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2608 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 49, 28. Februar 1912 Vertrieb erotischer Literatur. Die Staatsanwaltschaft Wien hat den Vertrieb von zwölf im Sternschen Verlag erschienenen Druck werken unter Anklage gestellt. Wie erinnerlich, wurden im Januar 1910 die Verlagswerke Sterns in großen Massen konfisziert. Un gefähr 30 000 Bände wurden damals mit Beschlag belegt und ins Landesgericht geschafft. Die Voruntersuchung gegen Stern wurde schon im Jähre 1909 eingeleitet, so daß det Prozeß seit zweieinhalb Jahren anhängig ist. Das Aktenmaterial ist ein enormes, da im Laufe des sogenannten subjektiven Verfahrens 1100 Personen in allen Teilen von Österreich und des Deutschen Reiches verhört wurden. Der Untersuchungsrichter vr. Nawratil hatte eine Korrespondenz von ungefähr 6000 Briefen — die ganze Geschäftskorrespondenz des Verlages während der letzten drei Jahre — zu studieren. Das sogenannte objektive Ver fahren, in dem einzelne der Verlagswerke Sterns für verboten erklärt und ihre Weiterverbreitung untersagt wurde, hat zu zahlreichen Einspruchsverhandlungen Anlaß ge- gegeben, in denen die Verlagsbuchhandlung den Standpunkt vertrat, daß die beschlagnahmten Druckschriften Erzeugnisse von wissenschaftlichem und künstlerischem Wert seien. Dieser An schauung hat bezüglich des Buches von Eduard Fuchs: gericht Wien beigepflichtet. Die unter Anklage gestellten Werke haben zum Teil Wiener Schriftsteller und Maler zu Autoren. Der Mitteldeutsche Vuchhändler-Verbaud E. B. ladet in heutiger Nummer zu seiner satzungsgemäßen Frühjahrs-Haupt- Versammlung auf Sonntag, den 3l. März 1912, mittags Uhr, nach Frankfurt a. M. im Weinrestaurant Böhm, Großer Korn markt 10, ein. Die Tagesordnung wird den Mitgliedern direkt zugehen. Die Tarifbeweguug im Leipziger TPeditionsgewerbe (vgl. Nr. 48). — Schneller, als zu erwarten war, hat der teilweise Streik der in den Leipziger Speditionsgeschäften beschäftigten Arbeiter, der am 26. dss. früh einsetzte, sein Ende gefunden. Da seitens der Arbeitgeber weitere Zugeständnisse gemacht wurden, traten die Vertrauensleute der Ausständigen noch am gleichen Tage zu einer Beratung zusammen, deren Ergebnis der Ver tretung der Arbeitgeber mitgeteilt wurde. In einer zweiten Ver sammlung der Ausständigen, die bis Montag abend 10 Uhr dauerte, wurde nach langen Verhandlungen beschlossen, die Arbeit am 27. früh wieder auszunehmen, nachdem den Zugeständnissen der Arbeitgeber von den Versammelten einstimmig zugestimmt worden war. Von diesen Zugeständnissen ist hervorzuheben, daß der Wochenlohn um 2 bis 6 erhöht wird und daß der Mindest- wochenlohn 27 beträgt. Die beiden Parteien haben sich ver- pflichtet, die Abmachungen streng einzuhalten. Personalnachrichten. «estorbcn: am 26. Februar nach schwerem Leiden im 61. Lebensjahre Herr Max Grosse in Firma Richard Mühlmann's Verlag in Halle a/S. Der Verstorbene, ein Sohn des schönen Harzes, aus Zeller feld, wo sein Vater als Superintendent amtierte, bestand seine Lehre im befreundeten Hause der Grosse'schen Buchhandlung in Clausthal und bildete sich weiter in der Braunschen Hofbuchhandlung in Karls- ruhe, bei Theodor Ackermann in München und W. Weber in Berlin. Im Sortiment machte sich Grosse auch zuerst selbständig, indem er am 1. November 1878 in die seit 1868 bestehende 1865 ge gründete) Firma Tausch L Behrens in Halle eintrat, die von diesem Tage an Tausch L Grosse firmierte. Bis zum Jahre I9'3 ist der Verstorbene dieser seiner Sortimentertätigkeit treu ge blieben. Daneben hatte er sich schon seit 30. März 1885 im Verlage betätigt, indem er eine Firma seines Namens grün- dete und als Grundstock einige Werke seiner Lehrfirma, der Grosseschen Buchhandlung in Clausthal, erwarb. Diese Verlagsartikel ließ er später durch seine Firma R. Mühlmanns Verlag ausliefern. Letztere Firma hat Grosse