Recht des Verlegers, diesen Ladenpreis fcstzusctzcn, beabsichtigt oder erreicht wird, ist durchaus hinfällig. Es handelt sich nicht NM die Festsetzung des Ladenpreises, sondern des Verkaufspreises für einen bestimmten Bezirk, eine Be fugnis, die heute bereits 8 7 jedem zugcsteht. 997