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^ 49, 28. Februar 1912. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt i. i> Mschn Buchhandel. 2607 Die Konsularbehörden lassen bereitwilligst ihre Vermittlung eintreten, um geeignete Vertreter ausfindig zu machen, können aber keinerlei Verantwortlichkeit für die Kreditwürdigkeit der Benannten übernehmen. Auskunft über den Kredit der bezeich- neten Vertreter ist bei einer zuverlässigen Auskunftei des Platzes einzuholen. Wegen Ermittlung von Vertretern empfiehlt es sich auch, italienische Bankinstitute durch Vermittlung heimischer deutscher Banken zu befragen. Die Befugnisse der Vertreter richten sich nach der ihnen er teilten Vollmacht und nach den Bestimmungen des italienischen Handelsgesetzbuchs. Letzteres besagt, daß die dem Vertreter er teilte Vollmacht ausdrücklich oder stillschweigend sein kann. Die ausdrücklich erteilte Vollmacht muß in der Gerichtsschreiberei des Handelsgerichts, in dessen Bezirk der Vertreter sein Amt ausüben soll, hinterlegt werden, um in das dazu bestimmte Re gister eingetragen und nach den Bestimmungen des Artikels 9 durch Anschlag bekannt gemacht zu werden. Ein Auszug aus der Vollmacht muß auf Betreiben des Gerichtsschreibers in der Zeitung für gerichtliche Bekanntmachungen an dem Orte, wo das genannte Gericht seinen Sitz hat, veröffentlicht werden. So lange nicht alle obengenannten Förmlichkeiten erfüllt sind, wird in bezug auf Dritte die stillschweigend dem Vertreter über tragene Vollmacht als allgemeine angesehen und umfaßt alle zur Ausübung des Handelsbetriebes, für den sie erteilt ist, ge hörenden und nötigen Geschäfte. Der Vollmachtgeber kann Dritten gegenüber keine Beschränkung der stillschweigenden Vollmacht geltend machen, wenn er nicht Nachweisen kann, daß sie diese Beschränkung zu der Zeit kannten, zu der die Ver pflichtung eingegangen ist. Die häufigste Differenz zwischen Prinzipal und Vertreter entsteht dadurch, daß der Vertreter Jnkassi vornimmt, wenn ihm dieses nicht ausdrücklich verboten worden ist. Hat der Vertreter, besonders derjenige, der die stillschweigende Vollmacht besitzt, auch nur einmal ein Inkasso vorgenommen und an den Prin zipal abgeführt, ohne daß dieser dagegen bei dem Schuldner protestiert hat, so ist seitens des Prinzipals anerkannt worden, daß der Vertreter zu Jnkassi befugt ist. Diesem Punkte wird vielfach nicht die genügende Beachtung geschenkt, da der deutsche Kaufmann in der Regel froh ist, sein Geld zu haben. Gegen die Einrichtung eines Kontokorrentverkehrs mit dem Vertreter spricht, daß dieser dadurch davor geschützt werden kann, bei Nichtablieferung von einkassierten Summen strafrechtlich belangt zu werden. Im allgemeinen kann der deutschen Firma nur dringend geraten werden, einen Vertrag mit dem Vertreter abzuschließen und denselben, wie oben erwähnt, bei dem Handelsgericht ein tragen zu lassen. In dem Vertrage ist besonders hervor zuheben, daß seine Lösung ohne die Angabe von Gründen er folgen kann und daß bei seiner Auflösung der Prinzipal zu keinerlei Schadensersatzleistung verpflichtet ist; ferner, daß dem Vertreter für nicht ausgeführte Ordre keinerlei Provision zu steht und daß der Prinzipal berechtigt ist. die Ordre auszuführen oder nicht, ohne verpflichtet zu sein, Gründe für seine Hand lung anzugeben, daß „Soll und Haben" niemals die Eröffnung oder das Bestehen eines Kontokorrentverkehrs bilden, und end lich, daß der Vertreter zum Inkasso nicht befugt ist. Es emp fiehlt sich, letzteres außerdem noch in möglichst auffälliger Weise sowohl auf den Bestellzetteln wie auf den Rechnungen in italienischer Sprache etwa in folgender Weise zu vermerken: ,,^on 80NO valicki 6 non V6NA0N0 cka noi rie0N08eiuti i pa§3- Zahlungen werden von uns nicht anerkannt, wenn sie nicht direkt an uns oder zu unseren Gunsten an die Bank abgeHihrt sind, da unsere Vertreter zur Entgegennahme von Zahlungen nicht ermächtigt sind). Naturgemäß muß Gewähr dafür bestehen, daß die Original rechnungen in die Hände der Kunden gelangen. Besorgt daher, wie das die Regel sein wird, der Vertreter die Ausstellung oder Übermittlung der Rechnungen, so ist. um Schikanen zu begegnen und alle Einreden wirksam