am 22. Juni 1888 von der Witwe des Begründers, der tatkräftigen Lina Mühl mann erworben, die das Geschäft seit dem Tode ihres Ge mahls am 1. Mai 1860 mit bestem Erfolge geleitet hatte. Grosse fügte der Firma seinen Namen bei und hat sie in den verflossenen 24 Jahren in treuer Pflichterfüllung mit unermüd lichem Fleiß weitergeführt. Am 13. März 1900 kaufte er auch das altehrwürdige Geschäft von C- Ed. Müller in Bremen, das er nach Halle verpflanzte und neben seinen anderen Ge schäften weiterführte. So steht das Bild des Entschlafenen vor uns als das eines ganzen Mannes und echten Buchhändlers, dem es leider nicht vergönnt sein sollte, die Früchte seiner Tätigkeit voll zu genießen. In den letzten Wochen seines Lebens befiel ihn ein schweres Leiden, von dem er nun durch einen sanften Tod erlöst ist. Sprechsaal. Fakturenformat. (Vgl. Nr. 29, 93, 3», 37 u. 43.» Die Herren Sortimenter haben ganz gewiß recht, daß die verschiedenen, besonders die riesigen Fakturenformate unbequem sind. Aus allen Polemiken geht hervor, daß besonders das Ein schießen in handliche Ordner erschwert wird. Das ist die eine Seite. Das Interesse der Verleger verdient jedoch nicht minder Be rücksichtigung. Wenn ein großer Verlag auf Wunsch der betr. Herren Sortimenter das Format auf 22: 30 ein bringen würde, so müßte er zur Bearbeitung zwei Herren mehr einstellen. Die Herren, die da jüngst mit »Zopfabschneiden« usm. polemisierten, dürften über die verlegerische Arbeit der Remission doch nicht genügend informiert sein. Bei den riesigen Kommissionslägern, die viele Sortimentsfirmen haben, würde die Faktur eines großen Verlages nach dem Vorschlag 20 und noch mehr Seiten aus machen. Eine derartige Faktur sollte von ihren Schöpfern ver suchsweise bearbeitet werden! Bei mancher Firma würden sie einen ganzen Tag versäumen, da die einzelnen Posten auf den Konten nicht alphabetisch geordnet sein können, also bei dem Abstreichen der Remittenden und Disponenden die einzelnen Kontenblätter Hunderte Male umgeblättert werden müßten. Jedenfalls haben die Verleger die Formate aus praktischen Gründen gewählt, die sich bei der Technik der Be arbeitung als notwendig erwiesen haben. Im übrigen hat eine große Faktur unbedingt den Vorteil der Übersichtlichkeit. Die Bequemlichkeit des Einordnens in Register kann die Nachteile der kleinen Formate bei großen Verlegern nicht aufwiegen. k. 2. kulletin biklioxfgpliique du /Viusee kelxe. Wir halten es im Interesse der Berlagskollegen für not- wendig, einmal auf das »üullstiu biblioxrapdigus äu Nugss Lel^s, ksvas äs kbiloloxis« aufmerksam zu machen, dessen vi- reot-eur st Lsorstairs Herr I. P. Waltzing, proks-Eur L l'Hoivsrbits äs I^iößs, seit Jahren unsere wissenschaftlichen Novitäten zur Re zension für sein Blatt verlangt. Seit drei Jahren warten wir auf die Besprechungen vergeblich und sahen uns im letzten Jahre veranlaßt, mehrfach zu reklamieren, ohne jedoch einer Antwort gewürdigt zu werden. Dagegen fährt die Redaktion bis auf den heutigen Tag fort, Rezensionsexemplare bei uns einzufordern, doch haben wir in letzter Zeit die Aufforderungen einfach unbe achtet gelassen. Es wäre uns ganz interessant, zu wissen, ob andere Firmen ähnliche Erfahrungen mit dem Blatt gemacht haben. Hannover. Hahnsche Buchhandlung. Anastatischer Druck. Eine Verlagsfirma hat mit einer Druckerei ein Abkommen getroffen, wonach die Druckerei bei allen Druckausträgen zu be- Vorzügen ist. Nun hat die Verlagsfirma von einem älteren Ver. lagswerke einen anastatischen Neudruck veranstaltet. Die Druckerei behauptet, dies verstoße gegen den Vertrag, die Verlagsfirma ist der Ansicht, daß das anastatische Verfahren nicht als Neudruck aufzusassen ist, weil es ohne Satz geschieht und, was die Haupt, sache ist, nur von ganz speziellen Firmen besorgt werden kann. Wir bitten die Kollegen, ihre Ansicht darüber hier im Börsenblatt äußern zu wollen.