abzuschneiden, empfehlenswert, dar auf zu bestehen, daß die Kunden die Nichtbefugnis des Ver treters zum Inkasso schriftlich anerkennen. Bei bedeutenden Ge schäften empfiehlt sich: 1. Rundschreiben mit entsprechender Mitteilung an die ita lienische Kundschaft gelangen zu lassen und ein Exemplar da von der zuständigen Handelskammer in der betreffenden Pro vinzhauptstadt zur Verfügung zu stellen, die das Rundschreiben für eine etwaige spätere Beweisführung registiert, 2. eine dem Vertreter etwa erteilte Vollmacht durch einen besonderen Vermerk über die Nichtberechtigung zum Inkasso zu vervollständigen und die so ergänzte Vollmacht in der Kanzlei des örtlich zuständigen italienischen Gerichtshofs (lio^io ll?ri- dunalo) eintragen zu lassen. Bezüglich der Kündigung von Vertretern besteht noch der Handelsgebrauch, bestätigt durch die italienische Rechtsprechung. daH der Vertreter eine Kündigungsfrist von 6 Monaten bean spruchen kann, wenn derselbe nicht auf eine bestimmte Zeit oder für ein bestimmtes Geschäft bestellt worden ist. In diesen Fäl len endet die Tätigkeit mit Ablauf des festgesetzten Termins oder mit der Erledigung des Geschäfts. Es ist nicht zu übersehen, daß die Einschränkung des In kassos die Zahlungen der Kunden erheblich verschleppen kann, wenn sie solche dem deutschen Hause direkt leisten müssen und der Vertreter sie mit rechtswirksamem Erfolge nicht selbst er heben kann. Bestehen daher an der Tüchtigkeit, Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit des Vertreters keinerlei Zweifel, so wird es im Interesse der deutschen Firmen liegen, die Stellung ihrer Agenten gegenüber der italienischen Kundschaft nicht unnötiger weise einzuengen. D e t a i l l i st e n. Die häufig gewünschte Bezeichnung aller Detaillisten eines bestimmten Geschäftszweiges kann bei der oft großen Masse von Namen von den Konsulaten selbst nicht immer geliefert werden. Ein gutes Nachschlagebuch zu diesem Zwecke ist für das ganze Land das in Mailand alljährlich erscheinende, nach Bran chen alphabetisch geordnete Buch „1.6 Incku8tri6 Italiane" (Preis 15 Lire). Das gewünschte Adressenmaterial kann auch aus dem Handelsadreßbuch Italiens „Xnmiario ck'Italia" entnommen werden. Der Preis desselben beträgt 30 Lire; es ist bei der deutschen Buchhandlung Ermanno Loescher L Co. in Rom, Via One Naoolli an^olo Via Oapo 1e 0a86, zu haben. Das Adreß buch ist aber insofern wenig übersichtlich, als es nicht nach Bran chen, sondern nach Ortschaften geordnet ist. In Mailand wie Venedig gibt Auskunft über die italieni schen Industrien auch das N11860 Oommbreiale. In Mailand verschafft Adressenmaterial die Firma E. Finetti L C., Adressenverlag, ?3883§io Oallbria cks Ori8to- korw 2. Für Palermo gibt das Adreßbuch Irinaoria Auskunft; Preis 10 Lire, zu beziehen durch die Buchhandlungsfirma Reber. Kataloge usw. Die eingehenden Kataloge, Adressen- und Preislisten und ähnliches Material werden, falls nicht eine Überweisung an die interessierten Kreise gewünscht worden ist, gesammelt und im Amtslokale aufgelegt, um bei sich bietender Gelegenheit verwertet zu werden. Für eine Abtretung der artigen Materials an Interessenten kommt in Rom mehr oder weniger nur der „Verein der kaufmännischen Vertreter" (^.880- 613210116 Lra R,3ppr686rüarüi cki 0omm6roio), V13223 8an lui^i cko' 1rano68i 34, in Frage, der bei der dortigen Handelskammer gut angeschrieben ist. Publikationen, die sich für die Lektüre oder Besichtigung eignen, werden in Neapel im Deutsch-Schweizer-Klub ausgelegt, dessen Lesezimmer viel besucht wird. Beachtung wird dem Material seitens des römischen Kauf manns nur geschenkt, wenn er den Inhalt ohne große Mühe lesen kann. Das fragliche Material sollte daher stets in italieni scher, wenigstens aber in französischer Sprache abgefaßt sein. (Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft.) Prozetz Ltern in Wien. — Am 27. Februar begann vor dem Schwurgericht unter dem Vorsitz des Landesgerichtsrates vr. Alt mann der für drei Tage anberaumte Prozeß gegen den Verlags buchhändler Karl Wilhelm Stern lL. Rosners Verlagsbuchhand lung), vertreten durch vr. Walter Rode, wegen Vergehens gegen ^ die öffentliche Sittlichkeit, begangen durch die Herausgabe und den 340*